Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundstücksrestitution. Ablösebetrag. Bundesfinanzvermögen. subjektiv-öffentliches Recht. Bundesauftragsverwaltung. allgemeines Rechtsschutzbedürfnis. Verwirkung Klagerecht
Leitsatz (amtlich)
Die Bundesrepublik Deutschland ist als Gläubigerin früherer dinglicher Rechte an einem zurückübertragenen Grundstück befugt, die Festsetzung eines Ablösebetrags im Klagewege durchzusetzen.
Normenkette
VermG § 18 Abs. 1 S. 1, § 18b Abs. 1 S. 1, § 22 S. 2 Nr. 5; VwGO § 42 Abs. 2
Verfahrensgang
VG Leipzig (Urteil vom 02.11.2001; Aktenzeichen 1 K 224/00) |
Tenor
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 2. November 2001 wird aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen.
Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Tatbestand
I.
Die Klägerin beansprucht als Gläubigerin früherer dinglicher Rechte an einem restituierten Mietwohngrundstück die Festsetzung eines Ablösebetrags.
Das einem Schweizer Unternehmen gehörende Grundstück wurde 1951 in staatliche Verwaltung übernommen und anschließend laut Grundbucheintragungen mit Aufbaugrundpfandrechten in Höhe von insgesamt 214 400 M zugunsten der Deutschen Investitionsbank und der Stadt- und Kreissparkasse Leipzig belastet. 1983 wurde es auf der Grundlage des Aufbaugesetzes in Volkseigentum überführt. Dabei erloschen die eingetragenen Aufbaugrundpfandrechte sowie ein durch die Sparkasse Leipzig gewährtes Hauszinssteuerabgeltungsdarlehen von nominal 20 000 M und eine im Jahr 1927 eingetragene Hypothek im Nominalwert von 22 000 RM zugunsten der Stadtsparkasse Leipzig. Die den Rechten zugrunde liegenden Forderungen nebst Zinsen beliefen sich nach einer Aufstellung für das Entschädigungsverfahren auf insgesamt 317 067,34 M. Die festgesetzte Entschädigung von 27 370 M wurde der Stadt- und Kreissparkasse Leipzig als vorrangiger Gläubigerin zuerkannt und mit den Forderungen verrechnet.
Die Berechtigte beantragte im September 1990 die Rückgabe des Grundstücks. Mit Schreiben vom 2. Februar 1993 forderte das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen die Stadt- und Kreissparkasse Leipzig auf, ihre Ansprüche aus den im Grundbuch eingetragenen dinglichen Rechten darzulegen. Diese gab dem Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen mit Schreiben vom 12. Februar 1993 zur Kenntnis, dass die in Rede stehenden Forderungen in die Verwaltung der Staatsbank Berlin, Außenstelle Leipzig, übergegangen seien, an die sie das Schreiben des Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen weiterleiten werde. Die Staatsbank äußerte sich nicht zu den Forderungen. Durch Bescheid vom 25. Februar 1993 übertrug das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen das Grundstück im Wege der Einzelrestitution an die Berechtigte zurück. Zugleich stellte es fest, dass die im Grundbuch zugunsten der Stadt- und Kreissparkasse Leipzig eingetragenen Aufbaugrundpfandrechte nicht “wiederaufleben”, weil diese ihre Forderungen nicht beziffert habe. Ein Ablösebetrag wurde nicht festgesetzt. Der Bescheid wurde der Stadt- und Kreissparkasse Leipzig mittels Einschreiben, das am 25. Februar 1993 zur Post gegeben wurde, zugestellt. Die Berechtigte wurde auf Ersuchen des Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen am 22. Juni 1993 als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen. Sie veräußerte das Grundstück mit notariellem Vertrag vom 5. April 1995 zum Kaufpreis von 750 000 DM an einen Dritten. Die Berechtigte hat sich unterdessen aufgelöst. Die Gesellschaft ist beendet. Ein Rechtsnachfolger war im Revisionsverfahren nicht zu ermitteln.
Durch Verordnung vom 13. September 1994 (BGBl I S. 2554) wurde das Vermögen der Staatsbank Berlin der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) übertragen. Auf deren Anfrage vom 4. Februar 1999 übersandte ihr die Stadt Leipzig mit Schreiben vom 16. Februar 1999, zugegangen am 19. Februar 1999, den Bescheid des Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen vom 25. Februar 1993. Darauf erhob die KfW gemäß der dem Bescheid beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung am 8. März 1999 Widerspruch, den das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen mit Widerspruchsbescheid vom 25. Januar 2000 als unzulässig zurückwies.
Am 17. Februar 2000 hat die Klägerin gegen den Bescheid vom 25. Februar 1993 Klage erhoben und die Verpflichtung des Beklagten beantragt, für die bei Überführung des Grundstücks in Volkseigentum untergegangenen dinglichen Rechte und das Hauszinssteuerabgeltungsdarlehen einen Ablösebetrag festzusetzen. Zur Begründung hat sie vorgetragen, dass ihr ein Recht auf Festsetzung eines Ablösebetrags zustehe und die Voraussetzung, unter der von der Festsetzung abgesehen werden könne, nicht erfüllt sei. Da einer zivilrechtlichen Durchsetzung ihrer Forderung gegen die Berechtigte die Verjährungseinrede entgegengehalten werden könne, Ansprüche aus dinglichen Rechten gemäß § 902 BGB aber nicht der Verjährung unterlägen, habe sie ein rechtliches Interesse an der Festsetzung des an die Stelle der dinglichen Rechte tretenden Ablösebetrags.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen: Die Klägerin sei nicht klagebefugt. Sie habe kein subjektiv-öffentliches Recht auf Festsetzung eines Ablösebetrags. Die Festsetzung sei nur eine objektiv-rechtliche Pflicht der Behörde. Da diese Pflicht von den Vermögensämtern im Auftrag des Bundes erfüllt werde, seien die rechtlichen Interessen des Bundes bereits von Amts wegen zu berücksichtigen. Angesichts dessen komme es nicht mehr darauf an, ob die Klägerin ihr Klagerecht verwirkt habe.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin die vom Senat zugelassene Revision eingelegt und zur Begründung ausgeführt: Zu Unrecht habe das Verwaltungsgericht ihr subjektiv-öffentliches Recht auf Festsetzung eines Ablösebetrags verneint. Ihr stehe dieses Recht als Gläubigerin untergegangener dinglicher Rechte zu. Sie habe auch ein Rechtsschutzbedürfnis daran, die Festsetzung des Ablösebetrags im Klagewege durchzusetzen.
Der Beklagte vertritt den Standpunkt, eine Weisung des Bundes sei gegenüber einer Klage der einfachere Weg. Von seinem Weisungsrecht mache der Bund auch bei der Festsetzung eines Ablösebetrags regelmäßig Gebrauch.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision der Klägerin ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Unzulässigkeit der Klage aus Gründen angenommen, die Bundesrecht widersprechen. Ob die Klage auch im Übrigen zulässig und begründet ist, kann der Senat mangels entsprechender tatsächlicher Feststellungen des Verwaltungsgerichts nicht abschließend beurteilen; die Sache ist deshalb an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen.
Das Verwaltungsgericht hat die Klagebefugnis mit der Begründung verneint, die Klägerin könne die Festsetzung eines Ablösebetrags nicht beanspruchen, weil ihr kein entsprechendes subjektiv-öffentliches Recht zustehe. § 18 Abs. 1 Satz 1 VermG regele nur die Verpflichtung des Berechtigten. Nach § 18 Abs. 7 VermG könne die zuständige Behörde den Berechtigten auch verpflichten, den Ablösebetrag unmittelbar an den Gläubiger zu zahlen. Daraus ergebe sich, dass die Festsetzung von Ablösebeträgen eine im Vermögensgesetz vorausgesetzte behördliche Verpflichtung sei. Das Verwaltungsgericht ist damit davon ausgegangen, der objektiv-rechtlichen Pflicht der Behörde entspreche kein subjektiv-öffentliches Recht. Diese Annahme verletzt Bundesrecht. Sie verkennt, dass nach Regelungszusammenhang und Zweck des Gesetzes der objektiven Pflicht der Behörde zur Bestimmung des Ablösebetrags ein entsprechendes subjektives Recht des Begünstigten korrespondiert:
§ 18 Abs. 1 Satz 1 VermG bestimmt, dass der Berechtigte bei der Rückübertragung eines Grundstücks im Wege der Einzelrestitution für die mit dessen Überführung in Volkseigentum untergegangenen dinglichen Rechte einen in dem Restitutionsbescheid festzusetzenden Ablösebetrag zu hinterlegen hat. Abweichend hiervon kann die Behörde, soweit sie ohne besondere Ermittlungen davon Kenntnis hat, wer begünstigt im Sinne des § 18b Abs. 1 Satz 1 VermG ist oder inwieweit der Entschädigungsfonds nach Maßgabe des § 18b Abs. 1 Satz 2 VermG Auskehr des Ablösebetrags verlangen kann, den Berechtigten unmittelbar zur Zahlung des Ablösebetrags an den nach § 18b Abs. 1 Satz 1 oder 2 VermG Begünstigten verpflichten (§ 18 Abs. 7 Satz 1 VermG). In § 18b Abs. 1 Satz 1 VermG ist geregelt, dass der Gläubiger eines früheren dinglichen Rechts an einem Grundstück oder sein Rechtsnachfolger (Begünstigter) von der Hinterlegungsstelle die Herausgabe desjenigen Teils des Ablösebetrags verlangen kann, mit dem sein früheres Recht bei der Ermittlung des unanfechtbar festgestellten Ablösebetrags berücksichtigt worden ist, soweit dieser nicht an den Entschädigungsfonds oder den Berechtigten herauszugeben ist. Nach § 18b Abs. 1 Satz 2 VermG geht der Anspruch des Begünstigten auf den Entschädigungsfonds über, soweit der Begünstigte für den Verlust seines Rechts Ausgleichszahlungen oder eine Entschädigung vom Staat erhalten hat oder dem Schuldner die dem Recht zugrunde liegende Forderung von staatlichen Stellen der DDR erlassen worden ist.
Hiernach ist das Vermögensamt verpflichtet, einen Ablösebetrag zu bestimmen, der regelmäßig im Rückübertragungsbescheid festzusetzen ist. Die Regelung bezweckt, dass der Berechtigte bei Rückübertragung des Grundstücks einen dem Wert der früheren dinglichen Belastungen entsprechenden Ausgleich leistet. Damit wird dem wiedergutmachungsrechtlichen Grundsatz Rechnung getragen, dass der Rückübertragungsberechtigte nicht mehr zurückerhalten darf, als er verloren hat (vgl. BTDrucks 12/2480, S. 50). Zugleich stellt die Festsetzung des Ablösebetrags sicher, dass der vom Berechtigten zu leistende Wertausgleich dem früheren Gläubiger dinglicher Rechte, seinem Rechtsnachfolger oder dem Entschädigungsfonds zugute kommen kann. In dieser Funktion dient die Regelung dem rechtlichen Interesse des Begünstigten an einem Ausgleich seines Rechtsverlusts. Die Festsetzung des Ablösebetrags ist infolgedessen nicht nur eine objektiv-rechtliche Pflicht der Behörde. Ihr entspricht ein Anspruch des Begünstigten, dessen Recht durch die Festsetzung des Ablösebetrags gestaltet wird. Nach § 18 Abs. 1 Satz 2 VermG hat die Behörde die auf die jeweiligen Rechte entfallenden Einzelbeträge gesondert auszuweisen; schon daraus wird deutlich, dass sie auch dem rechtlichen Interesse des jeweiligen Gläubigers der dinglichen Rechte Rechnung zu tragen hat. Vor allem ist dem in § 18b Abs. 1 Satz 1 VermG zuerkannten, an den Ablösebetrag anknüpfenden Herausgabeanspruch zu entnehmen, dass der Begünstigte von der Verpflichtung zur Festsetzung eines Ablösebetrags nicht nur reflexhaft oder gleichsam zufällig betroffen, sondern in den Schutzzweck des § 18 Abs. 1 Satz 1 VermG einbezogen ist. Diesen rechtlichen Zusammenhang zwischen § 18 Abs. 1 Satz 1 und § 18b Abs. 1 Satz 1 VermG hat das Verwaltungsgericht ausgeblendet. Der Ablösebetrag ist festzusetzen, damit die Ansprüche des Begünstigten wegen des Verlusts dinglicher Rechte befriedigt werden können, sei es aufgrund des Herausgabeanspruchs gegenüber der Hinterlegungsstelle oder – im Ausnahmefall des § 18 Abs. 7 Satz 1 VermG – aufgrund des Zahlungsanspruchs gegen den Berechtigten.
Die Klägerin kann den Anspruch auf Festsetzung eines Ablösebetrags auch geltend machen; denn es ist nach ihrem Vorbringen möglich, dass sie als frühere Gläubigerin dinglicher Rechte Begünstigte ist, was für ihre Klagebefugnis genügt.
Die Forderungen, die durch die mit Überführung des Grundstücks in Volkseigentum untergegangenen dinglichen Rechte gesichert waren, sind im Jahr 1986 allesamt auf den Staatshaushalt der DDR übergegangen. Das ergibt sich aus einem Vermerk der Stadt- und Kreissparkasse Leipzig vom 3. Juni 1986, wonach die den Aufbaugrundpfandrechten zugrunde liegenden Forderungen einschließlich Zinsen als “Eigengeschäftsforderung zu Lasten zentraler Reservefonds” sowie die Hypothekenforderung aus dem Jahr 1927 und das Hauszinssteuerabgeltungsdarlehen einschließlich gestundeter Zinsen als “Treuhandforderung des Staatshaushalts zu Lasten Verbindlichkeitskonto” ausgebucht wurden. Soweit die Forderungen der früheren Gläubiger aus den Aufbaugrundpfandrechten vom Staat übernommen wurden, würde der Herausgabeanspruch der Klägerin allerdings auf den Entschädigungsfonds übergehen, wenn der Schuldner zugleich von seinen Verbindlichkeiten befreit worden sein sollte und der Staat der Stadt- und Kreissparkasse Leipzig aus staatlichen Mitteln Ausgleichsleistungen gezahlt hätte, sei es durch Verrechnung mit einer Entschädigung oder durch Ausbuchung zu Lasten staatlicher Reservefonds (§ 18b Abs. 1 Satz 2 VermG; vgl. Urteil vom 5. April 2001 – BVerwG 7 C 22.00 – Buchholz 428 § 7a VermG Nr. 3 S. 1 ≪4≫). In diesem Umfang wäre der Beklagte zu der Feststellung verpflichtet, dass der Anspruch auf den Entschädigungsfonds übergegangen ist (vgl. § 22 Satz 1 i.V.m. § 18b Abs. 1 Satz 2 VermG und § 10 Satz 1 Nr. 9 EntschG).
Unabhängig hiervon ist nach dem Vorbringen der Klägerin davon auszugehen, dass sie jedenfalls hinsichtlich der Hypothekenforderung aus dem Jahr 1927 und dem Hauszinssteuerabgeltungsdarlehen Begünstigte ist. Diese Forderungen wurden, wie dem genannten Vermerk der Stadt- und Kreissparkasse Leipzig zu entnehmen ist, von der Sparkasse von vornherein als Treuhandforderungen im Auftrag und für Rechnung des Staatshaushalts geführt. Ihr Übergang in den Staatshaushalt stellt daher nur eine buchmäßige Verschiebung innerhalb des staatlichen Bereichs dar. Als Ausgleichsleistung zur Befriedigung des staatlichen Gläubigers kann dieser Vorgang nicht verstanden werden. Die ehemals volkseigenen Forderungen sind am 3. Oktober 1990 in das der Treuhandverwaltung des Bundes unterliegende Finanzvermögen übergegangen (Art. 22 Abs. 1 des Einigungsvertrags) und wurden unter Beendigung der Verwaltungszuständigkeit der Staatsbank Berlin durch Verordnung vom 13. September 1994 (BGBl I S. 2554) der KfW übertragen. Die Klägerin trägt damit schlüssig vor, dass sie Gläubigerin eines früheren dinglichen Rechts an dem Grundstück ist und den entsprechenden Teil des festzusetzenden Ablösebetrags verlangen kann.
Das angegriffene Urteil stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die tatsächlichen Feststellungen, die das Verwaltungsgericht getroffen hat, ergeben nicht, dass die Klage unzulässig ist.
Der Klägerin fehlt das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis für ihre Klage nicht deshalb, weil sie ihr Ziel auf einfacherem Weg erreichen könnte. Zwar entscheiden die Vermögensämter der Länder über die Festsetzung von Ablösebeträgen im Auftrag des Bundes (§ 22 Satz 2 Nr. 5 VermG), so dass dem Bund gemäß Art. 85 Abs. 3 GG ein Weisungsrecht zusteht. Das Weisungsrecht des Bundes schließt aber nicht das Recht der Klägerin aus, ihren Anspruch auf Festsetzung eines Ablösebetrags im Klageweg durchzusetzen. Das folgt schon daraus, dass das Weisungsrecht angesichts seiner Ausgestaltung keine Alternative darstellt, die eine Klage als unnötige Inanspruchnahme der Gerichte erscheinen ließe. Weisungen der zuständigen obersten Bundesbehörden, denen die Landesbehörden im Bereich der Auftragsverwaltung unterstehen, sind regelmäßig an die obersten Landesbehörden zu richten (Art. 85 Abs. 3 Satz 2 GG); mangels unmittelbarer Einwirkung des Bundes auf die zunächst für die Sachbeurteilung und Sachentscheidung zuständige Landesbehörde wird die Ausübung des Weisungsrechts nicht unbedingt einfacher und wirkungsvoller sein als die Klageerhebung. Davon abgesehen lässt sich selbst bei Erteilung einer Weisung im dreiseitigen Rechtsverhältnis nicht verhindern, dass der von der weisungsgemäß getroffenen Entscheidung nachteilig betroffene Dritte Klage erhebt; die Weisung wird in Fällen dieser Art also nicht schneller zum Ziel führen als eine unmittelbar erhobene Klage des Bundes. Schließlich kommt dem Weisungsrecht im Rahmen der Auftragsverwaltung auch seinem Zweck nach zumindest kein Vorrang für die Durchsetzung der Rechte des Bundes im Streit mit privaten Dritten zu; denn es dient vornehmlich dazu, das vom Bund zu definierende objektive Interesse an einer ordnungsgemäßen Ausübung der Verwaltung sicherzustellen.
Nach den bisherigen tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Klage wegen Verwirkung des Klagerechts unzulässig ist. Die Verwirkung als Hauptanwendungsfall des Verbots widersprüchlichen Verhaltens bedeutet, dass ein Recht nicht mehr ausgeübt werden kann, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung eine längere Zeit verstrichen ist und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Urteil vom 7. Februar 1974 – BVerwG 3 C 115.71 – BVerwGE 44, 339 ≪343≫). Ob diese Voraussetzungen hier gegeben sind, kann erst nach weiterer Sachverhaltsklärung abschließend entschieden werden. Zwar muss die Klägerin die Zustellung des Restitutionsbescheides an die Stadt- und Kreissparkasse Leipzig nicht gegen sich gelten lassen; denn diese war nach dem Erlass des Bundesministers der Finanzen vom 19. Mai 1992 (BAnz. S. 4381) bereits bei Abfassung des Bescheides zur Verwaltung der in Rede stehenden Forderung nicht mehr befugt. Denkbar bleibt jedoch, dass die Klägerin ihr Klagerecht wegen einer ihr zuzurechnenden Untätigkeit der Staatsbank verwirkt hat. Sollte dieser das Schreiben des Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen vom 2. Februar 1993, mit dem die Sparkasse Leipzig zur Darlegung ihrer Ansprüche aus den im Grundbuch eingetragenen Grundpfandrechten aufgefordert worden ist, tatsächlich zuständigkeitshalber zugeleitet worden sein und sollte sie gleichwohl von einer Stellungnahme abgesehen haben, könnte sie den – durch die anschließende Zeitspanne bis zur Klageerhebung verstärkten – Eindruck erweckt haben, die Rechte des Bundes nicht weiter verfolgen zu wollen.
Die Klage ist schließlich nicht deshalb unzulässig, weil sich die Berechtigte, eine Kommanditgesellschaft schweizerischen Rechts, nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens und Veräußerung des ihr zurückübertragenen Grundstücks aufgelöst hat und die Gesellschaft inzwischen beendet ist. Ein berechtigtes Interesse der Klägerin an dem einen Ablösebetrag festsetzenden Bescheid lässt sich aus diesem Grund nur verneinen, wenn auszuschließen ist, dass ihre Rechtsposition durch einen solchen Bescheid verbessert wird. Davon kann der Senat schon deshalb nicht ausgehen, weil die Möglichkeit besteht, dass die früheren Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Berechtigten in ähnlicher Weise haften, wie es nach deutschem Handelsrecht der Fall ist (vgl. § 159 HGB).
Unterschriften
Sailer, Gödel, Kley, Herbert, Neumann
Fundstellen
ZfIR 2003, 265 |
NJ 2003, 218 |