Entscheidungsstichwort (Thema)

Schädigung während der NS-Zeit. Judenverfolgung. Kollektivverfolgung. Individualverfolgung. “jüdische Mischlinge”. “jüdisch Versippte”. Zwangsverkauf. verfolgungsbedingter Vermögensverlust. gesetzliche Vermutung. Widerlegung

 

Leitsatz (amtlich)

Der nicht jüdische Partner einer “Mischehe” gehörte, wenn und solange er an der Ehe festhielt, zu einem Personenkreis, den in seiner Gesamtheit die deutsche Regierung oder die NSDAP während der NS-Zeit durch ihre Maßnahmen vom kulturellen und wirtschaftlichen Leben Deutschlands auszuschließen beabsichtigte.

Dies gilt auch für Ehen mit jüdischen “Mischlingen ersten Grades”.

 

Normenkette

VermG § 1 Abs. 6

 

Verfahrensgang

VG Meiningen (Urteil vom 07.10.1998; Aktenzeichen 2 K 32/97)

 

Tenor

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Meiningen vom 7. Oktober 1998 wird aufgehoben.

Der Beklagte wird unter teilweiser Aufhebung des Bescheides des Thüringer Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen vom 29. Oktober 1996 verpflichtet, die Berechtigung der Erbengemeinschaft nach Herrmann Lampert gemäß § 2 Abs. 1 VermG hinsichtlich der Flurstücke 5256/1, 5256/2 und 5256/3 der Flur 2 in der Gemarkung Zella-Mehlis (früher Suhler Straße 21) festzustellen.

Im Übrigen wird die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin begehrt nach den Vorschriften des Gesetzes zur Regelung offener Vermögensfragen (Vermögensgesetz – VermG) die Rückübertragung eines Grundstücks an die Erbengemeinschaft nach ihrem Vater, Hermann L….

Dieser war seit dem 3. August 1932 eingetragener Eigentümer des Grundstücks Suhler Straße 21 in Z.…, ursprünglich verzeichnet im Grundbuch von Z.…, Band 45, Blatt 1547 als Nr. 888 des Vermessungsregisters. Heute ist das Grundstück trennvermessen in die Flurstücke 5256/1, 5256/2 und 5256/3 der Flur 2 der Gemarkung Z….

Das Grundstück wurde zu Wohn- und Geschäftszwecken genutzt. Es befand sich dort neben einem Wohnhaus das Fabrikgebäude der “Cirkulinfabrik Hermann L.… OHG”. Die Firma befasste sich mit der Herstellung von medizinischen Heilmitteln und insbesondere von “Cirkulin”, einem Präparat aus gemahlenem und mit Höhensonne bestrahltem Leinsamen. Neben Hermann L.…, der das Unternehmen zunächst allein betrieben hatte, wurde am 16. Januar 1936 die Mutter der Klägerin als persönlich haftende Gesellschafterin einer am 1. Januar 1935 begonnenen Offenen Handelsgesellschaft in das Handelsregister eingetragen.

Die Mutter der Klägerin war die Tochter des jüdischen Kreiswundarztes Dr. Paul S.… und dessen nicht jüdischer Ehefrau. Der Vater der Klägerin war nicht jüdischer Abstammung.

Herrmann L.… war im April 1938 in der Zeitschrift “Das Schwarze Korps”, der Zeitschrift der SS, in einem Artikel mit der Überschrift “Schluß mit Schwindelfirmen!” angegriffen worden. In der Bildunterschrift zu dem abgedruckten Foto wurde er als “mit einer Jüdin verheirateter” Geschäftsmann bezeichnet, bei dem “Geld keine Rolle” spiele. In einem anderen, nur auszugsweise vorliegenden Artikel, bei dem nicht erkennbar ist, aus welcher Zeitung oder Zeitschrift er stammt und auf dem handschriftlich “Juni 1938” vermerkt ist, wird insbesondere auf das “Vorleben” der Familie der Mutter der Klägerin hingewiesen. Es heißt dort schließlich: “Mit dieser erfahrenen halbjüdischen Frau verbündete sich nunmehr der Hilfsarbeiter Hermann L.… und meldete am 2. Januar 1928 bei der Gewerbepolizei die Herstellung der Blut- und Nervennahrung ‘Cirkulin’ an.”

Am 28. Januar 1941 schloss Hermann L.… als Grundstückseigentümer einen Mietvertrag mit der NSDAP. Danach vermietete er ab dem 1. Februar 1941 das gesamte streitgegenständliche Grundstück mit allen Gebäuden für Zwecke des Reichssicherheitshauptamtes. Der Mietzins betrug 6 000 RM jährlich; der Mietvertrag sollte mit Abschluss der bereits laufenden Kaufverhandlungen erlöschen. Das Reichssicherheitshauptamt bestätigte in Ergänzung des Mietvertrages, dass das Amt die Kosten für Ausbau und Transport der Maschinen und Möbel übernehme.

Mit Vertrag vom 6. Februar 1942 verkaufte der Vater der Klägerin das Grundstück an die “Sportgemeinschaft SS e.V.” zu einem Preis von 55 000 RM. In § 6 des Vertrages ist der letzte Einheitswert mit 39 100 RM für das Jahr 1935 angegeben. In Abteilung III des Grundbuchs war seit dem 8. Juni 1935 für den Reichsfiskus eine Sicherungshypothek in Höhe von 100 000 RM wegen fälliger Reichssteuern eingetragen.

Das Landgericht Berlin verurteilte den (geständigen) Vater der Klägerin am 12. Mai 1942 wegen fortgesetzter Hinterziehung der Umsatz- und Einkommenssteuer zu einer Gefängnisstrafe von einem Jahr und zu einer Geldstrafe von 100 000 RM.

Am 9. Mai 1942 wurde im Handelsregister beim Amtsgericht Meiningen eingetragen, dass die Gesellschaft ihren Sitz nach Berlin verlegt hatte und nunmehr beim Amtsgericht Charlottenburg eingetragen worden war.

Gegen Hermann L.… wurde am 13. August 1943 vom Oberbürgermeister von Berlin wegen Unzuverlässigkeit ein Berufsverbot ausgesprochen; daraufhin führte die Mutter der Klägerin das Unternehmen allein weiter, bis auch ihr im August oder September 1944 die Gewerbeerlaubnis entzogen wurde.

Die Ehe der Eltern der Klägerin wurde mit Urteil des Landgerichts Berlin vom 23. Dezember 1943 geschieden.

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurde das Grundstück als Vermögen einer nationalsozialistischen Vereinigung sequestriert und in das Eigentum des Volkes überführt. Versuche der Eltern der Klägerin, das Grundstück nach dem Thüringer Wiedergutmachungsgesetz vom 14. September 1945 zurückzuerhalten, blieben erfolglos.

Ein Antrag der Mutter der Klägerin beim Landesverwaltungsamt Berlin – Entschädigungsbehörde – auf Entschädigung u.a. wegen eines durch die erzwungene Veräußerung des streitgegenständlichen Grundstücks entstandenen Vermögensschadens in Gestalt eines Mindererlöses in Höhe von 70 000 RM wurde mit Bescheid vom 24. November 1953 abgelehnt, weil die geltend gemachten Schäden nicht auf nationalsozialistischer Verfolgung beruht hätten. Hinsichtlich des Verkaufs des streitgegenständlichen Grundstücks verwies das Entschädigungsamt auf die Rückerstattungsanordnungen, in denen die Anfechtung von unter nationalsozialistischem Druck geschlossenen Verträgen ausschließlich geregelt sei.

Nach seinem Tode im Jahre 1951 wurde Hermann L.… von der Klägerin und ihrer Mutter je zur Hälfte beerbt; Erben der am 10. September 1960 verstorbenen Mutter sind die Klägerin und ihre Halbschwester, Frau Dora S.…, zu gleichen Teilen. Die Klägerin meldete mit Schreiben vom 4. April 1990 an den Rat des Kreises Suhl als Eigentümerin des Grundstücks Ansprüche an. Die Anmeldung wurde mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 21. September 1990 wiederholt und zugleich auf das Unternehmen erstreckt. Auch die Conference on Jewish Material Claims against Germany (JCC) meldete mit Schreiben vom 20. August 1991 vermögensrechtliche Ansprüche hinsichtlich des Grundstücks an.

Mit Bescheid vom 29. Oktober 1996 lehnte das Thüringer Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen die Anträge ab. Der Antrag der JCC habe schon deshalb keinen Erfolg, weil Hermann L.… nicht jüdischer Abstammung gewesen sei und die JCC nur Rechtsnachfolger jüdischer Berechtigter werden könne. Dem von der Klägerin geltend gemachten Unternehmensrückgabeanspruch stehe entgegen, dass das Unternehmen einschließlich seiner Produktionsanlagen von Z.… nach Berlin verlagert worden und dort ungeachtet kriegsbedingter Unterbrechungen des Geschäftsbetriebs offenbar auch nach Kriegsende noch werbend tätig gewesen sei.

Auch die Rückgabe des Grundstücks sei abzulehnen. Der Vater der Klägerin gehöre nicht zum Kreis der Kollektivverfolgten. Eine individuelle Verfolgung liege ebenfalls nicht vor. Überdies sei der Kaufpreis für das Grundstück angemessen gewesen und in die freie Verfügung des Veräußerers gelangt, daher sei die allenfalls zugunsten der Klägerin eingreifende Vermutung bei Individualverfolgung aus Art. 3 Abs. 1 Buchst. a REAO widerlegt.

Im Übrigen sei die Rückgabe des Flurstücks 5256/1 ausgeschlossen, da dieses Bestandteil der Bundesstraße B 247 sei. Das Flurstück 5256/2 sei ein wichtiger Bestandteil des Sportplatzes “Suhler Straße” der beigeladenen Stadt Z.…, der von den Schulen der Umgebung, den Vereinen und der Bundeswehr genutzt werde. Auch insoweit sei die Rückgabe ausgeschlossen. Das Flurstück 5256/3 sei dem Freistaat Thüringen zugeordnet und werde vom Landesamt für Straßenbau verwaltet. Das zunächst als Winterdienststützpunkt genutzte Grundstück sei zwischenzeitlich an ein Verleihunternehmen für Baumaschinen vermietet.

Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin am 2. Dezember 1996 Klage bei dem in der Rechtsmittelbelehrung des Bescheides bezeichneten Verwaltungsgericht Gera erhoben. Sie hat die Ansicht vertreten, sowohl ihre Eltern als auch die Firma “Cirkulinfabrik Hermann L.… OHG” seien wegen der jüdischen Abstammung von Frau L.… rassisch motivierten Diskriminierungen durch die Nationalsozialisten ausgesetzt gewesen; das Grundstück habe unter Androhung der KZ-Haft vermietet und dann – unter seinem Wert – verkauft werden müssen.

Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 19. Dezember 1996 das Verfahren abgetrennt, soweit es die Rückgabe des Unternehmens betrifft, und sich hinsichtlich des vorliegenden Verfahrens über die Grundstücksrestitution für örtlich unzuständig erklärt. Insoweit hat es den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Meiningen verwiesen. Dieses hat die Klage mit Urteil vom 7. Oktober 1998 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Voraussetzungen der allein in Betracht kommenden Norm des § 1 Abs. 6 VermG seien nicht erfüllt. Die Vermutung einer ungerechtfertigten Entziehung des Vermögenswertes nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. b REAO komme der Klägerin nicht zugute, denn ihr Vater habe nicht dem Kreis der Kollektivverfolgten im Sinne dieser Vorschrift angehört. Zwar könne die Vermutung nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. a REAO greifen. Es gebe jedoch keine überwiegenden Anhaltspunkte für eine individuelle Verfolgung des Vaters der Klägerin aus Gründen der Rasse, der Weltanschauung oder der politischen Gegnerschaft zum Nationalsozialismus. Zwar habe Hermann L.… das Grundstück nicht ohne Druck verkauft. Trotz der Angriffe in der Presse im Jahre 1938 seien es jedoch keine rassischen Gründe gewesen, die zu der Veräußerung geführt hätten. Hiergegen spreche bereits, dass das Reichssicherheitshauptamt das Grundstück für Zwecke der Reichssicherung angemietet und gekauft und dabei die Kosten für Ausbau und Transport der Maschinen und Möbel nach Berlin übernommen habe. Vor allem spreche gegen eine rassische Verfolgung, dass das Unternehmen in Berlin habe weiterbetrieben werden können, und zwar selbst nachdem dem Vater der Klägerin ein Berufsverbot erteilt worden sei und die “halbjüdische” Mutter der Klägerin den Betrieb habe allein weiterführen müssen.

Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Bundesrechts.

Sie beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Meiningen vom 7. Oktober 1998 aufzuheben und den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Bescheides des Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen vom 29. Oktober 1996 zu verpflichten, die Flurstücke 5256/1, 5256/2 und 5256/3 der Flur 2 in der Gemarkung Z.… (früher Suhler Straße 21) auf die Erbengemeinschaft nach Herrmann L.… zurückzuübertragen.

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil verstößt gegen Bundesrecht. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen; denn der Bescheid des Thüringer Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen vom 29. Oktober 1996 ist, soweit er Gegenstand des vorliegenden Verfahrens geworden ist, rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Die Klägerin kann beanspruchen, dass die Berechtigung gemäß § 2 Abs. 1 VermG der Erbengemeinschaft nach Hermann L.… hinsichtlich des streitigen Grundstücks von dem Beklagten festgestellt wird (1.). Insoweit ist der Rechtsstreit entscheidungsreif. Hinsichtlich des darüber hinaus geltend gemachten Anspruchs auf Rückübertragung der drei heutigen Flurstücke muss die Sache mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen zu den Ausschlussgründen des § 5 VermG an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen werden (2.).

1. Rechtsgrundlage für die in erster Linie begehrte Rückübertragung der streitigen drei Grundstücksparzellen ist § 3 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1, § 1 Abs. 6 VermG. Danach setzt die Anwendbarkeit des Vermögensgesetzes auf vermögensrechtliche Ansprüche von Bürgern und Vereinigungen, die vom 30. Januar 1933 bis zum 8. Mai 1945 aus rassischen, politischen, religiösen oder weltanschaulichen Gründen verfolgt wurden, voraus, dass diese den zu restituierenden Vermögenswert “infolge von Zwangsverkäufen, Enteignungen oder auf andere Weise” verloren haben (§ 1 Abs. 6 Satz 1 VermG). Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen können die Betroffenen oder ihre Rechtsnachfolger die Rückübertragung der Vermögenswerte verlangen, sofern nicht Ausschlussgründe nach dem Vermögensgesetz gegeben sind.

Bei Veräußerung oder Aufgabe der Vermögensgegenstände wird nach Maßgabe des Art. 3 der Anordnung BK/O (49) 180 der Alliierten Kommandantur Berlin – Rückerstattung feststellbarer Vermögensgegenstände an Opfer der nationalsozialistischen Unterdrückungsmaßnahmen – vom 26. Juli 1949 (VOBl für Groß-Berlin I S. 221) – REAO – die Kausalität zwischen Verfolgung und Vermögensverlust und damit der Zwangscharakter des Rechtsgeschäfts vermutet (§ 1 Abs. 6 Satz 2 VermG). Die gesetzliche Vermutung kann für Veräußerungen nach dem 14. September 1935 nur durch den dem Beklagten obliegenden Beweis widerlegt werden, dass der Veräußerer einen angemessenen Kaufpreis erhalten hat und dass er über ihn frei verfügen konnte sowie dass das Rechtsgeschäft seinem wesentlichen Inhalt nach auch ohne die Herrschaft des Nationalsozialismus abgeschlossen worden wäre oder der Erwerb in besonderer Weise und mit wesentlichem Erfolg den Schutz der Vermögensinteressen des Berechtigten oder seines Rechtsvorgängers wahrgenommen hat, zum Beispiel bei Mitwirkung einer Vermögensübertragung ins Ausland (§ 1 Abs. 6 Satz 2 VermG i.V.m. Art. 3 Abs. 2 und 3 REAO).

a) Der Erblasser Herrmann L.… gehörte als nicht jüdischer Ehepartner einer “Halbjüdin” (“Mischling ersten Grades”) zu einem Personenkreis, den in seiner Gesamtheit die deutsche Regierung oder die NSDAP aus rassischen Gründen vom kulturellen und wirtschaftlichen Leben Deutschlands auszuschließen beabsichtigte (Art. 3 Abs. 1 Buchst. b REAO).

aa) Zu diesem Personenkreis zählen neben den jüdischen Bürgern (vgl. dazu Urteil vom 16. Dezember 1998 – BVerwG 8 C 14.98 – BVerwGE 108, 157 ≪162≫ = Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 167 S. 519 ≪523≫ und Beschluss vom 18. Juni 1998 – BVerwG 8 B 56.98 – Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 154) entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts auch die nicht jüdischen Ehepartner einer “Mischehe”, wenn und solange sie am Bestand der Ehe festgehalten haben. Auf den Nachweis individueller Verfolgungsmaßnahmen im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchst. a REAO kommt es deshalb nicht an.

Allerdings ist dem Verwaltungsgericht zuzugestehen, dass der Court of Restitution Appeals (CoRA) wiederholt entschieden hat, dass “jüdisch Versippte” sich nicht auf die Vermutung des Art. 3 Abs. 1 Buchst. b des Rückerstattungsgesetzes der Amerikanischen Zone (REG) berufen können (CoRA, Entscheidungen vom 6. November 1950 – Entscheidung Nr. 53 Fall Nr. 131 – RzW 1951, 66 und vom 25. April 1952 – Entscheidung Nr. 208 Fall Nr. 381 – RzW 1952, 227). Diese Ansicht ist aber schon in der rückerstattungsrechtlichen Rechtsprechung nicht unbestritten geblieben. Vielmehr hat das Oberste Rückerstattungsgericht in Berlin entschieden, dass der “arische” Ehegatte eines Juden sich auf die Kollektivvermutung des Art. 3 Abs. 1 Buchst. b REAO berufen kann (ORG Berlin, Entscheidung vom 30. Juli 1955 – ORG/A/35 – RzW 1955, 286 f.). In dieser Entscheidung hat das ORG Berlin ausgeführt, dass sich aus der nationalsozialistischen Ideologie, nach der “die Juden im Einzelnen und als Gruppe ein Gift und eine Bedrohung für das Leben jeder Gemeinschaft darstellen, an der sie teilnehmen durften, sei es in kultureller, wirtschaftlicher, gesellschaftlicher oder geschlechtlicher Hinsicht”, ergab, dass die Heirat eines “Ariers” mit einem Partner jüdischen Geschlechts als gesellschaftliches Verbrechen angesehen wurde, sodass jede zukünftige Heirat verboten und jede bereits geschlossene Ehe nach Möglichkeit getrennt werden sollte. Weiter heißt es in der Entscheidung: “Die Ausschaltung des Judentums in seiner Gesamtheit vom wirtschaftlichen und kulturellen Leben Deutschlands kam praktisch ihrem Ausschluss aus Deutschland gleich und soweit die arischen Ehegatten von Juden zu ihren ehelichen Verpflichtungen standen, waren sie diesem Ausschaltungsprozess notwendigerweise unterworfen. Deshalb kann die Frage, ob die NSDAP beabsichtigte, den arischen Ehegatten von Juden, die eine Lösung ihrer Ehe ablehnten, zu gestatten, weiterhin der deutschen Rasse und Familie anzugehören und damit auch weiterhin am wirtschaftlichen und kulturellen Leben Deutschlands teilzunehmen, nur verneint werden und betrachtet man die oben geschilderte Lage in ihrer Gesamtheit, so ergibt sich zwingend, dass, vielleicht mit Ausnahme der Fälle, in denen sich einzelne Personen infolge des auf sie ausgeübten Drucks von ihrem jüdischen Ehegatten trennten, sowohl die deutsche Regierung als auch die NSDAP die arischen Gatten von Juden für nicht unterscheidbar von den Juden in ihrer Gesamtheit ansahen, die sie vom kulturellen und wirtschaftlichen Leben Deutschlands aus Gründen ihrer Rasse durch vom Staat oder der NSDAP getroffene Maßnahmen auszuschalten beabsichtigten.”

In Übereinstimmung mit dieser Entscheidung hat auch der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 23. Oktober 1957 – IV ZR 145/57 – (RzW 1958, 110 f.) entschieden, dass den “jüdisch versippten Personen” die Vermutung des § 64 Abs. 2 BEG zur Seite steht. Diese Vorschrift enthielt in der damals anzuwendenden Fassung des Dritten Gesetzes zur Änderung des Bundesergänzungsgesetzes zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung vom 29. Juni 1956 (BGBl I S. 559, 562) unter denselben tatbestandlichen Voraussetzungen wie in Art. 3 Abs. 1 Buchst. b REAO eine gesetzliche Vermutung zugunsten des Verfolgten, wonach der Schaden im beruflichen und im wirtschaftlichen Fortkommen durch nationalsozialistische Gewaltmaßnahmen verursacht worden ist (ebenso § 51 Abs. 4, § 56 Abs. 4 und § 63 BEG).

Der Bundesgerichtshof hat in der genannten Entscheidung unter Anführung einer Vielzahl gesetzlicher Bestimmungen aus den Jahren 1933 bis 1938 im Einzelnen dargelegt, dass den Ehepartnern jüdischer Frauen nicht nur der Eintritt in den Staatsdienst unmöglich gemacht, sondern ihnen auch der Beruf eines Notars, eines Rechtsanwalts oder eines Patentanwalts untersagt war. Auf dem Gebiet der Heilkunde waren sie nicht nur von der Zulassung zu den öffentlich-rechtlichen Krankenkassen ausgeschlossen. Ihnen blieb vielmehr überhaupt die Approbation vorenthalten. Ebenso konnten sie auch nicht mehr als Schriftsteller oder bildende Künstler tätig sein, denn die Zugehörigkeit zum Reichsschrifttum und zur Reichskulturkammer bildete die zwingende Voraussetzung zur Ausübung dieser Berufe. Auch soweit sie sich weiterhin als Kaufleute betätigen konnten, zeigt § 1 Abs. 2 der Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden vom 26. April 1938 (RGBl I S. 414), der auch den nicht jüdischen Ehepartner eines Juden zur Anmeldung und Bewertung seines gesamten in- und ausländischen Vermögens verpflichtete, dass auch der “jüdisch Versippte” sein Vermögen den staatlichen Stellen offen zu legen hatte. Der Bundesgerichtshof sah darin erst den Beginn der Beschränkung der wirtschaftlichen Betätigung dieses Personenkreises. Es habe nicht zweifelhaft sein können, dass das Ziel die Ausschaltung auch aus diesem Teil des Wirtschaftslebens sein sollte. “Die nationalsozialistischen Machthaber betrachteten, wie sich aus ihren gesetzlichen Maßnahmen und ihrem tatsächlichen Vorgehen eindeutig ergibt, jeden als Gegner der deutschen Staatsführung, der mit Juden im Zusammenhang stand und sich nicht von ihnen trennte. Für die Richtigkeit dieser Auffassung spricht vor allem auch die historische Tatsache, dass den arischen Ehegatten immer wieder nahe gelegt wurde, sich von ihren jüdischen Ehepartnern zu trennen, falls sie sich nicht ebenfalls Verfolgungsmaßnahmen aussetzen wollten. Jedenfalls zeichnete sich bereits damals die kommende Entwicklung so deutlich ab, dass mit Recht gesagt werden kann, die nationalsozialistische Regierung habe nicht nur die Ausschaltung der Juden, sondern auch die der jüdisch Versippten aus dem Wirtschaftsleben Deutschlands beabsichtigt” (BGH, a.a.O., S. 111).

Der vom ORG Berlin und dem Bundesgerichtshof vertretenen Ansicht, die auch in der Literatur überwiegend Zustimmung gefunden hat (vgl. Gietsche, in Kimme, Offene Vermögensfragen, Stand April 1999 § 1 VermG Rn. 306; Neuhaus, in Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen, Stand Januar 1999, § 1 VermG Rn. 138; Säcker-Busche, in Säcker, Vermögensrecht, 1995, § 1 VermG Rn. 176; Gertzen, Kollektivverfolgung der Juden und die Beweiserleichterung des § 1 Abs. 6 Satz 2 VermG, ZOV 1996, 3 ≪6 f.≫; Graf, Rückgabe von Vermögenswerten an Verfolgte des nationalsozialistischen Regimes im Beitrittsgebiet, 1999, S. 120; Giessler, in Schwarz, Die Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts durch die Bundesrepublik Deutschland, Band IV S. 38; Brunn/Hebenstreit, BEG, 1965, § 65 Rn. 8; van Dam/Loos, BEG, 1957, § 2 Rn. 12; a.A., Wasmuth, in Rechtshandbuch Vermögen und Investition in der ehemaligen DDR, Stand März 1999, Band II, § 1 VermG Rn. 208), schließt sich der erkennende Senat an.

bb) Die Annahme einer Kollektivverfolgung kann nach Auffassung des Senats ohne Weiteres auch auf nicht jüdische Ehepartner von “Mischlingen ersten Grades”, die ihrerseits zur Gruppe der Kollektivverfolgten gehörten (vgl. BGH, Urteil vom 30. September 1960 – IV ZR 66/60 – RzW 1961, 30; Gietsche a.a.O; Neuhaus, a.a.O.), übertragen werden. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob es sich um eine so genannte “einfache” oder eine “privilegierte” Mischehe handelte (vgl. dazu Blau, Die Mischehe im Nazireich, in JUDAICA 4 ≪1948≫, S. 46, 49; Hilberg, Die Vernichtung der europäischen Juden, 9. Aufl. 1999, Band II S. 436 ff.; Meyer, “Jüdische Mischlinge”: Rassenpolitik und Verfolgungserfahrung 1933 – 1945, 1. Aufl. 1999, S. 30); denn die vom Bundesgerichtshof im Urteil vom 30. September 1960 (a.a.O., S. 30 f.) im Einzelnen angeführten berufsrechtlichen Beschränkungen für “Mischlinge” galten in erheblichem Umfang auch für deren nicht jüdische Ehegatten.

So konnte als Angestellter oder Arbeiter in den öffentlichen Dienst nicht eingestellt werden, “wer nicht arischer Abstammung oder mit einer Person nicht arischer Abstammung verheiratet ist” (Nr. 10 der Zweiten Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 4. Mai 1933 ≪RGBl I S. 233≫, die durch Änderungsverordnung vom 28. September 1933 ≪RGBl I S. 678≫ eingefügt wurde), wobei als “nicht arisch” galt, “wer von nicht arischen, insbesondere jüdischen Eltern oder Großeltern abstammt. Es genügt, wenn ein Elternteil oder ein Großelternteil nicht arisch ist. Dies ist besonders dann anzunehmen, wenn ein Elternteil oder ein Großelternteil der jüdischen Religion angehört hat” (Nr. 2 der Ersten Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 11. April 1933 ≪RGBl I S. 195≫). Als Reichsbeamter durfte nicht berufen werden, “wer nicht arischer Abstammung oder mit einer Person nicht arischer Abstammung verheiratet ist” (§ 1a Abs. 3 Satz 1 des Reichsbeamtengesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiet des allgemeinen Beamten-, Besoldungs- und Versorgungsrechts vom 30. Juni 1933 ≪RGBl I S. 433≫). “Reichsbeamte arischer Abstammung, die mit einer Person nicht arischer Abstammung die Ehe eingehen”, waren zu entlassen (§ 1a Abs. 3 Satz 2 RBG). Insoweit war der Begriff der arischen Abstammung in den vom Reichsminister des Innern erlassenen Richtlinien zu § 1a Abs. 3 des Reichsbeamtengesetzes vom 8. August 1933 (RGBl I S. 575) in Übereinstimmung mit der bereits genannten Definition geregelt. Einen vergleichbaren Ausschluss für die Ernennung der Ehegatten von “Mischlingen ersten Grades” enthielt § 25 Abs. 1 und 2 des Deutschen Beamtengesetzes vom 26. Januar 1937 (RGBl I S. 39). Nach Art. IV der Verordnung über die Zulassung von Ärzten, Zahnärzten und Zahntechnikern zur Tätigkeit bei den Krankenkassen vom 20. November 1933 (RGBl I S. 983) wurden “bis auf weiteres” in Städten mit mehr als 100 000 Einwohnern ”Ärzte nicht arischer Abstammung sowie Ärzte, deren Ehegatte nicht arischer Abstammung ist”, zur Tätigkeit bei den reichsgesetzlichen Krankenkassen nicht zugelassen (im Ergebnis ebenso § 15 Nr. 2 der Verordnung über die Zulassung von Ärzten zur Tätigkeit bei den Krankenkassen vom 17. Mai 1934 ≪RGBl I S. 399≫ und § 4 Abs. 4 Buchst. b der Zulassungordnung für Zahnärzte und Dentisten in der Fassung der Vierten Verordnung über die Zulassung von Zahnärzten und Dentisten zur Tätigkeit bei den Krankenkassen vom 9. Mai 1935 ≪RGBl I S. 594≫). Nach § 3 Abs. 2 Nr. 5 der Reichsärzteordnung vom 13. Dezember 1935 (RGBl I S. 1433) war einem Bewerber, der “wegen seiner oder seines Ehegatten Abstammung nicht Beamter werden könnte”, die Bestallung als Arzt zu versagen, wobei zunächst noch entsprechend dem Bevölkerungsanteil “der Nichtdeutschblütigen” Ausnahmen gemacht wurden, die später wegfielen (Bekanntmachung der neuen Fassung des § 3 Abs. 2 Nr. 5 der Reichsärzteordnung vom 12. Juni 1939 ≪RGBl I S. 1014≫). Auch die Bestallung als Tierarzt war nach § 3 Abs. 2 Nr. 5 der Reichstierärzteordnung vom 3. April 1936 (RGBl I S. 347) zu versagen, wenn der Bewerber wegen seiner oder seines Ehegatten Abstammung nicht Beamter werden konnte. Weiter sah die Reichs-Habilitations-Ordnung vom 13. Dezember 1934 (Amtsblatt des Reichsministeriums für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung und der Unterrichtsverwaltungen der Länder 1935, S. 13) vor, dass dem Antrag auf Zulassung zur Habilitation ein Fragebogen über die “arische Abstammung des Bewerbers und seiner Ehefrau” beizufügen war. Als Dozenten wurden nur Personen zugelassen, die Beamte werden konnten (§ 8 der Reichs-Habilitations-Ordnung). Zum Notar durfte nicht bestellt werden, “wer nicht für sich und seinen Ehegatten den Anforderungen an die Reinheit des Blutes, die Voraussetzung für die Ernennung zu Beamten sind, entspricht” (§ 3 Abs. 2 der Reichsnotarordnung vom 13. Februar 1937 ≪RGBl I S. 191≫). Bei der Meldung zur ersten juristischen Staatsprüfung war nach § 10 Abs. 1 Buchst. f der Justizausbildungsordnung vom 22. Juli 1934 (RGBl I S. 727) “die vorgeschriebene Erklärung über die arische Abstammung des Bewerbers und seiner Ehefrau” beizufügen. Auch die Zulassung zum Beruf des Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs (§ 3 Abs. 2 Nr. 6 der Berufsordnung der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure vom 20. Januar 1938 ≪RGBl I S. 40≫) und des Schriftleiters (§ 5 Nr. 3, § 6 des Schriftleitergesetzes vom 4. Oktober 1933 ≪RGBl I S. 713≫) sowie die Mitgliedschaft in der Reichskammer für bildende Künste (Anordnung des Präsidenten der Reichskammer der bildenden Künste über Abstammungsnachweise vom 26. Mai 1936 ≪Völkischer Beobachter vom 16. Juni 1936, zitiert nach Blau, Das Ausnahmerecht für die Juden in Deutschland 1933 bis 1945, 2. Auflage 1954, Nr. 101≫) und in der Reichspressekammer (Anordnung des Präsidenten der Reichspressekammer über die Abstammung der Mitglieder vom 15. April 1936 ≪Blau, a.a.O. Nr. 99≫) setzten jeweils einen Abstammungsnachweis auch für den Ehepartner voraus.

Schon dieser Bestand an diskriminierenden normativen Regelungen verdeutlicht, dass die nicht jüdischen Ehepartner jüdischer “Mischlinge ersten Grades” vom nationalsozialistischen Staat aus weiten Teilen des Berufslebens verdrängt und damit aus dem kulturellen und wirtschaftlichen Leben Deutschlands ausgeschlossen werden sollten. Dabei ist weiter zu berücksichtigen, dass in der Praxis des nationalsozialistischen Staates in vielen Fällen noch willkürlich über die gesetzlichen Bestimmungen hinausgegangen wurde (so schon BGH, Urteil vom 30. September 1960, a.a.O. S. 31) und dass neben der Beschränkung des beruflichen Zugangs die wirtschaftliche Entfaltung auch durch Boykottaufrufe und Schikanen aller Art im Alltag erheblich eingeschränkt war.

b) Gehörte Hermann L.… demnach zum Kreis der Kollektivverfolgten, sodass der am 6. Februar 1942 geschlossene Kaufvertrag nach der Vermutungsregelung des § 1 Abs. 6 Satz 2 VermG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 Buchst. b REAO als Zwangsverkauf gilt (vgl. Urteile vom 16. Dezember 1998 – BVerwG 8 C 14.98 – a.a.O. S. 163 bzw. S. 524 f. und vom 24. Februar 1999 – BVerwG 8 C 15.98 – BVerwGE 108, 301 ≪304≫ = Buchholz 428 § 1 Abs. 6 VermG Nr. 1 S. 1 ≪4≫), kann gemäß Art. 3 Abs. 3 REAO diese Vermutung unter anderem nur dann widerlegt werden, wenn das Rechtsgeschäft seinem wesentlichen Inhalt nach auch ohne die Herrschaft des Nationalsozialismus abgeschlossen worden wäre oder der Erwerber in besonderer Weise und mit wesentlichem Erfolg den Schutz der Vermögensinteressen des Berechtigten oder seines Rechtsvorgängers wahrgenommen hat, zum Beispiel bei Mitwirkung bei einer Vermögensübertragung ins Ausland (vgl. Urteil vom 24. Februar 1999 – BVerwG 8 C 15.98 – a.a.O. S. 303 bzw. S. 4).

Nach den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts kann dieser Beweis im vorliegenden Fall nicht geführt werden. Vertragspartner war für den Kaufvertrag die “Sportgemeinschaft SS e.V.”, die das Grundstück in Fortsetzung des im Januar 1941 mit der NSDAP abgeschlossenen Mietvertrages für Zwecke des Reichssicherheitshauptamtes erworben hat. Ohne die Herrschaft des Nationalsozialismus hätte es zu einem solchen Kaufvertrag mit den auf Käuferseite beteiligten juristischen Personen nicht kommen können, zumal auch das Verwaltungsgericht davon ausgegangen ist, dass der Kaufvertrag unter Druck zustande kam. Es fehlt auch jeder Anhaltspunkt dafür, dass die “Sportgemeinschaft SS e.V.” “in besonderer Weise und mit wesentlichem Erfolg” die Vermögensinteressen des Veräußerers wahrgenommen hätte. Allein die Erfüllung der nach dem Kaufvertrag bestehenden vertraglichen Pflichten reicht dafür nicht aus (vgl. dazu Wasmuth, a.a.O. Rn. 213; Neuhaus, a.a.O. Rn. 147). Unter diesen Umständen kann dahinstehen, ob der vereinbarte Kaufpreis angemessen war und ob Hermann L.… über ihn frei verfügen konnte.

2. Das Verwaltungsgericht hat – von seinem rechtlichen Standpunkt aus folgerichtig (konsequent) – bisher keine abschließenden Feststellungen zu der Frage getroffen, ob einer Rückgabe der Flurstücke Ausschlussgründe nach § 5 VermG entgegenstehen. Hinsichtlich des Flurstücks 5256/1 dürfte dies anzunehmen sein, weil dieses Flurstück heute Bestandteil der Bundesstraße 247 sein soll (§ 5 Abs. 1 Buchst. b VermG). Hinsichtlich des Flurstücks 5256/2, bei dem es sich um einen Teil des Sportplatzes “Suhler Straße” handeln soll und auf dem sich unter anderem Umkleidekabinen und eine Sauna befinden sollen, fehlt es jedenfalls an ausreichenden Feststellungen für die Annahme eines erheblichen baulichen Aufwandes (§ 5 Abs. 1 Buchst. a VermG). Das dritte Flurstück (5256/3) dürfte dagegen unter keinen der Tatbestände des § 5 Abs. 1 VermG fallen, weil es zur Zeit vom Beklagten als derzeitigem Verfügungsberechtigten zu gewerblichen Zwecken vermietet worden sein soll. Auch insoweit sind aber nähere Feststellungen nicht getroffen worden.

 

Unterschriften

Dr. Müller, Dr. Pagenkopf, Krauß, Golze, Postier

 

Fundstellen

NJW 2001, 87

BuW 2001, 168

ZAP-Ost 2000, 748

OVS 2000, 262

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