Verfahrensgang
OVG für das Land NRW (Urteil vom 28.01.2005; Aktenzeichen 7 D 35/03.NE) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 28. Januar 2005 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 60 000 EUR festgesetzt.
Gründe
Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde beimisst.
1. Die Fragen,
- ob eine Veränderungssperre von Anfang an unwirksam ist, wenn ohne Änderung der Sach- und Rechtslage das der zu sichernden Bebauungsplanung zu Grunde liegende Plankonzept aufgegeben wird und es deshalb nicht mehr zum Erlass des Bebauungsplans kommt, und
- ob dies jedenfalls dann gilt, wenn die Veränderungssperre (auch) die vorläufige Verhinderung an sich planungsrechtlich zulässiger Vorhaben mit dem Ziel einer planerischen Feinsteuerung (unter Aufrechterhaltung ihrer grundsätzlichen Zulässigkeit im Plangebiet) bezweckt,
lassen sich ohne weiteres verneinen. Es versteht sich von selbst und bedarf keiner Bekräftigung durch eine Revisionsentscheidung, dass eine Veränderungssperre mit Wirkung ex tunc nur unwirksam ist, wenn die Voraussetzungen für ihren Erlass bereits zum Zeitpunkt ihrer Bekanntmachung (vgl. § 16 Abs. 2 BauGB) nicht vorlagen. Wird die zu sichernde Planung, aus welchen Gründen auch immer, später aufgegeben und fallen damit die Voraussetzungen für ihren Erlass nachträglich fort, verliert die Veränderungssperre ihre Wirksamkeit nicht rückwirkend auf den Zeitpunkt ihres In-Kraft-Tretens, sondern allenfalls mit Wirkung ex nunc (vgl. Lemmel in: Berliner Kommentar zum BauGB, 3. Aufl., § 17, Rn. 15).
Das Normenkontrollgericht hat festgestellt, dass die umstrittene Veränderungssperre zum Zeitpunkt ihres Erlasses von Planungsabsichten der Antragsgegnerin getragen war, die eine den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung noch gerecht werdende Konkretisierung aufwiesen (UA S. 23 unten). Die Beschwerde hält diese tatrichterliche Würdigung der Planungsabsichten nicht für zutreffend. Gleichwohl ist der Senat an sie gebunden (vgl. § 137 Abs. 2 VwGO).
2. Die Revision ist auch nicht zur Klärung der Frage zuzulassen, ob dann, wenn die Voraussetzungen für den Erlass einer Veränderungssperre während ihrer Geltungsdauer entfallen, die Veränderungssperre zumindest ab diesem Zeitpunkt (ex nunc) unwirksam wird und die Unwirksamkeit im Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO festgestellt werden kann. Zwar ist die Frage, die im Schrifttum kontrovers diskutiert wird (vgl. nur Bielenberg/Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 16, Rn. 30a; Schenke, WiVerw 1994, 253, 307 ff.), höchstrichterlich noch nicht beantwortet; sie rechtfertigt die Zulassung der Revision aber deshalb nicht, weil sie sich im vorinstanzlichen Verfahren nicht gestellt hat. Die Antragstellerin hat ihr Feststellungsinteresse gegenüber dem Normenkontrollgericht damit begründet, dass sie den durch den Erlass der Veränderungssperre entstandenen Schaden auf dem Zivilrechtsweg gegenüber der Antragsgegnerin geltend machen wolle, „soweit die Veränderungssperre von Anfang an nichtig war” (Schriftsatz vom 8. September 2004, S. 4), und die Ansicht vertreten, es sei jedenfalls möglich, dass die Antragsgegnerin (als Gemeinde oder Genehmigungsbehörde) für den entstandenen Verzögerungsschaden verantwortlich und darüber hinaus zu dessen Ersatz verpflichtet sei, „soweit die Veränderungssperre von Anfang an ungültig war” (Schriftsatz vom 8. September 2004, S. 5). Die Vorinstanz hat deshalb folgerichtig nur geprüft, ob die Veränderungssperre zum Zeitpunkt ihres Erlasses am 10. April 2003 rechtmäßig war (UA S. 17 unten, S. 23 unten). Der Frage, ob die Veränderungssperre zwischen diesem Zeitpunkt und ihrer Aufhebung am 3. August 2004 durch eine endgültige Aufgabe der ursprünglichen Planungsabsichten nichtig geworden ist, hat sie sich nicht gewidmet und musste dies auch nicht tun. In dem vorinstanzlich gestellten Antrag auf Feststellung, dass die angefochtene Veränderungssperre ungültig war, mag der Antrag auf Feststellung, dass die Veränderungssperre zu einem Zeitpunkt zwischen ihrem Erlass und ihrer Aufhebung unwirksam geworden ist, zwar dem Wortlaut nach als Minus enthalten gewesen sein, nicht aber nach dem Petitum, wie es in der Antragsbegründung zum Ausdruck gekommen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO und die Streitwertentscheidung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1, § 72 Nr. 1 GKG.
Unterschriften
Prof. Dr. Rojahn, Gatz, Dr. Philipp
Fundstellen
BauR 2005, 1678 |
IBR 2005, 574 |