Entscheidungsstichwort (Thema)
Planfeststellung wegen Änderung eines Schienenweges. Schallschutz. Vorrang des aktiven Lärmschutzes. Verhältnismäßigkeitsprüfung. Abwägung. Vorbelastung
Leitsatz (amtlich)
Es ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 41 Abs. 2 BImSchG zulässig, die weitere Erhöhung einer Lärmschutzwand mit der Begründung abzulehnen, hiermit könne die Lärmbelastung nur noch unwesentlich verringert werden. Die Planfeststellungsbehörde muß sich dabei aber auf Erwägungen stützen, die mit dem Schutzzweck der Regelung vereinbar sind. Außerdem müssen die Mehrkosten einer Wanderhöhung für den Bereich ermittelt worden sein, für den diese Aussage gültig sein soll.
Normenkette
BImSchG § 41 Abs. 2
Tenor
Die Beklagte wird verpflichtet, über die vom Kläger geforderte Verbesserung des aktiven Schallschutzes unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beklagten und der Beigeladenen tragen der Kläger die Hälfte und die Beklagte sowie die Beigeladene je ein Viertel. Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten und der Beigeladenen trägt der Kläger die Hälfte. Im übrigen tragen die Beklagte und die Beigeladene ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Tatbestand
I.
Der Kläger wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluß des Eisenbahn-Bundesamtes – Außenstelle Hamburg – vom 29. September 1997, der für den Abschnitt V b der Eisenbahnstrecke Hamburg-Büchen-Berlin u.a. die Elektrifizierung der Fernbahn und die Verlegung getrennter S-Bahngleise gestattet. Er begehrt weitergehenden aktiven Lärmschutz sowie Erschütterungsschutz.
Das Planfeststellungsverfahren für den Streckenausbau wurde im August 1994 eingeleitet. Die Planungsunterlagen wurden nach entsprechender Bekanntmachung, die auf den Ablauf der Einwendungsfrist am 4. November 1994 und den Ausschluß verspäteter Einwendungen hinwies, in der Zeit vom 21. September 1994 bis einschließlich 21. Oktober 1994 öffentlich ausgelegt.
Der Kläger, dessen Haus in Höhe des Bahnhofs Aumühle in der ersten Gebäudereihe des dortigen Wohngebiets (nach dem Bebauungsplan WR-Gebiet) südlich der Trasse liegt, erhob mit Schreiben vom 29. Oktober 1994, das am 1. November 1994 bei der Anhörungsbehörde – dem Minister für Wirtschaft, Technik und Verkehr des Landes Schleswig-Holstein – einging, Einwendungen und machte im wesentlichen geltend, er befürchte durch überhöhte Lärmpegel eine erhebliche Einbuße an Lebensqualität und möglicherweise eine gesundheitliche Gefährdung. Daneben sei von einer wirtschaftlichen Beeinträchtigung auszugehen. Gegenwärtig sei sein Haus nicht zu verkaufen. Passiver Schallschutz löse das Problem nicht, weil ein Haus nicht Tag und Nacht mit geschlossenen Fenstern zu bewohnen sei. Die bisher vorliegende Schalluntersuchung sei unzulänglich. Es fehlten außerdem Angaben über zu erwartende Vibrationen. Es sei Stand der Technik, durch Verlegung von Elastomermatten unter den Gleisen eine Vibrationsdämmung zu erzielen.
In einem weiteren Schreiben vom 2. November 1994, das am 7. November 1994 bei der Anhörungsbehörde einging, forderte der Kläger ferner Schutz vor Beeinträchtigungen in der Bauphase, insbesondere auch die Durchführung eines Beweissicherungsverfahrens.
Im März 1995 begann die Anhörungsbehörde mit der Erörterung der von Privaten erhobenen Einwendungen. Der letzte Erörterungstermin wurde am 6. Juni 1996 abgehalten. Auf einen entsprechenden Antrag vom März 1996 erteilte das Eisenbahn-Bundesamt unter dem 24. Juni 1996 der Deutschen Bahn AG (DB AG) als Rechtsvorgängerin der Beigeladenen eine Plangenehmigung, die ihr bereits vor Abschluß des Planfeststellungsverfahrens die Elektrifizierung des Streckenabschnitts, die Durchführung von Linienkorrekturen und den Abriß von Stellwerksgebäuden gestattete. Diese Maßnahmen – insbesondere die Elektrifizierung des Streckenabschnitts – sind inzwischen durchgeführt worden.
Während des Planfeststellungsverfahrens hat die DB AG ihr Lärmschutzkonzept mehrfach überarbeitet und außerdem ihre ursprüngliche Planung aufgegeben, die S-Bahn bis zum Bahnhof Aumühle, wo diese endet, zweigleisig zu führen. Zwischen dem Westkopf des Bahnhofs Aumühle und dem Haltepunkt Wohltorf soll nur eine eingleisige S-Bahn gebaut werden. Von dort aus in Richtung Hamburg beginnt eine zweigleisige S-Bahn-Strecke.
Nachdem der Senat in seinem Urteil vom 5. März 1997 – BVerwG 11 A 25.95 – (BVerwGE 104, 123 = Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 25 = UPR 1997, 295 = NuR 1997, 435 = DVBl 1997, 831) das Schallschutzkonzept des für den benachbarten Streckenabschnitt V a erlassenen Planfeststellungsbeschlusses beanstandet und die Beklagte verpflichtet hatte, über den Schallschutz ohne Berücksichtigung eines Gleispflegeabschlags von 3 dB(A) neu zu entscheiden, gab die Beigeladene erneut eine schalltechnische Untersuchung in Auftrag. Das beauftragte Ingenieurbüro entwickelte in seiner gutachtlichen Stellungnahme vom 23. September 1997 eine Konzeption, die darauf abzielte, die nach dem bisherigen Planungsstand verbliebenen Überschreitungen der nächtlichen Immissionsgrenzwerte weiter zu verringern. Dieses Lärmschutzkonzept, das sich die DB AG zu eigen machte, beruhte auf einer umfangreichen Kosten-Nutzen-Analyse und sieht für den Streckenabschnitt die Anwendung des Verfahrens „Besonders überwachtes Gleis” (BüG) vor. Das Anwesen des Klägers soll durch eine Schallschutzwand geschützt werden, die in diesem Bereich 2,5 bis 3,5 m Höhe erreicht. Da die Bahntrasse in Höhe des klägerischen Anwesens in einem Einschnitt liegt, steht die Lärmschutzwand auf der Böschung und damit auf einem Gelände, das noch etwas unterhalb des Grundstücksniveaus liegt.
Durch Beschluß vom 29. September 1997 stellte das Eisenbahn-Bundesamt den Plan für das Vorhaben fest. Er läßt „als zusätzliche aktive Schallschutzmaßnahme” das Verfahren BüG mit einem Pegelabschlag von 2 dB(A) für die Fernbahngleise und der Maßgabe zu, daß ein ergänzendes Genehmigungsverfahren nach § 18 AEG durchzuführen ist, falls bei Inbetriebnahme eine Aufnahme dieses Verfahrens in die Anlage 2 zu § 3 der 16. BImSchV oder eine Anerkennung durch das Eisenbahn-Bundesamt als anerkannte Regel der Technik nicht erfolgt sein sollte.
Die Einwendungen, mit denen der Kläger weitergehenden aktiven Schallschutz forderte, wurden zurückgewiesen. Unter Berücksichtigung aller technischen, ökologischen und wirtschaftlichen Belange wäre eine Einhausung, Überdachung bzw. Absenkung der Strecke nicht verhältnismäßig. Konkret sei bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung im übrigen berücksichtigt worden, daß die Tagesgrenzwerte bei allen Gebäuden und sämtlichen Geschossen eingehalten würden. Eine weitere Erhöhung der vorgesehenen Lärmschutzwände, um auch die Einhaltung der nächtlichen Immissionsgrenzwerte sicherzustellen, sei wegen der damit verbundenen enormen Kostenbelastung und der zunehmend negativen Auswirkungen auf die übrigen Schutzgüter der Umwelt abzulehnen. Zu nennen seien in diesem Zusammenhang die Sichtbeziehungen der Anlieger, die Verschattung, die Zerschneidungseffekte und die Beeinträchtigungen des Stadtbildes. Im Rahmen der Abwägung sei zu berücksichtigen gewesen, daß die Wohnbebauung an der seit über 150 Jahren bestehenden Haupteisenbahnstrecke einer starken Vorbelastung ausgesetzt gewesen sei. Ohne jeglichen Schallschutz würde im Bereich Wohltorf, Krabbenkamp und Aumühle die vorhandene Vorbelastung um durchschnittlich 4 dB(A) über der prognostizierten Lärmbelastung durch den planfestgestellten Streckenausbau liegen. Im Prognosejahr 2010 würde die Schallbelastung ohne die planfestgestellten Maßnahmen (bei gleicher Streckenauslastung, aber mit Diesellokomotiven) sogar um durchschnittlich 9 dB(A) über der planfestgestellten Lösung einschließlich des aktiven Schallschutzes liegen. Durch eine Erweiterung des aktiven Schallschutzes hätte die Lärmbelastung in der Nacht nur noch unwesentlich verringert werden können.
Belästigungen aus Körperschallübertragung seien kaum zu erwarten, weil sekundärer Luftschall an oberirdischen Bahnstrecken in der Regel auch innerhalb von Räumen vom direkten Luftschall „verdeckt” werde. Die Begutachtung der Erschütterungen habe im übrigen aufgrund von stichprobenartigen Messungen und Prognoseberechnungen ergeben, daß diese durch das planfestgestellte Vorhaben nicht verstärkt würden. Eher sei infolge der Untergrundsanierung und der zunehmenden Modernisierung des Zugmaterials im Nahbereich mit einer Verringerung der Erschütterungen zu rechnen. Besondere Maßnahmen zur Minderung der betriebsbedingten Erschütterungen seien nicht angezeigt. Nur bei Eisenbahnbrücken sei der Einbau von Unterschottermatten vorgesehen, weil diese Maßnahme nur dort eine wesentliche Lärm- und Vibrationsminderung gewährleiste. Die Bodenverhältnisse im Bereich des Planfeststellungsabschnitts wiesen keine Besonderheiten auf, welche eine Übertragung von Erschütterungen begünstigen könnten. Bauwerksschäden durch Erschütterungen seien auszuschließen, weil die erschütterungstechnische Beweissicherung an Gebäuden ergeben habe, daß beim Eisenbahnverkehr die größte Schwingungsgeschwindigkeit V ≪ 20 mm/s sei. Im Hinblick auf mögliche Erschütterungsschäden aufgrund der Bauarbeiten sei, soweit nicht bereits durchgeführt, an den Gebäuden, die sich im Bereich von bis zu 50 m zum nächstgelegenen Gleis befänden, ein Beweissicherungsverfahren vorgeschrieben.
Der Planfeststellungsbeschluß, dem eine Rechtsmittelbelehrung beigefügt war, wurde durch öffentliche Bekanntmachung zugestellt; die Auslegung erfolgte in der Zeit vom 17. Oktober bis zum 31. Oktober 1997.
Am 1. Dezember 1997 (Montag) hat der Kläger – unter Vorbehalt eines bestimmten Klageantrags – Klage erhoben. Am 12. Januar 1998 hat er seine Klage begründet und sinngemäß beantragt,
die Beklagte zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts Mängel des Planfeststellungsbeschlusses durch Planergänzung oder durch ein ergänzendes Verfahren zu beheben und dabei zumindest die folgenden Immissionsgrenzwerte (Außenpegel) durch Nachbesserung des aktiven Lärmschutzes einzuhalten:
tagsüber 59 dB(A), nachts 49 dB(A);
- des weiteren dabei Maßnahmen festzusetzen, die gewährleisten, daß unzumutbare Erschütterungen durch den Bahnbetrieb auf dem Klägergrundstück unterbleiben unter Beachtung der Immissionswerte der DIN 4150, soweit durch die Ausbaumaßnahme die Erschütterungen um mehr als 25 % erhöht werden.
Der ursprüngliche Hilfsantrag, mit dem der Kläger eine Neubescheidung bezüglich des passiven Lärmschutzes angestrebt hatte, ist von ihm in der mündlichen Verhandlung nicht mehr gestellt worden.
Zur Begründung wiederholt und vertieft der Kläger seine im Anhörungsverfahren erhobenen Einwendungen gegen das Vorhaben.
Die Beklagte und die Beigeladene treten diesem Vorbringen entgegen und beantragen,
die Klage abzuweisen.
Das Eisenbahn-Bundesamt – Zentrale Bonn – hat unter dem 16. März 1998 verfügt (VerkBl 1998, 262), daß das Verfahren BüG gemäß der Fußnote zu Tabelle C der Anlage 2 zu § 3 der 16. BImSchV mit einem Pegelabzug von 3 dB(A) berücksichtigt werden darf.
Der Oberbundesanwalt hat sich zur Anwendbarkeit des Verfahrens BüG befürwortend geäußert.
Der Senat hat das Umweltbundesamt um eine Stellungnahme zum Verfahren BüG gebeten. Die daraufhin im November und Dezember 1999 erteilten amtlichen Auskünfte sowie die übrigen dem Senat vorliegenden Erkenntnisquellen sind in der (ersten) mündlichen Verhandlung am 7. Dezember 1999 mit den vom Umweltbundesamt entsandten Fachleuten und dem im Forschungs- und Technologiezentrum der DB AG mit der Entwicklung des Verfahrens befaßten Ingenieur erörtert worden.
Der Senat hat ferner durch seinen Berichterstatter einen Ortstermin durchgeführt, dessen Ergebnis in einer Niederschrift festgehalten ist.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die Klage ist teilweise begründet. Der Kläger kann beanspruchen, daß die Beklagte über die vom Kläger geforderte Verbesserung des aktiven Schallschutzes unter Beachtung der Rechtsauffassung des erkennenden Senats erneut entscheidet. Der Senat billigt zwar im Grundsatz das planfestgestellte Lärmschutzkonzept einschließlich der Anwendung des Verfahrens BüG (nachfolgend 2). Er hält es aber dennoch für rechtlich fehlerhaft, wie der Planfeststellungsbeschluß im Fall des Klägers zu dem Ergebnis gelangt ist, daß aus Kostengründen auf eine weitere Erhöhung der Lärmschutzwand verzichtet werden kann (nachfolgend 3). Die Klage bleibt dagegen ohne Erfolg, soweit der Kläger die Festsetzung von Maßnahmen des Erschütterungsschutzes verlangt (nachfolgend 4).
2. Die Voraussetzungen des § 41 Abs. 1 BImSchG i.V.m. § 1 Abs. 2 der 16. BImSchV, unter denen Ansprüche auf Lärmschutz bei einer wesentlichen Änderung eines Schienenwegs entstehen können, sind im Fall des Klägers erfüllt. Es liegt eine bauliche Erweiterung des Schienenwegs i.S. von § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 der 16. BImSchV vor, weil die eingleisige S-Bahn-Trasse nördlich an die vorhandenen Fernbahngleise angebaut wird.
Die neu zu bauende S-Bahn-Trasse wird zwar am Westkopf des Bahnhofs Aumühle an zwei im Bahnhofsbereich bereits vorhandene Gleise angeschlossen, wobei das nördlich gelegene Gleis in Höhe des klägerischen Grundstücks endet (Gleisabschnitt 3.1); das südlich gelegene Gleis endet dagegen weiter westlich (Gleisabschnitt 3.2). Der Senat geht dennoch davon aus, daß sich auch im Bahnhofsbereich eine Erweiterung des vorhandenen Schienenwegs vollzieht. Es liegt hier nämlich nicht der Fall vor, daß ein neues Gleis lediglich an einen vorhandenen Schienenweg angeschlossen wird. Vielmehr wird der – in diesem Bereich eingleisige – Neubau der S-Bahn zweigleisig in den Bahnhof Aumühle „eingefädelt”. Dabei werden die vorhandenen Bahnhofsgleise einem neuen Zweck – dem S-Bahn-Betrieb – gewidmet. Dies steht immissionsschutzrechtlich einem Neubau dieser Gleise gleich.
Die maßgeblichen Immissionsgrenzwerte (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV) betragen 59 dB(A) am Tage und 49 dB(A) in der Nacht. Der Tagwert ist auf dem klägerischen Anwesen tagsüber und auch nachts nicht mehr überschritten, wenn das Verfahren BüG mit 2 dB(A) Gleispflegeabschlag berücksichtigt wird. Nach den Ermittlungen des von der Beigeladenen beauftragten Ingenieurbüros (Anlage 6.3.1, S. 17 des Gutachtens vom 23. September 1997) liegen die prognostizierten Beurteilungspegel des Ausbauzustands unter Berücksichtigung der Lärmminderung durch die Lärmschutzwand und des Pegelabzugs für das Verfahren BüG am ungünstigsten Aufpunkt nachts aber bei maximal 55,2 dB(A). Diese Lärmprognose begegnet keinen Bedenken (nachfolgend 2.1). Nachdem der Gleispflegeabschlag unstreitig geworden ist (nachfolgend 2.2), stellt sich nur wegen der Überschreitung des für die Nachtzeit geltenden Immissionsgrenzwertes die Frage, ob der Kläger verbesserten aktiven Lärmschutz beanspruchen kann. Hierüber wird die Beklagte erneut entscheiden müssen (nachfolgend 3), obwohl das planfestgestellte Lärmschutzkonzept im Grundsatz den Anforderungen des § 41 Abs. 2 BImSchG genügt (nachfolgend 2.3).
2.1 Die Bedenken, die der Kläger ursprünglich gegen die der Planfeststellung zugrundeliegende Lärmprognose geäußert hat, greifen aus den im Senatsurteil vom 16. Dezember 1998 – BVerwG 11 A 44.97 – (Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 24) genannten Gründen nicht durch. Zumal der Kläger in Kenntnis dieses Urteils seine gegen die Zuverlässigkeit der Lärmprognose zielenden Einwände nicht erneuert hat, sieht der Senat in diesem Punkt keinen weiteren Klärungsbedarf und legt seiner rechtlichen Prüfung die Pegelwerte zugrunde, die dem Gutachten vom 23. September 1997 zu entnehmen sind. Sollte sich infolge der veränderten Transrapidplanung – wie der Kläger befürchtet – die Lärmprognose nachträglich als falsch erweisen, wäre dies ein Umstand, der nicht der Planfeststellung entgegengehalten werden könnte; er könnte unter den Voraussetzungen von § 75 Abs. 2 Satz 2 VwVfG nur im Rahmen eines Antrages auf nachträgliche Schutzvorkehrungen erheblich werden.
2.2 Der Kläger hat die Rechtmäßigkeit des planfestgestellten aktiven Lärmschutzes ursprünglich unter Hinweis darauf in Zweifel gezogen, daß für das Verfahren BüG der Nachweis einer dauerhaften Lärmminderung um 2 dB(A) nicht erbracht sei. In der mündlichen Verhandlung am 7. Dezember 1999 hat die Beklagte erklärt, daß die Verfügung des Eisenbahn-Bundesamtes vom 16. März 1998 mit ihrem Erlaß Bestandteil des streitgegenständlichen Planfeststellungsbeschlusses geworden ist, jedoch mit der Maßgabe, daß hier eine Pegelminderung von 2 dB(A) für die Bemessung des aktiven und passiven Schallschutzes zugrunde gelegt wird und die Schienenlaufflächen geschliffen werden, wenn eine Messung im Schallmeßwagen den Pegel von Lm = 50 dB(A) erreicht; die Kalibrierung des Schallmeßwagens wird unverändert so beibehalten, daß sie etwa 1 dB(A) über den gemessenen Außenpegeln liegt. Die Beigeladene hat erklärt, daß diese Maßgabe von ihr für den in Rede stehenden Streckenabschnitt akzeptiert wird.
Durch ihre Protokollerklärung hat die Beklagte den angefochtenen Planfeststellungsbeschluß geändert (vgl. BVerwG, Beschluß vom 7. März 1996 – BVerwG 4 B 254.95 – Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 111). Hierdurch sind etwaige Bedenken, die dagegen erhoben werden konnten, wie das Verfahren BüG in die Regelung des Planfeststellungsbeschlusses einbezogen worden war, ausgeräumt worden. Der Senat hält ferner den Nachweis für erbracht, daß das Verfahren BüG gemäß der Fußnote zur Tabelle C der Anlage 2 zu § 3 der 16. BImSchV als eine besondere Vorkehrung zu gelten hat, mit der „eine weitergehende dauerhafte Lärmminderung” erzielt wird, die zusätzlich zu den Korrekturwerten DFb zu berücksichtigen ist. Dazu hat der Senat in seinem Urteil vom heutigen Tage in der Sache BVerwG 11 A 42.97 im einzelnen ausgeführt:
„1.3.1 Tabelle C der Anlage 2 zu § 3 der 16. BImSchV enthält Korrekturwerte zur Berücksichtigung unterschiedlicher Fahrbahnarten, die in die Gleichungen zur Berechnung der Beurteilungspegel eingehen. Die zugehörige Fußnotenregelung geht zurück auf die zeitlich parallele Regelung in Tabelle 5 (Einfluß der Fahrbahnarten) in der Schall 03 (Ausgabe 1990). Diese führt die Fahrbahn ‚Schotterbett – Betonschwelle, besonders überwacht’ mit einer gleichlautenden Fußnote auf, wobei es in der zugehörigen Anmerkung heißt:
‚Unter besonders überwachten Gleisen … wird verstanden, daß diese Gleise in regelmäßigen Abständen (6 – 12 Monate) auf evtl. Schallpegelzunahme überprüft und ggf. geschliffen werden.’
Anlaß dazu, eine Gleispflege aus akustischen Gründen vorzusehen, war die Erkenntnis, daß sich beim Befahren der Schienen auf ihrer Lauffläche mit der Zeit wellenartige Unebenheiten (Riffeln) herausbilden, die einen – bei zunehmender Geschwindigkeit proportional ansteigenden – Heulton erzeugen. Dieser erhöht den Fahrgeräuschpegel gegenüber einer glatten Schiene mit eingefahrenem Fahrspiegel um 15 dB(A) und mehr (vgl. schon Materialienband zum Umweltprogramm der Bundesregierung 1971,zu BTDrucks 6/2710, S. 485). Durch die Fußnotenregelung sollte für die damalige Deutsche Bundesbahn ein Anreiz geschaffen werden, das im akustischen Schienenschleifen liegende Emissionsminderungspotential möglichst bald technologisch zu erschließen (vgl. die amtl. Begründung der 16. BImSchV, BRDrucks 661/89, S. 47). Ein auf diesem Sektor erzielter technologischer Fortschritt sollte unverzüglich – auch ohne Änderung der Verordnung – Eingang in die Berechnung der Beurteilungspegel finden.
1.3.2 Welche Anforderungen an den Nachweis des Lärmminderungseffektes des Verfahrens BüG zu stellen sind, ist Tabelle C der Anlage 2 zu § 3 der 16. BImSchV zu entnehmen. Die dort genannten Fahrbahnarten (Spalte 1) und ihre Einstufung nach der jeweiligen Lärmcharakteristik (Spalte 2) sind als eine Normierung mit Hilfe von Regelbeispielen zu verstehen (vgl. zu Tabelle B der Anlage 1 zu § 3 der 16. BImSchV BVerwG, Beschluß vom 1. April 1999 – BVerwG 4 B 87.98 – Buchholz 406.25 § 43 BImSchG Nr. 12). Die hierin liegende Wertung des Verordnungsgebers läßt hinreichend bestimmt erkennen, unter welchen Voraussetzungen das Verfahren BüG zusätzlich zu den Korrekturwerten DFb berücksichtigt werden darf. Sie beantwortet die Frage, mit welchem dB(A)-Wert der lärmmindernde Effekt des akustischen Schienenschleifens zu bewerten ist (nachfolgend 1.3.3), unter welchen Voraussetzungen der lärmmindernde Effekt als dauerhaft anzusehen ist (nachfolgend 1.3.4) und welche Anforderungen an die Überwachung des lärmmindernden Effekts durch den Schallmeßwagen zu stellen sind (nachfolgend 1.3.5).
1.3.3 Der lärmmindernde Effekt des akustischen Schienenschleifens liegt deutlich über 3 dB(A). Dies zeigen die Meßreihen, die vom Forschungs- und Technologiezentrum der DB AG bzw. vom Umweltbundesamt an Streckenabschnitten in Barnstorf, Nörten-Hardenberg und Twistringen auf Betonschwellen im Schotterbett durchgeführt worden sind.
1.3.3.1 Als Vergleichsmaßstab für diese Messungen ist der sog. Grundwert von 51 dB(A) aus dem Diagramm I der Anlage 2 zu § 3 der 16. BImSchV heranzuziehen, der als gemittelter Emissionspegel (Lm) eines fiktiven Zuges in die Gleichungen zur Ermittlung der Beurteilungspegel eingeht. Dieser Grundwert soll ‚hinsichtlich der Lärmveränderung durch Riffelbildung einen mittleren Wert’ darstellen (vgl. die amtl. Begründung der 16. BImSchV, BRDrucks 661/89, S. 47). Ob diese Aussage mathematisch-naturwissenschaftlich korrekt ist, mag dahinstehen. Sie belegt jedenfalls, daß der Grundwert vom Verordnungsgeber gewissermaßen mit einem ‚Zuschlag’ für eine Riffelbildung festgelegt worden ist, der bei einer akustischen Gleispflege wieder entfallen kann. Dies ist der Sinn der Fußnotenregelung in Tabelle C der Anlage 2 zu § 3 der 16. BImSchV.
1.3.3.2 Die Messungen an den genannten Streckenabschnitten haben jeweils ein Kollektiv von Meßwerten ergeben, aus dem arithmetische Mittelwerte gebildet werden können. Hierbei zeigt sich, daß der Lärmminderungseffekt des akustischen Schienenschleifens eine Abhängigkeit von den Zugarten (ICE, IC/IR, RE/SE, GZ) aufweist. Diese Abhängigkeit war bei der Festlegung der Korrekturwerte der Tabelle C in Anlage 2 zu § 3 der 16. BImSchV (= DFb) bekannt. Damals sind die Korrekturwerte gemittelt über alle Zugarten festgelegt worden. Nach der Vorstellung des Verordnungsgebers sollte dies die tatsächliche Streckenbelastung hinreichend widerspiegeln. Eine Gewichtung des Anteils der unterschiedlichen Zugarten hat in der Tabelle C nicht stattgefunden; diese Gewichtung sollte sich erst über den Korrekturfaktor DFz nach Tabelle A vollziehen. Bei der Bestimmung des Lärmminderungseffekts des BüG darf kein abweichender, nämlich schärferer Maßstab angelegt werden. Es darf also insbesondere nicht auf die ‚ungünstigsten’ Zugarten (RE/SE; GZ) und ihren Anteil an der konkreten Streckenbelastung abgestellt werden.
1.3.3.3 Eine Mittelung sämtlicher Meßergebnisse ergibt einen Lärmminderungseffekt von 4,5 dB(A). Dabei beeinflussen die klotzgebremsten Nahverkehrszüge (im Mittel 2,8 dB(A)) das Ergebnis negativ; ohne sie wäre im Mittel ein wesentlich größerer Lärmminderungseffekt feststellbar, nämlich in Höhe von 6,5 dB(A). Wenn die klotzgebremsten Nahverkehrszüge – wie die Beigeladene in Aussicht stellt – in naher Zukunft ausgemustert oder zumindest mit Kunststoffklotzbremsen umgerüstet werden, wird eine den Mittelwert nachteilig beeinflussende Lärmbelastung nur von den Güterzügen ausgehen. Bei diesen konnte im Mittel ein Lärmminderungseffekt von 3,8 dB(A) nachgewiesen werden. Bei isolierter Betrachtung der scheibengebremsten Fahrzeuge ergibt sich im Mittel ein Lärmminderungseffekt, der über 6 dB(A) liegt. Die ersten Messungen in Barnstorf und in Nörten-Hardenberg sind zudem ersichtlich dadurch beeinflußt, daß damals das Schleifverfahren sich noch im Versuchsstadium befand. Erst in Twistringen sind die Schienen nach den beiden Verfahren geschliffen worden, die in der Verfügung des Eisenbahn-Bundesamtes vom 16. März 1998 vorgeschrieben worden sind. Die dort erzielten Lärmminderungseffekte sind noch größer. Die vorstehend wiedergegebenen Mittelwerte liegen daher ‚auf der sicheren Seite’. Diese Resultate der Meßreihen werden auch vom Umweltbundesamt nicht in Zweifel gezogen. Wenn das Umweltbundesamt ‚zur statistischen Absicherung’ weitere Messungen empfiehlt, hängt dies mit dessen Auffassung zusammen, es sei ein fahrzeugabhängiger Abschlag zu ermitteln. Dem folgt der erkennende Senat nicht (oben 1.3.3.2).
1.3.4 Das Erfordernis der Fußnote zu Tabelle C der Anlage 2 zu § 3 der 16. BImSchV, eine ‚dauerhafte’ Lärmminderung nachzuweisen, ist dahin gehend zu interpretieren, daß die Verbesserung der Lärmsituation ‚aufgrund besonderer Vorkehrungen’ ebenso anhaltend sein muß wie die Entscheidung, die die Beigeladene bei der Wahl einer Fahrbahnart trifft. Die akustische Gleispflege muß deswegen lärmwirksam sein, solange die Strecke mit ihrer Fahrbahnart in Betrieb ist. Dem wird die in der Verfügung des Eisenbahn-Bundesamtes vom 16. März 1998 getroffene Regelung zur Überwachung des Gleiszustandes und zum Nachschleifen der Gleise gerecht.
1.3.4.1 Durch diese Nebenbestimmungen der Verfügung vom 16. März 1998 wird die akustische Gleispflege bautechnischen Lärmschutzmaßnahmen (wie Lärmschutzwänden und Schallschutzfenstern) gleichwertig. Dem steht nicht entgegen, daß beim Verfahren BüG – nur – eine diskontinuierliche Messung der maßgeblichen Immissionskenngrößen stattfindet. Wenn die im Wege der Eigenüberwachung des Betreibers gewonnenen Meßergebnisse – wie es die Verfügung vom 16. März 1998 fordert – für die zuständige Aufsichtsbehörde zuverlässig dokumentiert werden, ist damit eine Überwachung sichergestellt, die seit jeher dem Standard im Bereich der industriellen Anlagenüberwachung entspricht; mehr kann auch im Bereich des Verkehrslärmschutzes nicht gefordert werden. Zu den Meßergebnissen haben im übrigen die Lärmbetroffenen auf der Grundlage von § 4 Abs. 1 des Umweltinformationsgesetzes (UIG) freien Zugang. Obwohl es – im Sinne einer vertrauensbildenden Maßnahme – sinnvoll erscheinen mag, wenn ihnen der Zugang zu diesen Umweltdaten noch weitergehend erleichtert würde, kann der Fußnotenregelung ein dahin gehender Anspruch nicht entnommen werden.
1.3.4.2 Was die Standzeit des Lärmminderungseffekts angeht, hat die Beweisaufnahme keinen Anhaltspunkt dafür ergeben, daß die vorgesehenen Kontrollen in Abständen von sechs Monaten unzulänglich sein könnten. Auch das Umweltbundesamt fordert ein Nachschleifen frühestens nach einem oder einem halben Jahr. Soweit das Umweltbundesamt in diesem Zusammenhang bemängelt, die bisher vorliegenden Nachmessungen wiesen eine zu geringe zeitliche Distanz zum Schleifvorgang auf (2 bis 3 Jahre), ist das kein Einwand gegen die Intervalle der vorgeschriebenen Kontrollmessungen.
1.3.5 Der Schallmeßwagen ist vom Umweltbundesamt als effektives Meßinstrument anerkannt worden. Die praktische Eignung des Schallmeßwagens als Überwachungsinstrument steht damit außer Zweifel. Auch unter Berücksichtigung der unvermeidbaren Streuung der registrierten Meßwerte ist darüber hinaus die ‚Eingriffsschwelle’ für das Nachschleifen in rechtlich unbedenklicher Weise festgelegt worden.
1.3.5.1 Die Meßgenauigkeit des Schallmeßwagens reicht aus. Seine Kalibrierung rechtfertigt die Erwartung, daß die Meßergebnisse nicht zum Nachteil der Lärmbetroffenen von vergleichenden Außenmessungen abweichen werden. Es liegen Korrelationsmessungen vor, die belegen, daß die Anzeige im Schallmeßwagen ca. 1 dB(A) über den Werten der Außenmessung liegt. Das Umweltbundesamt hat dem nicht widersprochen, sondern nur pauschal die Aussagefähigkeit der Korrelationsmessungen im Hinblick auf die verbleibende Streuung der Werte angezweifelt. Diese Meßungenauigkeit soll aber gerade durch die erwähnte Kalibrierung ausgeglichen werden. Das Umweltbundesamt hat nicht überzeugend dargelegt, daß dafür 1 dB(A) nicht ausreichen würde. Insofern ist auch die Forderung des Umweltbundesamtes, daß ein Mittelwert aus mindestens drei Überfahrten zu bilden sei, nicht berechtigt. Diese Forderung würde zudem das Verfahren BüG nahezu unpraktikabel machen. Die Beigeladene hat nachvollziehbar und unwidersprochen dargelegt, daß sich die Meßfahrten in den Streckenfahrplan ‚einpassen’ müssen; wegen der Abstände zwischen den Bahnhöfen, die dem Schallmeßwagen eine Wendemöglichkeit böten, wenn er eine Meßfahrt wiederholen müsse, seien drei Überfahrten regelmäßig nicht an einem Tag durchführbar.
Zu berücksichtigen ist, daß die Kalibrierung des Schallmeßwagens nach der Verfügung des Eisenbahn-Bundesamtes vom 16. März 1998 in Abständen von jeweils zwei Jahren durch Korrelationsmessungen zu überprüfen ist. Dieses Verfahren gewährleistet, daß die – für die Lärmbetroffenen günstige – Kalibrierung auf Dauer erhalten bleibt.
1.3.5.2 Die Festlegung einer ‚Eingriffsschwelle’ soll sicherstellen, daß Schleifarbeiten durchgeführt werden, bevor durch eine Verriffelung der Schienen der lärmmindernde Effekt des Verfahrens BüG verlorengeht. Die Fußnote zur Tabelle C der Anlage 2 zu § 3 der 16. BImSchV fordert allerdings nicht eine ‚Eingriffsschwelle’, die jede Schwankung in der Lärmbelastung vermeidet. Es geht vielmehr darum, die ‚Eingriffsschwelle’ so zu bestimmen, daß ein Wert nicht überschritten wird, der als sog. Gleispflegeabschlag in das Lärmschutzkonzept eingeht, das der jeweiligen Planfeststellung zugrunde liegt. Im vorliegenden Fall ist dies nur eine Pegelminderung von 2 dB(A). Diese ist nach der Protokollerklärung der Beklagten für die Bemessung der aktiven und passiven Lärmschutzmaßnahmen maßgeblich. Damit korrespondiert der in der mündlichen Verhandlung am 7. Dezember 1999 durch die Protokollerklärung zur Bestimmung des Schleifzeitpunktes festgelegte Meßwert von Lm = 50 dB(A).
1.3.5.3 Das Umweltbundesamt hat bei Betonschwellen im Schotterbett gegen eine ‚Eingriffsschwelle’ in der Größenordnung von 2 dB(A) keine Einwände erhoben, falls der Gleispflegeabschlag mit 3 dB(A) anzuerkennen ist. Diese Aussage in der amtlichen Auskunft vom November 1999 steht allerdings im Zusammenhang mit einer sog. Regressionsanalyse, die das Umweltbundesamt unter Verwendung von Daten vollzogen hat, die nur an oberbautechnisch geschliffenen Gleisen erhoben worden sind. Die Beigeladene hat diese Regressionsanalyse als nicht aussagefähig angegriffen. In der mündlichen Verhandlung am 7. Dezember 1999 hat für das Umweltbundesamt Herr Dr. F. auf Nachfrage klargestellt, daß die Qualität des akustischen Schienenschleifens, das beim Verfahren BüG Anwendung finde, besser sei und deswegen die ‚Eingriffsschwelle’ auch höher als 2 dB(A) angesetzt werden könne.
Hiervon ausgehend hat der Senat im Grundsatz keine Bedenken dagegen, wenn in der Verfügung des Eisenbahn-Bundesamtes vom 16. März 1998 eine Eingriffsschwelle bei Lm = 51 dB(A) angesetzt worden ist. Hierdurch entsteht zwischen zwei Schleifzyklen zwar eine sog. Sägezahnkurve. Eine am Mittelwert orientierte Betrachtung, wie sie die Fußnote zu Tabelle C der Anlage 2 zu § 3 der 16. BImSchV zuläßt (vgl. oben 1.3.3.2), zeigt aber, daß der Lärmminderungseffekt des akustischen Schienenschleifens zumindest dann, wenn man die – noch im Einsatz befindlichen – klotzgebremsten Nahverkehrszüge vernachlässigt, dafür hinreichenden Spielraum läßt. Der Lärmanstieg nimmt dann nämlich seinen Ausgang von -6,5 dB(A), so daß auch bei einer Zunahme des Lärms um 3 dB(A) – an der Spitze der ‚Sägezahnkurve’ – noch ein rechnerischer Lärmminderungseffekt von mehr als 3 dB(A) verbleibt. Wenn im vorliegenden Fall die ‚Eingriffsschwelle’ auf Lm = 50 dB(A) festgesetzt worden ist (oben 1.3), wirkt sich dies zugunsten der Lärmbetroffenen als ein zusätzlicher Sicherheitszuschlag aus. Dieser ist so groß, daß der Senat nicht der Frage nachzugehen brauchte, ob der Beigeladenen darin gefolgt werden kann, daß schon im gegenwärtigen Zeitpunkt sicher ist, daß der Einfluß der klotzgebremsten Nahverkehrszüge prognostisch nicht zu berücksichtigen ist (vgl. oben 1.3.3.3).”
2.3 Die nachts verbleibende Grenzwertüberschreitung ist – trotz Berücksichtigung eines Gleispflegeabschlags von 2 dB(A) – mit 6,2 dB(A) nicht unbeträchtlich. Der Kläger rügt deswegen einen Verstoß gegen die Vorschrift des § 41 Abs. 2 BImSchG, wonach aktiver Lärmschutz nur unterbleiben darf, „soweit die Kosten der Schutzmaßnahme außer Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck stehen würden”. Er beruft sich in diesem Zusammenhang auf die Rechtsprechung des 4. Senats des erkennenden Gerichts, wonach § 41 BImSchG insgesamt striktes Recht enthält (vgl. BVerwGE 108, 248 ≪256 ff.≫). Dieser Rechtsprechung schließt sich der erkennende Senat nicht an. Der Kläger muß sich entgegenhalten lassen, daß die Entscheidung über die Höhe der zu errichtenden Lärmschutzwände auf einem Lärmschutzkonzept beruht, das zumindest im Grundsatz nicht zu beanstanden ist. Dazu hat der Senat in seinem Urteil vom heutigen Tage in der Sache BVerwG 11 A 42.97 folgendes ausgeführt:
„1.4.1 In seinem Urteil vom 5. März 1997 – BVerwG 11 A 25.95 – (BVerwGE 104, 123 ff.) hat der Senat den Standpunkt vertreten, die Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 41 Abs. 2 BImSchG sei untrennbar mit der allgemeinen fachplanerischen Abwägung verbunden. Dementsprechend dürfe und müsse die Planungsbehörde sämtliche öffentlichen und privaten Belange, die einer Ausschöpfung der technischen Möglichkeiten aktiven Schallschutzes entgegenstünden, bei ihrer Verhältnismäßigkeitsprüfung berücksichtigen. Der der Planungsbehörde insoweit zustehende Abwägungsspielraum sei vom Gericht nur auf die Einhaltung seiner rechtlichen Grenzen hin zu überwachen (a.a.O. S. 139).
Der 4. Senat hat sich in seinem Urteil vom 28. Januar 1999 – BVerwG 4 CN 5.98 – (BVerwGE 108, 248) gegen diese Auffassung des erkennenden Senats ausgesprochen. § 41 Abs. 2 BImSchG sei nicht Bestandteil der planerischen Abwägung. Die Vorschrift des § 41 BImSchG beinhalte (insgesamt) nicht lediglich eine Abwägungsdirektive, sondern striktes Recht. Dementsprechend stehe dem Entscheidungsträger auch bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 41 Abs. 2 BImSchG ein planerischer Gestaltungsspielraum nicht zu. Keinesfalls habe der Gesetzgeber jedes andere öffentliche Interesse als gegenläufigen Belang zulassen wollen. Dahinstehen könne, ob Maßnahmen des aktiven Lärmschutzes – losgelöst von Kostengesichtspunkten – auch dann unterbleiben könnten, wenn sie, etwa aus Gründen der Landschafts- oder Stadtbildpflege oder zur Wahrung sonstiger öffentlicher Belange, mit dem Vorhaben unvereinbar seien (a.a.O., S. 256 ff.). In einem Beschluß vom 22. September 1999 – BVerwG 4 B 68.98 – hat der 4. Senat erneut auf die Unterschiede seiner Auffassung gegenüber der Auffassung des 11. Senats hingewiesen.
Den erkennenden Senat überzeugen die gegen seine Rechtsprechung geäußerten Bedenken nicht. Er hält deswegen an seiner bisherigen Auffassung – mit den nachstehend erläuterten Klarstellungen – fest. Da der 4. Senat seine Auffassung nicht in einem entscheidungstragenden Teil seiner Urteils- und Beschlußbegründungen verlautbart hat, kommt eine Vorlage an den Großen Senat nach § 11 Abs. 2 VwGO nicht in Betracht (vgl. BVerwGE 16, 273 ≪277≫; 47, 330 ≪363≫). Von der Möglichkeit einer Vorlage nach § 11 Abs. 4 VwGO macht der erkennende Senat keinen Gebrauch, weil nicht absehbar ist, ob der 4. Senat seine Auffassung bei erneuter Überprüfung und bei Berücksichtigung der nachfolgenden Klarstellungen aufrechterhalten wird. Im einzelnen ist der Auffassung des 4. Senats folgendes entgegenzuhalten:
1.4.1.1 § 41 Abs. 2 BImSchG normiert den Vorrang des aktiven Lärmschutzes vor Maßnahmen des passiven Lärmschutzes (vgl. § 42 Abs. 2 Satz 1 BImSchG). Die Vorschrift hat für die Fachplanung eine Schrankenfunktion. Dem Gesetzgeber ging es darum, für den Bereich des Verkehrslärmschutzes eine äußerste Grenze aufzuzeigen, die nicht im Wege der fachplanerischen Abwägung überwindbar ist. Die Ergebnisoffenheit, die für die fachplanerische Abwägung kennzeichnend ist, gilt für die Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 41 Abs. 2 BImSchG nicht. Es wäre ein Mißverständnis, wenn man der Aussage, die Verhältnismäßigkeitsprüfung sei untrennbar mit der allgemeinen fachplanerischen Abwägung verbunden (BVerwGE 104, 123 ≪139≫), Gegenteiliges entnehmen wollte. Der Planungsträger hat bei der Entscheidung, in welchem Umfang die Lärmbetroffenen auf passiven Lärmschutz verwiesen werden dürfen, auch nicht annähernd diejenige Wahlfreiheit, die bei einer Auswahl zwischen Varianten sonst für die fachplanerische Abwägung typisch ist. Unterschiede in der Auslegung des § 41 Abs. 2 BImSchG zwischen den beiden Senaten sind in diesem Punkt nicht erkennbar.
1.4.1.2 Ob der Vorrang des aktiven Lärmschutzes als strikter Rechtssatz zu werten ist, mag letztlich offenbleiben. Dies würde nämlich nichts daran ändern, daß die Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 41 Abs. 2 BImSchG sich auf der Grundlage einer planerischen Abwägung vollziehen muß. Der Träger des Vorhabens ist gehalten, mit planerischen Mitteln ein Lärmschutzkonzept zu entwickeln, das den konkreten örtlichen Gegebenheiten angemessen Rechnung trägt. Diese Lärmschutzplanung erschöpft sich nicht in einer Machbarkeitsstudie, mit der festgestellt wird, was der Stand der Lärmschutztechnik ohne Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften hergibt (vgl. § 41 Abs. 1 BImSchG). Aufgrund von § 41 Abs. 2 BImSchG ist immer zugleich die Kostenfrage aufzuwerfen mit der möglichen Folge, daß Abschläge gegenüber einer optimalen Lösung, d.h. der Einhaltung der Immissionsgrenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung, im Lichte des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gerechtfertigt erscheinen können (vgl. Senatsurteil vom 21. April 1999 – BVerwG 11 A 50.97 – UA S. 26).
Diese Verhältnismäßigkeitsprüfung stellt nicht individuell auf den jeweiligen Lärmbetroffenen in der Nachbarschaft ab. Es ist nicht zu beanstanden, wenn lediglich abgrenzbare ‚Schutzbereiche’ einer gesonderten Betrachtung unterworfen werden (Senatsurteil vom 21. April 1999, UA S. 17 f.), im übrigen aber überschlägig die Gesamtkosten der Schutzanlagen im Planfeststellungsabschnitt ermittelt und hinsichtlich des damit erzielbaren Lärmschutzeffektes bewertet werden. Ziel dieser Bewertung muß eine Lärmschutzkonzeption sein, die auch unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung der Lärmbetroffenen vertretbar erscheint. Im Ergebnis kann dies dazu führen, daß etwa der ‚Schutz eines Einzelhauses durch eine aufwendige Lärmschutzwand’ entfällt (vgl. BTDrucks 8/1671, S. 20). Zumindest darf aber bei einer Streusiedlung im Außenbereich (vgl. § 35 BauGB), die zudem durch Verkehrslärm vorbelastet ist, der Aufwand für eine weitere Erhöhung der Lärmschutzwand eher als unverhältnismäßig eingestuft werden als in einem Baugebiet i.S. von § 34 BauGB (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 1998 – BVerwG 11 A 44.97 – Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 24). Innerhalb dieser Baugebiete sind zusätzliche Differenzierungen nach der Zahl der Lärmbetroffenen zulässig und geboten. So wird bei einer stark verdichteten Bebauung mit einer weiteren Erhöhung der Lärmschutzwand noch eher ein nennenswerter Schutzeffekt zu erzielen sein als bei einer aufgelockerten Bebauung, die auf eine entsprechend geringe Zahl von Bewohnern schließen läßt. Höhere Kosten sind schließlich auch beim Schutz derjenigen besonders störanfälligen Objekte in Kauf zu nehmen, die in § 2 Abs. 1 Nr. 1 der 16. BImSchV genannt sind. Nur im Rahmen einer differenzierten Kosten-Nutzen-Analyse kann schließlich topographischen Schwierigkeiten (Trasse abwechselnd in Dammlage oder im Einschnitt, Brückenbauwerke usw.) planerisch angemessen Rechnung getragen werden. Der vorliegende Planfeststellungsabschnitt ist ein beredtes Beispiel für die Vielfalt der Probleme, die insoweit einer ausgewogenen Lösung zugeführt werden müssen.
1.4.1.3 Selbst durch eine noch so differenzierte Kosten-Nutzen-Analyse läßt sich nicht ein bestimmter Punkt ausmachen, an dem die unverhältnismäßigen Kosten (hier z.B. der Maximalvariante der Arbeitsgruppe Lärmschutz) in verhältnismäßige Kosten umschlagen. Wie noch zu erörtern sein wird (unten 1.4.2.5), ist es auch nicht zulässig, das Ergebnis der Lärmschutzplanung generell an einer ‚Verhältnismäßigkeitsschwelle’ zu messen, die sich aus den Kosten des aktiven und des passiven Lärmschutzes errechnet. Ebensowenig können in dieser Beziehung allein die sog. Sprungkosten entscheidend sein (unten 1.4.2.6). Den Ausschlag muß vielmehr geben, ob bei einer wertenden Betrachtung der Gesamtumstände das Lärmschutzkonzept dem Vorrang des aktiven Lärmschutzes (oben 1.4.1.1) in ausgewogener Weise Rechnung trägt. Hierbei verbleibt dem Träger des Vorhabens ein Abwägungsspielraum, der einer gerichtlichen Überprüfung nicht mehr zugänglich ist. Etwaige Abwägungsfehler können dementsprechend unter den Voraussetzungen des § 20 Abs. 7 Satz 1 AEG unschädlich sein.
Es überzeugt nicht, wenn gegen dieses Auslegungsergebnis eingewandt wird, in anderen rechtlichen Zusammenhängen werde durch eine Verhältnismäßigkeitsprüfung kein planerischer Gestaltungsspielraum eröffnet, so daß deren Ergebnis in vollem Umfang gerichtlich überprüfbar sei. § 41 BImSchG enthält keine Festlegung in diese Richtung. Die Regelung, die im Regierungsentwurf (BTDrucks 7/179) noch nicht enthalten war, geht auf einen Vorschlag des Innenausschusses des Bundestages zurück (BTDrucks 7/1508, S. 22). In dem Bericht dieses Ausschusses wird in diesem Zusammenhang zwar der Anspruch erhoben, erstmalig eine lückenlose Regelung des Lärmschutzes vorzusehen (BTDrucks 7/1513, S. 3). Dies ändert jedoch nichts daran, daß der Bundesgesetzgeber zugleich ein bemerkenswertes ‚Maß an gesetzgeberischer Entscheidungsabstinenz’ an den Tag gelegt hat (so Korbmacher, DÖV 1976, 1 ≪5≫). Insofern sind Wortlaut und Entstehungsgeschichte für die vom erkennenden Senat vertretene Auffassung offen.
Der 4. Senat hat zudem schon in seinem Urteil vom 11. Dezember 1981 – BVerwG 4 C 69.78 – (BVerwGE 64, 270 ≪273≫) zutreffend ausgeführt, in seinem Anwendungsbereich trage ‚das Abwägungsgebot in einer für planerische Entscheidungen spezifischen Weise dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung, dem bei planerischen Entscheidungen gerade durch die Beachtung des Abwägungsgebots genügt werde’. Nach dieser Rechtsprechung (vgl. auch BVerwG, Beschluß vom 26. Juni 1992 – BVerwG 4 B 1-11.92 – Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 89, S. 91 m.w.N.) kann somit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz speziell durch eine planerische Abwägung entsprochen werden. Damit fehlt ein zwingender Anhaltspunkt dafür, daß der Bundesgesetzgeber bei der Normierung von § 41 Abs. 2 BImSchG den Ausschluß jedes Abwägungsspielraums angestrebt haben könnte.
1.4.2 Hiervon ausgehend ist die Entscheidung der Beklagten, die aktiven Schallschutzmaßnahmen auf den planfestgestellten Umfang zu begrenzen, zumindest im Fall der Klägerin im Ergebnis nicht zu beanstanden. Gegen weitere Erhöhungen der Schallschutzwände hat die Beklagte mit Recht u.a. ins Feld geführt, daß hierdurch sehr hohe (weitere) Kosten anfallen würden, ohne daß sich dadurch die Lärmbelastung noch angemessen verringern würde. Das ist eine im Rahmen von § 41 Abs. 2 BImSchG zulässige Argumentation, die zusätzliches Gewicht dadurch erhält, daß sich die Beklagte in diesem Zusammenhang auf die zunehmend negativen Auswirkungen berufen konnte, die eine weitere Wanderhöhung auf andere Schutzgüter wie etwa das Orts- und Landschaftsbild haben würde. Das in erster Linie tragende Kostenargument wird in dem Planfeststellungsbeschluß zwar nur knapp behandelt, ist durch die Verwaltungsvorgänge nach Auffassung des erkennenden Senats aber nachvollziehbar belegt. Im einzelnen ist hierzu folgendes zu bemerken:
1.4.2.1 Das planfestgestellte Lärmschutzkonzept ist nicht insofern rechtlich zu beanstanden, als den Streckenanliegern ihre Lärmvorbelastung entgegengehalten worden ist.
Aus § 41 Abs. 2 BImSchG ergibt sich, daß es nicht ausreichen würde, wenn beim Ausbau einer vorhandenen Strecke die aktiven Schallschutzmaßnahmen generell so bemessen würden, daß sie nur den Lärmzuwachs kompensieren, der durch das planfestgestellte Vorhaben verursacht wird. In Übereinstimmung mit § 41 Abs. 1 BImSchG begründet ein Streckenausbau, der – wie hier der Bau der S-Bahn – die Voraussetzungen des § 1 der 16. BImSchV erfüllt, eine Sanierungsverpflichtung des Planungsträgers. Trotz ihrer Vorbelastung können die Streckenanlieger sich im Falle der Grenzwertüberschreitung nunmehr darauf berufen, durch den zu erwartenden Lärmanstieg schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt zu sein (vgl. Urteil vom 9. Februar 1995 – BVerwG 4 C 26.93 – BVerwGE 97, 367 ≪375 f.≫). Das Ziel, nach dem Ausbau die Immissionsgrenzwerte des § 2 der 16. BImSchV einzuhalten, steht allerdings unter dem Vorbehalt des § 41 Abs. 2 BImSchG. Sind aktive Schallschutzmaßnahmen unverhältnismäßig teuer, müssen sich die Streckenanlieger auf passiven Lärmschutz verweisen lassen. Die tatsächliche und/oder plangegebene Vorbelastung wirkt sich im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung insoweit schutzmindernd aus. Denn eine vorgefundene, rechtmäßig verursachte Vorbelastung muß an sich grundsätzlich als zumutbar hingenommen werden (stRspr; z.B. Urteil vom 20. Oktober 1989 – BVerwG 4 C 12.87 – BVerwGE 84, 31 ≪39≫). Es war nicht die Intention des Gesetz- und Verordnungsgebers, diesen Rechtsgrundsatz außer Kraft zu setzen. Aus diesem Grunde ist beim Ausbau vorhandener Strecken der Vorbelastung im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung in ausgewogener Weise Rechnung zu tragen.
1.4.2.2 Diesem Erfordernis ist im vorliegenden Fall dadurch genügt worden, daß die Einhaltung der Tagesgrenzwerte am Tag wie auch in der Nacht angestrebt worden ist.
Dieses Konzept hat für die Lärmbetroffenen den Vorteil, daß sie bei einer Nutzung ihrer Außenwohnbereiche keinen verkehrsbedingten Lärmbeeinträchtigungen ausgesetzt sein werden, die als schädliche Umwelteinwirkungen anzusehen wären. Die des Nachts verbleibenden Lärmbeeinträchtigungen sind hinnehmbar, weil sie durch Maßnahmen des passiven Lärmschutzes auf ein zumutbares Maß vermindert werden können. Die Einhaltung der Tagesgrenzwerte zur Nachtzeit bewirkt im vorliegenden Fall zugleich, daß die Schwelle von nachts 60 dB(A), die der Verordnungsgeber in § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 der 16. BImSchV aus Gründen des vorbeugenden Gesundheitsschutzes als kritisch bewertet hat, in den Wohngebieten nach dem planfestgestellten Ausbau nicht mehr überschritten sein wird.
1.4.2.3 Insofern ist der Streckenausbau mit einer Lärmsanierung verbunden. Die hierzu im angefochtenen Planfeststellungsbeschluß enthaltenen Aussagen lassen einen relevanten Abwägungsfehler nicht erkennen.
Dies gilt zum einen für die Aussage, daß die tatsächliche Vorbelastung ohne jegliche aktive Schallschutzmaßnahmen hinsichtlich der Schallimmissionen um durchschnittlich 4 dB(A) über der prognostizierten, planfestgestellten Lärmbelastung liege. Speziell im Fall der Klägerin lag die tatsächliche Vorbelastung laut dem Gutachten vom 23. September 1997 nachts mit 59,6 dB(A) um 5,4 dB(A) höher als die für den Ausbauzustand prognostizierte Lärmbelastung von 54,2 dB(A). Entgegen der Meinung der Klägerin war es sachgerecht, für diesen Vergleich die tatsächliche Vorbelastung im Jahre 1992 zu ermitteln. Es ist unstreitig, daß der Zugverkehr auf dieser Strecke nach der Wiedervereinigung zugenommen hat und somit etwa im Jahre 1989 eine niedrigere Vorbelastung hätte ermittelt werden können. Da die Vorbelastung anzeigt, welcher Eisenbahnlärm von den Streckenanliegern ohne den Ausbau grundsätzlich als zumutbar hingenommen werden muß (oben 1.4.2.1), läuft das Argument der Klägerin, die Vorbelastung hätte richtigerweise für das Jahr 1989 ermittelt werden müssen, darauf hinaus, daß sie den Lärmanstieg, der durch die nach der Wiedervereinigung eingetretene Verkehrszunahme zu verzeichnen war, für unzumutbar hält. Davon kann aber keine Rede sein.
Im Ergebnis ist auch die Gegenüberstellung der plangegebenen, für das Jahr 2010 prognostizierten Schallbelastung ohne den Ausbau mit den Prognosewerten für den Ausbau mit Schallschutz nicht zu beanstanden. Der Senat hat zwar in seinem Urteil vom 21. April 1999 – BVerwG 11 A 50.97 – (UA S. 24 f.) für den benachbarten Planfeststellungsabschnitt die dort angegebene Lärmminderung um ca. 9,5 dB(A) als nicht nachvollziehbar bezeichnet, weil die durch den Ausbau erzielte Erhöhung der Streckenkapazität nicht in die Berechnung eingegangen sei. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 6. Dezember 1999 aber eine Ausarbeitung überreicht und unter Bezugnahme hierauf die im angefochtenen Planfeststellungsbeschluß enthaltene Aussage, es sei hier mit einer Pegelminderung ‚um durchschnittlich 9 dB(A)’ zu rechnen, dahin gehend korrigiert, daß die Pegelminderung durchschnittlich nur 8 dB(A) betragen werde. Die Erhöhung der Streckenkapazität ist dabei rechnerisch in der Weise berücksichtigt worden, daß ohne den Ausbau mit einem größeren Anteil von Nahverkehrszügen (als Ersatz für die S-Bahn) zu Lasten des Anteils an Güterzügen gerechnet wurde. Der damit erkennbar gewordene Korrekturbedarf ist so geringfügig, daß er nach § 20 Abs. 7 Satz 1 AEG als unschädlich anzusehen ist. …
1.4.2.4 Auch die ‚Prüfungsreihenfolge’ des Abwägungsvorschlags der Beigeladenen läßt die Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht fehlerhaft erscheinen. Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin in diesem Zusammenhang auf das Senatsurteil vom 21. April 1999 – BVerwG 11 A 50.97 –. Dort (UA S. 25 f.) hat der Senat für den benachbarten Planfeststellungsabschnitt zwar kritisiert, daß nicht untersucht worden sei, was für eine optimale Schutzanlage zu veranschlagen wäre, um dann durch ‚schrittweise Abschläge’ den ‚gerade noch verhältnismäßigen Aufwand’ zu ermitteln. Diese Kritik kann aber angesichts der im vorliegenden Planfeststellungsabschnitt geleisteten Vorarbeiten nicht erneuert werden.
Ermittelt worden sind hier durch die Arbeitsgruppe Lärmschutz (Bericht von September 1995) zunächst die Kosten des aktiven Lärmschutzes (in TDM) für folgende sechs Varianten:
SU-Variante (= ausgelegte Planung) |
8 941 |
Mittelwandvariante DB |
14 358 |
Grundlagenvariante Arbeitsgruppe |
14 739 |
Orientierungsvariante Städteplaner |
64 126 |
Maximalvariante (mit tw. Einhausung) |
122 433 |
Maximalvariante (nur Lärmschutzwände) |
75 807 |
Die durch das planfestgestellte Lärmschutzkonzept verursachten Kosten für den aktiven Lärmschutz sind sodann auf 27 996 TDM geschätzt worden (Anlage 8.1.2 zum Gutachten vom 23. September 1997). Eine generelle Erhöhung der Lärmschutzwände (ohne Nordwand) um 1 m soll diese Kosten auf 33 441 TDM steigen lassen (Anlage 8.1.3 zum Gutachten vom 23. September 1997).
Ohne daß es in diesem Zusammenhang auf die ermittelten Zahlen ankommt – deren Verläßlichkeit von der Klägerin angezweifelt wird –, ist somit festzuhalten, daß hier insgesamt acht Varianten untersucht worden sind. Diese Variantenuntersuchung war auch jeweils mit einer lärmtechnischen Bewertung verbunden, die Aussagen zum Umfang der erzielbaren Pegelminderung enthielt. Es kann nicht beanstandet werden, wenn – nach Art einer Grobanalyse – auf eine nähere Betrachtung weiterer Varianten verzichtet worden ist. Das vom Senat statuierte Erfordernis der ‚schrittweisen Abschläge’ ist nicht so zu verstehen, daß – unabhängig von dem Ergebnis der Variantenuntersuchung – für jeden Meter oder gar halben Meter Wandhöhe eine Kosten-Nutzen-Analyse geliefert werden muß. Wie noch zu erörtern ist (unten 1.4.2.6), zeichnete sich im vorliegenden Fall schon nach dem Ergebnis der Kosten-Nutzen-Analyse der Arbeitsgruppe Lärmschutz ab, daß Wandhöhen über 4 m nur noch ausnahmsweise als verhältnismäßig anzusehen waren. Deswegen konnte sich die weitere Kosten-Nutzen-Analyse auf Wandhöhen in diesem Bereich beschränken. Zugleich durfte auch darauf verzichtet werden, Vorschläge für eine teilweise Einhausung des Streckenabschnitts weiter zu untersuchen.
1.4.2.5 Die Kosten-Nutzen-Analyse der Beigeladenen umfaßt ferner eine getrennte Betrachtung einzelner Bereiche (z.B. Aumühle Nord, Aumühle Süd) innerhalb des Planfeststellungsabschnitts. Darüber hinaus hat innerhalb dieser Bereiche eine nähere Untersuchung der lärmschutztechnischen Auswirkungen der Wandhöhen und -längen auf die Lärmbetroffenen stattgefunden. Dabei sind die folgenden Kriterien verwendet worden (Anlage 5.1.1 zum Gutachten vom 23. September 1997):
Diese Kriterien waren zuvor auch Grundlage der Entwicklung der Varianten, die zum Gegenstand der Gesamtbetrachtung (oben 1.4.2.4) gemacht wurden. Ziel der Detailuntersuchung war es, das Lärmschutzkonzept unter Berücksichtigung der konkreten örtlichen Gegebenheiten (Trasse im Einschnitt, Dammlage, Zahl der betroffenen Anwohner, Ortsbild, technische Machbarkeit usw.) weiter zu optimieren. Im Rahmen dieser Detailuntersuchung ist das Kostenverhältnis zwischen dem Mehraufwand für eine Wanderhöhung um 1 m und dem entsprechenden Minderaufwand für passiven Lärmschutz ermittelt worden. Hier wurde eine ‚Verhältnismäßigkeitsschwelle von 4: 1’ angenommen, die nicht überschritten werden sollte.
Hieran knüpft die Klägerin mit ihrem in der letzten mündlichen Verhandlung gestellten Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens an. Ein Sachverständiger, der für Kostenansätze zu aktivem und passivem Schallschutz kompetent sei, werde bestätigen, daß bei einer Erhöhung der Schallschutzwände um 1 bzw. 2 m sich das Verhältnis zwischen den Kosten für zusätzlichen aktiven und eingesparten passiven Schallschutz in Aumühle Süd auf ca. 1: 3, im äußersten Fall auf 1: 5 belaufen werde. Zur Erläuterung dieses Beweisantrags verweist die Klägerin auf eine von ihr vorgelegte Kostenaufstellung.
Dem Beweisantrag hat der Senat nicht entsprochen, weil die unter Beweis gestellte Behauptung für die Entscheidung des Rechtsstreits unerheblich ist. Es kann als richtig unterstellt werden, daß die von der Beigeladenen angestellten Berechnungen zum Verhältnis der Mehrkosten für aktiven Schallschutz im Vergleich zu den Einsparungen an Kosten für den passiven Lärmschutz zu anderen Ergebnissen führen würden, wenn die zugrundeliegenden Kostenansätze des Gutachtens vom 23. September 1997 (Anlage 8) einer Überprüfung nicht standhalten. Hierauf kommt es jedoch nicht an. Die von der Beigeladenen im Rahmen ihrer Kosten-Nutzen-Analyse verwendete ‚Verhältnismäßigkeitsschwelle von 4: 1’ ist für die Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 41 Abs. 2 BImSchG nicht maßgeblich.
Ob die Kosten einer Schutzmaßnahme außer Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck stehen, hängt davon ab, welcher Erfolg dem aktiven Lärmschutz zuzuschreiben ist. Dieser Erfolg ist aber nicht an der Einsparung von Kosten für den passiven Lärmschutz zu messen. Die insoweit zu erzielenden Einsparungen haben keinen unmittelbaren Bezug zum Schutzzweck, den der Gesetzgeber als Maßstab für die Verhältnismäßigkeitsprüfung gewählt hat. Hierfür ist vielmehr die Vermeidung von schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrslärm (vgl. § 41 Abs. 1 BImSchG) ausschlaggebend. Dies hat die Beigeladene – wie die von ihr verwandten Prüfkriterien erkennen lassen – im Grundsatz zwar nicht verkannt. Sie hat aber den Versuch unternommen, die Verhältnismäßigkeitsprüfung mit der Ermittlung eines ‚Schwellenwertes’ zu verknüpfen, der mit dem gesetzlichen Schutzzweck nichts zu tun hat. Die Beigeladene stützt sich dabei auf die – unbestrittene – Erfahrung, daß der Aufwand für den aktiven Schallschutz mit zunehmender Höhe der Lärmschutzwände stark ansteigt, während die damit erzielbaren Verbesserungen der Lärmsituation zunehmend geringer werden. Ein Nebeneffekt hiervon ist die Beobachtung, daß zunehmend geringere Kosteneinsparungen im Bereich des passiven Lärmschutzes zu erzielen sind, je höhere Lärmschutzwände gebaut werden. Dieser Nebeneffekt läßt sich durch Verhältniszahlen ausdrücken. Es mag vertretbar sein, mit diesen Verhältniszahlen zu argumentieren, wenn es darum geht, den Lärmbetroffenen zu veranschaulichen, daß die Lärmschutzplanung unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung eine ausgewogene Lösung darstellt und warum eine weitere Erhöhung der Lärmschutzwand ‚wenig bringt’. Dagegen ist die Aussage, daß bei Überschreitung des Verhältnisses von 4: 1 eine ‚Verhältnismäßigkeitsschwelle’ erreicht sei, dem Gesetz nicht zu entnehmen.
1.4.2.6 Im Planfeststellungsbeschluß wird das Argument der Beigeladenen, bei einer weiteren Erhöhung der Schallschutzwände werde die ‚Kostenrelation von aktivem und passivem Schallschutz unverhältnismäßig’, zwar aufgegriffen. Ein hierin etwa liegender Abwägungsfehler wirkt sich jedoch nach § 20 Abs. 7 Satz 1 AEG nicht aus. Denn der Planfeststellungsbeschluß stützt sich in diesem Zusammenhang auf das – selbständig tragende – Argument, daß die Kosten für über 2 m hohe Lärmschutzwände überproportional ansteigen, während gleichzeitig der Lärmminderungseffekt, der durch die weitere Wanderhöhung erzielt werden kann, deutlich geringer wird. Zumindest dann, wenn – wie im Bereich der Klägerin – bereits Wandhöhen von 4 bis 5 m planfestgestellt sind, ist die Schlußfolgerung, daß eine weitere Wanderhöhung unverhältnismäßige Kosten verursachen würde, naheliegend und deswegen rechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden.
Klarstellend ist zu bemerken, daß der Senat sich damit nicht die ‚Richtwerte’ zu eigen macht, die die Beklagte mit ihrem Schriftsatz vom 16. Dezember 1999 benannt hat. Der durchschnittliche Aufwand, der für einen Meter Lärmschutzwand im Planfeststellungsabschnitt anfällt, mag eine vergleichende Orientierung ermöglichen, die für die Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht ohne Wert ist. So kann die Beklagte damit plausibel darstellen, daß – wegen der Entscheidung für die sog. Mittelwand – für die Nordseite bereits jetzt so hohe Kosten (ca. 4 500 DM/lfd.m) anfallen, daß sie im Vergleich zu den Aufwendungen für die Südseite (ca. 3 500 DM/lfd.m) überproportional erscheinen. Die genannten ‚Richtwerte’ weisen aber – zumindest isoliert betrachtet – keinen Bezug zu dem Schutzzweck auf, den § 41 Abs. 2 BImSchG als Maßstab für die Verhältnismäßigkeitsprüfung gewählt hat.
Mit Rücksicht auf ihre Vorbelastung und die im Vergleich dazu durch die planfestgestellte Lärmschutzkonzeption erzielte Lärmsanierung (oben 1.4.2.3) durfte der Klägerin bei Anwendung des § 41 Abs. 2 BImSchG aber entgegengehalten werden, daß die von ihr geforderte weitere Erhöhung der Lärmschutzwand wegen des Auftretens von sog. Sprungkosten unverhältnismäßig teuer wäre. Der Senat hat bereits in seinem – den Beteiligten bekannten – Urteil vom 16. Dezember 1998 – BVerwG 11 A 44.97 – (a.a.O.) darauf hingewiesen, daß beim Bau von 4 bis 5 m hohen Schallschutzwänden Erschwernisse im Bereich vorhandener Verstärkungs- und Rückleitungen der Oberleitungen kostensteigernd wirken. Zusammen mit den Kosten für eine aufwendigere Gründung treiben diese Erschwernisse die Baukosten für Lärmschutzwände, die Höhen von über 4 m erreichen, überproportional in die Höhe. Eine Wanderhöhung von 4 m auf 5 m verursacht etwa 1 000 DM Mehrkosten pro laufendem Meter. Dem steht – in Abhängigkeit vom Abstand der Gleise zum Immissionsort – ein Lärmminderungseffekt gegenüber, der nur noch bei etwa 2 dB(A) liegt. Bei einer Wanderhöhung von 2 m auf 3 m liegen die Mehrkosten dagegen nur bei etwa 500 DM, während ein Lärmminderungseffekt von etwa 4 dB(A) erreicht werden kann.
Der Senat hat keinen Zweifel daran, daß diese Sprungkosten in der Kostengegenüberstellung, die als Anlage 8.1.1 dem Gutachten vom 23. September 1997 beigefügt ist, – zumindest ihrer Größenordnung nach – zutreffend ausgewiesen sind. Der für das Ingenieurbüro tätige Gutachter M. hat in der letzten mündlichen Verhandlung zwar eingeräumt, daß ihm diese Kosten seinerzeit von der Beigeladenen vorgegeben worden seien und er sie ungeprüft übernommen habe. Es fehlt aber jeder Anhaltspunkt dafür, daß die Beigeladene die Kostenaufstellung zu ihren Gunsten manipuliert haben könnte. Ebensowenig ist ernsthaft daran zu denken, daß in die Kostenaufstellung aus Versehen falsche Angaben aufgenommen worden sein könnten. Während die Kosten für den passiven Schallschutz von den Einwendern gegenüber den bahnseitigen Angaben stets wesentlich höher veranschlagt worden sind, waren die für den Bau der Lärmschutzwände anzusetzenden Kosten kein Streitpunkt, nachdem die Arbeitsgruppe Lärmschutz in ihrem Abschlußbericht vom September 1995 (Anlage 8) verdeutlicht hatte, daß diese Kosten im Sinne einer besseren Begründbarkeit von aktivem Lärmschutz ‚eher zu niedrig als zu hoch geschätzt’ worden seien. So ist etwa auf eine Einrechnung des kapitalisierten Erhaltungsaufwands verzichtet worden, obwohl nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 21. April 1999 – BVerwG 11 A 50.97 – UA S. 18) der Erhaltungsaufwand durchaus anzusetzen gewesen wäre.
Auch nachdem von der Klägerin in der letzten mündlichen Verhandlung erstmals geäußert worden ist, es sei ihr nicht zumutbar, die diesbezüglichen Kostenangaben der Beigeladenen ungeprüft als richtig zu akzeptieren, sieht der Senat insoweit keinen Bedarf für eine weitere Sachaufklärung. Es kann dahinstehen, ob dieser Vortrag nach § 20 Abs. 6 AEG, § 5 Abs. 3 VerkPBG i.V.m. § 87 b Abs. 3 VwGO nicht ohnehin als verspätet zurückzuweisen wäre. Jedenfalls steht dieser Vortrag einer Verwertung der genannten Kostenaufstellung nicht entgegen. Der Senat hat in der letzten mündlichen Verhandlung den Projektleiter im Planfeststellungsabschnitt V b angehört, der überzeugend dargelegt hat, daß die zu erwartenden Kosten nur aufgrund der Ergebnisse vorangegangener Ausschreibungen hinreichend zuverlässig abgeschätzt werden könnten; Quadratmeterpreise für Lärmschutzwände seien dagegen nicht aussagekräftig. Seitens der Beklagten ist in diesem Zusammenhang zudem vorgetragen worden, daß die Kostenangaben der Beigeladenen anhand vorliegender Erfahrungswerte ihrer Größenordnung nach überprüft worden seien. Vor diesem Hintergrund bleiben die von der Klägerin geäußerten Zweifel an der Verläßlichkeit der genannten Kostenaufstellung unsubstantiiert. Das bloße Bestreiten, daß Kosten in dieser Höhe anfallen, steht der – unzulässigen – Behauptung einer Tatsache gleich, für deren Wahrheitsgehalt nicht eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht (vgl. z.B. BVerwG, Beschluß vom 5. Oktober 1990 – BVerwG 4 B 249.89 – Buchholz 442.40 § 9 LuftVG Nr. 6). Hierdurch wird kein weiterer Aufklärungsbedarf erzeugt.”
3. Die vorstehend wiedergegebenen Erwägungen (oben 2.3) können im Fall des Klägers eine Klageabweisung nicht rechtfertigen. Zum einen erreicht die südliche Lärmschutzwand im Bereich des klägerischen Anwesens erst eine Höhe von 2,5 bis 3,5 m. Bei einer weiteren Wanderhöhung wären somit Sprungkosten in der Größenordnung, wie sie bei einer Wanderhöhung über 4 m anfallen, noch nicht zu erwarten gewesen. Zum anderen fällt die Besonderheit auf, daß die allgemeine Aussage, der Streckenausbau sei mit einer Lärmsanierung verbunden, im Fall des Klägers nur eingeschränkt zutrifft. Zwar würde die plangegebene Vorbelastung (Ist-Zustand mit Zugzahlen 2010) laut dem Gutachten vom 23. September 1997 nachts mit etwa 59,5 dB(A) um 4,3 dB(A) höher als die für den Ausbauzustand prognostizierte Lärmbelastung von 55,2 dB(A) liegen. Die tatsächliche Vorbelastung wäre aber mit nachts 52,7 dB(A) um 2,5 dB(A) niedriger. Die Frage, warum diese Verschlechterung der Lärmsituation vom Kläger im Hinblick auf § 41 Abs. 2 BImSchG hinzunehmen ist, wird von dem Planfeststellungsbeschluß nicht nachvollziehbar beantwortet; auch die Planfeststellungsunterlagen sind insoweit unergiebig. Ebensowenig haben die Beklagte und die Beigeladene im Verlauf des Prozesses aufzuzeigen vermocht, daß dieser Abwägungsfehler – der offensichtlich ist, weil er sich ohne weiteres aus der Planbegründung ergibt (vgl. BVerwGE 64, 33 ≪38≫) – keinen Einfluß auf das Abwägungsergebnis haben konnte (vgl. § 20 Abs. 7 Satz 1 AEG). Hieraus ergibt sich ein Anspruch auf Neubescheidung über die vom Kläger geforderte Erhöhung der Lärmschutzwand um etwa 1 m. Im einzelnen gilt insoweit folgendes:
Zu der zuvor aufgeworfenen Frage äußert sich der Planfeststellungsbeschluß nicht. Dies deutet darauf hin, daß die Beklagte die Zunahme des Lärms gegenüber der tatsächlichen Vorbelastung, die längs der Emil-Specht-Allee in der ersten Häuserreihe südlich der Trasse auftritt, im Rahmen ihrer Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht als ein abwägungsrelevantes Problem wahrgenommen hat. Zumindest ist nicht erkennbar, daß die Beklagte hierbei den Belangen dieser Lärmbetroffenen das ihnen zukommende Gewicht beigemessen hat. Dabei mag zugunsten der Beklagten unterstellt werden, daß ihr die Tatsache der Lärmsteigerung als solche aufgrund des Gutachtens vom 23. September 1997 bekannt war und daß sie sich das Ergebnis der dortigen Detailüberlegungen zum „Bereich Aumühle-Süd zwischen Post und Brücke Müllerkoppel” (S. 30 – 32) zu eigen gemacht hat. Hierzu gehört u.a. auch die Erkenntnis, daß durch eine Wanderhöhung um 1 m im Falle des Klägers die prognostizierte Lärmbelastung nur noch um 1,8 dB(A) auf 53,4 dB(A) verringert werden könnte. Die Beklagte mag aus diesem Grunde angenommen haben, durch eine Wanderhöhung würde – wie es im Planfeststellungsbeschluß (S. 49) heißt – „die Lärmbelastung in der Nacht nur noch unwesentlich verringert werden können”. Dies ist eine im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 41 Abs. 2 BImSchG an sich zulässige Schlußfolgerung. Allerdings gilt dies nur unter der Voraussetzung, daß die Planfeststellungsbehörde ihre Schlußfolgerung auf Erwägungen stützt, die mit dem Schutzzweck der Regelung vereinbar sind. Das den Planunterlagen zu entnehmende Abwägungsmaterial läßt nicht erkennen, ob dies hier beachtet worden ist. Darin sieht der erkennende Senat einen Abwägungsfehler, der nur im Rahmen einer Neubescheidung des Klägers korrigierbar ist.
Die Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 41 Abs. 2 BImSchG fordert eine wertende Gegenüberstellung der für den aktiven Lärmschutz erforderlichen Kosten und des hiermit erzielbaren Lärmminderungseffekts. Wie bereits erläutert wurde (oben 2.3), wäre es somit fehlsam, wenn die Beklagte – worauf die Begründung des Planfeststellungsbeschlusses hindeutet – den erzielbaren Lärmminderungseffekt einer Wanderhöhung lediglich deswegen als unwesentlich eingestuft hätte, weil damit keine nennenswerten Einsparungen im Bereich des passiven Lärmschutzes zu erzielen wären. Ebensowenig sind die sonstigen Kostenbetrachtungen der Beklagten geeignet, die Frage zu beantworten, warum sich der Kläger entgegenhalten lassen muß, er müsse die ihn treffende Verschlechterung der Lärmsituation in Kauf nehmen, weil eine weitere Wanderhöhung unverhältnismäßig teuer wäre. Eine Kostenermittlung, die sich speziell auf den Bereich bezieht, in dem dieser negative Effekt auftritt, hat nämlich nicht stattgefunden. Es ist deswegen nicht bekannt, mit welchen Kosten zu rechnen wäre, wenn im Bereich Aumühle-Süd zwischen Post und Brücke Müllerkoppel die südliche Schallschutzwand so erhöht würde, daß die Verschlechterung der Lärmsituation vermieden oder zumindest minimiert würde. Im Zuge der Neubescheidung wird die Beklagte diese Ermittlung nachholen müssen. Eine Kostensteigerung, die daraus resultiert, daß die Beigeladene inzwischen – in Ausnutzung der Vollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses (vgl. § 20 Abs. 5 Satz 1 AEG, § 5 Abs. 2 Satz 1 VerkPBG) – die Lärmschutzwand bereits errichtet hat, braucht sich der Kläger dabei nicht entgegenhalten lassen (vgl. BVerwG, Beschluß vom 21. Januar 1999 – BVerwG 11 VR 8.98 – Buchholz 442.09 § 20 AEG Nr. 26, S. 3; Beschluß vom 26. August 1998 – BVerwG 11 VR 4.98 – Buchholz 442.09 § 20 AEG Nr. 22, S. 58 f. m.w.N.). Auf der Grundlage des Ermittlungsergebnisses wird die Beklagte erneut entscheiden müssen, ob der mit einer Wanderhöhung erzielbare Lärmminderungseffekt außer Verhältnis zu der damit verbundenen Kostensteigerung steht.
4. Die Klage ist unbegründet, soweit der Kläger die Festsetzung von Maßnahmen des Erschütterungsschutzes beansprucht.
Als Anspruchsgrundlage für dieses Begehren kommt allein § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG in Betracht. Danach sind dem Träger des Vorhabens Schutzvorkehrungen aufzuerlegen, wenn das Vorhaben anderenfalls für Dritte unzumutbare Nachteile hervorrufen würde. Der Planfeststellungsbeschluß geht zutreffend davon aus, daß nach dieser Vorschrift Erschütterungswirkungen Schutzvorkehrungen nur erforderlich machen, wenn die vorhandene Vorbelastung in beachtlicher Weise erhöht wird und gerade dadurch eine unzumutbare Belastung eintritt. Die im Planfeststellungsverfahren beigebrachten erschütterungstechnischen Gutachten stützen die Auffassuung der Beklagten und der Beigeladenen, daß eine Überschreitung der so bestimmten Zumutbarkeitsgrenze als Folge des Ausbauvorhabens nicht zu erwarten ist. Dagegen ist aus Sicht des Senats nichts zu erinnern.
Der Kläger hat sich mit den Ergebnissen der vorliegenden Gutachten schriftsätzlich nicht im einzelnen auseinandergesetzt. Er geht möglicherweise von der Vorstellung aus, daß in dem Planfeststellungsbeschluß der Beigeladenen die Einhaltung der Anhaltswerte nach DIN 4150 Teil 2 hätte auferlegt werden müssen. Dem steht aber entgegen, daß die DIN 4150 Teil 2 ihren Anhaltswerten selbst die Eignung als Zumutbarkeitskriterium abspricht, soweit es um die Beurteilung der Erschütterungs-situation an bestehenden Schienenwegen geht. Dies brachte die im Zeitpunkt der Planfeststellung heranzuziehende Ausgabe 1992 der DIN 4150 Teil 2 in Abschnitt 5.5.2.2 durch die Einschränkung zum Ausdruck, für bestehende Schienenwege würden in dieser Norm „keine Aussagen getroffen”. Auch die Neufassung der DIN 4150 Teil 2 vom Juni 1999 enthält in Abschnitt 6.5.3.4 lediglich den Hinweis, daß an bestehenden Strecken die Anhaltswerte vielerorts überschritten seien und Verfahren zur Erschütterungsminderung nur begrenzt zur Verfügung stünden; daher könne die Grenze der Zumutbarkeit „nur im Einzelfall festgestellt werden”.
Soweit der Kläger in der letzten mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, es sei eine Überschreitung der Zumutbarkeitsschwelle von KBFmax = 0,4 zu besorgen, stützt er sich dabei auf eine Aussage des erschütterungstechnischen Gutachtens vom 14. April 1997. Diese ist allerdings bei näherer Betrachtung nicht als Beleg für diese Behauptung geeignet. Denn aus dem genannten Gutachten ergibt sich im Gegenteil, daß in der Mehrzahl der Gebäude, die als Meßort ausgewählt worden waren, Werte für KBFmax ermittelt worden sind, die selbst bei einer Erhöhung um den Faktor 2 nicht KBFmax = 0,4 erreichen würden. Eine Verstärkung der Schwingungen um diesen Faktor erwarten die Gutachter angesichts der gemessenen Zuggeschwindigkeiten (im Mittel 120 km/h) nicht, zumal die ICE-Fahrzeuge, die zukünftig 200 km/h fahren sollen, bei gleicher Geschwindigkeit geringere Emissionen aufwiesen als die Regelzüge des Personenverkehrs mit Dieseltraktion. Dies bedeutet mit anderen Worten, daß prognostisch gut spürbare Erschütterungen in der Regel auszuschließen sind.
Es ist eine andere Frage, ob in Einzelfällen schon die Vorbelastung ausreicht, um gut spürbare Erschütterungen hervorzurufen. Dies schließt das genannte Gutachten für Häuser, die mit einer Holzbalkendecke versehen sind, nicht aus, weil sich hier als Sekundärwirkung Resonanzen zeigen. Auch der Planfeststellungsbeschluß hat dieses Problem in einem Einzelfall gesehen (Altbauteil des Wohnstifts A.). Er stützt sich insoweit aber auf ein weiteres Gutachten vom Juni 1995, wonach durch das Vorhaben auch in derartigen Fällen keine Verschlechterung, sondern eher eine Verbesserung zu erwarten sei, weil die Erneuerung des Gleis-Oberbaus sich günstig auswirken werde.
Dafür, daß das klägerische Haus zu Sekundärwirkungen neigt, könnte sprechen, daß es sich dem äußeren Anschein nach um einen Altbau handelt. Auch bei einem benachbarten Anwesen (MO 8) hat das Gutachten vom April 1997 (S. 21) bei Zugvorbeifahrten bereits einen Wert im Bereich von KBFmax 0,4 ermittelt. Bei diesem Wert sind Erschütterungen bereits gut spürbar. Das Haus des Klägers ist allerdings dadurch begünstigt, daß die Trasse in einem Geländeeinschnitt liegt. Diese Trassenlage bedingt eine Ausbreitungsgeometrie, die für oberhalb des Einschnitts liegende Immissionsorte eine stärkere Dämpfung der Erschütterungen zur Folge hat (vgl. Gutachten vom April 1997, S. 23). Dies schließt allerdings nicht aus, daß in dem Haus des Klägers dennoch auch nach dem Ausbau Erschütterungen spürbar werden. § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG verschafft dem Kläger aber keinen Anspruch auf ein erschütterungsfreies Wohnen. Soweit die Belästigungen durch Erschütterungen im Rahmen der tatsächlichen oder plangegebenen Vorbelastung liegen, sind diese als zumutbar hinzunehmen. Soweit die Belästigungen wider Erwarten diese Zumutbarkeitsschwelle überschreiten, liegt ein Anwendungsfall des § 75 Abs. 2 Satz 2 VwVfG vor.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1, § 162 Abs. 3 VwGO.
Unterschriften
Hien, Dr. Storost, Kipp, Vallendar, Prof. Dr. Rubel
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 15.03.2000 durch Kettlitz Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
NVwZ 2001, 81 |
NuR 2002, 380 |
UPR 2000, 355 |
VA 2000, 193 |