Die gemäß § 165 i.V.m. § 151, § 152 Abs. 2 VwGO zulässige Erinnerung ist nicht begründet.
Der Beklagte hat keinen Anspruch auf Festsetzung des geltend gemachten Höchstsatzes von 13 €/Stunde für die durch die Teilnahme seines Behördenvertreters an der mündlichen Verhandlung des Senats entstandene Zeitversäumnis. Eine Versagung der dem Beklagten im angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss hierfür eingeräumten Erstattung von 2 €/Stunde ist dem Senat verwehrt wegen des Verbots einer Verböserung der angegriffenen Entscheidung zum Nachteil des Erinnerungsführers (Verbot der reformatio in peius), das auch im Erinnerungsverfahren gilt (vgl. Happ, in Eyermann, a.a.O., § 165 Rn. 8).
Zu den erstattungsfähigen Kosten gehören gemäß § 162 Abs. 1 VwGO die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten. In der Verwaltungsgerichtsordnung fehlt eine nähere Festlegung, welche Aufwendungen im Einzelfall erstattungsfähig sind. In § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO ist jedoch bestimmt, dass die Kostenerstattung auch die Entschädigung für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis umfasst und dass diese entsprechend den für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften zu bemessen ist; diese Regelung ist im Verwaltungsprozess gemäß § 173 Satz 1 VwGO entsprechend anzuwenden (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 6. Dezember 1983 – BVerwG 4 A 1.78 – Rpfleger 1984, 158 m. Anm. Hellstab und vom 12. Dezember 1988 – BVerwG 1 A 23.85 – Rpfleger 1989, 255). Damit ist vorliegend – entgegen der Annahme des Kostenfestsetzungsbeschlusses – nicht das Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (ZSEG) in Bezug genommen, sondern das am 1. Juli 2004 in Kraft getretene Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG – Art. 2 des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5. Mai 2004, BGBl I S. 718). Das neue Recht ist anzuwenden, weil die Überleitungsvorschrift des § 25 JVEG – anders als bei den Sachverständigen, Dolmetschern oder Übersetzern, für die die Auftragserteilung maßgeblich ist – bei den anderen zur Entschädigung Berechtigten darauf abstellt, ob der Berechtigte vor dem 1. Juli 2004 herangezogen wurde. Mit dem Begriff der “Heranziehung” stellt das Gesetz auf das tatsächliche Tätigwerden des Berechtigten, also darauf ab, ob die mündliche Verhandlung vor diesem Datum lag; das folgt im Übrigen daraus, dass der Begriff in § 18 und § 19 Abs. 2 JVEG ebenfalls in diesem Sinne verwandt wird. Da hier die mündliche Verhandlung am 7. Juli 2004 stattgefunden hat, ist folglich das JVEG anwendbar.
Nach § 19 Abs. 1 JVEG erhalten Zeugen u.a. eine Entschädigung für Verdienstausfall (§ 22 JVEG) in Höhe des regelmäßigen Bruttoarbeitslohns, maximal 17 €/Stunde. Soweit weder für Verdienstausfall noch für Nachteile bei der Haushaltsführung eine Entschädigung gewährt wird, erhalten sie eine Entschädigung für Zeitversäumnis (§ 20 JVEG); diese beträgt 3 €/Stunde und entfällt, wenn dem Zeugen durch seine Heranziehung ersichtlich kein Schaden entstanden ist.
a) Es entspricht herrschender – unter der Geltung des früheren ZSEG entwickelter – Auffassung, dass juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden eine Entschädigung für die Zeitversäumnis eines Bediensteten durch die Wahrnehmung eines Gerichtstermins nicht beanspruchen können. Entscheidend wurde darauf abgestellt, dass § 2 Abs. 1 Satz 1 ZSEG nach seinem Wortlaut an einen “Verdienstausfall” und damit an ein durch die konkrete Terminswahrnehmung verursachtes Vermögensopfer anknüpfte. Juristische Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden können aber regelmäßig nicht geltend machen, dass ihnen durch die Entsendung eines Beamten oder Angestellten zu einem Verhandlungstermin in einem Rechtsstreit ein solcher finanzieller Nachteil entstanden sei (etwa in Gestalt einer Überstundenvergütung). Die allgemeinen Kosten für diesen Bediensteten haben keinen eindeutig kalkulierbaren Bezug zum konkreten Rechtsstreit, wie ihn § 2 Abs. 2 ZSEG voraussetzte (h.M.; vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. Dezember 1988, a.a.O.; BGH, Urteil vom 9. März 1976 – VI ZR 98/75 – NJW 1976, 1256 ≪1257 f.≫; OVG Lüneburg, Beschluss vom 20. Juni 1996 – 7 K 3827/91 – NVwZ-RR 1997, 143; OVG Koblenz, Beschluss vom 16. Dezember 1981 – 7 B 88/81 – NJW 1982, 1115; VGH Mannheim, Beschlüsse vom 15. Februar 1990 – 2 S 2566/89 – JurBüro 1990, 1005 und vom 12. November 1966 – I 705/66 – ESVGH 17, 52).
b) An dieser Auffassung ist auch in Ansehung der von einer gegenteiligen Ansicht (vgl. OLG Stuttgart, NJW-RR 1990, 1341; OLG Bamberg, JurBüro 1992, 242; OLG Karlsruhe, Rpfleger 1993, 484; OLG Hamm, NJW-RR 1997, 767) daran in jüngerer Zeit zunehmend geäußerten Kritik festzuhalten (vgl. ferner aus dem Schrifttum Olbertz, in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 162 Rn. 21-24; Belz, in Münchener Kommentar zur ZPO, Bd. 1, 2. Aufl. 2000, § 91 Rn. 81; von Oppeln-Bronikowski, Rpfleger 1984, 342, jeweils m.w.N.). Auch das Inkrafttreten des JVEG gibt keinen Anlass zu einer Änderung dieser Auffassung.
Der Senat räumt allerdings ein, dass die Teilnahme des Mitarbeiters einer juristischen Person an einem Gerichtstermin auch bei ihr zu einem betriebswirtschaftlich bezifferbaren Vermögensnachteil führen kann. Auch kann an der die bisherige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts tragenden Begründung, eine Entschädigung für Zeitversäumnis scheide deshalb aus, weil der durch § 91 Abs. 1 Satz 2 letzter Halbsatz ZPO in Bezug genommene § 2 Abs. 2 ZSEG an den “Verdienstausfall” und damit an ein durch die konkrete Terminswahrnehmung verursachtes Vermögensopfer anknüpfe (BVerwG, Beschluss vom 12. Dezember 1988, a.a.O.), schon deshalb nicht mehr uneingeschränkt festgehalten werden, weil die Verweisung in § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO nur mehr als direkte Bezugnahme auf § 20 JVEG verstanden werden kann, der nur noch die Entschädigung für Zeitversäumnis regelt, während die Entschädigung für Verdienstausfall in § 22 JVEG eine eigenständige Regelung gefunden hat.
Gleichwohl ist es nach Auffassung des Senats nicht gerechtfertigt, die wirtschaftliche Betrachtungsweise der Gegenansicht auch auf den Bereich des Verwaltungsrechts und die dortige Prozessvertretung von juristischen Personen des öffentlichen Rechts und Behörden zu übertragen. Denn die entsprechende Anwendung der Vorschriften der ZPO – und weiter des JVEG – gilt gemäß dem Wortlaut des § 173 Satz 1 VwGO nur, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten (hier Verwaltungs-, dort Zivilprozess) dies nicht ausschließen. Hier bestehen solche Unterschiede, die dagegen sprechen, juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden eine Entschädigung für Zeitversäumnis (§ 20 JVEG) wegen der Wahrnehmung eines Gerichtstermins vor den Verwaltungsgerichten durch einen ihrer Bediensteten zuzubilligen; erst recht steht ihnen keine Entschädigung unter dem Aspekt des Verdienstausfalls zu (§ 22 JVEG). Mit Blick auf das Wesen und die Aufgabe der öffentlichen Verwaltung ist für diesen Bereich eine grundsätzlich andere Bewertung geboten:
Die öffentliche Verwaltung ist das Instrument, durch das der Staat gegenüber dem Bürger handelt. Sie wird grundsätzlich aus allgemeinen Steuermitteln finanziert und nur in einem beschränkten Umfang und unter gesetzlich geregelten Voraussetzungen durch die Erhebung von Gebühren oder Beiträgen, die an eine konkrete Verwaltungsleistung (oder an die Möglichkeit ihrer Inanspruchnahme) anknüpfen. Die öffentliche Verwaltung wird vom Staat nicht um ihrer selbst willen unterhalten und vorgehalten, sondern zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben gegenüber dem Bürger. Zu den Aufgaben der öffentlichen Verwaltung gehört es auch, dass sie ihr Handeln vor Gericht zu verantworten und zu vertreten hat, wenn der davon betroffene Bürger, gestützt auf die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, es einer gerichtlichen Überprüfung unterziehen lässt. Dies ist eine Errungenschaft des Rechtsstaates und gehört kraft Verfassungsrechts zu den originären Aufgaben der öffentlichen Verwaltung. Hierzu zählen auch die Wahrnehmung eines Gerichtstermins in einem gegen sie geführten Verwaltungsrechtsstreit und der Zeitaufwand dafür.
Vor diesem Hintergrund ist es verfehlt, einen entschädigungspflichtigen “Nachteil” der juristischen Person des öffentlichen Rechts oder der Behörde darin zu sehen, dass der den Gerichtstermin wahrnehmende Bedienstete in dieser Zeit nicht “seinen anderen Aufgaben” an “seinem eigentlichen Arbeitsplatz” nachgehen könne und dass diese entweder von ihm selber durch Überstunden oder von anderen Bediensteten (mit-)erledigt werden müssten, wobei Letztere dann wiederum nicht für andere Aufgaben zur Verfügung stünden (so aber OLG Stuttgart, a.a.O.; OLG Karlsruhe, a.a.O.; ähnlich Olbertz, a.a.O, § 162 Rn. 22; von Oppeln-Bronikowski, a.a.O. ≪343≫). Dabei wird verkannt, dass die rechtswahrende Vertretung ihres Handelns vor Gericht mit zum Aufgabenkreis der öffentlichen Verwaltung gehört; dieses zu vertreten liegt nicht außerhalb ihrer “eigentlichen” Aufgaben, von deren Erledigung sie bzw. der den Gerichtstermin wahrnehmende Bedienstete abgehalten würde.
Dem steht auch nicht entgegen, dass die juristische Person des öffentlichen Rechts oder Behörde anerkannter Maßen sich vor Gericht auch durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen kann, wenn sie das aus sachlich gerechtfertigten Gründen – etwa wegen der Schwierigkeit der Sache oder wegen nur beschränkten eigenen juristischen Sachverstandes – für notwendig hält, und dass im Rahmen der anwaltlichen Vergütung auch dessen Zeitaufwand abgegolten wird. Man mag es als “unbillig” bezeichnen, dass die Behörde dafür “benachteiligt” wird, wenn sie zur Vermeidung höherer Prozesskosten auf die Beauftragung eines Rechtsanwalts verzichtet (so von Oppeln-Bronikowski, a.a.O. ≪345≫). Doch liegt der Grund dafür darin, dass der Gesetzgeber für die Rechtsanwaltschaft mit dem Vergütungssystem der früheren Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte, nunmehr des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes, ein für diesen Berufsstand günstigeres Sonderrecht geschaffen hat.
Es wäre dem Gesetzgeber im Übrigen – innerhalb der Grenzen des Art. 19 Abs. 4 GG – wohl unbenommen, für die Zeitversäumnis von Behördenvertretern bei der Terminswahrnehmung vor Gericht eine angemessene Entschädigungspflicht ausdrücklich festzusetzen. Diese für die Erhebung eines Entgelts für staatliches Tätigwerden erforderliche gesetzliche Grundlage vermag der Senat vor dem Hintergrund der vorstehenden Erwägungen in der allgemeinen Verweisung des § 173 Satz 1 VwGO auf die entsprechend anzuwendende Zivilprozessordnung und von dort (§ 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO) auf die wiederum lediglich entsprechend anzuwendenden Vorschriften für die Entschädigung von Zeugen nicht zu erkennen. Hiergegen spricht zudem, dass der Gesetzgeber in den vergangenen Jahren das gerichtliche Kostenrecht mehrfach geändert und grundlegend reformiert hat, erst jüngst durch das erwähnte Kostenrechtsmodernisierungsgesetz. Dabei hat er namentlich die Vorschriften über die Entschädigung von Zeugen, nun §§ 19 ff. JVEG, um Detailregelungen ergänzt (z.B. betreffend Nachteile für Teilzeitbeschäftigte bei der Haushaltsführung). Von einer Regelung der hier in Rede stehenden Frage hat er dagegen abgesehen, obwohl ihm die Kritik an der überwiegenden Ablehnung einer Entschädigung der Zeitversäumnis behördlicher Terminvertreter bekannt sein musste.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; das Erinnerungsverfahren ist gerichtsgebührenfrei (§ 1 Nr. 2, § 3 Abs. 2 GKG n.F. i.V.m. Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG ≪Kostenverzeichnis≫, Teil 5).