Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin wendet sich gegen eine straßenrechtliche Widmung im Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 11. Januar 2001 für den Neubau der Bundesstraße 101n, Planungsabschnitt 4, Teilabschnitt 2, von Bau-km 0+036.843 (= Landesgrenze Berlin/Brandenburg) bis Bau-km 3+600 in den Gemeinden G.… und D.…

Aus Anlass der Planung der B 101n, welche die von Berlin-M.… in südwestliche Richtung führende B 101 alt ersetzen soll, ordnete der Beklagte eine Änderung der Trassenführung der O.… Straße an. Bislang verläuft die O.… Straße, aus Berlin-L.… kommend, durch die Ortschaft H.… und mündet im spitzen Winkel in die B 101 alt ein. Der Plan sieht eine Verzweigung der O.… Straße vor der Ortseinfahrt H.… vor. Die Neue O.… Straße wird die O.… Straße verlängern und nördlich an H.… vorbei auf die B 101n führen, die alte O.… Straße mit der Ortsdurchfahrt H.… wird untergeordnet an die O.…/ Neue O.… Straße angebunden. Die O.… Straße ist als Gemeindestraße eingestuft. Der Beklagte legte im Bauwerksverzeichnis unter der laufenden Nummer 14 fest, dass die Unterhaltung der Neuen O.… Straße sowie der vorhandenen O.… Straße der Gemeinde H.… obliegt, und verfügte die Widmung mit der Maßgabe, dass sie mit der Verkehrsübergabe wirksam wird.

Hiergegen hat die von der Regelung betroffene Klägerin als Rechtsnachfolgerin der Gemeinde O.…, der die Ortschaft H.… ursprünglich angehörte, am 28. Februar 2001 Klage erhoben. Sie macht – wie schon im Anhörungsverfahren – geltend, die Neue O.… Straße habe nicht als Gemeindestraße gewidmet werden dürfen. Die Straße habe überörtliche Bedeutung, weil absehbar sei, dass sie hauptsächlich dem Durchgangsverkehr von Berlin zur B 101n dienen werde. Sie hätte daher mindestens als Kreisstraße eingestuft werden müssen.

Die Klägerin beantragt,

den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 11. Januar 2001 insoweit aufzuheben, als im Bauwerksverzeichnis unter der laufenden Nummer 14 die Widmung der Neuen O.… Straße als Gemeindestraße und die Verpflichtung zur Unterhaltung verfügt worden ist.

Der Beklagte beantragt die Abweisung der Klage. Er hält seine Widmungsverfügung für rechtmäßig.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die als Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 VwGO zulässige Klage ist unbegründet. Die angefochtene Widmungsverfügung im Bauwerksverzeichnis des Planfeststellungsbeschlusses des Beklagten vom 11. Januar 2001 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Rechtsgrundlage für die Verfügung ist § 6 Abs. 5 Satz 1 des Brandenburgischen Straßengesetzes in der Neufassung vom 10. Juni 1999 (GVBl 211) – BbgStrG –. Danach kann bei Straßen, deren Bau in einem Planfeststellungs- oder -genehmigungsverfahren geregelt wird, die Widmung in diesem Verfahren mit der Maßgabe verfügt werden, dass sie mit der Verkehrsübergabe wirksam wird, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 3 in diesem Zeitpunkt vorliegen.

Der Widmung liegt der Plan für den Neubau der Neuen O.… Straße zwischen der vorhandenen O.… Straße und dem Knoten mit der B 101n zugrunde. Hierbei handelt es sich um eine Folgemaßnahme, die im Sinne des § 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG notwendig ist, um den Anschluss der O.… Straße an das überörtliche Straßennetz aufrechtzuerhalten.

Entgegen der Ansicht der Klägerin waren bei der Widmung der Neuen O.… Straße die Kriterien des § 3 BbgStrG für die Einteilung der öffentlichen Straßen in die verschiedenen Straßengruppen nicht zu prüfen. Die Neue O.… Straße ist keine neue, selbständige Straße im Sinne des Brandenburgischen Straßengesetzes. Sie übernimmt unter Netzverknüpfungsgesichtspunkten, auf einen Teilabschnitt begrenzt, die Funktionen der vorhandenen O.… Straße, die bisher als Gemeindestraße gewidmet ist. Mit knapp 700 m Länge lässt sie sich straßenrechtlich nicht als eigenständige Straße einstufen, der eine höhere Verkehrsbedeutung zukommt als dem Straßenstück, dessen Verlängerung sie ist. Sie für sich genommen gleichwohl der Straßengruppe der Kreis- oder gar Landesstraßen zuzuordnen, liefe den gesetzgeberischen Wertungen zuwider, die in der Einteilung der öffentlichen Straßen in § 3 BbgStrG ihren Niederschlag gefunden haben. Die Widmung der Neuen O.… Straße hatte vielmehr der Widmung der O.… Straße zu folgen.

Zu einer Widmung des gesamten Straßenzuges wäre der Beklagte nicht berechtigt gewesen. Selbst wenn es zuträfe, dass die O.…/Neue O.… Straße entgegen der aktuellen Qualifizierung die in § 3 Abs. 2 und 3 BbgStrG genannten Merkmale einer Kreis- oder Landesstraße aufweist, hätte sie im Planfeststellungsbeschluss nicht für den Neubauabschnitt entsprechend ein- und für den Altbestand entsprechend umgestuft werden dürfen. Mit einer solchen Maßnahme hätte der Beklagte den ihm gezogenen rechtlichen Rahmen überschritten. Seine Befugnis zur Widmung reichte nur bis zur Planfeststellungsgrenze. Dessen ist sich die Klägerin ausweislich ihres Schriftsatzes vom 11. September 2002 bewusst. Die Wahl der Planfeststellungsgrenze begegnet keinen Bedenken. Notwendig im Sinne des § 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG sind nur solche Anlagen, die dazu dienen, nachhaltigen Störungen der Funktionsfähigkeit vorhandener Straßen- und Wegenetze vorzubeugen (BVerwG, Urteil vom 1. Juli 1999 – BVerwG 4 A 27.98 – BVerwGE 109, 192 ≪201≫). Der Beklagte hat sich daher zu Recht auf die Trassierung der Neuen O.… Straße und die Anbindung der alten O.… Straße beschränkt. Mit einer Verschiebung der Planfeststellungsgrenze bis zur Stadtgrenze von Berlin und einer damit einhergehenden Erweiterung seines Widmungsrechts hätte er seine Befugnisse überschritten.

Nach § 6 Abs. 5 Satz 1 BbgStrG steht es im Ermessen der Planfeststellungsbehörde, die Planfeststellung mit einer Widmungsverfügung zu verbinden. Von dieser Möglichkeit hat der Beklagte fehlerfreien Gebrauch gemacht. Die Alternative hätte in einem Verzicht auf eine Widmungsregelung mit der Folge bestanden, dass die Widmung im Nachhinein nach Maßgabe des § 6 Abs. 2 BbgStrG verfügt werden müsste. Die Klägerin hat indes bereits im Anhörungsverfahren zum Ausdruck gebracht, dass sie nicht bereit ist, das neue Straßenstück in ihre Baulast zu übernehmen. Die Anregung des Beklagten, sich außerhalb des Planfeststellungsverfahrens für eine Aufstufung der O.… Straße einzusetzen, hat sie nicht aufgegriffen. Von daher bestand aus der Sicht des Beklagten ein Regelungsbedarf, um für den Zeitpunkt der Verkehrsübergabe klare Zuordnungsverhältnisse zu schaffen.

Die Klage müsste auch dann abgewiesen werden, wenn die Neue O.… Straße als eigenständige Straße anzusehen wäre, die für sich betrachtet einer Straßengruppe zugeordnet werden kann. Als eine Straße, die dem im Gemeindegebiet befindlichen Anschluss an das überörtliche Straßennetz dient, fiele sie nach § 3 Abs. 4 Nr. 1 BbgStrG in die Kategorie der Gemeindeverbindungsstraßen als Unterfall der Gemeindestraßen. Eine andere Würdigung könnte nur in Betracht gezogen werden, wenn die Neue O.… Straße dazu bestimmt wäre, zwei überörtliche Straßen miteinander zu verbinden. Das ist indessen nicht der Fall, weil die O.… Straße als Gemeindestraße gewidmet ist. Deshalb bedarf es auch der in der mündlichen Verhandlung beantragten Beweisaufnahme nicht. Denn auch wenn die Verkehrsteilnehmer auf der Neuen O.… Straße überwiegend von Berlin zur B 101n fahren würden, würde die Neue O.… Straße die Bundesstraße nur mit einer Gemeindestraße verbinden. Hierüber können sich der Beklagte und das Gericht nicht hinwegsetzen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

 

Unterschriften

Lemmel, Halama, Rojahn, Gatz

Vorsitzender Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Paetow ist wegen Erkrankung an der Beifügung seiner Unterschrift gehindert.

Lemmel

 

Fundstellen

Dokument-Index HI905900

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