Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgesenkte Besoldung im Beitrittsgebiet. Ostbesoldung. Besoldungsangleichung. Zuschuss. Befähigungsvoraussetzungen. Richter. Studium. deutsche Einheit. Leistungsprinzip. Alimentationsprinzip. Abstufungsgebot. Abstandsgebot. Gestaltungsspielraum. Transformationsprozess. Tarifvertrag. Tarifbeschäftigte. unterschiedliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Die abgesenkte Besoldung der Beamten und Richter, die erstmals im Beitrittsgebiet ernannt wurden und dort zeitlich überwiegend ihre Befähigungsvoraussetzungen erworben hatten, war bis zum 31. Dezember 2009 mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.
2. Die Landesgesetzgeber durften das Regelungssystem der 2. BesÜV bis zu deren Auslaufen am 31. Dezember 2009 als eigene Landesregelung fortführen.
3. Das Hinausschieben der Besoldungsangleichung um zwei Jahre für Beamte ab der Besoldungsgruppe A 10 und für Richter war mit Blick auf die besondere und einmalige Situation am Ende des Transformationsprozesses der Wiederherstellung der deutschen Einheit mit Art. 3 Abs. 1 GG noch vereinbar.
4. Die amtsangemessene Besoldung ist notwendigerweise eine nach Besoldungsgruppen abgestufte Besoldung. Der weite Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers im Besoldungsrecht deckt nicht die auf Dauer angelegte Einebnung des Abstands zwischen den Besoldungsgruppen.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 33 Abs. 2, 5, Art. 125a Abs. 1; BBesG § 73; 2. BesÜV §§ 2, 4, 12, 14; SächsBesG §§ 17, 20
Verfahrensgang
Sächsisches OVG (Urteil vom 03.02.2011; Aktenzeichen 2 A 54/09) |
VG Chemnitz (Entscheidung vom 15.12.2006; Aktenzeichen 3 K 1526/02) |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 3. Februar 2011 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
I
Die Klägerin studierte von September 1984 bis Mai 1990 Rechtswissenschaft an der Humboldt-Universität Berlin, Außenstelle Dresden, und schloss das Studium als Diplom-Juristin ab. Ab September 1990 absolvierte sie den besonderen Vorbereitungsdienst, zunächst in Sachsen und dann ab November 1990 in Bayern, wo sie im Juni 1993 die Zweite Juristische Staatsprüfung ablegte. Im September 1993 wurde die Klägerin zur Richterin auf Probe ernannt; seitdem ist sie im Dienst des beklagten Landes tätig.
Die Klägerin erhielt bis zum Ende des Jahres 2009 die abgesenkte Besoldung nach der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung aus der Besoldungsgruppe R 1. Ihre Klage auf volle Besoldung für die Jahre 2004 bis 2009 hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht hat im Wesentlichen auf Folgendes abgestellt:
Die Klägerin könne keinen Ausgleich der Differenz zwischen abgesenkter und voller Besoldung verlangen. Die Voraussetzungen für die Gewährung eines entsprechenden Zuschusses lägen nicht vor, weil die Klägerin die Befähigung für das Richteramt zeitlich überwiegend im Beitrittsgebiet erworben habe. Hierzu gehöre das Studium der Rechtswissenschaften, das erheblich längere Zeit als der Vorbereitungsdienst in Bayern beansprucht habe. Aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts stehe fest, dass die abgesenkte Besoldung bis Ende 2007 nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstoße. Die Absenkung sei nach wie vor durch die Lebensverhältnisse und die wirtschaftliche Entwicklung im Beitrittsgebiet gerechtfertigt gewesen. Diese hätten sich erheblich von denjenigen im alten Bundesgebiet unterschieden. Der sächsische Landesgesetzgeber sei bei Wahrnehmung seiner ab dem 1. September 2006 bestehenden Gesetzgebungskompetenz für das Besoldungsrecht bis Ende 2009 nicht verpflichtet gewesen, die Besoldung anzugleichen. Auch sei es nicht gleichheitswidrig, dass die Besoldung bis zur Besoldungsgruppe A 9 (einschließlich) bereits mit Wirkung ab Januar 2008, die Besoldung der höheren Besoldungsgruppen aber erst zwei Jahre später mit Wirkung ab Januar 2010 auf das volle Besoldungsniveau angehoben worden sei. Diese Unterscheidung sei gerechtfertigt, weil sie in Anlehnung an das Tarifrecht vorgenommen worden sei.
Mit der vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie beantragt,
die Urteile des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 3. Februar 2011 und des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 15. Dezember 2006 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin ab dem 1. Januar 2004 bis zum 31. Dezember 2009 Bezüge in Höhe von 100 % der Besoldungsgruppe R 1 zu zahlen,
hilfsweise,
festzustellen, dass die Besoldung verfassungswidrig zu niedrig bemessen war, soweit sie unter 100 % der Besoldungsgruppe R 1 geblieben ist.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Gewährung eines Zuschusses nach § 4 der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung über besoldungsrechtliche Übergangsregelungen nach Herstellung der Einheit Deutschlands – 2. BesÜV – vom 21. Juni 1991 (BGBl I S. 1345, letztmalig geändert durch Gesetz vom 5. Februar 2009, BGBl I S. 160 ≪462≫) zum Ausgleich der nach § 2 der 2. BesÜV abgesenkten Besoldung (1.). Die Beibehaltung der abgesenkten Besoldung verletzte sie nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG (2.).
Rz.
1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf einen Zuschuss nach § 4 der 2. BesÜV.
§ 73 Satz 1 Bundesbesoldungsgesetz – BBesG – in der Fassung des Gesetzes vom 10. September 2003 (BGBl I S. 1798) ermächtigte die Bundesregierung, durch Rechtsverordnungen, die bis zum 31. Dezember 2009 zu erlassen waren, für die Besoldung Übergangsregelungen zu bestimmen, die den besonderen Verhältnissen im Beitrittsgebiet Rechnung trugen. Diese Verordnungsermächtigung erstreckte sich nach Satz 2 der Bestimmung insbesondere darauf, die Besoldung entsprechend den allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnissen und ihrer Entwicklung im Beitrittsgebiet abweichend vom Bundesbesoldungsgesetz festzusetzen und regelmäßig anzupassen.
Nach § 2 Abs. 1 der auf dieser Grundlage erlassenen Zweiten BesoldungsÜbergangsverordnung erhielten Beamte, Richter und Soldaten, die von ihrer erstmaligen Ernennung an im Beitrittsgebiet verwendet wurden, abgesenkte Dienstbezüge. Eine Ausnahme von der Absenkung der Besoldung sah § 4 der 2. BesÜV für Beamte, Richter und Soldaten vor, die aufgrund der im bisherigen Bundesgebiet erworbenen Befähigungsvoraussetzungen ernannt worden waren; diese erhielten einen ruhegehaltfähigen Zuschuss, sodass sie im Ergebnis besoldet wurden wie im bisherigen Bundesgebiet verwendete Beamte, Richter und Soldaten gleichen Amtes. Die Besoldungsabsenkung nach § 2 Abs. 1 der 2. BesÜV war für Beamte und Soldaten der Besoldungsgruppen A 2 bis A 9 bis zum 31. Dezember 2007 anzuwenden (§ 12 Abs. 2 der 2. BesÜV) und galt für Beamte und Soldaten höherer Besoldungsgruppen sowie für Richter bis zum 31. Dezember 2009 (§ 14 Abs. 3 der 2. BesÜV).
Der sächsische Besoldungsgesetzgeber hat nach dem Übergang der Gesetzgebungskompetenz für das Besoldungsrecht auf die Länder durch Art. 74 Abs. 1 Nr. 27 GG in der Fassung des 28. Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006 (BGBl I S. 2034) mit dem Fünften Gesetz zur Änderung des Sächsischen Besoldungsgesetzes vom 17. Januar 2008 (SächsGVBl S. 3) angeordnet, dass das Bundesbesoldungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. August 2002 (BGBl I S. 3020), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 19. Juli 2007 (BGBl I S. 1457, 1458), mit Ausnahme einiger konkret bezeichneten Bestimmungen sowie die aufgrund des Bundesbesoldungsgesetzes erlassenen Verordnungen als Landesrecht fortgelten (Art. 1 Nr. 4 mit der Einfügung des § 17 SächsBesG, Art. 2).
Um Personal für den Aufbau einer rechtsstaatlichen Verwaltung und Rechtsprechung zu gewinnen, erhielten nach § 4 Satz 1 der 2. BesÜV in der bis zum 24. November 1997 geltenden Fassung vom 2. Juni 1993 (BGBl I S. 778) diejenigen Beamten, Richter und Soldaten, die aufgrund der im bisherigen Bundesgebiet erworbenen Befähigungsvoraussetzungen ernannt worden waren, einen ruhegehaltfähigen Zuschuss bis zur Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen den Bezügen nach § 2 der 2. BesÜV und den bei gleichem Amt für das bisherige Bundesgebiet geltenden Dienstbezügen. Maßgebend war die erstmalige Ernennung zum Beamten auf Probe, weil damit erstmals ein Anspruch auf Dienstbezüge entsteht (stRspr; Urteil vom 15. Juni 2006 – BVerwG 2 C 14.05 – Buchholz 240 § 73 BBesG Nr. 12 Rn. 12). Im Jahr 1997 (vgl. Art. 1 Nr. 6 der Vierten Verordnung zur Änderung der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung vom 17. November 1997, BGBl I S. 2713) wurde die Gewährung des Zuschusses nach § 4 der 2. BesÜV zwar auf die Fälle beschränkt, in denen ein dringendes dienstliches Bedürfnis für die Personalgewinnung bestand. Gemäß § 12 Abs. 1 der 2. BesÜV galt dies jedoch nicht für Beamte, Richter und Soldaten, die bis zu diesem Tage ernannt worden waren. Diese erhielten den Zuschuss, d.h. im Ergebnis die volle Besoldung, weiter.
Der Begriff der Befähigungsvoraussetzungen im Sinne von § 4 Satz 1 der 2. BesÜV F. 1993 umfasst sämtliche Vor- und Ausbildungsvoraussetzungen, die die spezifisch fachbezogene Vorbildung für die Wahrnehmung der Amtsaufgaben der jeweiligen Laufbahn vermitteln (stRspr; vgl. Urteil vom 15. Juni 2006 – BVerwG 2 C 14.05 – Buchholz 240 § 73 BBesG Nr. 12 Rn. 13). Damit umfassen die Befähigungsvoraussetzungen für das Amt eines Richters das rechtswissenschaftliche Studium, die erste Staatsprüfung, den Vorbereitungsdienst und die zweite Staatsprüfung (stRspr; vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Februar 2003 – 2 BvR 709/99 – BVerfGE 107, 257 ≪272 f.≫; BVerwG, Urteil vom 25. April 1996 – BVerwG 2 C 27.95 – BVerwGE 101, 116 ≪118≫). Denn nach § 5 Abs. 1 des Deutschen Richtergesetzes – DRiG – erwirbt die Befähigung zum Richteramt, wer ein rechtswissenschaftliches Studium an einer Universität mit der ersten Staatsprüfung und einen anschließenden Vorbereitungsdienst mit der zweiten Staatsprüfung abschließt. Die im Einigungsvertrag (Anlage I Kap. III Sachgebiet A Abschn. III Nr. 8 Maßgabe y) gg), BGBl II 1990 S. 885) angeordnete Gleichstellung des Abschlusses eines rechtswissenschaftlichen Studiums als Diplom-Jurist im Beitrittsgebiet mit der ersten Staatsprüfung im Sinne der §§ 5 und 6 DRiG ändert nichts an der Voraussetzung für die Aufstockung der abgesenkten Besoldung, wonach die Befähigungsvoraussetzungen im bisherigen Bundesgebiet erworben sein müssen (BVerfG, Beschluss vom 12. Februar 2003 a.a.O.; BVerwG, Urteil vom 25. April 1996 a.a.O. S. 119). Die Befähigungsvoraussetzungen galten auch dann als im bisherigen Bundesgebiet erworben, wenn der dort erworbene Teil zeitlich mindestens die Hälfte der insgesamt für den Erwerb der Befähigungsvoraussetzungen aufgewendeten Zeit ausmachte. Diese Voraussetzung ist ausschließlich ortsbezogen zu verstehen (stRspr; vgl. Urteil vom 15. Juni 2006 a.a.O. Rn. 17; Beschluss vom 28. September 2007 – BVerwG 2 B 62.07 – juris Rn. 6).
Die Klägerin ist vor dem Stichtag 24. November 1997 erstmals ernannt worden und hat seitdem abgesenkte Dienstbezüge gemäß § 73 BBesG i.V.m. §§ 1, 2 der 2. BesÜV erhalten, weil sie dauerhaft im Beitrittsgebiet verwendet wird. Sie hat aber ihre Befähigungsvoraussetzungen nicht zumindest zur Hälfte im bisherigen Bundesgebiet erworben. Der Zeitraum, der auf den in Bayern absolvierten Teil des Vorbereitungsdienstes und die dort abgelegte zweite juristische Staatsprüfung entfiel, war mit weniger als drei Jahren kürzer als der Zeitraum von über fünf Jahren, der auf das im Beitrittsgebiet absolvierte Studium, die dort abgelegte Staatsprüfung und den dort absolvierten Teil des Vorbereitungsdienstes entfiel.
Zwar hat der Verordnungsgeber die Gewährung des Zuschusses auf Personen beschränkt, die bis zum 24. November 1997 erstmals zum Beamten, Richter oder Soldaten ernannt wurden (Art. 1 Nr. 6 der Vierten Verordnung zur Änderung der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung vom 17. November 1997, BGBl I S. 2713). Damit hat er zu erkennen gegeben, dass der personelle Aufbau von Verwaltung und Justiz zu diesem Zeitpunkt abgeschlossen war und kein Gewinnungsinteresse für im bisherigen Bundesgebiet ausgebildete Beamte und Richter mehr bestand. Jedoch hat der Verordnungsgeber zugleich bestimmt, dass die vor dem Stichtag Ernannten den Zuschuss weiter und zwar dauerhaft erhielten (§ 12 der 2. BesÜV F. 1997). Dies ist unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes gerechtfertigt (BVerfG, Beschluss vom 12. Februar 2003 a.a.O. S. 274). Um diese Personen im Beitrittsgebiet zu halten, sollten sie auch nach der 1997 eingetretenen Rechtsänderung im Genuss des Zuschusses nach § 4 der 2. BesÜV bleiben (Urteil vom 1. März 2007 – BVerwG 2 C 13.06 – Buchholz 240 § 73 BBesG Nr. 14 Rn. 15).
Diese Regelung stellte keine gleichheitswidrige Benachteiligung derjenigen Beamten, Richter und Soldaten dar, die abgesenkte Besoldung erhielten. Das Bundesverfassungsgericht hat in dem Beschluss vom 12. Februar 2003 (a.a.O. S. 274) mit der Bindungswirkung des § 31 Abs. 1 BVerfGG entschieden, dass die Bestandsschutzregelung des § 12 der 2. BesÜV im Hinblick auf Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes gerechtfertigt war. Der Gesichtspunkt des Bestandsschutzes kommt auch den aus dem bisherigen Bundesgebiet ins Beitrittsgebiet versetzten Beamten und Richtern zugute, die von der Absenkung der Besoldung nach § 2 der 2. BesÜV nicht erfasst waren. Der Zweck der Besserstellung dieses Personenkreises – das Gewinnungsinteresse für den Aufbau einer rechtsstaatlichen Verwaltung und Justiz – rechtfertigte deren dauerhafte Besserstellung. Mit der Zweckerreichung – dem Abschluss des Aufbaus der rechtsstaatlichen Verwaltung und Justiz – entfiel lediglich die Rechtfertigung, künftig neu eingestelltes Personal auf dieser Grundlage besser zu stellen.
2. Die Klägerin hat für die Zeit von 2004 bis 2009 keinen Anspruch auf die volle Besoldung nach dem Bundesbesoldungsgesetz bzw. dem Sächsischen Besoldungsgesetz oder auf die Feststellung, dass die abgesenkte Besoldung verfassungswidrig gewesen ist.
Die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung der höheren als normativ vorgesehenen Besoldung kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil Besoldungsleistungen nur gewährt werden dürfen, wenn und soweit sie gesetzlich festgelegt sind (vgl. § 2 Abs. 1 und Abs. 2 BBesG). Aufgrund des in Art. 33 Abs. 5 GG verankerten besoldungsrechtlichen Gesetzesvorbehalts und des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers im Besoldungsrecht wird den Beamten in Fällen, in denen das Bundesverfassungsgericht die Verfassungswidrigkeit des Besoldungsgesetzes festgestellt hat, zugemutet abzuwarten, bis der Gesetzgeber eine verfassungskonforme Neuregelung getroffen hat. Diese muss den Zeitraum ab der Feststellung der Verfassungswidrigkeit erfassen (stRspr; vgl. Urteile vom 20. März 2008 – BVerwG 2 C 49.07 – BVerwGE 131, 20 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 94, jeweils Rn. 29 und vom 27. Mai 2010 – BVerwG 2 C 33.09 – Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 117 Rn. 8).
Aber auch die begehrte Feststellung der Verfassungswidrigkeit der abgesenkten Besoldung kann nicht ergehen. Die Absenkung der Besoldung nach § 2 der 2. BesÜV verstieß im gesamten hier streitgegenständlichen Zeitraum nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Das gilt gleichermaßen für den Zeitraum vom Jahresbeginn 2004 bis August 2006, in dem der Bund die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für das Besoldungsrecht besaß (a), den Zeitraum von September 2006 bis zum Jahresende 2007, in dem das beklagte Land zwar die Gesetzgebungskompetenz für das Besoldungsrecht seiner Beamten und Richter erlangt hatte, aber die bundesrechtlichen Besoldungsregelungen noch nicht durch eigene Besoldungsregelungen ersetzt hatte (b), und schließlich für die Jahre 2008 und 2009, für die das beklagte Land eine eigene Besoldungsregelung geschaffen und damit die in der 2. BesÜV angelegte Absenkung (c) und die nach Besoldungsgruppen gestufte Beendigung in sein Landesbesoldungsgesetz übernommen hat (d).
a) Im Zeitraum, in dem der Bund die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für das Besoldungsrecht der Landesbeamten und -richter hatte, also bis zum 31. August 2006, rechtfertigten die wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse in den neuen Bundesländern die abgesenkte Besoldung.
Das Bundesverfassungsgericht hat in dem Beschluss vom 12. Februar 2003 – 2 BvL 3/00 – (BVerfGE 107, 218 ≪234 ff.≫) zu der Fassung des § 73 BBesG vom 19. April 2001 (BGBl I S. 618), die eine Geltungsdauer bis zum Jahresende 2005 vorsah, mit Bindungswirkung nach § 31 BVerfGG entschieden, dass die abgesenkte Besoldung für Beamte, Richter und Soldaten in den neuen Ländern im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz noch gerechtfertigt sei, weil sich dort die wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse (Bruttoinlandsprodukt, Steuerkraft, Arbeitslosenquote, allgemeines Preis- und Lohnniveau, sozialversicherungsrechtliche Bemessungsgrößen, finanzielle Lage der Länder und Gemeinden) noch immer deutlich von denen im gesamten übrigen Bundesgebiet unterschieden. Die schwache Finanzkraft der neuen Länder stelle als Folge und Ausdruck der gesamtwirtschaftlichen Situation einen besoldungsrechtlich noch hinreichend sachgerechten Grund für die geringere Besoldung dar. Andererseits dürfe der Besoldungsgesetzgeber nicht unberücksichtigt lassen, dass die Geltung einer ausdrücklich als solche bezeichneten Übergangsregelung (§ 73 Satz 1 und Satz 3 BBesG) nicht beliebig verlängerbar sei. Insbesondere ließe sich die Aufrechterhaltung zweier unterschiedlich hoher Besoldungen auf der Grundlage des geltenden § 73 BBesG nicht mit der Erwägung rechtfertigen, dass zunächst eine völlige Angleichung der wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse in Ost und West erreicht werden müsse.
Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und deshalb nach § 137 Abs. 2 VwGO bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts zum Bruttoinlandsprodukt je Einwohner, der Arbeitslosenquote, dem verfügbaren Einkommen privater Haushalte und dem Bruttojahresverdienst – bezogen auf Sachsen, den Durchschnitt im Beitrittsgebiet und im bisherigen Bundesgebiet – bestanden bis zum Jahr 2007 die eine niedrigere Besoldung im Beitrittsgebiet rechtfertigenden unterschiedlichen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse gegenüber dem bisherigen Bundesgebiet fort.
b) Gleiches gilt für die Zeit von September 2006 bis Ende 2007. Nach dem Übergang der Gesetzgebungskompetenz für das Besoldungsrecht auf die Länder galten das Bundesbesoldungsgesetz und die Zweite Besoldungs-Übergangsverordnung nach Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG in diesem Zeitraum zunächst als Bundesrecht fort. Die somit fortgeltende abgesenkte Besoldung war nach den bereits dargelegten Maßstäben des Bundesverfassungsgerichts gerechtfertigt. Die vom Oberverwaltungsgericht zu den wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnissen in Sachsen und in den neuen Bundesländern getroffenen Feststellungen decken auch diesen Zeitraum mit ab; im Übrigen steht dies als allgemeinkundige Tatsache fest (vgl. auch nachfolgend Rn. 31).
Den sächsischen Gesetzgeber traf bis Ende 2007 keine Handlungspflicht, das fortgeltende Bundesbesoldungsrecht durch landesgesetzliche Regelungen abzulösen. Es ist grundsätzlich Sache des Gesetzgebers zu bestimmen, wann er von einer neu zugewachsenen Zuständigkeit Gebrauch macht; Einschränkungen dieser gesetzgeberischen Handlungsfreiheit können sich etwa aus der Verpflichtung zur Erfüllung eines Verfassungsauftrags oder zur Bereinigung einer verfassungswidrigen Rechtslage ergeben (BVerfG, Beschlüsse vom 21. Dezember 1977 – 1 BvR 820 und 1033/76 – BVerfGE 47, 85 ≪93 f.≫ und vom 26. August 2013 – 2 BvR 441/13 – NVwZ 2013, 1540 ≪1543≫). Eine verfassungswidrige Rechtslage ist – wie dargelegt – hier nicht gegeben. Abgesehen davon ist einem für einen Regelungsbereich zuständig gewordenen Gesetzgeber eine gewisse Überlegungs-, Entscheidungs- und Umsetzungszeit zuzubilligen. Hier hat der sächsische Gesetzgeber nach etwas mehr als einem Jahr und damit innerhalb angemessener Zeit von der ihm ab September 2006 zustehenden Befugnis zur Regelung des Besoldungsrechts Gebrauch gemacht.
Für die Monate November und Dezember 2007 gilt: Der sächsische Landesgesetzgeber hat mit dem Fünften Gesetz zur Änderung des Sächsischen Besoldungsgesetzes vom 17. Januar 2008 (SächsGVBl S. 3) angeordnet, dass das Bundesbesoldungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. August 2002 (BGBl I S. 3020), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 19. Juli 2007 (BGBl I S. 1457, 1458), mit Ausnahme einiger konkret bezeichneten Bestimmungen sowie die aufgrund des Bundesbesoldungsgesetzes erlassenen Verordnungen als Landesrecht fortgelten (Art. 1 Nr. 4 mit der Einfügung des § 17 SächsBesG, Art. 2). Mit der Anordnung der Fortgeltung der Anlagen IV bis IX des Bundesbesoldungsgesetzes in der genannten Fassung bis zum 31. Dezember 2007 als Landesrecht in dem neuen § 17 Abs. 1 Satz 2 SächsBesG hat der Landesgesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass er die bundesverfassungsrechtlich vorgegebene Fortgeltung des bisherigen Bundesbesoldungsrechts als Bundesrecht in Sachsen rückwirkend durch die inhaltsgleiche Fortgeltung als Landesrecht ersetzen und den sächsischen Besoldungs- und Versorgungsempfängern lediglich den in § 17 Abs. 1 Satz 2 SächsBesG im Einzelnen festgelegten einmaligen Zusatzbetrag gewähren wollte. Es kann dahinstehen, ob diese rückwirkende landesrechtliche Ersetzung des als Bundesrecht fortgeltenden Besoldungsrechts, auf dessen Grundlage die Besoldungsleistungen für die fraglichen beiden Monate ja bereits erbracht waren, wirksam war oder nicht. Denn die verlängerte Geltungsdauer der Besoldungsabsenkung nach § 2 der 2. BesÜV war unabhängig davon gerechtfertigt, ob sie bundesrechtlicher oder landesrechtlicher Natur war.
c) Schließlich war die abgesenkte Besoldung für Beamte mit einem Amt ab der Besoldungsgruppe A 10 und für Richter auch für die Jahre 2008 und 2009 gerechtfertigt.
Mit Wirkung ab Januar 2008 hat sich der sächsische Besoldungsgesetzgeber das Regelungssystem des Bundesbesoldungsgesetzes und der 2. BesÜV zu eigen gemacht (Fünftes Gesetz zur Änderung des Sächsischen Besoldungsgesetzes vom 17. Januar 2008, SächsGVBl S. 3).
Mit dem Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 2003/2004 vom 10. September 2003 (BGBl I S. 1798) hatte der Bundesgesetzgeber die Geltungsdauer der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2009 verlängert (§ 14 Abs. 3 der 2. BesÜV) und die Anwendung des die Höhe der abgesenkten Besoldung regelnden § 2 Abs. 1 der 2. BesÜV – ab dem 1. Januar 92,5 % der für das bisherige Bundesgebiet geltenden Dienstbezüge – für die Beamten der Besoldungsgruppen A 2 bis A 9 auf den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2007 beschränkt (§ 12 Abs. 2 der 2. BesÜV).
In der Gesetzesbegründung heißt es u.a.: „Die Verlängerung orientiert sich an der Zielsetzung des Tarifabschlusses, die Angleichung bis spätestens 31. Dezember 2009 abzuschließen” (BTDrucks 15/1186, S. 64) und „Mit dem neu eingefügten Absatz 2 wird die nicht kündbare tarifliche Vereinbarung vom 9. Januar 2003, wonach die Angleichung für die Vergütungsgruppen X bis Vb bis zum 31. Dezember 2007 abzuschließen ist, für die entsprechenden Besoldungsgruppen übernommen. (…) Für die übrigen Besoldungsgruppen tritt die Verordnung mit Ablauf des 31. Dezember 2009 außer Kraft” (BTDrucks 15/1186, S. 68).
Der Bundesgesetz- und -verordnungsgeber hatte damit den Tarifabschluss mit der nach Vergütungsgruppen zeitlich gestuften Angleichung an die „West-Vergütung” auf die Beamten übertragen und deshalb eine nach Besoldungsgruppen zeitlich gestufte Angleichung an die „West-Besoldung” angeordnet.
Dies hat der sächsische Landesgesetzgeber bis zum Auslaufen der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung in sein Landesrecht übernommen (§ 17 Abs. 1 Satz 1 SächsBesG als Teil des Fünften Gesetzes zur Änderung des Sächsischen Besoldungsgesetzes vom 17. Januar 2008, GVBl S. 3). In den Anlagen zum Sächsischen Besoldungsgesetz finden sich demzufolge die Besoldungstabellen sowohl für die Empfänger abgesenkter Besoldung (Anlagen 16, 17, 20, 35, 36 und 39) als auch für die Empfänger nicht abgesenkter Besoldung (Anlagen 2, 3, 6, 21, 22 und 25). Dabei gehören zu Letzteren auch die Besoldungsgruppen A 2 bis A 9, für die nach § 12 Abs. 2 der 2. BesÜV schon zum Jahresbeginn 2008 die Absenkung gegenüber der Normalbesoldung beendet worden ist.
Zwar sind Maßstab bei der Gleichheitsprüfung (Art. 3 Abs. 1 GG) für die Besoldung der sächsischen Beamten und Richter nach dem Übergang der Gesetzgebungskompetenz auf die Länder nunmehr die Verhältnisse in Sachsen. Der Gesetzgeber kann und muss Gleichheit nur innerhalb seiner Zuständigkeit gewähren (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 15. Dezember 2009 – 2 BvR 1978/09 – BVerfGK 16, 444 ≪448≫ unter Hinweis auf BVerfGE 21, 54 ≪68≫ und BVerfGE 79, 127 ≪158≫). Allerdings war die Übernahme des Regelungsmodells der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung in das sächsische Besoldungsrecht nur bei Fortbestehen seiner inneren Rechtfertigung – die zwischen dem bisherigen Bundesgebiet und dem Beitrittsgebiet unterschiedlichen allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse – zulässig. Diese war auch für die Jahre 2008 und 2009 gegeben, weil sich nach allgemeinkundigen Erkenntnissen die insoweit maßgeblichen Indikatoren betreffend die weitere Entwicklung des Angleichungsprozesses auch in diesem Zeitraum nicht wesentlich geändert haben (vgl. nur die allgemein zugänglichen, insbesondere auf der Homepage des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung abrufbaren Jahresberichte der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit für die Jahre 2008 und 2009), wovon im Übrigen auch die Beteiligten dieses Verfahrens nach ihren Erklärungen in der Revisionsverhandlung ausgehen.
d) Im Ergebnis mit dem Grundgesetz noch vereinbar ist schließlich die Beibehaltung der differenzierten Angleichung an die volle Besoldung bei Beamten mit einem Amt bis zur Besoldungsgruppe A 9 einerseits und bei Beamten und Richtern mit einem höherem Amt andererseits (§ 12 Abs. 2 der 2. BesÜV, § 17 Abs. 1 Satz 1 SächsBesG, Anlagen 2, 3, 6, 21, 22 und 25 zum SächsBesG; § 14 Abs. 3 der 2. BesÜV, § 17 Abs. 1 Satz 1 SächsBesG, Anlagen 16, 17, 20, 35, 36 und 39 zum SächsBesG). Die um zwei Jahre hinausgeschobene Angleichung ist durch die besondere und einmalige Situation gerechtfertigt, in der sich der sächsische Besoldungsgesetzgeber im Jahr 2008 gegen Ende des Transformationsprozesses der Wiederherstellung der deutschen Einheit befand. Er durfte sich dafür entscheiden, die vorgefundene bundesrechtliche Regelung der Ost-West-Angleichung auch mit ihren Friktionen bis zum Ablauf des dort bereits bestimmten Übergangszeitraums fortzuführen.
Das Alimentationsprinzip verpflichtet den Dienstherrn, den Beamten und seine Familie lebenslang angemessen zu alimentieren und ihm nach seinem Dienstrang, nach der mit seinem Amt verbundenen Verantwortung und nach der Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren. Im Rahmen dieser Verpflichtung zu einer dem Amt angemessenen Alimentierung hat der Gesetzgeber die Attraktivität des Beamtenverhältnisses auch für überdurchschnittlich qualifizierte Kräfte, das Ansehen des Amtes in den Augen der Gesellschaft, die vom Amtsinhaber geforderte Ausbildung und seine Beanspruchung zu berücksichtigen. Diesen Kriterien muss der Gesetzgeber sowohl bei strukturellen Neuausrichtungen im Besoldungsrecht als auch bei der kontinuierlichen Fortschreibung der Besoldungshöhe über die Jahre hinweg im Wege einer Gesamtschau der hierbei relevanten Kriterien und anhand einer Gegenüberstellung mit jeweils in Betracht kommenden Vergleichsgruppen Rechnung tragen (BVerfG, Urteil vom 14. Februar 2012 – 2 BvL 4/10 – BVerfGE 130, 263 ≪292 f.≫ m.w.N.).
Die durch Art. 33 Abs. 5 GG geforderte Amtsangemessenheit der Regelalimentation beurteilt sich nach dem Nettoeinkommen der Beamten. Ob das jährliche Nettoeinkommen der Beamten den verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 33 Abs. 5 GG genügt, hängt von der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse ab. Maßgebend ist vor allem der Vergleich mit den Nettoeinkommen der tariflich Beschäftigten des öffentlichen Dienstes. Daneben kommt es auf die Entwicklung derjenigen Einkommen an, die für vergleichbare Tätigkeiten außerhalb des öffentlichen Dienstes erzielt werden. Der Gesetzgeber darf die Beamtenbesoldung von der allgemeinen Entwicklung nur ausnehmen, wenn dies durch spezifische, im Beamtenverhältnis wurzelnde Gründe gerechtfertigt ist. Den Beamten dürfen keine Sonderopfer zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte auferlegt werden. Die Besoldung ist nicht mehr amtsangemessen, wenn die finanzielle Ausstattung der Beamten greifbar hinter der allgemeinen Einkommensentwicklung zurückbleibt (stRspr, Urteil vom 20. März 2008 – BVerwG 2 C 49.07 – BVerwGE 131, 20 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 94, jeweils Rn. 25 f. m.w.N.).
Die durch das Leistungsprinzip, Art. 33 Abs. 2 GG, und das Alimentationsprinzip, Art. 33 Abs. 5 GG, gewährleistete amtsangemessene Besoldung ist eine nach dem Amt abgestufte Besoldung. Die Besoldung des Beamten ist seit jeher nach seinem Amt und der mit diesem Amt verbundenen Verantwortung abgestuft worden. Es gehört daher zu den überkommenen Grundlagen des Berufsbeamtentums, dass mit einem höheren Amt in der Regel auch höhere Dienstbezüge verbunden sind (stRspr; vgl. BVerfG, Urteil vom 1. Dezember 1954 – 2 BvG 1/54 – BVerfGE 4, 115 ≪135≫; Beschlüsse vom 11. Juni 1958 – 1 BvR 1/52 u.a. – BVerfGE 8,1 ≪14≫, vom 14. Juni 1960 – 2 BvL 7/60 – BVerfGE 11, 203 ≪215≫, vom 4. Juni 1969 – 2 BvR 343/66 – BVerfGE 26, 141 ≪158≫, vom 4. Februar 1981 – 2 BvR 570/76 u.a. – BVerfGE 56, 146 ≪164 f.≫ und vom 6. Mai 2004 – 2 BvL 16/02 – BVerfGE 110, 353 ≪364≫). Durch die Anknüpfung der Alimentation an innerdienstliche, unmittelbar amtsbezogene Kriterien wie den Dienstrang soll sichergestellt werden, dass die Bezüge entsprechend der unterschiedlichen Wertigkeit der Ämter abgestuft sind. Jedem Amt ist eine Wertigkeit immanent, die sich in der Besoldungshöhe widerspiegeln muss. Amtsangemessene Gehälter sind daher so zu bemessen, dass sie dem Beamten eine Lebenshaltung ermöglichen, die der Bedeutung seines jeweiligen Amtes entspricht. Die „amts”-angemessene Besoldung ist deshalb notwendigerweise eine abgestufte Besoldung (vgl. BVerfG, Urteile vom 27. September 2005 – 2 BvR 1387/02 – BVerfGE 114, 258 ≪293≫, vom 6. März 2007 – 2 BvR 556/04 – BVerfGE 117, 330 ≪355≫ und vom 14. Februar 2012 – 2 BvL 4/10 – BVerfGE 130, 263 ≪293≫).
Beim Erlass besoldungsrechtlicher Vorschriften hat der Gesetzgeber einen weiten Spielraum politischen Ermessens (stRspr; vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 4. Juni 1969 a.a.O. S. 158 f.), innerhalb dessen er das Besoldungsrecht den tatsächlichen Notwendigkeiten und der fortschreitenden Entwicklung anpassen und verschiedenartige Gesichtspunkte berücksichtigen darf. Den Gerichten ist die Überprüfung verwehrt, ob der Gesetzgeber die gerechteste, zweckmäßigste und vernünftigste Lösung gewählt hat. Das Bundesverfassungsgericht kann, sofern nicht – wie hier möglicherweise Art. 33 Abs. 2 und 5 GG mit dem aus dem Leistungsprinzip und aus dem Alimentationsprinzip folgenden Abstandsgebot – von der Verfassung selbst getroffene Wertungen entgegenstehen, nur die Überschreitung äußerster Grenzen beanstanden, jenseits derer sich gesetzliche Vorschriften bei der Abgrenzung von Lebenssachverhalten als evident sachwidrig erweisen (stRspr; BVerfG, Beschluss vom 12. Februar 2003 – 2 BvL 3/00 – BVerfGE 107, 218 ≪244≫; vgl. auch Beschlüsse vom 6. Oktober 1983 – 2 BvL 22/80 – BVerfGE 65, 141 ≪148 f.≫ und vom 4. April 2001 – 2 BvL 7/98 – BVerfGE 103, 310 ≪319 f.≫). Jede Besoldungsordnung enthält unvermeidbare Härten und mag aus Sicht der Betroffenen fragwürdig sein. Solche Unebenheiten, Friktionen und Mängel müssen in Kauf genommen werden, solange sich für die Regelung ein plausibler und sachlich vertretbarer Grund anführen lässt (Beschlüsse vom 6. Mai 2004 a.a.O. S. 364 f. und vom 4. Februar 1981 a.a.O. S. 161 ff.; aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vgl. statt aller Urteil vom 28. April 2005 – BVerwG 2 C 1.04 – BVerwGE 123, 308 ≪313≫ = Buchholz 240 § 72a BBesG Nr. 1, S. 4 m.w.N.).
Das Abstandsgebot zwingt den Gesetzgeber nicht, einen einmal festgelegten Abstand zwischen den Besoldungsgruppen absolut oder relativ beizubehalten. Der Gesetzgeber kann ein bestehendes Besoldungssystem neu strukturieren und auch die Wertigkeit von Besoldungsgruppen zueinander neu bestimmen (BVerfG, Urteil vom 14. Februar 2012 – 2 BvL 4/10 – BVerfGE 130, 263 ≪295≫ m.w.N.). Hingegen dürfen die Abstände zwischen den Besoldungsgruppen infolge von Einzelmaßnahmen nicht nach und nach eingeebnet werden. Solche Maßnahmen können unterschiedlich hohe lineare Besoldungsanpassungen etwa für einzelne Besoldungsgruppen sein. Auch regelmäßige, mehr als geringfügige zeitliche Verzögerungen bei den Besoldungsanpassungen für höhere Besoldungsgruppen können zu einer solchen Einebnung beitragen. Da der Abstand im Hinblick auf das Alimentationsprinzip relativ zu bemessen ist – ein absolut gleichbleibender Abstand verliert durch die Inflation an Wert und vermittelt entsprechend weniger Kaufkraft zur Bestreitung des „amtsangemessenen” Unterhalts –, gilt dies auch für die völlige oder teilweise Ersetzung von linearen Besoldungserhöhungen durch Einmalzahlungen. Ob eine der genannten Maßnahmen eine mit dem Abstandsgebot unvereinbare Einebnung des Besoldungsgefüges zur Folge hat, erschließt sich in der Regel nicht durch die Betrachtung allein der konkreten Maßnahme, sondern nur durch eine Gesamtbetrachtung unter Einbeziehung früherer Besoldungsanpassungen.
Bei Anlegung dieser Maßstäbe ergibt sich für den vorliegenden Fall:
Dauer und Umfang der verzögerten Besoldungsanpassung sind hier schwerwiegend (zwei Jahre; 7,5 Prozent). Eine angespannte Haushaltslage rechtfertigt für sich alleine keine Ungleichbehandlung zu Lasten einzelner Besoldungsgruppen. Daran ändert auch nichts, dass sich die besoldungsrechtliche Regelung an Entgeltvereinbarungen eines Tarifvertrages anlehnt. Zwar sind die Regelungen eines Tarifvertrages ein maßgeblicher Indikator bei der Frage, ob eine Abkopplung des Besoldungsniveaus von der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung zu besorgen ist (BVerfG, Urteil vom 27. September 2005 – 2 BvR 1387/02 – BVerfGE 114, 258 ≪288 ff.≫; Beschluss vom 27. September 2007 – 2 BvR 1673/03 u.a – DVBl 2007, 1435 ≪1438 f.≫; BVerwG, Urteile vom 19. Dezember 2002 – BVerwG 2 C 34.01 – BVerwGE 117, 305 ≪309≫ = Buchholz 240 § 14a BBesG Nr. 1 S. 4 und vom 23. Juli 2009 – BVerwG 2 C 76.08 – Buchholz 11 Art 33 Abs. 5 GG Nr. 108 Rn. 6 f.). Wegen der strukturellen Unterschiede zwischen dem Tarifvertrags- und dem Besoldungsrecht (dort von den Tarifvertragsparteien frei ausgehandelte Entgelte, hier Entscheidung des Gesetzgebers in Erfüllung grundgesetzlicher Verpflichtungen) können Tarifverträge aber dann nicht als Richtschnur für Besoldungsanpassungen dienen, wenn sie ihrem Inhalt nach mit Strukturprinzipien des Besoldungsrechts kollidieren, wie hier mit der Notwendigkeit eines angemessenen Abstands zwischen den Besoldungsgruppen. Tarifvertragliche Vereinbarungen können ein Abrücken von den durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleisteten Strukturprinzipien der Beamten- und Richterbesoldung nicht rechtfertigen.
Des Weiteren rechtfertigt auch die unterschiedliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Beamten die Ungleichbehandlung höherer Besoldungsgruppen grundsätzlich nicht. Zwar kann bei unterschiedlicher wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit eine Ungleichbehandlung im Bereich des beamtenrechtlichen Fürsorgegrundsatzes zulässig sein (Urteile vom 3. Juli 2003 – BVerwG 2 C 36.02 – BVerwGE 118, 277 ≪284≫ = Buchholz 237.6 § 87c NdsBG Nr. 1 S. 7 und vom 20. März 2008 – BVerwG 2 C 49.07 – BVerwGE 131, 20 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 94, jeweils Rn. 18). Im Besoldungsrecht jedoch kann die unterschiedliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit im Hinblick auf das Abstandsgebot lediglich kurzzeitige Verschiebungen von Besoldungserhöhungen für einzelne Besoldungsgruppen rechtfertigen, wie im vorliegenden Fall die viermonatige Verschiebung der Besoldungsanpassung im Jahr 2008 für die Besoldungsgruppen ab A 10 (§ 20 Abs. 3 SächsBesG i.d.F. des Fünften Gesetzes zur Änderung des Sächsischen Besoldungsgesetzes vom 17. Januar 2008, GVBl. S. 3). Bei längeren oder substantiellen Verschiebungen – wie hier bei einem Prozentsatz von 7,5 % für zwei Jahre – kommt eine Rechtfertigung allenfalls dann in Betracht, wenn davon nur die Spitzenämter im höheren Dienst betroffen sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 2. Juni 2001 – 2 BvR 571/00 – DVBl. 2001, 1667). Eine Verschiebung um zwei Jahre ist weder kurzzeitig noch sind Besoldungsgruppen ab A 10 höhere Besoldungsgruppen oder gar Spitzenämter in diesem Sinn.
Die hier aufgegriffene Ungleichbehandlung der Besoldungsempfänger ab der Besoldungsgruppen A 10 ist vielmehr nur im Hinblick auf die besondere, einmalige Situation, in der sich der sächsische Landesgesetzgeber im Jahre 2008 befand, noch mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Der sächsische Landesgesetzgeber fand bei Übergang der Gesetzgebungszuständigkeit für das Besoldungsrecht die seit 2003 bundesrechtlich geregelte Abstufung der Besoldungsangleichung vor. Er stand vor der Wahl, entweder die Besoldung für alle Besoldungsgruppen zum 1. Januar 2008 auf das im bisherigen Bundesgebiet geltende Niveau anzuheben oder die Angleichung für alle Besoldungsgruppen zu einem späteren Zeitpunkt vorzunehmen oder schließlich die bereits bundesrechtlich vorgesehene gestufte Angleichung beizubehalten. Im ersten Fall hätte er sich neue finanzielle Lasten aufgebürdet. Im zweiten Fall wäre den geringer besoldeten Beamten bis Besoldungsgruppe A 9 die seit 2003 bundesrechtlich geregelte Angleichung versagt geblieben. Im dritten Fall, den er gewählt hat, musste er die vorübergehende Einebnung des Besoldungsabstandes zwischen den Besoldungsgruppen in Kauf nehmen. Dass er sich in dieser Situation für die dritte Variante entschieden hat, ist von seinem besonders großen Gestaltungsspielraums bei der Bewältigung der Folgen der deutschen Einheit gedeckt (vgl. zum gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum im Zusammenhang mit der deutschen Einheit: BVerfG, Beschluss vom 12. Februar 2003 – 2 BvL 3/00 – BVerfGE 107, 218 ≪246≫; vgl. auch Beschluss vom 12. November 1996 – 1 BvL 4/88 – BVerfGE 95, 143 ≪155 f., 157 f.≫; Urteile vom 28. April 1999 – 1 BvL 32/95, 1 BvR 2105/95 – BVerfGE 100, 1 ≪38≫ und vom 14. März 2000 – 1 BvR 284, 1659/96 – BVerfGE 102, 41 ≪55≫; Beschlüsse vom 4. April 2001 – 2 BvL 7/98 – BVerfGE 103, 310 ≪324 f.≫ und vom 21. November 2001 – 1 BvL 19/93 u.a. – BVerfGE 104, 126 ≪147≫).
Entscheidend dafür ist, dass die Verschiebung der Besoldungsangleichung für die Besoldungsgruppen höher als A 9 zwar weder geringfügig noch kurzfristig, aber immerhin nur vorübergehend war. Sie führte insbesondere nicht zu einer geringeren Basis für spätere Besoldungserhöhungen; die Beamten und Richter dieser Besoldungsgruppen wurden nach Auslaufen der Absenkung in die bereits bestehende und für die Besoldung der aus dem früheren Bundesgebiet stammenden Beamten und Richter sowie der Beamten und Richter mit Anspruch auf einen Zuschuss nach § 4 der 2. BesÜV maßgeblichen Anlage 21 zum Sächsischen Besoldungsgesetz integriert. Die vorübergehende, wenn auch gravierende Einebnung des Besoldungsabstands wirkte sich letztlich nicht auf das dauernde Besoldungsgefüge aus und wiegt damit weniger schwer als etwa die teilweise Ersetzung von linearen Besoldungserhöhungen durch Einmalzahlungen.
Zudem hat der Landesgesetzgeber mit der Zulagenregelung in § 22 SächsBesG ein Absinken der – noch nicht angeglichenen – nach der Besoldungsgruppe A 10 besoldeten Beamten unter die Besoldung der – schon angeglichenen – vergleichbaren nach der Besoldungsgruppe A 9 besoldeten Beamten verhindert. Eine höhere Zulage war in dieser Übergangsphase nicht verfassungsrechtlich zwingend geboten, zumal sie – wenn sie dem Abstandsgebot substanziell hätte Rechnung tragen wollen – in die Nähe der vollständigen Angleichung schon zum 1. Januar 2008 hätte kommen müssen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Unterschriften
Domgörgen, Dr. Heitz, Dr. von der Weiden, Ri'inBVerwG Thomsen ist wegen ihres Ausscheidens aus dem Amt verhindert, ihre Unterschrift beizufügen. Domgörgen, Dr. Kenntner
Fundstellen
Haufe-Index 6639282 |
BVerwGE 2014, 328 |
NVwZ-RR 2014, 477 |
DÖV 2014, 578 |
LKV 2014, 267 |
VR 2014, 215 |
DVBl. 2014, 3 |
NordÖR 2014, 166 |