Entscheidungsstichwort (Thema)
Erschließungsbeitrag. Erschlossensein eines Grundstücks. faktisches Gewerbegebiet. Anbaustraße. Zufahrtsmöglichkeit für Lastkraftwagen
Leitsatz (amtlich)
Ob ein Grundstück, das planungsrechtlich für eine bauliche Nutzung vorgesehen ist, durch eine Anbaustraße erschlossen wird, wenn sein an diese Straße angrenzender Teil besonders schmal ist, kann letztlich nur nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalles beurteilt werden.
Normenkette
BauGB §§ 34, 131 Abs. 1, § 133 Abs. 1
Verfahrensgang
OVG Rheinland-Pfalz (Entscheidung vom 30.11.1999; Aktenzeichen 6 A 10535/99) |
VG Koblenz (Entscheidung vom 19.10.1998; Aktenzeichen 8 K 419/98.KO) |
Tenor
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 30. November 1999 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 130 375,60 DM festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet. Die für die Zulassung der Revision allein geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt der Rechtssache nicht zu. Diese Voraussetzung liegt nur dann vor, wenn für die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Rechtsfrage von Bedeutung war, deren noch ausstehende höchstrichterliche Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint (vgl. BVerwGE 13, 90 ≪91 f.≫). Daran fehlt es hier.
Die Beschwerde hält die Frage für klärungsbedürftig, ob in Gewerbegebieten für das Erschlossensein eines Grundstücks im Sinne des § 131 Abs. 1 i.V.m. § 133 Abs. 1 BauGB erforderlich ist, daß auf dieses mit Lastkraftwagen von 2,50 m Breite heraufgefahren werden kann. In dieser Allgemeinheit würde sich die Frage jedoch im angestrebten Revisionsverfahren nicht stellen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts knüpft das erschließungsbeitragsrechtliche Erschlossensein durch Anbaustraßen grundsätzlich mit der Folge an das bebauungsrechtliche Erschlossensein an, daß die Frage, welche Form der Erreichbarkeit eines Grundstücks für dessen erschließungsbeitragsrechtliches Erschlossensein erforderlich ist, in der Sache im wesentlichen eine bebauungsrechtliche Frage ist (vgl. BVerwGE 78, 237 ≪241 f.≫; 88, 70 ≪72≫; 96, 116 ≪119≫). Eine generalisierende Beantwortung der Frage, bei welcher Art von Grundstücken das Bebauungsrecht das bebauungsrechtliche Erschlossensein von der Möglichkeit abhängig macht, mit Lastkraftwagen bestimmter Breite auf sie heraufzufahren, scheitert – wie die Beschwerde selbst ausführt – schon daran, daß die Anforderungen an die Erschließung dem jeweiligen Bebauungsplan bzw. – wie hier – im zum maßgeblichen Zeitpunkt unbeplanten Innenbereich den nach § 34 BauGB maßgebenden Umständen zu entnehmen sind. Sie ergeben sich im vorliegenden Fall daher nicht aus einer rechtsnormativen Konkretisierung, sondern aus der vorhandenen Innenbereichssituation und den konkreten Anforderungen des Vorhabens und des Baugrundstücks (vgl. Söfkes in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB § 34 Rn. 65). Vor diesem Hintergrund kann letztlich nur nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalles die Frage beantwortet werden, ob ein Grundstück, das planungsrechtlich für eine bauliche Nutzung vorgesehen ist, durch eine Anbaustraße erschlossen wird, wenn sein an diese Straße angrenzender Teil besonders schmal ist (vgl. Hans-Joachim Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 5. Aufl. 1999, § 17 Rn. 23).
Allerdings hält es das Bundesverwaltungsgericht für zulässig, bei der Beurteilung der Anforderungen an die Erschließung gewisse „Regeln” aufzustellen und in diesem Sinne etwa anzunehmen, daß Grundstücke in Gewerbegebieten in der Regel ausschließlich durch eine Anbaustraße erschlossen werden, die ihnen eine uneingeschränkte Möglichkeit des Herauffahrens eröffnet (vgl. BVerwGE 78, 237 ≪242≫; 88, 70 ≪76≫). Hiervon ist auch vorliegend das Oberverwaltungsgericht ausgegangen, indem es die in einem faktischen Gewerbegebiet gelegene, aufgrund einer Baugenehmigung der Beklagten u.a. mit einem Auslieferungslager eines Getränkegroßhandelsbetriebes bebaute Grundstückseinheit der Klägerin nur dann als erschlossen ansah, wenn auf das Grundstück auch mit Lastkraftwagen heraufgefahren werden konnte. Die hiernach zu prüfende tatsächliche Frage, ob die höchstens 2,50 m breite Parzelle 166/67 geeignet war, auch Lastkraftwagenverkehr auf das Grundstück der Klägerin zu führen, hat es unter Heranziehung charakteristischer Fahrzeugdaten aufgrund der örtlichen Verhältnisse verneint. Grundsätzlicher Klärungsbedarf in rechtlicher Hinsicht wird hierdurch nicht aufgeworfen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung aus § 13 Abs. 2, § 14 GKG.
Unterschriften
Hien, Dr. Storost, Vallendar
Fundstellen
Haufe-Index 565708 |
NVwZ-RR 2001, 52 |
DVBl. 2000, 1709 |
GK/BW 2001, 128 |
GK/Bay 2001, 423 |