Tenor
Die Klagen werden abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen je zur Hälfte.
Tatbestand
Rz. 1
Die Kläger wenden sich gegen einen Planfeststellungsbeschluss in Gestalt eines Planergänzungsbeschlusses für eine Höchstspannungsfreileitung südwestlich von Köln.
Rz. 2
Der Planfeststellungsbeschluss der Bezirksregierung Köln vom 30. Dezember 2016 stellt den Plan für die Errichtung und den Betrieb der 110-/380-kV-Höchstspannungsfreileitung Rommerskirchen - Sechtem, Bauleitnummer (Bl.) 4215 fest. Die Leitung ist ein Teilstück des als Nr. 15 in den Bedarfsplan zum Energieleitungsausbaugesetz (EnLAG) aufgenommenen Vorhabens "Neubau Höchstspannungsleitung Osterath - Weißenthurm, Nennspannung 380 kV".
Rz. 3
Zwischen Frechen und Brühl nutzt die planfestgestellte Trasse den Trassenraum der zu demontierenden Bl. 4501 (220-/380-kV-Freileitung) und der Bl. 0706 (110-kV-Freileitung "Gleuel West" und "Gleuel Ost"), deren Stromkreise mitgeführt werden. Ab Mast 61 quert sie den Ortsteil Hürth-Efferen in einem Grünzug entlang der Straßen "In den Höhnen" und "Kiebitzweg". In diesem Bereich liegt das Grundstück, an dem die Kläger als Eigentümer unterschiedlicher Wohnungen zum Zeitpunkt der Klageerhebung miterbbauberechtigt waren und das für einen Schutzstreifen in Anspruch genommen werden soll. Im weiteren Verlauf werden die Stromkreise der Bl. 0706 in die Umspannanlage Kalscheuren eingeführt und sodann - erstmals - als Weiterleitung dieser Stromkreise zwei 110-kV-Stromkreise auf dem Gestänge mitgeführt. Die Trasse verschwenkt sodann in südliche Richtung, verläuft am Ostrand von Köln-Meschenich über landwirtschaftlich genutzte Flächen und erreicht den Punkt Brühl.
Rz. 4
Auf eine Klage der Kläger erklärte das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 14. März 2018 - 4 A 5.17 - (BVerwGE 161, 263) den Planfeststellungsbeschluss hinsichtlich des zwischen dem Punkt Frechen und dem Punkt Brühl liegenden Abschnitts für rechtswidrig und nicht vollziehbar. Die Entscheidung für die Trasse in diesem Bereich war fehlerhaft, weil die Möglichkeit einer Umgehung der Ortslage von Hürth (damals Variante 5a/b) nicht ausreichend ermittelt und abgewogen worden war (a. a. O. Rn. 78 ff.).
Rz. 5
Der Beklagte führte ein ergänzendes Verfahren durch, ohne die Öffentlichkeit erneut zu beteiligen. Die Kläger konnten in den Räumen der Beigeladenen Einsicht in die Aufstellungsvorgänge nehmen und erhielten die Unterlagen mit Gelegenheit zur Stellungnahme vom 30. April 2020 bis zum 15. Mai 2020.
Rz. 6
Im Planergänzungsverfahren wurde die ehemalige Variante 5a/b in vier technischen Varianten aufgegliedert und weiter untersucht. Die Varianten umgeben Hürth-Efferen südlich. Sie verlaufen vom Punkt Frechen aus in südöstlicher Richtung, queren das Gebiet zwischen dem Hürther Waldsee und dem Otto-Maigler-See, in dem auch das Naturschutzgebiet und Natura-2000-Gebiet "Waldseenbereich Theresia" liegt, verschwenken nach Osten und teilen sich östlich des Chemieparks Knapsack in die Untervarianten A und B auf. Die Untervarianten A verlaufen nordöstlich zwischen den Ortslagen Fischenich und Kendenich, die Untervarianten B südöstlich auf zum Teil neuer Trasse zum Punkt Brühl. Mit Planergänzungsbeschluss vom 25. Juni 2020 hielt die Planfeststellungsbehörde das ursprüngliche Abwägungsergebnis aufrecht.
Rz. 7
Die Kläger machen geltend, der Planfeststellungsbeschluss in Gestalt des Planergänzungsbeschlusses leide an Verfahrensmängeln, weil die Planfeststellungsbehörde nicht auf einen Erörterungstermin habe verzichten dürfen und die Einsichtnahme in die Unterlagen erschwert gewesen sei. Das Festhalten an der Antragstrasse erweise sich als abwägungsfehlerhaft. So seien Varianten zu Unrecht schon im Wege der Grobprüfung verworfen worden. Die Einbeziehung der 110-kV-Leitungen in die Planung sei inkonsistent, die Untersuchungsergebnisse zu den Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft seien nicht nachvollziehbar. Belastungen der Anwohner seien nicht ausreichend ermittelt und die von der Vorhabenträgerin vorgelegten Ergebnisse von der Planfeststellungsbehörde nicht geprüft worden. In der Gesamtabwägung seien die Auswirkungen des Vorhabens auf den Menschen zu gering gewichtet worden.
Rz. 8
Die Kläger beantragen,
den Planfeststellungsbeschluss der Bezirksregierung Köln vom 30. Dezember 2016 für die Errichtung und den Betrieb der 110-/380-kV-Höchstspannungsfreileitung Rommerskirchen - Sechtem in der Fassung des Planergänzungsbeschlusses vom 25. Juni 2020 im Abschnitt Punkt Frechen - Punkt Brühl aufzuheben.
Rz. 9
Der Beklagte und die Beigeladene beantragen jeweils,
die Klagen abzuweisen.
Rz. 10
Sie verteidigen den Planfeststellungsbeschluss.
Entscheidungsgründe
Rz. 11
Die Klagen sind nicht begründet. Der Planfeststellungsbeschluss in Gestalt des Planergänzungsbeschlusses verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Rz. 12
A. Der Planergänzungsbeschluss ist frei von Verfahrensfehlern ergangen.
Rz. 13
I. Der Beklagte hat ohne Rechtsfehler von einem Erörterungstermin abgesehen. Für das ergänzende Verfahren im Sinne des § 75 Abs. 1a Satz 2 VwVfG NRW gilt nach § 43d Satz 1 i. V. m. § 43 Abs. 4 und 5 EnWG der § 76 VwVfG NRW mit der Maßgabe, dass im Falle des § 76 Abs. 1 VwVfG NRW von einer Erörterung im Sinne des § 73 Abs. 6 VwVfG NRW und des § 18 Abs. 1 Satz 4 UVPG abgesehen werden kann. Der Verweis in § 43d Satz 1 EnWG ist nicht auf die Fälle wesentlicher Planänderungen nach § 76 Abs. 1 VwVfG NRW beschränkt. Nach § 43d Satz 1 EnWG i. V. m. § 76 Abs. 3 VwVfG NRW bedarf es auch dann keines Anhörungsverfahrens und damit keines Erörterungstermins, wenn ein ergänzendes Verfahren nicht auf eine Änderung des regelnden Teils des Plans gerichtet ist. In einem solchen Fall erweist sich § 43d Satz 1 EnWG als Rechtsfolgenverweisung (BVerwG, Urteil vom 7. Oktober 2021 - 4 A 9.19 - UPR 2022, 98 Rn. 35 f.).
Rz. 14
Der Senat muss nicht entscheiden, ob und wie der Verzicht auf einen Erörterungstermin im Falle einer unwesentlichen Planänderung oder des Festhaltens am Plan begründet werden muss. Die in dem Planergänzungsbeschluss (PEB S. 5 und S. 83) sowie dem Aktenvermerk vom 19. Mai 2020 niedergelegte Begründung, wonach im Ergänzungsverfahren auf einen Erörterungstermin verzichtet werden konnte, weil keine neuen oder stärkeren Betroffenheiten ausgelöst worden sind und die maßgeblichen Punkte bereits Gegenstand des ursprünglichen Verfahrens waren, genügte jedenfalls. Wie der Wortlaut des § 76 Abs. 3 VwVfG zeigt, ist der Verzicht auf das Anhörungsverfahren und damit auch auf einen Erörterungstermin entgegen der klägerischen Ansicht nicht auf Ausnahmefälle beschränkt.
Rz. 15
II. Die Kläger wurden ausreichend beteiligt. Nach § 73 Abs. 8 Satz 1 VwVfG NRW genügt selbst für den Fall, dass nach der Änderung eines Plans Belange Dritter erstmals oder stärker als bisher berührt werden, eine Stellungnahmefrist von zwei Wochen. Dies muss erst recht gelten, wenn der Plan im ergänzenden Verfahren aufrechterhalten bleibt.
Rz. 16
B. Die Entscheidung, an der Antragstrasse festzuhalten, leidet nicht an erheblichen Abwägungsfehlern.
Rz. 17
Gemäß § 43 Abs. 3 EnWG sind bei der Planfeststellung die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Das Abwägungsverbot verlangt, dass - erstens - eine Abwägung überhaupt stattfindet, dass - zweitens - in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, und dass - drittens - weder die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die zur Planung ermächtigte Stelle in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 16. März 2021 - 4 A 10.19 - NVwZ 2021, 1615 Rn. 55 m. w. N.).
Rz. 18
I. Die Auswahl der näher betrachteten Varianten ist nicht zu beanstanden.
Rz. 19
Nach ständiger Rechtsprechung ist die Auswahl unter verschiedenen Trassenvarianten ungeachtet rechtlich zwingender Vorgaben eine fachplanerische Abwägungsentscheidung. Bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials müssen einerseits alle ernsthaft in Betracht kommenden Alternativlösungen berücksichtigt und mit der ihnen zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange eingestellt werden. Die Planfeststellungsbehörde handelt andererseits nicht schon dann abwägungsfehlerhaft, wenn eine verworfene Trassenführung ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit sind vielmehr erst dann überschritten, wenn entweder eine andere als die gewählte Linienführung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere darstellen würde, wenn sich mit anderen Worten diese Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen, oder aber wenn der Planungsbehörde infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen ist.
Rz. 20
Die Planfeststellungsbehörde ist dabei nicht verpflichtet, die Variantenprüfung bis zuletzt offenzuhalten und alle von ihr zu einem bestimmten Zeitpunkt erwogenen oder von dritter Seite vorgeschlagenen Alternativen gleichermaßen detailliert und umfassend zu untersuchen. Sie braucht den Sachverhalt nur so weit zu klären, wie dies für eine sachgerechte Entscheidung und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist; Alternativen, die ihr aufgrund einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheinen, darf sie schon in einem frühen Verfahrensstadium ausscheiden. Ergibt sich dagegen nicht bereits bei einer Grobanalyse des Abwägungsmaterials die Vorzugswürdigkeit einer Trasse, so muss die Behörde die noch ernsthaft in Betracht kommenden Trassenalternativen im weiteren Planungsverfahren detaillierter untersuchen und vergleichen; die Bevorzugung einer bestimmten Lösung darf nicht auf einer Bewertung beruhen, die zur objektiven Gewichtigkeit der von den möglichen Alternativen betroffenen Belangen außer Verhältnis steht (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 15. Dezember 2016 - 4 A 4.15 - BVerwGE 157, 73 Rn. 32, vom 14. März 2018 - 4 A 5.17 - BVerwGE 161, 263 Rn. 82 m. w. N. und vom 5. Oktober 2021 - 7 A 13.20 - NVwZ 2022, 726 Rn. 77).
Rz. 21
1. Im Planergänzungsverfahren musste nicht geprüft werden, ob die Varianten B unter weiterer Parallelführung mit der Bl. 2381 erst am Punkt Brühl Ost an die geplante Trasse hätten anknüpfen können. Mit Urteil vom 14. März 2018 - 4 A 5.17 - (BVerwGE 161, 263) hat der Senat den Planfeststellungsbeschluss nur hinsichtlich des zwischen dem Punkt Frechen und dem Punkt Brühl liegenden Abschnitts für rechtswidrig und nicht vollziehbar erklärt und die Klagen im Übrigen abgewiesen. Die Punkte Frechen und Brühl stellen daher Zwangspunkte für die Vervollständigung des Vorhabens dar. Varianten, die an Punkten außerhalb dieses Bereichs - etwa dem Punkt Brühl Ost - enden, kamen von vornherein nicht in Betracht.
Rz. 22
2. Das Ausscheiden der technischen Varianten 2B und 4A im Wege der Grobanalyse ist nicht zu beanstanden. Der Planergänzungsbeschluss stützt diese Entscheidung auf zwei selbstständig tragende Gründe. Das Risiko betrieblicher Einschränkungen und Störungen im Netz sei zu hoch und wesentliche Planungsziele würden nicht erreicht, weil ein Mitführen der 110-kV-Stromkreisverbindungen der W.-GmbH bei diesen Varianten nicht möglich sei. Bereits der erstgenannte Grund ist tragfähig.
Rz. 23
Unter betrieblichen Einschränkungen versteht der Planergänzungsbeschluss im Anschluss an den Erläuterungsbericht die Reduzierung der Verteil- und Übertragungskapazität durch eine im Einzelfall notwendig werdende Freischaltung einzelner Stromkreise. Das Risiko wird für jede Variante anhand der Zahl der Kreuzungen und Abzweigungen bestimmt, weil diese sowohl bei der Montage und Reparatur als auch in einem Störfall dazu führten, dass weitere Stromkreise freizuschalten seien. Die Risiken werden für einzelne Abzweigungen und Kreuzungen exemplarisch erläutert und quantifiziert. Das Kriterium leuchtet ein und musste nicht durch weitergehende Ermittlungen oder Erläuterungen untermauert werden. Insbesondere mussten die Risiken nicht für jede einzelne Kreuzung und Abzweigung geschildert werden. Nach § 1 Abs. 1 EnWG ist unter anderem eine möglichst sichere Energieversorgung zu gewährleisten. Da mehrere technische Alternativen zur Verfügung stehen, die die weiteren abzuwägenden Belange in ähnlicher Weise berühren, durften die Varianten mit der höchsten Zahl an Kreuzungen und Abzweigungen bereits in einem frühen Planungsstadium ausgeschieden werden.
Rz. 24
Auf die Frage, ob die Varianten darüber hinaus nicht in Betracht kamen, weil die Verstärkung des 110-kV-Netzes als wesentliches Planungsziel unmittelbar über den gewählten Trassenverlauf erfolgen musste oder ob dieses Ziel auf anderem Wege hätte erreicht werden können, kommt es nicht an.
Rz. 25
3. Ohne Abwägungsfehler wurde sowohl die Überspannung des Chemieparks als auch dessen Querung nicht näher betrachtet.
Rz. 26
Die Planfeststellungsbehörde konnte sich in erster Linie auf Sicherheitserwägungen berufen; daneben waren auch die Notwendigkeit eines sehr hohen Mastes bei einer Überspannung und die Schwierigkeiten eines zusätzlichen Mastfundamentes zu berücksichtigen. Die in den Aufstellungsvorgängen enthaltene Liste der vorhandenen Gebäude und Anlagen zeigt, dass sich in dem Chemiepark zahlreiche nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz genehmigungsbedürftige Anlagen einschließlich solcher mit explosionsgefährdeten Bereichen befinden. Da mit der nördlichen Umgehung des Chemieparks (Variante 1) und mit dessen Querung am südlichen Rand auf vorhandener Trasse (Varianten 2 bis 4) kleinräumige Alternativen zur Verfügung stehen, die diese Sicherheitsrisiken vermeiden, durfte die Planfeststellungsbehörde insoweit von weiteren Aufklärungsmaßnahmen absehen.
Rz. 27
4. Schließlich stellt es keinen Abwägungsfehler dar, dass die Vorhabenträgerin die Verstärkung des 110-kV-Netzes bei der Variante 3 durch eine Mitführung der Leitungen auf dem neu zu errichtenden Gestänge geplant und sich hierdurch - wie die Kläger vortragen - möglicherweise um eine günstigere Führung der Leitungen gebracht hat. Es trifft zwar zu, dass die Verstärkung bei den anderen Varianten nur als "weitere erforderliche Maßnahme" im Zuge der Erneuerung der Bl. 4501 aufgeführt wurde. Der aus dem Aufstellungsvorgang nachvollziehbare Umstand, dass die W. GmbH ihre - für die Variante 3 in Anspruch genommene - Bl. 2351 als Rückfalloption betrachtet, um die Verstärkung des 110-kV-Netzes in jedem Fall im eigenen Bestandstrassenraum realisieren zu können und einer Inanspruchnahme der Bl. 2351 für die 380-kV-Leitungen nur unter der Bedingung zustimmt, dass die 110-kV-Leitungen mitgeplant werden, rechtfertigt diese Differenzierung.
Rz. 28
II. Die Ermittlung und Bewertung der betroffenen Belange bei den näher betrachteten Varianten ist nicht zu beanstanden.
Rz. 29
1. Die Ermittlung der betrieblichen Einschränkungen weist keine Fehler auf.
Rz. 30
Das Risiko betrieblicher Einschränkungen wird anhand der Zahl der Kreuzungen und Abzweigungen ermittelt und von der Vorhabenträgerin in drei Stufen eingeteilt. Die Rüge der Kläger, anstatt die Kriterien für diese Einteilung nur anzugeben, hätten die Schwierigkeiten für jeden Knotenpunkt dargestellt werden müssen, führt nicht auf einen Abwägungsfehler. Zum einen ist nicht vorgetragen oder ersichtlich, dass die Kriterien falsch angewandt worden sind. Zum anderen hat die Planfeststellungsbehörde die Einteilung nicht unbesehen übernommen, sondern die Stufen 1 und 2 ergänzend zusammengefasst, ohne dass sich hierdurch an der Bewertung etwas ändert (PEB S. 96 ff.). Da das Kriterium für die Stufe 3 nicht zu beanstanden ist und ohne weitere Bewertung auskommt (Freischaltung von gleichzeitig mehr als zwei Transportnetzstromkreisen der A. GmbH [220-/380-kV]) waren nähere Ausführungen zu den einzelnen Knotenpunkten entbehrlich.
Rz. 31
2. Die Ermittlung der Eingriffe in Natur und Landschaft hält der gerichtlichen Prüfung stand.
Rz. 32
Für die Ermittlung von Eingriffen in Natur und Landschaft durch Höchstspannungsfreileitungen gibt es keine umfassenden normativen Vorgaben oder Fachkonventionen, die eine abschließende Beurteilung nach vorgegebenen Standards ermöglichen. Ist aber eine Prüfung auf außerrechtliche, insbesondere ökologische Bewertungen angewiesen, für die weder normkonkretisierende Maßstäbe noch in den einschlägigen Fachkreisen allgemein anerkannte Maßstäbe und Methoden bestehen, unterliegen diese keiner Richtigkeitsgewähr. Die gerichtliche Kontrolle ist vielmehr darauf beschränkt, ob die Einschätzungen der Planfeststellungsbehörde im konkreten Einzelfall naturschutzfachlich vertretbar sind, insbesondere nicht auf einem unzulänglichen oder gar ungeeigneten Bewertungsverfahren beruhen, und ob die Behörde zu einer plausiblen Einschätzung gelangt ist. Der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle obliegt darüber hinaus die Prüfung, ob der Behörde bei der Ermittlung und Anwendung der von ihr gewählten - vertretbaren - Methode Verfahrensfehler unterlaufen, sie von einem unrichtigen oder nicht hinreichend tiefgehend aufgeklärten Sachverhalt ausgeht, allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe verletzt oder sich von sachfremden Erwägungen leiten lässt (BVerwG, Urteil vom 3. November 2020 - 9 A 12.19 - BVerwGE 170, 33 Rn. 259 m. w. N.; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 23. Oktober 2018 - 1 BvR 2523/13 u. a. - BVerfGE 149, 407 Rn. 17 ff.).
Rz. 33
a) Gemessen daran weist die Ermittlung der Eingriffe in den Naturhaushalt keine Fehler auf. Der Planergänzungsbeschluss multipliziert im Anschluss an den Erläuterungsbericht bestimmte Flächenverluste (Versiegelung durch Mastfundamente, dauerhafte Rückschnitte, dauerhafte Vegetationseinschränkungen in den Schutzstreifen, temporäre Inanspruchnahme von schwer rekultivierbaren Vegetationsflächen) mit den Biotopwerten aus der "Numerischen Bewertung von Biotoptypen für die Eingriffsregelung in NRW, September 2008 des LANUV" - Numerische Bewertung - und erhält so "ökologische Einheiten". Dieses Vorgehen ist plausibel und nachvollziehbar. Die betroffenen Biotoptypen sind in den Anlagen 6.17 bis 6.21 zum Planergänzungsbeschluss kartiert. Die dort verwandten Bezeichnungen stimmen mit den Bezeichnungen in der Numerischen Bewertung überein oder lassen sich diesen zuordnen.
Rz. 34
Sofern die Kläger darauf verweisen, dass von dem Bewertungsvorschlag der Biotoptypen je nach naturräumlicher Ausstattung, Bedeutung, Seltenheit und Naturnähe in Ausnahmefällen mit textlicher Begründung um bis zu zwei Wertstufen nach unten oder oben abgewichen werden kann (S. 6 der Numerischen Bewertung), ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht worden ist oder werden musste. Die Kläger wenden außerdem ein, für einige sehr unterschiedlich ausgebildete, überwiegend anthropogene Biotoptypen sei in der Numerischen Bewertung auf einen Vorschlag verzichtet worden. So lege der Erläuterungsbericht für ein Regenrückhaltebecken am Maststandort 3008 der Variante 1A den Wert "4" zugrunde, ohne dass dies nachvollzogen werden könne. Damit ist kein methodischer Fehler bezeichnet. Die Numerische Bewertung verzichtet zwar in Ausnahmefällen auf einen konkreten Vorschlag, gibt aber die Kriterien vor, anhand derer die Biotoptypen einzelfallbezogen zu bewerten sind (Natürlichkeit, Gefährdung/Seltenheit, Ersetzbarkeit/Wiederherstellbarkeit, Vollkommenheit; vgl. Numerische Bewertung S. 6). Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass diese Bewertungskriterien nicht eingehalten worden sind, etwa weil die Bewertung des Maststandorts 3008 in einem augenscheinlichen Missverhältnis zu den weiteren 54 Maststandorten der Variante 1A stünde oder sich nicht in dem von der Numerischen Bewertung vorgegebenen Rahmen halte.
Rz. 35
Schließlich durften Eingriffe, die durch eine provisorisch errichtete Leitung notwendig werden und besonders nachhaltig wirken (vgl. Erläuterungsbericht S. 134 f., BA 2 Anlage 1), in die Berechnung einbezogen werden.
Rz. 36
b) Die Ermittlung und Bewertung der Beanspruchung von geschützten Teilen von Natur und Landschaft ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Als geschützte Teile von Natur und Landschaft betrachtet der Planergänzungsbeschluss Naturschutzgebiete gemäß § 20 Abs. 2 Nr. 1, § 23 BNatSchG, gesetzlich geschützte Biotope gemäß § 30 BNatSchG, geschützte Landschaftsbestandteile nach § 20 Abs. 2 Nr. 7, § 29 BNatSchG und Landschaftsschutzgebiete nach § 20 Abs. 2 Nr. 4, § 26 BNatSchG. Beeinträchtigungen werden anhand der Zahl der Masten, die innerhalb der Gebietsgrenzen zu montieren bzw. zu demontieren sind und ergänzend anhand der hinzukommenden oder entfallenden Schutzstreifenflächen bewertet.
Rz. 37
Die Annahme, dass mit der Zahl zu errichtender Masten innerhalb von geschützten Teilen von Natur und Landschaft die Wahrscheinlichkeit der Verwirklichung eines Verbotstatbestandes steigt, ist plausibel. Dieser eher grobe Maßstab zur Abschätzung der Eingriffe ist auch ausreichend. Wie weitgehend die Beeinträchtigung eines bestimmten Belangs untersucht werden muss, hängt von dessen Bedeutung in der Abwägungsentscheidung ab. Die Beeinträchtigung geschützter Landschaftsbestandteile ist hier neben den Eingriffen in den Naturhaushalt und den Eingriffen in das Landschaftsbild einer von drei Unterpunkten der Beeinträchtigung von Natur und Landschaft. Diese bildet ihrerseits einen von insgesamt acht Untersuchungsgegenständen. Bei den Betrachtungen genügte es, die Wahrscheinlichkeit der Verwirklichung eines Verbotstatbestandes anhand der quantitativen Inanspruchnahme geschützter Landschaftsbestandteile abzuschätzen, ohne konkreter auf die Situation vor Ort oder die jeweiligen Verbotstatbestände einzugehen.
Rz. 38
Ebenfalls nicht auf einen Abwägungsfehler führt der Umstand, dass Leitungsbestandteile, die nur vorübergehend in Landschaftsschutzgebieten errichtet werden müssen, berücksichtigt werden. Gemäß § 26 Abs. 2 BNatSchG sind in einem Landschaftsschutzgebiet nach Maßgabe näherer Bestimmungen alle Handlungen verboten, die den Charakter des Gebiets verändern oder dem besonderen Schutzzweck zuwiderlaufen. Insofern erweist sich zwar bei Provisorien insbesondere die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes als vorübergehend. Der Planergänzungsbeschluss weist allerdings zutreffend darauf hin, dass auch ein Provisorium einen Verbotstatbestand verwirklichen kann. Zudem erfordert das Anlegen von Mastfundamenten, Schutzstreifen und Baustellenflächen Eingriffe in die Vegetation des Landschaftsschutzgebiets, die ihrerseits die Wahrscheinlichkeit für die Verwirklichung eines Verbotstatbestandes erhöhen. Das zeigen exemplarisch die vorliegend betroffenen Landschaftsschutzgebiete, in denen ganz überwiegend Baum- oder Gehölzbestände zum Schutzziel gehören; dort ist die Verlegung ober- und unterirdischer Versorgungsleitungen verboten und Unterhaltungs- oder Instandsetzungsarbeiten im Bereich der Hochspannungsleitungen, die in Vegetationsbestände oder in den Boden eingreifen, dürfen nur im Einvernehmen mit der unteren Naturschutzbehörde vorgenommen werden.
Rz. 39
3. Freizeitflächen, insbesondere auch der Grünstreifen entlang des Kiebitzwegs, sind in der Abwägung hinreichend berücksichtigt. Der Senat hat dem Beklagten mit Urteil vom 14. März 2018 - 4 A 5.17 - (BVerwGE 161, 263 Rn. 85) aufgegeben, die Siedlungsstruktur in den Blick zu nehmen. Zu diesem Zweck bildet der Planergänzungsbeschluss einen Siedlungsstrukturindex, der besiedelten Flächen nach ihrer Schutzwürdigkeit einen bestimmten Faktor zuweist. Der von den Klägern angesprochene Grünstreifen ist dort als Freizeitfläche erfasst. Er ist mit dem Faktor 0,5 bewertet, während beispielsweise Wohnflächen oder Flächen für Kindergärten den Faktor 3,0 erhalten haben. Das ist nicht zu beanstanden. Grünflächen, die der Erholung dienen, sind weniger schutzbedürftig als Wohnflächen, weil sich dort regelmäßig eine geringere Zahl von Menschen über kürzere Zeiträume aufhält (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. Oktober 2021 - 4 A 9.19 - UPR 2022, 98 Rn. 60 zu Kleingärten). Dass dies bei dem Grünstreifen entlang des Kiebitzwegs grundlegend anders ist, haben die Kläger nicht substantiiert dargelegt.
Rz. 40
4. Einer gesonderten Betrachtung des Artenschutzes in der Abwägung bedurfte es nicht. Es ist rechtskräftig festgestellt, dass die Antragstrasse nicht gegen Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1 BNatSchG verstößt (BVerwG, Urteil vom 14. März 2018 - 4 A 5.17 - Rn. 69 ff.). Die Auswirkungen der Trassen auf Natur und Landschaft wurden unter mehreren Gesichtspunkten erhoben und verglichen (PEB S. 107 ff.). Dass eine vertiefte artenschutzrechtliche Prüfung bei dieser Sachlage weitere abwägungserhebliche Unterschiede hätte zeitigen können, ist nicht dargelegt (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Juli 2021 - 4 A 14.19 - UPR 2022, 141 Rn. 80).
Rz. 41
5. Die Kosten für die Errichtung der Trassen durften in der Abwägungsentscheidung berücksichtigt werden (BVerwG, Urteil vom 14. März 2018 - 4 A 5.17 - BVerwGE 161, 263 Rn. 101 m. w. N.). Der Beklagte hat in Rechnung gestellt, dass bei den Varianten die Bl. 4501 in absehbarer Zeit zusätzlich saniert werden müsste, während die Leitung von der Antragstrasse ohnehin mit auf das neu zu errichtende Gestänge genommen werde. Das ist nicht zu beanstanden. Zweck des Energiewirtschaftsgesetzes ist nach § 1 Abs. 1 EnWG unter anderem die preisgünstige leitungsgebundene Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität. Die Planfeststellungsbehörde entnimmt der Vorschrift zutreffend das Gebot, Freileitungen kostengünstig herzustellen und zu betreiben (PEB S. 55). Die Sanierung der 1929 errichteten Bl. 4501 steht - unabhängig von der Frage, ob die Verstärkung des 110-kV-Netzes über diese Trasse erfolgt - bis spätestens 2030 an. Lässt sich eine zusätzliche Sanierung bei dem Neubau einer Leitung vermeiden, darf dieser wirtschaftliche Vorteil bei der Auswahl unter verschiedenen Varianten mit dem ihm zukommenden Gewicht berücksichtigt werden. Auf die Frage, ob die Sanierungskosten der Beigeladenen oder anderen Vorhabenträgern erspart bleiben, kommt es dabei nicht an. § 1 Abs. 1 EnWG macht das Gebot der preisgünstigen und effizienten Stromversorgung nicht von dem jeweiligen Vorhabenträger oder Netzbetreiber abhängig.
Rz. 42
6. Die Behandlung der Immissionen durch elektromagnetische Felder führt nicht auf einen rechtserheblichen Abwägungsfehler.
Rz. 43
a) Der Planergänzungsbeschluss hält das Interesse an der Verschonung von elektromagnetischen Feldern auch unterhalb der Grenzwerte grundsätzlich für abwägungsrelevant (PEB S. 92) und nimmt an, dass die Varianten voraussichtlich zu geringeren Belastungen der Anwohner führen würden, weil sie in größerer Entfernung von den Siedlungen verlaufen (PEB S. 95). Er geht jedoch davon aus, dass unterschiedlich hohe Immissionsbelastungen unterhalb der Grenzwerte der 26. BImSchV ohnehin keinen Ausschlag für eine der Varianten geben könnten und hält weitere Ermittlungen, die eine Feinplanung der Varianten voraussetzen würde, deshalb für nicht notwendig (PEB S. 95). Diese Ausführungen sind erkennbar von der Entscheidung getragen, Immissionen unterhalb der Grenzwerte der 26. BImSchV keine ausschlaggebende Bedeutung in der Abwägung beizumessen. Dass die Antragstrasse die Grenzwerte einhält, ist durch das Urteil des Senats vom 14. März 2018 - 4 A 5.17 - (BVerwGE 161, 263 Rn. 41 ff.) rechtskräftig festgestellt.
Rz. 44
Die Planfeststellungsbehörde durfte Immissionsbelastungen unterhalb der Grenzwerte der 26. BImSchV eine Bedeutung für den Variantenvergleich absprechen. Der Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch elektromagnetische Felder wird in erster Linie durch die Grenzwerte nach § 3 Abs. 1 Satz 1 der 26. BImSchV i. V. m. deren Anlage 1a sowie durch das Minimierungsgebot des § 4 Abs. 2 Satz 1 der 26. BImSchV gewährleistet (vgl. BVerwG, Urteile vom 14. März 2018 - 4 A 5.17 - BVerwGE 161, 263 Rn. 45 ff. und vom 26. Juni 2019 - 4 A 5.18 - Buchholz 451.17 § 43 EnWG Nr. 10 Rn. 87 m. w. N.). Darüber hinaus gehört das Interesse an jeglicher Verschonung vor elektromagnetischen Feldern, auch wenn diese die Grenzwerte unterschreiten, zu den erheblichen Belangen in der Abwägung.
Rz. 45
Das schließt nicht aus, Belastungsunterschieden unterhalb der Grenzwerte in einer konkreten Abwägungssituation ein so geringes Gewicht beizumessen, dass eine Ergebnisrelevanz auszuschließen ist. Die Planfeststellungsbehörde konnte sich für das Vorliegen eines solchen Falles zum einen auf die auf der Antragstrasse bestehende Vorbelastung stützen (PEB S. 95 unter Hinweis auf BVerwG, Beschluss vom 28. Februar 2013 - 7 VR 13.12 - UPR 2013, 345 Rn. 20 f.). Zum anderen wurde im Planergänzungsverfahren die Siedlungsstruktur ermittelt und bewertet, um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die Antragstrasse mitten durch die Ortslage verläuft und dadurch gegebenenfalls eine deutlich höhere Anzahl von Menschen dauerhaft beeinträchtigt (PEB S. 103). Nach nicht zu beanstandender Auffassung der Planfeststellungsbehörde trägt der Siedlungsstrukturindex auch den Immissionen durch elektromagnetische Feldern Rechnung (PEB S. 104), so dass diese mittelbar in die Abwägung eingestellt wurden.
Rz. 46
b) Es kann dahinstehen, ob die bereits im Urteil vom 14. März 2018 - 4 A 5.17 - (BVerwGE 161, 263 Rn. 53) beanstandete und nunmehr wiederholte Wertung, die Grenzwerte nach § 3 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. Anhang 1a der 26. BImSchV werden auf der Antragstrasse "deutlich" unterschritten (PEB S. 92, 95), angesichts elektrischer Feldstärken von bis zu 4,5 kV/m in jeder Hinsicht frei von Fehlern ist. Auch den von den Klägern erstmals in der mündlichen Verhandlung detailliert aufgeworfenen Fragen zur Ermittlung und Nachprüfbarkeit der Immissionswerte muss nicht nachgegangen werden. Sollten der Planfeststellungsbehörde insoweit Fehler unterlaufen sein, wären diese unerheblich.
Rz. 47
Nach § 43 Abs. 4, § 43d Satz 2 EnWG i. V. m. § 75 Abs. 1a Satz 1 VwVfG NRW sind Abwägungsmängel nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Dies ist nicht der Fall, wenn nach den Umständen des Einzelfalls die konkrete Möglichkeit fehlt, dass die Planungsentscheidung ohne den Fehler anders, also für den Kläger günstiger ausgefallen wäre. Zur Rechtfertigung dieser Annahme müssen konkrete Anhaltspunkte dafür nachweisbar sein, dass die Planfeststellungsbehörde gleichwohl dieselbe Entscheidung getroffen hätte (BVerwG, Urteil vom 14. März 2018 - 4 A 5.17 - BVerwGE 161, 263 Rn. 105; BVerfG, Beschluss vom 16. Dezember 2015 - 1 BvR 685/12 - NVwZ 2016, 524 Rn. 23). Vorliegend kann ausgeschlossen werden, dass die Planfeststellungsbehörde aufgrund näherer Erkenntnisse zu den Immissionen unterhalb der Grenzwerte der 26. BImSchV zu einem anderen Abwägungsergebnis gekommen wäre. Denn Belastungen der Wohnbevölkerung hat der Planergänzungsbeschluss umfassend und vorrangig durch den Siedlungsindex berücksichtigt, sich aber dennoch für die Antragstrasse entschieden. Weiteren Ermittlungen zu den Immissionen durch elektromagnetische Felder hätten dieses Ergebnis nicht geändert.
Rz. 48
III. Die Gesamtabwägung leidet nicht an Fehlern.
Rz. 49
Sofern die Kläger das "Score-System" angreifen, mit dem die Vorhabenträgerin aus den jeweiligen Einzelergebnissen die Vorzugswürdigkeit einer Trasse berechnet, übersehen sie, dass der Planergänzungsbeschluss sich dieses System nicht unbesehen zu eigen macht. Das war auch geboten: Die Abwägung verlangt eine planerische Entscheidung, die durch Berechnungen vorbereitet, aber nicht ersetzt werden kann. Gegenstand der gerichtlichen Prüfung ist daher im Ausgangspunkt die in herkömmlich argumentativ-gewichtender Form vorgehende Abwägungsentscheidung des Planergänzungsbeschlusses.
Rz. 50
In dieser Entscheidung werden weder die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Die Belange der Anwohner sind durch die Ermittlung und Bewertung der Wohnhausüberspannungen, der Siedlungsstruktur und der optisch bedrängenden Wirkung in die Gesamtabwägung eingeflossen. Sofern die Kläger insoweit ein Ungleichgewicht rügen, setzen sie ihre Wertungen an diejenige der Planfeststellungsbehörde, zeigen aber keinen Abwägungsfehler auf.
Rz. 51
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO i. V. m. § 100 Abs. 1 ZPO, § 162 Abs. 3 VwGO.
Fundstellen
NuR 2022, 7 |
NuR 2022, 8 |
NuR 2023, 326 |
ZNER 2022, 638 |