Entscheidungsstichwort (Thema)
Bauleitplanung. Festsetzung von Flächen für den Gemeinbedarf. Abwägungsgebot. Ungleichgewichtung des Eigentums Privater und der öffentlichen Hand
Leitsatz (amtlich)
Die Festsetzung des Grundstücks eines Privaten als Fläche für den Gemeinbedarf in einem Bebauungsplan ist abwägungsfehlerhaft, wenn dafür im Rahmen der planerischen Konzeption gleich geeignete Grundstücke der öffentlichen Hand zur Verfügung stehen.
Normenkette
BauGB § 1 Abs. 6; GG Art. 14 Abs. 1
Verfahrensgang
OVG für das Land NRW (Urteil vom 11.05.2000; Aktenzeichen 7a D 203/97.NE) |
Tenor
Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 11. Mai 2000 wird aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.
Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten um die Wirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 396 … der Antragsgegnerin.
Der am 29. März 1995 als Satzung beschlossene und am 10. November 1995 öffentlich bekannt gemachte Bebauungsplan regelt die städtebauliche Entwicklung des zentralen Bereichs des Ortsteils M. der Antragsgegnerin. Mit ihm soll die „Ortsmitte” M. entwickelt und die vorhandene Nachfrage nach der Errichtung preiswerten Wohnraums befriedigt werden. Der Plan sieht Kerngebiets- und Wohnbauflächen, auf denen in ca. 285 zweigeschossigen Einfamilienhäusern und ca. 515 dreigeschossigen Mehrfamilienhäusern Wohnraum für etwa 2 600 Einwohner geschaffen werden soll, Flächen für Infrastruktur-Einrichtungen und Freiflächen vor. Die Bebauung soll abschnittsweise erfolgen.
Die Antragstellerinnen sind in ungeteilter Erbengemeinschaft Eigentümerinnen der ca. 2,85 ha großen ehemaligen Hofstelle W. Straße … in M. …- Hof S. –, die zu Wohnzwecken genutzt wird. Das Grundstück liegt im Plangebiet an dessen südwestlichem Rand. Es ist im Plan als Fläche für den Gemeinbedarf ausgewiesen. Im Einzelnen sind Flächen für eine Grundschule, einen Kindergarten, eine Teichanlage und zwei Flächen – eine davon als Obstwiese bezeichnet – für die Erhaltung von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen festgesetzt. Westlich und nordwestlich des Grundstücks grenzt – außerhalb des Plangebiets – vorhandene Wohnbebauung an, die unmittelbare Umgebung im Nordosten, Osten und Süden ist nach dem Plan ebenfalls für den Wohnungsbau vorgesehen.
Die Antragstellerinnen haben am 10. Dezember 1997 beim Oberverwaltungsgericht einen Normenkontrollantrag gestellt. Zu dessen Begründung haben sie geltend gemacht, für den Kindergarten und die Grundschule, für die ihr Grundstück in Anspruch genommen werden solle, bestehe kein Bedarf. Zudem verstoße es gegen das planungsrechtliche Gebot der gerechten Lastenverteilung, dass die Antragsgegnerin für gemeindeeigene Grundstücke im Plangebiet eine lukrative Wohnnutzung vorgesehen, ihr Grundstück dagegen mit der Nutzung als Gemeinbedarfsfläche belegt habe.
Das Oberverwaltungsgericht hat den Antrag mit Urteil vom 11. Mai 2000 und der Begründung abgelehnt, der angefochtene Bebauungsplan sei mit § 1 Abs. 3 BauGB und § 1 Abs. 6 BauGB vereinbar. Der Plan sei im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung der Antragsgegnerin auch insoweit erforderlich, als er auf dem Grundstück der Antragstellerinnen Flächen für den Gemeinbedarf mit den Zweckbestimmungen „Grundschule” und „Kindergarten” festsetze. Die Versorgungsquote mit Kindertageseinrichtungen in M. habe im Jahr 1994 (nur) bei 78,6 % gelegen, und die Grundschule werde wegen der unbefriedigenden Raumsituation an der benachbarten P.-Schule benötigt. Der Bebauungsplan genüge auch den Anforderungen des § 1 Abs. 6 BauGB. Entgegen der Auffassung der Antragstellerinnen sei die Abwägung nicht durch eine Art Planungsleitsatz dahin gebunden, dass belastende Festsetzungen eines Bebauungsplans auf alle Grundstückseigentümer im Bebauungsplangebiet möglichst gleichermaßen zu verteilen seien. Beschränkungen des Eigentums müssten allerdings, um vor der Verfassung Bestand zu haben, vom geregelten Sachbereich her geboten und auch in ihrer Ausgestaltung sachgerecht sein. Das sei hier der Fall. Kindergarten- und Grundschulflächen hätten neben angrenzenden und schützenswerten Baum- und Wasserflächen einen sinnvollen Standort, der ihn aus anderen Standorten im Plangebiet heraushebe. Flächen mit erhaltenswertem Baumbestand und Wasserflächen trügen sowohl zu einer den Zwecken von Grundschule und Kindergarten dienlichen Atmosphäre als auch zum Schutz vor Kinderlärm bei. Der Einwand der Antragstellerinnen, die Überplanung ihres Grundstücks verstoße gegen den Grundsatz der Lastengleichheit, laufe auf die Behauptung hinaus, nicht ihr, sondern andere, insbesondere im Eigentum der Antragsgegnerin stehende Grundstücke sollten für den Gemeinzweck in Anspruch genommen werden. Einen von den örtlichen Gegebenheiten besseren Standort hätten allerdings auch sie nicht benannt. Für eine Platzierung von Kindergarten und Grundschule im südlichen statt im nördlichen, östlichen oder südöstlichen Planbereich oder im Inneren des Plangebiets spreche aus verschiedenen Gründen die von der Antragsgegnerin verfolgte Gesamtkonzeption der Bebauungsplanung.
Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision machen die Antragstellerinnen geltend, ein am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter Eingriff in das Eigentum dürfe nicht schon dann erfolgen, wenn sachliche Gründe gleichermaßen für die Belastung privater oder öffentlicher Flächen sprächen. Da sich die Antragsgegnerin weder auf die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG noch auf den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG berufen könne, sei die Belastung des Privateigentums mit einer Überplanung für Gemeinbedarfsflächen nur rechtmäßig, wenn für diesen Zweck geeignete öffentliche Flächen nicht zur Verfügung stünden. Vorrangig seien daher öffentliche Grundflächen für Zwecke des Gemeinbedarfs zu nutzen. Private Grundflächen dürften nur in Anspruch genommen werden, wenn besondere städtebauliche Gründe dies zwingend erforderten. Derartige Gründe seien weder dem Bebauungsplan noch der Begründung oder der Situationsgebundenheit der betroffenen Grundstücke zu entnehmen. Kindergarten und Grundschule seien einzeln oder zusammen an zahlreichen anderen Standorten innerhalb des Bebauungsplangebiets realisierbar. Schon das östlich gelegene Grundstück der Antragsgegnerin sei für eine gleichmäßige Versorgung des Gebiets mit Kindergarten und Grundschule ebenso geeignet.
Die Antragsgegnerin verteidigt das angefochtene Urteil. Der gerügte Verstoß gegen § 1 Abs. 6 BauGB liege nicht vor. Ein möglicher Alternativstandort für die Gemeinbedarfsfläche habe nicht in die Abwägung eingestellt werden müssen, weil die Antragstellerinnen im Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplans gegen die Inanspruchnahme ihres Grundstücks keine Einwände erhoben hätten und sich eine andere Lösung nicht aufgedrängt habe. Unabhängig davon sei die Relativierung der Eigentumsrechte der Antragstellerinnen abwägungsfehlerfrei, weil mit der Vergabe gemeindeeigener Grundstücke zum Zwecke der Wohnbebauung mäßigend auf die Grundstückspreise eingewirkt und das Baugebiet schneller realisiert werden könne.
Der Vertreter des Bundesinteresses beteiligt sich am Verfahren. Er ist der Ansicht, wegen der herausgehobenen Position des Grundeigentums nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG bedürfe die Überplanung von Privatgrundstücken für Gemeinbedarfszwecke einer besonderen Begründung, wenn vergleichbare Flächen im Eigentum der öffentlichen Hand verfügbar seien.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist begründet. Der Befund des Oberverwaltungsgerichts, der umstrittene Bebauungsplan sei mit § 1 Abs. 6 BauGB vereinbar, verstößt gegen Bundesrecht (1.). Eine Zurückweisung der Revision nach § 144 Abs. 4 VwGO scheidet aus, weil sich das angefochtene Urteil auch nicht als im Ergebnis richtig darstellt (2.). Da die Feststellungen im Urteil nicht ausreichen, um dem Senat eine abschließende Entscheidung zu ermöglichen, ist die Sache gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen.
1. Nach § 1 Abs. 6 BauGB sind bei der Aufstellung der Bauleitpläne die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Zu den privaten Belangen gehört in hervorgehobener Weise das durch Art. 14 Abs. 1 GG gewährleistete Eigentum (BVerwG, Urteil vom 1. November 1974 – BVerwG 4 C 38.71 – BVerwGE 47, 144 ≪154≫; Beschluss vom 18. Dezember 1987 – BVerwG 4 NB 4.87 – NVwZ 1988, 727 ≪728≫). Neben der Substanz des Eigentums umfasst die grundgesetzliche Eigentumsgarantie auch die Beachtung des Gleichheitssatzes und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 1991 – BVerwG 4 C 17.90 – BVerwGE 88, 191 ≪195≫). Dies gilt unbeschadet des Umstands, dass Bebauungspläne keine enteignungsrechtliche Vorwirkung haben und deshalb die Enteignungsvoraussetzungen (§§ 85 ff. BauGB) bei der Rechtmäßigkeitskontrolle nach § 1 Abs. 6 BauGB nicht zu prüfen sind (BVerwG, Beschlüsse vom 21. Februar 1991 – BVerwG 4 NB 16.90 – BRS 52 Nr. 27 und vom 11. März 1998 – BVerwG 4 BN 6.98 – NVwZ 1998, 845 ≪846≫).
Die Vorinstanz hat sich dem Gleichheitssatz gewidmet und zu Recht geprüft, ob es für die Benachteiligung des Eigentums der Antragstellerinnen durch die Ausweisung ihres Grundstücks als Fläche für den Gemeinbedarf statt als Wohngebiet sachgerechte Gründe gibt. Als sachgerechte Gründe hat sie anerkannt, dass die vorhandenen und zu erhaltenden Baum- und Wasserflächen zu einer den Zwecken von Grundschule und Kindergarten dienlichen Atmosphäre und zum Immissionsschutz beitrügen. An diese Wertung ist das Revisionsgericht gebunden. Es ist nicht befugt, die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Tatsachengerichts durch eine eigene Würdigung zu ersetzen (§ 137 Abs. 2 VwGO). Nur wenn die Würdigung des Tatrichters gegen revisible Rechtssätze, allgemeine Erfahrungssätze oder Denkgesetze verstößt, ist sie revisionsgerichtlich zu beanstanden (Urteil vom 8. Mai 1984, – BVerwG 9 C 141.83 – Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 147). Ein solcher Verstoß liegt aber nicht vor.
Zutreffend hat das Normenkontrollgericht auch die Frage nach Alternativstandorten aufgeworfen. Seinem Vorhalt an die Antragstellerinnen, sie wünschten eine Inanspruchnahme anderer, insbesondere im Eigentum der Antragsgegnerin stehender Grundstücke, ohne jedoch einen von den örtlichen Gegebenheiten besser geeigneten Standort für Grundschule und Kindergarten benannt zu haben, liegt die Rechtsauffassung zugrunde, ein Planungsträger könne unter mehreren gleich geeigneten Grundstücken für eine Gemeinbedarfsfläche frei auswählen. Diese Auffassung ist mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht vereinbar, wenn neben Grundstücken von Privatrechtssubjekten gleich geeignete Grundstücke der öffentlichen Hand zur Verfügung stehen.
Auch bei der Inanspruchnahme von Grundeigentum ist dem Grundsatz des geringstmöglichen Eingriffs als Element des Verhältnismäßigkeitsprinzips Geltung zu verschaffen. Es muss also stets geprüft werden, ob es ein milderes Mittel gibt, das zur Zweckerreichung gleich geeignet ist, den Eigentümer aber weniger belastet. Als milderes Mittel ist es anzusehen, wenn das Planvorhaben gleich gut auch auf Grundstücken der öffentlichen Hand verwirklicht werden kann (vgl. BVerwG, Urteile vom 20. August 1982 – BVerwG 4 C 81.79 – BVerwGE 66, 133 ≪137≫ und vom 1. November 1974 – BVerwG 4 C 38.71 – BVerwGE 47, 144 ≪147 f.≫; BGH, Urteil vom 16. März 1978 – III ZR 145/75 – ZMR 1979, 86 ≪88≫; VGH Mannheim, Urteil vom 7. Dezember 1989 – VGH 3 S 1842/88 – juris; OVG Berlin, Urteil vom 24. März 1995 – OVG 2 A 4.94 – BRS 57 Nr. 12; OVG Schleswig, Urteil vom 28. November 1995 – OVG 1 K 11/95 – juris). In der Abwägung hat das Eigentum der öffentlichen Hand nämlich ein geringeres Gewicht als das Eigentum Privater, weil Hoheitsträger angesichts des personalen Schutzzwecks der Eigentumsgarantie nicht Inhaber des Grundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG sind (BVerwG, Urteil vom 24. November 1994 – BVerwG 7 C 25.93 – BVerwGE 97, 143 ≪151≫; Runkel in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 85 Rn. 43). Mit dem stärkeren Schutz des Privateigentums im Rahmen der Abwägung wird auch der Gleichklang mit § 90 Abs. 1 Nr. 2 BauGB hergestellt, wonach Grundstücke Privater zur Beschaffung von Ersatzland nur enteignet werden dürfen, wenn die öffentliche Hand über geeignetes Ersatzland nicht verfügt. Die Ungleichgewichtigkeit von Privateigentum und Eigentum der öffentlichen Hand hat das Oberverwaltungsgericht nicht beachtet. Darauf beruht sein Urteil.
2. Das Urteil erweist sich nicht aus anderen Gründen als im Ergebnis richtig.
Im Revisionsverfahren kann nicht festgestellt werden, dass nur das Normenkontrollgericht von einem fehlerhaften Verständnis des § 1 Abs. 6 BauGB ausgegangen ist, die Antragsgegnerin hingegen geprüft und mit sachgerechten Erwägungen verneint hat, dass die Gemeinbedarfsflächen gleich gut auf gemeindeeigenem Land untergebracht werden können. Eine solche Feststellung erfordert eine Durchsicht und Bewertung der Verwaltungsvorgänge; dies ist Sache des Tatsachengerichts. Nach dem Vortrag der Antragsgegnerin im Klageverfahren ist außerdem davon auszugehen, dass auch sie nicht geprüft hat, ob eigenes Gelände zur Verfügung steht; denn sie hält die Untersuchung von Alternativstandorten deshalb für entbehrlich, weil die Antragstellerinnen im Planaufstellungsverfahren keine Einwendungen erhoben haben.
Die mangelnde Beteiligung der Antragstellerinnen im Aufstellungsverfahren führt ihrerseits nicht dazu, dass der Bebauungsplan als wirksam bestätigt werden kann. Betroffenheiten dürfen ohne Schaden für den Bestand des Abwägungsergebnisses nur unberücksichtigt bleiben, wenn sie für die planende Behörde nicht ohne weiteres erkennbar sind (BVerwG, Urteil vom 13. September 1985 – BVerwG 4 C 64.80 – BRS 44 Nr. 20). Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt. Die Betroffenheit der Antragstellerinnen ist offenkundig, weil ihrem Eigentum durch die beanstandete Überplanung die Privatnützigkeit entzogen wird.
Die unterbliebene Untersuchung von Alternativstandorten als offensichtlicher Fehler im Abwägungsvorgang ist auch nicht mangels Kausalität für das Abwägungsergebnis unbeachtlich (§ 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB). Dem angefochtenen Urteil lässt sich nicht entnehmen, dass es im gesamten Plangebiet kein gemeindeeigenes Grundstück gibt, das sich für eine Festsetzung als Gemeinbedarfsfläche gleich gut eignet wie das Grundstück der Antragstellerinnen. Das Normenkontrollgericht hat zwar ermittelt, dass sich die Bereiche im nördlichen, östlichen und südöstlichen Plangebiet sowie in dessen Mitte für die Ausweisung als Gemeinbedarfsfläche für Grundschule und Kindergarten weniger eignen als das Grundstück der Antragstellerinnen. Sein Urteil verhält sich jedoch nicht dazu, ob es in der unmittelbaren Umgebung des Grundstücks der Antragstellerinnen Grundstücke der Antragsgegnerin gibt, die zur Verwirklichung der Plankonzeption in etwa gleich geeignet sind. In diese Richtung wird das Normenkontrollgericht den Sachverhalt noch aufzuklären und dabei Folgendes zu beachten haben: Ein Grundstück der öffentlichen Hand ist für Gemeinbedarfszwecke gleich geeignet wie ein Grundstück eines Privaten, wenn sich seine Inanspruchnahme mit dem städtebaulichen Konzept der Gemeinde verträgt und keine Gründe, etwa die Auswirkungen der Vorhaben auf die Umgebung, für die Ausweisung gerade auf dem Privatgrundstück sprechen. Der Grundsatz des Vorrangs von Flächen der öffentlichen Hand für Gemeinbedarfszwecke darf freilich nicht dahin missverstanden werden, dass sich die Bauleitplanung primär an den Eigentumsverhältnissen auszurichten hat. Ein Standortvergleich braucht erst angestellt zu werden, wenn es um die Umsetzung der planerischen Konzeption geht. Bei deren Entwicklung hat die Gemeinde ein weites Ermessen. Sie ist vom Gesetzgeber ermächtigt, die „Städtebaupolitik” zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht (BVerwG, Beschluss vom 11. Mai 1999 – BVerwG 4 NB 15.99 – BRS 62 Nr. 19).
Die Festsetzung des Grundstücks der Antragstellerinnen als Fläche für den Gemeinbedarf kann schließlich nicht mit der im Revisionsverfahren nachgeschobenen Erwägung der Antragsgegnerin gebilligt werden, durch die Ausweisung eigener Grundstücke als Wohnbauland mäßigend auf die Preise einwirken und das Baugebiet schneller realisieren zu können. Ob der sozialpolitische Belang, möglichst vielen Kaufinteressenten Wohngrundstücke zu geringeren als den marktüblichen Preisen anbieten zu können, überhaupt geeignet ist, den Eingriff in das Grundeigentum eines Dritten zu rechtfertigen, kann offen bleiben. Jedenfalls ist er dann, wenn er – wie vorliegend – nicht der Linderung einer besonderen wirtschaftlichen Notlage dient (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 26. Oktober 1977 – 1 BvL 9/72 – BVerfGE 46, 268 ≪288 f.≫ – Beschaffung von Siedlungsland), von derart geringem Gewicht, dass er sich gegenüber dem Interesse eines Betroffenen an der privaten Nutzung seines Eigentums nicht durchzusetzen vermag.
Unterschriften
Paetow, Berkemann, Lemmel, Rojahn, Gatz
Fundstellen
BauR 2002, 1660 |
IBR 2002, 638 |
ZfIR 2003, 87 |
NuR 2002, 746 |
ZfBR 2002, 807 |
BayVBl. 2003, 181 |
DVBl. 2002, 1500 |
GV/RP 2003, 397 |
BRS-ID 2002, 7 |
FSt 2003, 222 |
FuBW 2003, 357 |
FuHe 2003, 372 |
FuNds 2003, 435 |