Verfahrensgang
Bayerischer VGH (Urteil vom 22.06.2007; Aktenzeichen 7 N 06.480) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 22. Juni 2007 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde, die sich auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (1.) und der Divergenz (2.) stützt, hat keinen Erfolg.
Der Verwaltungsgerichtshof hat den Normenkontrollantrag des Antragstellers, der sich auf die “Richtlinien in Beitragsangelegenheiten für das Haushaltsjahr 2005” des Vorstands der Antragsgegnerin bezieht, aus zwei jeweils die Entscheidung selbständig tragenden Gründen abgelehnt. Er hat den Antrag als unzulässig angesehen, weil er zum einen nicht durch eine der in § 67 Abs. 1 VwGO genannten Personen eingelegt worden sei, zum anderen, weil er sich nicht gegen eine im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. Art. 5 BayAGVwGO richte. Jedenfalls hinsichtlich der zweiten Erwägung legt der Antragsteller einen Revisionszulassungsgrund nicht dar. Wird eine Entscheidung auf mehrere selbständig tragende Gründe gestützt, kann die Revision nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jedes Grundes ein Revisionszulassungsgrund geltend gemacht wird und vorliegt (Beschlüsse vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 ≪n.F.≫ VwGO Nr. 26 und vom 14. Oktober 2004 – BVerwG 6 B 6.04 –, insoweit in Buchholz 115 Sonstiges Wiedervereinigungsrecht Nr. 51 nicht abgedruckt).
1. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt einer Rechtssache nur zu, wenn eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Die grundsätzliche Bedeutung ist gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO darzulegen; dies verlangt die Bezeichnung einer konkreten Rechtsfrage, die für die Revisionsentscheidung erheblich sein wird, und einen Hinweis auf den Grund, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll (Beschluss vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – a.a.O.). Die von dem Antragsteller angeführten Fragen zu der Erwägung des Verwaltungsgerichtshofs, die “Richtlinien” seien keine Rechtsvorschrift im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO, führen nicht auf eine grundsätzliche Bedeutung.
a) Der Antragsteller hält für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob Verwaltungsvorschriften bereits dann als Rechtsvorschriften im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO anzusehen sind, (1.) wenn ihr Inhalt durch Verweisung in eine Rechtsnorm inkorporiert wird, oder (2.) wenn ein Gesetz im materiellen Sinn ihnen unmittelbare Außenverbindlichkeit beilegt. Diese Fragestellung berücksichtigt nicht die Auslegung des hier einschlägigen Landesrechts, an die der beschließende Senat gemäß § 137 Abs. 1 VwGO gebunden ist. Der Verwaltungsgerichtshof hat ausgeführt, die genannten Richtlinien dienten dem Vorstand bzw. dem Schatzmeister der Antragsgegnerin lediglich als Entscheidungskriterium für eine möglichst einheitliche Auslegung des Begriffs der Härtefälle in § 11 Abs. 1 der dem irrevisiblen Landesrecht angehörenden Haushalts- und Beitragsordnung. Sie enthielten keine verbindlichen Regelungen mit Wirkung nach außen, sondern nähmen nur Einfluss auf die Willensbildung des Vorstands zum Vorliegen einer unbilligen Härte und zur Beurteilung der Frage, ob ein ganz besonderer Ausnahmefall vorliege, der den Erlass oder Teilerlass sogar des Mindestbeitrages möglich mache. Fehlt es an einer verbindlichen Wirkung der Richtlinien nach außen, so ist nicht zweifelhaft, dass diese nicht der Normenkontrolle unterliegen. Zu den im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften gehören nach der Zweckrichtung der Normenkontrolle und dem danach gebotenen weiten Begriffsverständnis zwar nicht nur Satzungen und Rechtsverordnungen, sondern auch solche (abstrakt-generellen) Regelungen der Exekutive, die rechtliche Außenwirkung gegenüber dem Bürger entfalten und auf diese Weise dessen subjektiv-öffentlichen Rechte unmittelbar berühren. Allein verwaltungsintern bindende und steuernde Verwaltungsvorschriften sind jedoch keine Rechtsvorschriften im Sinne von § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO. Denn ihnen fehlt die für eine Rechtsvorschrift charakteristische Außenwirkung (Urteil vom 25. November 2004 – BVerwG 5 CN 1.03 – BVerwGE 122, 264 = Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 168 m.w.N.). Da es sich nach der Auslegung durch den Verwaltungsgerichtshof bei den Richtlinien um allein verwaltungsintern bindende und steuernde Verwaltungsvorschriften handelt, unterliegen sie danach nicht der Normenkontrolle.
b) Auch die weitere Frage, “ob ‘Richtlinien’ im Abgabenrecht nicht schon dann Außenwirkung zukommt, wenn sie schematisiert betragsmäßig die Voraussetzungen fixieren, nach denen sich die Höhe der Abgabe bemisst”, führt nicht auf eine grundsätzliche Bedeutung der Sache. Soweit das “Abgabenrecht”, hier das Recht der Beitragserhebung der Antragsgegnerin, irrevisibel ist, entscheidet das zuständige Gericht des Landes grundsätzlich abschließend darüber, ob für die Beitragserhebung anzuwendende Richtlinien Außenwirkung haben oder nicht. Die “Richtlinien” betreffen nach den Ausführungen des Normenkontrollgerichts die Beitragserhebung der Antragsgegnerin. Der Begriff des Beitrages ist weder verfassungsrechtlich vorgegeben noch sonst bundesrechtlich vorgeprägt (Urteile vom 14. November 1985 – BVerwG 3 C 44.83 – BVerwGE 72, 212 ≪218≫ = Buchholz 437.1 BetrAVG Nr. 3 S. 23 und vom 13. September 2006 – BVerwG 6 C 10.06 – Buchholz 451.61 KWG Nr. 20 Rn. 43). Wird ein Beitrag auf der Grundlage irrevisiblen Rechts erhoben, bestimmt daher allein dieses darüber, ob den die Beitragserhebung steuernden Richtlinien Außenwirkung zukommt oder nicht. Daher wird mit der Beschwerde auch insoweit keine noch zu klärende Frage des revisiblen Rechts aufgeworfen.
2. Auch unter dem Gesichtspunkt der Divergenz ist die Zulassung der Revision nicht gerechtfertigt. Eine die Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO eröffnende Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts oder des Bundesverwaltungsgerichts ist nur dann hinreichend bezeichnet im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bzw. des Bundesverwaltungsgerichts tragenden abstrakten Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat. Auf eine fehlerhafte oder unterbliebene Anwendung höchstrichterlicher Rechtssätze kann eine Divergenzrüge dagegen nicht gestützt werden (Beschluss vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – a.a.O.). Den sich daraus ergebenden Anforderungen wird die Beschwerde nicht gerecht.
Der Antragsteller meint, der Verwaltungsgerichtshof sei mit seinen Ausführungen zu § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO von dem in dem Beschluss vom 25. November 1993 – BVerwG 5 N 1.92 – (BVerwGE 94, 335 ≪338≫ = Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 85 S. 154) aufgestellten Rechtssatz abgewichen, demzufolge nur eine solche Auslegung dem Zweck der Vorschrift gerecht wird, die den Begriff der Rechtsvorschrift im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO in einem weiten Sinn versteht und jedenfalls solche (abstrakt-generellen) Regelungen der Exekutive einbezieht, die wie die Regelsätze im Sozialhilferecht rechtliche Außenwirkung gegenüber dem Bürger entfalten und auf diese Weise dessen subjektiv-öffentlichen Rechte unmittelbar berühren. Davon sei der Verwaltungsgerichtshof mit der Aussage abgerückt, dass es nur darauf ankomme, ob sich aus der Regelung Klagerechte ergeben sollten. Mit dieser Wendung setzt sich der Verwaltungsgerichtshof jedoch nicht in Widerspruch zu dem vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Rechtssatz. Wie sich aus den nachfolgenden Erwägungen ergibt, meint das Normenkontrollgericht damit, dass es sich um verbindliche Regelungen mit Wirkung nach außen handeln muss. Das Gericht vertritt danach den in dem Beschluss vom 25. November 1993 eingenommenen Standpunkt.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.
Unterschriften
Dr. Bardenhewer, Dr. Hahn, Dr. Graulich
Fundstellen