Entscheidungsstichwort (Thema)
Regionalplanung. Ausweisung von Infrastrukturvorhaben. Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden. kommunale Planungshoheit. Abwägungsgebot in der Raumordnung. raumordnungsrechtliches Entwicklungsgebot. naturschutzrechtliche Eingriffsregelung
Leitsatz (amtlich)
- Die dem Träger der Regionalplanung durch Landesgesetz auferlegte Verpflichtung, in einem Regionalplan regionalbedeutsame Infrastrukturvorhaben gebietsscharf auszuweisen, ist mit der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG) vereinbar, wenn diese Ausweisung durch überörtliche Interessen von höherem Gewicht gerechtfertigt ist und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrt (im Anschluss an BVerfGE 76, 107).
- Die gebietsscharfe Ausweisung der Standorte für die Erweiterung des Landesflughafens und den Neubau einer Landesmesse im Regionalplan für die Region Stuttgart greift nicht in unver-hältnismäßiger Weise in die städtebauliche Planungshoheit der betroffenen Gemeinde ein und ist mit dem Raumordnungsrecht des Bundes vereinbar.
- Ein Ziel der Regionalplanung, das im landesweiten Raumordnungsplan nicht ausdrücklich festgelegt ist, verletzt das raumordnungsrechtliche Entwicklungsgebot (erst), wenn es der landesplanerischen Gesamtkonzeption widerspricht oder nicht aus ihr abzuleiten ist.
- Gebietsscharfe Standortausweisungen für Infrastrukturvorhaben in einem Regionalplan, die einen Regionalen Grünzug überplanen, stellen keinen Eingriff in Natur und Landschaft im Sinne der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung (§ 18 Abs. 1 BNatSchG) dar.
Normenkette
GG Art. 28 Abs. 2 S. 1; ROG 1993 § 2 Abs. 1 Nrn. 2, 5, § 5 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 1; ROG 1998 § 2 Abs. 2 Nrn. 4-5, § 4 Abs. 1 S. 1, § 7 Abs. 1, 2 S. 1 Nr. 3, § 9 Abs. 2 S. 1; BNatSchG a.F. § 8 Abs. 1, 3; BNatSchG n.F. § 18 Abs. 1, § 19 Abs. 3; bad.-württ. LandesplanungsG § 8 Abs. 3 S. 1 Nr. 3
Verfahrensgang
VGH Baden-Württemberg (Urteil vom 19.12.2002; Aktenzeichen 8 S 2477/99) |
Tenor
Die Revision der Antragstellerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 19. Dezember 2000 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
I.
Die Antragstellerin, die in der südlichen Nachbarschaft von Stuttgart gelegene Stadt Leinfelden-Echterdingen, wendet sich im Wege der Normenkontrolle gegen die vom Antragsgegner am 21. Juli 1999 beschlossene Teiländerung des Regionalplans für die Region Stuttgart von 1989, die auf dem Gemeindegebiet der Antragstellerin jeweils einen Standort für die Erweiterung des Flughafens Stuttgart und für den Bau einer neuen Landesmesse ausweist.
Die angefochtene Satzung umfasst einen von der 1998 beschlossenen allgemeinen Fortschreibung des Regionalplans ausgeklammerten, nordwestlich des Flughafens Stuttgart gelegenen Bereich am “Echterdinger Ei”, der im Westen von der Bundesstraße B 27 und im Nordosten von der Autobahn A 8 begrenzt wird. Die überplanten Flächen waren im Regionalplan 1989 als Teile eines Regionalen Grünzuges ausgewiesen und werden überwiegend landwirtschaftlich genutzt. Die Planänderung weist einen etwa 26 ha großen, westlich an das Flughafengelände grenzenden Bereich gebietsscharf (Maßstab 1:50 000) als “Standort für regionalbedeutsame Infrastrukturvorhaben – Flughafenerweiterung” aus, an den sich weiter nach Westen eine bis zur B 27 reichende Grünzäsur anschließt. Nach Plansatz 4.5.3. (Z) ist dieser Erweiterungsbereich “für den landseitigen Ausbau der regional- und landesbedeutsamen Infrastruktureinrichtung Landesflughafen zu sichern und von konkurrierenden Planungen und Nutzungen freizuhalten”. Der Bereich nördlich des Flughafens bis zum “Lachengraben” ist gebietsscharf als “Standort für regionalbedeutsame Infrastrukturvorhaben – Messe” ausgewiesen. Plansatz 4.5.1. (Z) bestimmt, dass der Standort “für den Ausbau der Landesmesse einschließlich der Nebeneinrichtungen, die mit ihr in einem räumlichen und funktionalen Zusammenhang stehen, und für die innere Erschließung zu sichern und von konkurrierenden Planungen und Nutzungen freizuhalten (ist)”. Ein kleiner Teil dieses etwa 70 ha großen Bereichs ist zugleich als Fläche für die Flughafenerweiterung ausgewiesen. Der Bereich nordwestlich des “Lachengrabens” ist Teil eines sich nördlich fortsetzenden Regionalen Grünzugs.
In dem 1995 eingeleiteten Teiländerungsverfahren machte die Antragstellerin geltend, dass die Standortausweisungen ihren bereits verfestigten städtebaulichen Zielvorstellungen zuwiderliefen und zusammen mit den Vorbelastungen durch die auf ihrem Gebiet bereits vorhandenen großräumigen Infrastruktureinrichtungen (A 8, B 27, Landesflughafen) die Grenze des Zumutbaren überschritten. Mit ihrem Normenkontrollantrag vom 18. Oktober 1999, die Satzung über die Teiländerung des Regionalplans (Messe/Flughafen) für nichtig zu erklären, hat die Antragstellerin ihr bisheriges Vorbringen vertieft und ergänzt.
Das Normenkontrollgericht hat den Antrag mit Urteil vom 19. Dezember 2000 (VBlBW 2001, 266) abgelehnt, im Wesentlichen mit folgender Begründung: Die Standortausweisungen fänden ihre Rechtsgrundlage in § 8 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 LplG. Die Vorschrift, die den Antragsgegner zur gebietsscharfen Ausweisung der umstrittenen Standorte verpflichte, verletze weder die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG) noch das Raumordnungsrecht des Bundes. Der Antragsgegner habe die von der Standortausweisung betroffenen öffentlichen und privaten Belange unter dem Gesichtspunkt des Bedarfs, der Standortalternativen, der Verkehrsbelastung, der städtebaulichen Entwicklungsziele der Antragstellerin und der Belange von Natur und Landschaft fehlerfrei ermittelt und abgewogen. Der Eingriff in die Planungshoheit der Antragstellerin werde durch überörtliche Interessen von höherem Gewicht gerechtfertigt. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei gewahrt.
Der Antragsgegner verteidigt das angefochtene Urteil.
Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision rügt die Antragstellerin die Verletzung ihrer kommunalen Planungshoheit. § 8 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 LplG sei mit Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG und dem Raumordnungsgesetz des Bundes nicht vereinbar. Im Übrigen habe der Antragsgegner diese Vorschrift auch fehlerhaft angewendet. Die gebietsscharfe Ausweisung des Messegebiets verletze die bundesrechtlichen Anforderungen an Ziele der Raumordnung, das raumordnungsrechtliche Entwicklungsgebot und die Vorschriften der §§ 1 und 9 BauGB und § 11 Abs. 2 BauNVO. Die geplante Landesmesse sei eine gewerbliche Dienstleistungseinrichtung und kein Infrastrukturvorhaben im Sinne des Raumordnungsrechts. Die Standortausweisungen verletzten ferner den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, das Gebot der planerischen Konfliktbewältigung und die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist zulässig, aber nicht begründet. Das Normenkontrollurteil steht mit Bundesrecht in Einklang.
Das Normenkontrollgericht hat zu Recht entschieden, dass die gebietsscharfe Ausweisung der Standorte für die Landesmesse und die Erweiterung des Flughafens Stuttgart in der angegriffenen Teiländerung des Regionalplans ihre Rechtsgrundlage in § 8 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 LplG findet. Die Auffassung der Vorinstanz, dass die angefochtene Teiländerung des Regionalplans weder zwingende Vorgaben des Bundesrechts noch das raumordnungsrechtliche Abwägungsgebot verletzt, ist revisionsgerichtlich ebenfalls nicht zu beanstanden.
1. § 8 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 LplG berechtigt und verpflichtet den zuständigen Träger der Regionalplanung, im Regionalplan für die Region Stuttgart Standorte für regionalbedeutsame Infrastrukturvorhaben gebietsscharf auszuweisen. Entgegen der Revision verletzt diese Vorschrift höherrangiges Recht nicht.
1.1. Nach den Ausführungen der Vorinstanz richtet sich die Vorschrift an die nachgeordneten Träger der Bauleitplanung und der Fachplanung. Mit diesem Inhalt ist sie dem Raumordnungsrecht zuzuordnen (Art. 75 Abs. 1 Nr. 4 GG). Sie greift nicht in die vom Bundesgesetzgeber abschließend normierte Materie des Bodenrechts (Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG) hinüber, zu der nur solche Vorschriften gehören, welche die rechtlichen Beziehungen des Menschen zum Grund und Boden unmittelbar regeln (vgl. BVerfGE 3, 407 ≪424≫). An diese Auslegung des irrevisiblen Landesrechts ist das Revisionsgericht gebunden (§ 173 VwGO, § 560 ZPO).
1.2. Die gesetzliche Verpflichtung zur gebietsscharfen Ausweisung regionalbedeutsamer Infrastrukturvorhaben im Regionalplan für die Region Stuttgart verletzt nicht die kommunale Selbstverwaltungsgarantie in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG, die auch die Bauleitplanung für das Gemeindegebiet umfasst.
Der Revision ist zwar einzuräumen, dass gebietsscharfe Standortausweisungen, die wie hier Ziele der Raumordnung bilden (vgl. § 3 Nr. 2 ROG 1998), konkrete Eingriffe in die gemeindliche Planungshoheit darstellen. Die Gemeinden haben diese Ausweisungen bei ihren raumbedeutsamen Planungen zu beachten und ihre Bauleitpläne an sie anzupassen (§ 4 Abs. 1 Satz 1 ROG 1998, § 6 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 10 Abs. 1 Satz 2 LplG, § 1 Abs. 4 BauGB). Das Normenkontrollgericht spricht zutreffend von einem “Verbot der zielwidrigen Bauleitplanung”. Die von einer gebietsscharfen Ausweisung betroffene Gemeinde in der Region Stuttgart darf in die Standortfläche nicht “hineinplanen”, sie muss die Fläche planerisch freihalten.
Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG steht der gemeindlichen Bindung an Ziele der Raumordnung und Landesplanung indes nicht prinzipiell entgegen. Das Grundgesetz gewährleistet die kommunale Selbstverwaltung nur, soweit die Gesetze nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmen. Der regionalplanerische “Durchgriff” auf Gemeindegebietsteile ist allerdings an verfassungsrechtliche Voraussetzungen gebunden, die auch für Normen des Landesplanungsrechts gelten, die wie § 8 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 LplG den Träger der Regionalplanung zu gebietsscharfen Eingriffen in die Planungshoheit der Gemeinden einer bestimmten Region berechtigen und verpflichten. Die verfassungsrechtlichen Bedenken der Revision gegen diese Norm sind jedoch unbegründet.
1.2.1. Schränkt die Regionalplanung die Planungshoheit einzelner Gemeinden ein, so müssen überörtliche Interessen von höherem Gewicht den Eingriff rechtfertigen. Verpflichtet der Landesgesetzgeber die Regionalplanung unter bestimmten Voraussetzungen zu Eingriffen in die kommunale Planungshoheit, ist der allgemeine verfassungsrechtliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten und eine Güterabwägung vorzunehmen (BVerfGE 56, 298 ≪313 f.≫; 76, 107 ≪119 f.≫; 103, 332 ≪365 ff.≫; zu den strengeren Anforderungen bei einer gesetzlichen Aufgabenentziehung siehe hingegen BVerfGE 79, 127 ≪153≫). Der Eingriff in die Planungshoheit der einzelnen Gemeinde muss gerade angesichts der Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung verhältnismäßig sein. Ob diese Voraussetzung erfüllt ist, ist anhand der konkreten Gegebenheiten im Wege der Güterabwägung zu ermitteln. Je stärker eine Gemeinde schon von ihrer geographischen Lage oder ihrem sonstigen Ausstattungspotential her einer Situationsgebundenheit unterliegt, desto eher sind ihr Eingriffe, die an dieses Merkmal anknüpfen, zumutbar (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. August 1992 – BVerwG 4 NB 20.91 – BVerwGE 90, 329 ≪336≫; Urteil vom 14. Dezember 2000 – BVerwG 4 C 13.99 – BVerwGE 112, 274 ≪291≫, im Anschluss an BVerfGE 76, 107 ≪119, 123≫). Die Gemeinde ist ferner bei der Aufstellung des Regionalplans zu beteiligen. Ihr muss die substantielle Möglichkeit verbleiben, ihre städtebaulichen Interessen rechtzeitig und ausreichend in den Entscheidungsprozess einzubringen (vgl. BVerfGE 76, 107 ≪122≫; BVerwG, Beschluss vom 20. August 1992 a.a.O., S. 335; Urteil vom 14. Dezember 2000 a.a.O., S. 289; Urteil vom 18. Februar 1994 – BVerwG 4 C 4.92 – BVerwGE 95, 123 ≪131≫).
Unter diesen Voraussetzungen können auch gebietsscharfe Standortausweisungen für Infrastrukturvorhaben mit Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG vereinbar sein (vgl. BVerfGE 76, 107 ≪121≫ zu Zielen eines Raumordnungsprogramms, die ein Drittel des Gemeindegebiets als “Vorrangstandort für großindustrielle Anlagen” festlegen). Die Auffassung der Revision, solche Ausweisungen verletzten wegen ihres hohen Konkretisierungsgrades grundsätzlich das kommunale Selbstverwaltungsrecht, wird der gesetzlichen Aufgabenstellung der Regionalplanung nicht gerecht. Es gehört zu den herkömmlichen Mitteln überörtlicher Koordination, Raumfunktionen zu sichern, die an besondere Lagevorteile oder Standortbedingungen geknüpft sind. So hat der erkennende Senat bereits entschieden, dass die regionalplanerische Ausweisung standortspezifischer Nutzungsarten (z.B. Vorranggebiet für Erholung) in der Regel naturräumlichen Zäsuren (Straßen, Schienenwege oder Flussläufe) folgt (BVerwG, Beschluss vom 20. August 1992 a.a.O., S. 336 f.), und nicht in Frage gestellt, dass solche Flächenfunktionszuweisungen “aus der Natur der Sache” gebietsscharf sein können.
Auch Standortausweisungen für Infrastrukturvorhaben sind wegen ihrer Raum freihaltenden Zielrichtung auf einen hohen Konkretisierungsgrad angewiesen. Sie können ihre Steuerungsfunktion auf nachgeordneten Planungsstufen nur bei hinreichender räumlicher Bestimmtheit entfalten. Die jeweilige Aussageschärfe einer Standortausweisung (übergemeindlich, gemeindescharf oder gebietsscharf) hängt davon ab, welchen Koordinierungsbedarf das Vorhaben im Hinblick auf überörtliche und damit raumbedeutsame Belange auslöst und ob die planerische Kraft einer oder mehrerer Gemeinden ausreicht, diesen Bedarf zu bewältigen (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 4. Mai 1988 – BVerwG 4 C 22.87 – BVerwGE 79, 318 ≪320≫, zum Begriff der Vorhaben von überörtlicher Bedeutung in § 38 BBauG/BauGB). Entscheidend sind die raumordnerischen Rahmenbedingungen und die raumstrukturellen Erfordernisse in der jeweiligen Planungsregion. Regionalplanerische Standortfestlegungen in einem großstädtischen Ballungsraum mit hoher baulicher Verdichtung erfordern im Allgemeinen ein höheres Maß an Planungskoordination und räumlicher Bestimmtheit als Standortausweisungen in dünn besiedelten ländlichen Räumen. Ein Landesgesetzgeber, der (abstrakt-generell) zur gebietsscharfen Ausweisung von Standorten für Infrastrukturmaßnahmen in einer Region verpflichtet, muss diesen Eingriff in die kommunale Planungshoheit allerdings aus Gründen der Verhältnismäßigkeit auf solche Vorhaben begrenzen, die typischerweise aus überörtlichen, raumordnerischen Gründen schwerer wiegen als das Interesse der Gemeinden, von der Standortausweisung verschont zu bleiben.
1.2.2. § 8 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 LplG genügt diesen Anforderungen. Die Beteiligung der betroffenen Gemeinden an der Ausarbeitung des Regionalplans ist sichergestellt (vgl. § 9 Abs. 2 LplG).
§ 8 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 LplG verpflichtet nur zur Ausweisung “regionalbedeutsamer” Infrastrukturvorhaben. Das Erfordernis der Regionalbedeutsamkeit wird in § 8 Abs. 2 LplG näher definiert. Danach setzt die gebietsscharfe Standortausweisung in einem Regionalplan voraus, dass das Vorhaben erforderlich ist, um eine geordnete, mit den Verkehrs- und Versorgungsnetzen abgestimmte Entwicklung der Siedlungs-, Freiraum- und Wirtschaftsstruktur der Region sicherzustellen. Die Regionalbedeutsamkeit knüpft somit an überörtliche Belange von hohem Gewicht an. Die Verpflichtung zur gebietsscharfen Standortausweisung gilt zudem nur für die Region Stuttgart. Die Eingrenzung auf die Region der Landeshauptstadt verschafft der Regelung in § 8 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 LplG eine zusätzliche Rechtfertigung.
In der von der Vorinstanz in Bezug genommenen Begründung für das Gesetz über die Stärkung der Zusammenarbeit in der Region Stuttgart vom 7. Februar 1994 (GBl 1994, 92), das § 8 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 in das Landesplanungsgesetz eingefügt hat, wird näher ausgeführt, dass der Gesetzgeber die Position der Region Stuttgart als bevölkerungsreichste und wirtschaftsstärkste Region des Landes im europäischen und internationalen Wettbewerb habe stärken wollen. Entscheidend für die Standortentscheidung der Unternehmen sei neben der Verfügbarkeit von Gewerbe- und Industrieflächen in attraktiven Lagen vor allem auch eine optimale Infrastrukturausstattung. In dieser Hinsicht sei die gegenwärtige Lage in der Region Stuttgart als hochbelastete Stadtregion defizitär und die Bedeutung der Region als Wirtschaftsstandort gefährdet. Die regionale Standortsicherung und -vorsorge bilde daher eine dringende raumordnerische Zukunftsaufgabe (vgl. LTDrucks 11/3067, S. 1, 26 f.). Für großräumig bedeutsame Einrichtungen (wie Güterverkehrszentren, Frachtzentren oder ein Messegelände u.ä.) sei es äußerst schwierig, geeignete Standorte zu finden. Die Akzeptanz bei den Gemeinden für solche Vorhaben sei insbesondere dann gering, wenn von diesen nur ein geringer finanzieller Gewinn, wenige zusätzliche Arbeitsplätze oder eine Steigerung des Verkehrsaufkommens zu erwarten sei und Gewerbeflächen für die gemeindliche Entwicklung nicht mehr zur Verfügung stünden (a.a.O. S. 27).
Vor diesem Hintergrund ist dem Normenkontrollgericht darin zuzustimmen, dass der mit der gebietsscharfen Ausweisung von Infrastrukturvorhaben verbundene und hier umstrittene Eingriff in die kommunale Planungshoheit durch überörtliche Interessen von höherem Gewicht gerechtfertigt ist. Das gilt zunächst im Hinblick auf den hohen Konkretisierungsgrad einer gebietsscharfen Standortentscheidung, der durch die enge Verflechtung örtlicher und überörtlicher Belange in dem großstädtischen Ballungsraum und durch die Erfordernisse einer wirkungsvollen planerischen Gesamtkoordination auf begrenztem Raum bedingt ist (vgl. dazu auch Kilian/Müllers, VerwArch 1998, 25 ≪61 ff.≫ m.w.N. zur Regionalplanung bei Stadt-Umland-Problemen in großstädtischen Verdichtungsräumen).
Die vorgenannten Erwägungen des Gesetzgebers tragen auch die dem Träger der Regionalplanung in der Region Stuttgart gesetzlich auferlegte Verpflichtung zur Standortausweisung. Die Ausweisungspflicht beschränkt zunächst den planerischen Abwägungsspielraum, der dem Träger der Regionalplanung eingeräumt ist (vgl. nunmehr ausdrücklich § 7 Abs. 7 ROG 1998). Die gesetzliche Planungspflicht nimmt ihm die Wahlmöglichkeit, von der gebietsscharfen Ausweisung eines als regionalbedeutsam bewerteten Infrastrukturvorhabens in der Region Stuttgart aus Gründen, die er für gewichtiger hält, Abstand zu nehmen. Mittelbar kann sich die Planungspflicht auch zum Nachteil potenzieller Standortgemeinden in der Region auswirken, die sich gegen eine gebietsscharfe Standortfestlegung auf ihrer Gemarkung wenden. Das rechtfertigt sich jedoch ebenfalls aus den in der Gesetzesbegründung angeführten überörtlichen Planungsinteressen und begegnet im Hinblick auf Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG keinen Bedenken. Der besondere raumordnerische Planungsbedarf im Umfeld der Landeshauptstadt entkräftet schließlich auch den Einwand der Revision, die gesetzliche Ausweisungspflicht stelle eine gleichheitswidrige, willkürliche Sonderbelastung der Region Stuttgart im Verhältnis zu den anderen Regionen des Landes dar.
1.2.3. Zurückzuweisen ist auch das Vorbringen der Revision, § 8 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 LplG verpflichte den Träger der Regionalplanung zur Ausweisung von Standorten für Infrastrukturvorhaben in der Region Stuttgart ohne Rücksicht auf einen entsprechenden Bedarf. Das Normenkontrollgericht hat die Vorschrift für das Revisionsgericht bindend dahin ausgelegt, dass sie nicht zur Planung von Vorhaben verpflichte, für die es keinen Bedarf gebe. Die Ausweisung müsse aus raumordnerischen Gründen erforderlich sein; dazu gehöre auch, dass es für das Vorhaben selbst überhaupt einen Bedarf gebe. Der Landesgesetzgeber hat also nicht, wie die Revision aus der Ausweisungspflicht schließt, auf eine Bedarfsprüfung “gesetzlich verzichtet”. Ein derartiger Verzicht wäre mit den Grundsätzen einer rechtsstaatlichen Planung auch nicht vereinbar und könnte einen Eingriff in die gemeindliche Planungshoheit nicht rechtfertigen.
1.3. § 8 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 LplG ist mit dem Raumordnungsgesetz in der bis zum 31. Dezember 1997 geltenden Fassung (ROG 1993) ebenso vereinbar wie mit dem Raumordnungsgesetz in der ab 1. Januar 1998 geltenden Fassung (ROG 1998). Beide Gesetzesfassungen ermächtigen den Landesgesetzgeber zwar nicht ausdrücklich dazu, den Träger der Regionalplanung zur gebietsscharfen Ausweisung regionalbedeutsamer Infrastrukturvorhaben zu verpflichten. Sie stehen einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung aber auch nicht entgegen.
Zulässigkeit und Grenzen gebietsscharfer Standortentscheidungen beurteilen sich stets nach der Aufgabenstellung der Raumordnungsplanung sowie – im Hinblick auf die kommunale Planungshoheit (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG) – nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme in mehrstufigen Planungsprozessen. Innerhalb dieses rechtlichen Rahmens darf der Landesgesetzgeber einen Träger der Regionalplanung zur gebietsscharfen Ausweisung von Infrastrukturvorhaben ermächtigen, soweit die vorstehend dargelegten verfassungsrechtlichen Grenzen nicht überschritten werden.
Die von der Revision angegriffene Pflicht zur Ausweisung von Infrastrukturvorhaben steht auch nicht im Widerspruch zur rahmenrechtlichen Vorschrift des § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ROG 1998, die vorsieht, dass Raumordnungspläne die zu sichernden Standorte und Trassen für Infrastruktur festlegen “sollen”. Das Normenkontrollgericht verweist zu Recht auf § 6 ROG 1998, nach dem die Länder Rechtsgrundlagen für die Raumordnung auf ihrem Gebiet im Rahmen der §§ 7 bis 16 ROG 1998 zu schaffen haben, weitergehende und ins Einzelne gehende landesrechtliche Vorschriften jedoch zulässig sind, soweit diese den §§ 7 bis 16 ROG 1998 nicht widersprechen (vgl. auch § 3 Abs. 2 Satz 4 ROG 1993). § 7 Abs. 2 ROG 1998 umschreibt den Mindestinhalt, den Raumordnungspläne im Regelfall enthalten sollen, und schließt die landesrechtliche Einführung einer Ausweisungspflicht für regionalbedeutsame Infrastrukturvorhaben in einer Region nicht aus, soweit die Aufgaben der Regionalplanung nach der Wertung des Landesgesetzgebers dies erfordern. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, hat der Träger der Regionalplanung die darin liegende Beschränkung seines Abwägungsspielraums hinzunehmen.
1.4. Zurückzuweisen ist schließlich das Vorbringen der Revision, die in § 8 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 LplG enthaltene Verpflichtung zur gebietsscharfen Ausweisung eines Messestandorts im Regionalplan sei mit den bundesrechtlichen Vorschriften der §§ 1 und 9 BauGB sowie § 11 Abs. 2 BauNVO nicht vereinbar. Diese Vorschriften behielten die Ausweisung eines Messegebiets einem von der Gemeinde aufzustellenden Bebauungsplan vor; über den “Umweg” der Regionalplanung dürfe kein “Schatten”-Bodennutzungsrecht entstehen.
Nach § 11 Abs. 2 BauNVO gehören zwar Gebiete für Messen, Ausstellungen und Kongresse zu den (sonstigen) Sondergebieten, die eine Gemeinde im Bebauungsplan darstellen und festsetzen kann. Diese Planungsmöglichkeit steht jedoch unter dem Vorbehalt, dass Ziele der Raumordnung nicht entgegenstehen. Nach § 1 Abs. 4 BauGB sind Bebauungspläne den Zielen der Raumordnung anzupassen. Eine Gemeinde darf sich bei der Planung eines Messegebiets nicht in Widerspruch zur gebietsscharfen Standortausweisung im Regionalplan setzen, sie ist an die regionalplanerische Standortentscheidung gebunden. Die Standortfestlegung schafft jedoch nur einen Rahmen, der im Hinblick auf ein konkretes Vorhaben auszufüllen ist. Die Planung eines Messegebiets (§ 11 Abs. 2 BauNVO) durch die Standortgemeinde bildet einen Weg der Konkretisierung. Insoweit schließen sich regionalplanerische Standortentscheidung und kommunale Bauleitplanung nicht aus, sondern ergänzen sich.
Vorliegend besteht allerdings die Besonderheit, dass das Landesmessegesetz vom 15. Dezember 1998 (GBl S. 666) die Errichtung der Landesmesse einem Fachplanungsvorbehalt unterwirft (§ 3 LandesmesseG) und damit der kommunalen Planungshoheit der Antragstellerin vollständig entzieht. Dieser Umstand ist jedoch nicht geeignet, verfassungsrechtliche Zweifel an der Regelung des § 8 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 LplG auszulösen. Rechtsgrundlage des Fachplanungsvorbehalts ist, wie das Normenkontrollgericht ausführt, nicht das Landesplanungsgesetz, sondern das Landesmessegesetz, das den in § 38 BauGB geregelten Vorrang der Fachplanung für Vorhaben von überörtlicher Bedeutung für sich in Anspruch nimmt.
2. Der Einwand der Revision, der Antragsgegner habe § 8 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 LplG – seine Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht unterstellt – hinsichtlich der gebietsscharfen Ausweisung des Messestandorts jedenfalls unter Verletzung zwingender Normen des Raumordnungsrechts umgesetzt, bleibt ebenfalls erfolglos. Soweit die Antragstellerin Einwände dieser Art bereits gegenüber dem Normenkontrollgericht erhoben hat, werden sie im angefochtenen Urteil ohne Verstoß gegen Bundesrecht zurückgewiesen. Die in diesem Zusammenhang erhobenen Verfahrensrügen der Revision greifen nicht durch.
2.1. Die Antragstellerin rügt das Verfahren bei der Fortschreibung des ursprünglich für das Gebiet des Antragsgegners vom damaligen Regionalverband Mittlerer Neckar aufgestellten Regionalplans von 1989.
Sie trägt vor: Von der am 22. Juli 1998 beschlossenen, am 16. Dezember 1998 genehmigten und am 1. März 1999 in Kraft getretenen allgemeinen Fortschreibung des Regionalplans 1989 sei der Bereich “Messe/Flughafen” unter Verstoß gegen das Landesplanungsgesetz abgespalten und zum Gegenstand der (angegriffenen) am 21. Juli 1999 beschlossenen und seit dem 5. November 1999 verbindlichen Teiländerung gemacht worden. Das Normenkontrollgericht habe nicht aufgeklärt, ob die “wichtigen Gründe”, die § 9 Abs. 1 Satz 2 LplG für eine solche Fortschreibung in Teilen fordere, im maßgeblichen Zeitpunkt vorgelegen hätten. Maßgeblich seien nach der Rechtsauffassung der Vorinstanz die Verhältnisse im Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens der am 22. Juli 1998 beschlossenen “allgemeinen” Fortschreibung des Regionalplans, also am 1. März 1999, gewesen. Das angefochtene Urteil stelle jedoch auf die Umstände “Mitte 1998” ab; die Verhältnisse am 1. März 1999 seien nicht aufgeklärt.
Die damit verbundene Aufklärungsrüge (§ 86 Abs. 1 VwGO) genügt nicht den Darlegungsanforderungen des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO. Die Ausführungen der Vorinstanz lassen sich dahin verstehen, dass die Umstände, die sie für die Zulässigkeit der stufenweisen Fortschreibung des Regionalplans von 1989 als entscheidend angesehen hat, bereits “Mitte 1998” vorgelegen und bis zum In-Kraft-Treten der “allgemeinen” Teilfortschreibung am 1. März 1999 fortbestanden haben. Im Übrigen legt die Revision nicht dar, dass sich die von der Vorinstanz zugrunde gelegte Sachlage in dem Zeitraum zwischen “Mitte 1998” und dem 1. März 1999 in entscheidungserheblicher Weise geändert und eine weitere Aufklärung zu einem für die Antragstellerin günstigeren Ergebnis geführt haben könnte. Die weiteren Rügen der Revision betreffen die Auslegung und Anwendung von § 9 Abs. 1 LplG, einer Norm des irrevisiblen Landesrechts. Sie können keinen Verfahrensmangel begründen, da sie die inhaltliche Richtigkeit der vorinstanzlichen Entscheidung und nicht den Verfahrensablauf betreffen.
2.2. Die Revision hält dem Normenkontrollgericht vor, es habe die Landesmesse im Widerspruch zu § 2 Abs. 2 Nr. 4 und § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ROG 1998 als Infrastrukturvorhaben im Sinne von § 8 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 LplG eingestuft. Der Begriff des Infrastrukturvorhabens sei landesgesetzlich nicht definiert. Es liege daher nahe, den bundesrechtlichen Begriff der Infrastruktur heranzuziehen, der in § 2 Abs. 2 Nr. 4 ROG 1998 vorgegeben sei. Dieser Begriff umfasse “die Gesamtheit der Anlagen, Ausrüstung und Betriebsmittel in einer Volkswirtschaft für das Verkehrs- und Energiewesen, die Telekommunikation, die Konservierung der natürlichen Ressourcen sowie die Entsorgung” (im Anschluss an von der Heide, in: Cholewa/Dallhammer/Dyong/ von der Heide/Arenz, Raumordnung in Bund und Ländern, 4. Aufl., Stand Juli 1999, Rn. 3 zu § 2 Grundsatz Nr. 4). Eine Landesmesse falle nicht darunter, da sie keinerlei dienende Basisfunktion insbesondere für die Wirtschaft habe, sondern selbst eine (gewerbliche) Dienstleistung darstelle und auf Infrastruktur angewiesen sei.
Das Normenkontrollgericht hat sich bei der Einordnung der Landesmesse als Infrastrukturvorhaben ebenfalls am Verständnis von § 2 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 ROG 1998 orientiert und “Infrastruktur” im Anschluss an von der Heide (a.a.O., Rn. 2 zu § 2 Grundsatz Nr. 4) und Jochimsen (Theorie der Infrastruktur. Grundlagen der marktwirtschaftlichen Entwicklung, 1966) als “die Gesamtheit der materiellen, institutionellen und personellen Einrichtungen und Gegebenheiten” definiert, “die der arbeitsteiligen Wirtschaft (Unternehmen, Haushaltungen, Behörden) zur Verfügung stehen und dazu beitragen, dass in der Marktwirtschaft gleiche Faktorentgelte für gleiche Faktorleistungen bei zweckmäßiger Allokation der Ressourcen gezahlt werden”. Es spreche daher nichts dagegen, eine den Wirtschaftsunternehmen “als Schaufenster für ihre Produkte sowie als Informations- und Kommunikationszentrum dienende Messe” als einen Teil der Infrastruktur im Sinne von § 8 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 LplG zu begreifen.
Diese Auslegung des Landesrechts verletzt Bundesrecht nicht. Entgegen der Revision beschränkt sich der Begriff der “Infrastruktur” in § 2 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 und § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ROG 1998 nicht auf Verkehrsinfrastruktur, Umschlaganlagen für Güter und technische Anlagen der Ver- und Entsorgung. Soweit das Normenkontrollgericht seine Auslegung des § 8 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 LplG auf landesrechtliche Erwägungen (Gesetzessystematik, Gesetzesmaterialien) stützt, ist sein Auslegungsergebnis der revisionsgerichtlichen Überprüfung entzogen (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).
2.3. Die Revision rügt ferner, das Normenkontrollgericht habe übersehen, dass die Standortausweisung für die Landesmesse dem raumordnungsrechtlichen Entwicklungsgebot widerspreche. Regionalpläne seien aus dem Raumordnungsplan für das Landesgebiet zu entwickeln. Der Landesentwicklungsplan Baden-Württemberg weise einen Messestandort nicht aus. Er beschäftige sich gar nicht mit dem “Messethema”. Die angegriffene Zielvorgabe 4.5.1 “Standortsicherung Landesmesse” sei daher nichtig.
Auch mit diesem Vorbringen kann die Revision nicht durchdringen. Es kann dahin stehen, ob das Raumordnungsgesetz 1993 die Träger der Regionalplanung unmittelbar verpflichtete, den Regionalplan aus dem Raumordnungsplan für das Landesgebiet zu entwickeln (vgl. nunmehr die Rahmenvorschrift des § 9 Abs. 2 Satz 1 ROG 1998). Das raumordnungsrechtliche Entwicklungsgebot ist jedenfalls nicht schon dann verletzt, wenn ein konkretes regionalplanerisches Ziel formal keine Entsprechung im landesweiten Raumordnungsplan findet. Der Gehalt des Entwickelns besteht auch hier in einer inhaltlichen, nämlich planerisch-konzeptionellen Ableitung (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Oktober 1984 – BVerwG 4 N 4.84 – BVerwGE 70, 171 ≪177≫, zum Entwicklungsgebot in § 8 Abs. 2 Satz 1 BBauG/BauGB). Der Träger der Regionalplanung hat dabei die Ziele der Raumordnung im landesweiten Raumordnungsplan zu beachten (§ 3 Nr. 7, § 4 Abs. 1 Satz 1 ROG 1998) und die Grundsätze der Raumordnung nach Maßgabe der landesweiten Grundkonzeption zu konkretisieren (vgl. § 5 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 ROG 1993, § 7 Abs. 1 Satz 1 ROG 1998).
Weist der landesweite Raumordnungsplan keinen Standort für eine Landesmesse aus, ist dies noch kein Indiz dafür, dass die Ausweisung eines Messestandorts in einem Regionalplan die Grundsätze der Raumordnung verletzt. Diese übergeordneten Grundsätze gebieten u.a., die Infrastruktur mit der Siedlungs- und Freiraumstruktur in Übereinstimmung zu bringen und verdichtete Räume als Wohn-, Produktions- und Dienstleistungsschwerpunkte zu sichern (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 2 und 5 ROG 1993, § 2 Abs. 2 Nr. 4 und 5 ROG 1998). Sie richten sich auch an die Regionalplanung und ermächtigen diese auch zur Ausweisung von Infrastrukturvorhaben, die im landesweiten Raumordnungsplan (Landesentwicklungsplan) noch keinen Niederschlag gefunden haben. Ein einzelnes Ziel der Regionalplanung verletzt das so verstandene Entwicklungsgebot erst, wenn es der landesplanerischen Gesamtkonzeption widerspricht oder nicht aus ihr abzuleiten ist (vgl. auch Runkel, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Stand Juli 2002, Rn. 150 zu K § 3).
3. Die Ausführungen des Normenkontrollgerichts zur Planrechtfertigung und zur regionalplanerischen Abwägung des Antragsgegners stehen ebenfalls mit Bundesrecht in Einklang.
3.1. Die Revision greift die Auffassung der Vorinstanz an, der Bedarf für den Neubau einer Landesmesse werde in § 2 LandesmesseG nicht nur für ein nachfolgendes Planfeststellungsverfahren, sondern auch für die Standortausweisung im Regionalplan und dessen gerichtliche Überprüfung verbindlich festgestellt. Die Antragstellerin meint, § 2 Satz 2 LandesmesseG stelle den Bedarf für den Neubau einer Landesmesse n u r für die nachfolgende Planfeststellung (§ 3 Abs. 1 LandesmesseG) fest. Außerdem sei die gesetzliche Bedarfsfestlegung in § 2 Satz 1 LandesmesseG (“Es besteht Bedarf für den Neubau einer Landesmesse”) formell und materiell verfassungswidrig.
Damit spricht die Revision hinsichtlich der Landesmesse Fragen der Planrechtfertigung an. Im vorliegenden Streitfall sind Tragweite und Verfassungsmäßigkeit der Bedarfsfeststellung in § 2 LandesmesseG jedoch nicht entscheidungserheblich. Das Normenkontrollgericht führt aus, auch unabhängig von der in § 2 LandesmesseG getroffenen Feststellung sei nicht daran zu zweifeln, dass es für den Bau der Landesmesse einen Bedarf gebe (UA S. 22). Hierzu verweist es auf die Begründung des Landesmessegesetzes (LTDrucks 12/3361), deren Feststellungen und Wertungen es sich zu Eigen macht. Der Landesgesetzgeber rechtfertige den Bau einer auf internationalen Wettbewerb ausgerichteten Landesmesse u.a. als wichtigen Beitrag zur Sicherung und Förderung des Wirtschaftsstandorts Baden-Württemberg sowie mit der Erwägung, der Standort Killesberg könne die Funktion einer Landesmesse nicht (mehr) erfüllen, da er Infrastrukturmängel aufweise und keine Entwicklungsmöglichkeiten biete. Die Vorinstanz zieht hieraus den Schluss, der Neubau einer Landesmesse sei “vernünftigerweise geboten”. Das ist revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden.
3.2. Die Revision erhebt eine Reihe von Einwänden, welche die Kriterien der Standortwahl und die Prüfung von Standortalternativen betreffen. Sie sind unbegründet.
3.2.1. Die Revision macht geltend, die Vorinstanz habe übersehen, dass die angegriffene Zielaussage zur “Standortsicherung Landesmesse” (Plansatz 4.5.1) nicht Teil einer zusammenhängenden und koordinierenden Regionalplanung sei, sondern lediglich “isoliert” die in § 1 Abs. 2 LandesmesseG “vorgegebene Anforderung” vollziehe, die Landesmesse mit leistungsfähigen Anschlüssen an das Schienen- und Straßennetz sowie in räumlicher Nähe zum Landesflughafen Stuttgart zu errichten.
Der Einwand greift nicht. Die Revision geht zwar zutreffend davon aus, dass auch singuläre, für das Gebiet eines Bundeslandes einmalige Infrastruktureinrichtungen von regionaler oder landesweiter Bedeutung unter Abwägung aller konkurrierenden Raumansprüche einer koordinierenden “Verortung im Raum” bedürfen. Diese gesamträumliche und fachübergreifende Koordinierungsaufgabe wird verfehlt, wenn sich der Träger der Regionalplanung bei der Standortausweisung für ein Infrastrukturvorhaben einseitig oder primär von einer fachgesetzlichen, ressortspezifischen Betrachtungsweise leiten lässt und die Erfordernisse einer integrierenden Gesamtkonzeption vernachlässigt. Von einer derart verengten Sichtweise kann hier aber nicht die Rede sein. Nach den Feststellungen im angefochtenen Urteil hat der Antragsgegner seine Standortentscheidung unter Auswertung einer von ihm eingeholten “Standortanalyse” und weiterer Gutachten eigenständig und substantiiert mit der “herausragenden Eignung” des gewählten Standorts und seiner verkehrsgünstigen Lage begründet. Dass diese Entscheidung in der Sache den Kriterien des Planungsauftrages in § 1 Abs. 2 LandesmesseG entspricht, macht sie nicht fehlerhaft.
3.2.2. Die Revision rügt ferner, die Vorinstanz habe zu Unrecht darüber hinweg gesehen, dass die in § 1 Abs. 2 LandesmesseG “erstmals gesetzlich gefassten Standortkriterien für die Ansiedlung der neuen Landesmesse” “ihrer Art und Gewichtung nach” in den vom Antragsgegner ausgewerteten Standortgutachten nicht berücksichtigt worden seien. Der Antragsgegner sei nach In-Kraft-Treten des Landesmessegesetzes im Dezember 1998 verpflichtet gewesen, das als “Aktualisierte Standortanalyse” bezeichnete Gutachten der Firma W.… Consulting (November 1998) nach Maßgabe der Kriterien in § 1 Abs. 2 LandesmesseG zu “aktualisieren”. Weil die Standortgutachten nicht auf der Grundlage der gesetzlichen Standortkriterien “erarbeitet” worden seien, sei die auf diese Gutachten gestützte planerische Abwägung fehlerhaft. Auch dieser Einwand ist zurückzuweisen. Die Vorinstanz stellt unter Hinweis auf die Planbegründung des Antragsgegners fest, dass die Faktoren, welche für die Wahl des Messestandorts entscheidend gewesen seien, “exakt” mit den in § 1 Abs. 2 LandesmesseG genannten Anforderungen übereinstimmten und die Standortwahl “maßgebend” bestimmt hätten. Unschädlich sei, dass in dem genannten Gutachten auch eine Reihe weiterer Kriterien Berücksichtigung gefunden habe. Für eine Überarbeitung der vom Antragsgegner ausgewerteten Gutachten vor dem Planbeschluss bestand danach keinerlei Anlass.
3.2.3. Ein weiteres planerisches Ermittlungsdefizit, über das sich das Normenkontrollgericht hinweg gesetzt habe, sieht die Revision darin, dass der Antragsgegner den Standort für die Landesmesse beschlossen habe, bevor das von ihm in Auftrag gegebene Gutachten “Verkehrsuntersuchung Flughafen/Messe Konzeption 4a ohne S 21” vorgelegen habe. Die wesentlichen Ergebnisse der Untersuchung seien dem Antragsgegner zwar noch vor der Beschlussfassung mitgeteilt worden. Dieses Gutachten, das für die Bewertung der zusätzlichen Verkehrsbelastungen im Gebiet der Antragstellerin von besonders großer Bedeutung gewesen sei, habe ohne den nachträglich vorgelegten ausführlichen Untersuchungsbericht jedoch nicht auf seine Schlüssigkeit hin überprüft werden können. Der Einwand bleibt erfolglos. Die Vorinstanz führt aus, Unterschiede zwischen der vorab übermittelten Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse und dem Schlussbericht seien nicht zu erkennen. Im Übrigen stellt sie zutreffend darauf ab, dass Mängel im Abwägungsvorgang nur erheblich sind, wenn sie auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Für die Annahme, dass die Kenntnis der erst später vorgelegten Einzelergebnisse der Untersuchung ein anderes Abwägungsergebnis zur Folge gehabt hätte, gebe es keinen Grund.
3.2.4. Die Revision rügt schließlich, der Antragsgegner habe den Messestandort Böblingen vorzeitig ausgeschieden. Ein Standortvergleich hätte ergeben, dass das Ziel der Messeansiedlung weniger eingreifend am Standort Böblingen zu verwirklichen sei, zumal diese Stadt mit dem Neubau der Messe auf ihrem Gebiet einverstanden sei. Auch mit diesem Einwand dringt die Revision nicht durch. Der Träger der Regionalplanung ist zwar nach allgemeinen Abwägungsgrundsätzen verpflichtet, ernsthaft in Betracht kommende Alternativstandorte einer vergleichenden Prüfung aus raumordnerischer Sicht zu unterziehen. Er ist jedoch nicht verpflichtet, die Prüfung der Standortalternativen bis zuletzt offen zu halten und alle zu einem bestimmten Zeitpunkt erwogenen Alternativen gleichermaßen detailliert und umfassend zu untersuchen. Er braucht den Sachverhalt nur so weit aufzuklären, wie dies für eine sachgerechte Standortwahl und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist. Einen Alternativstandort, der ihm auf der Grundlage einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheint, darf er in einem frühen Verfahrensstadium ausscheiden. Verfährt er in dieser Weise, handelt er nicht abwägungsfehlerhaft, wenn sich später herausstellt, dass eine von ihm verworfene Alternative ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre, sondern erst dann, wenn sich ihm die ausgeschiedene Lösung als die vorzugswürdige hätte aufdrängen müssen (zu vergleichbaren Fragen der Alternativenprüfung im Fachplanungsrecht vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1996 – BVerwG 4 C 5.95 – BVerwGE 100, 238 ≪249 f.≫ m.w.N.).
Die Vorinstanz geht mit Recht davon aus, dass die Alternativenprüfung des Antragsgegners, die der “Aktualisierten Standortanalyse” der Firma W.… Consulting vom November 1998 folgt, diesem Maßstab gerecht wird. In dieser Standortanalyse wird eine Vielzahl potentieller Messestandorte (einschließlich Böblingen) an Hand von verschiedenen Ausschluss-, Rückstell-, Eignungs- und Bewertungskriterien in einem abgestuften Verfahren untersucht. Die Analyse kommt nach den Feststellungen der Vorinstanz – ebenso wie die erste Standortanalyse vom Dezember 1993 – zu dem Ergebnis, dass der Standort “Echterdinger Ei – Ost” der einzige innerhalb des Untersuchungsraumes sei, an dem alle möglichen Verkehrsträger (Straße, Schiene, Flughafen) “optimal kombiniert” seien. Soweit die Revision rügt, das Normenkontrollgericht habe seine Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) hinsichtlich des Standorts Böblingen verletzt, genügt sie nicht den Darlegungsanforderungen des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO. Der Sache nach zielt die Aufklärungsrüge auf eine inhaltliche Kritik der vorinstanzlichen Sachverhaltswürdigung.
3.3. Entgegen der Revision hat das Normenkontrollgericht auch die Auswirkungen der angegriffenen Standortentscheidungen auf die kommunale Planungshoheit der Antragstellerin ohne Verstoß gegen Bundesrecht gewürdigt und eine Verletzung ihres kommunalen Selbstverwaltungsrechts verneint.
3.3.1. Die Antragstellerin rügt, das Normenkontrollgericht habe es sich insoweit bei der Überprüfung der regionalplanerischen Abwägung “zu einfach gemacht”. Im Einzelnen trägt sie vor: Auf ihrem Gebiet seien mit der A 8, der B 27 und dem Internationalen Verkehrsflughafen bereits drei große und überregional bedeutsame, raumgreifende Infrastrukturmaßnahmen angesiedelt; mit dem (geplanten) “Filderbahnhof” (ICE-Bahnhof am Flughafen) und der “Gäubahn” kämen zwei weitere Vorhaben dieser Größenordnung hinzu. Damit sei die Grenze einer noch hinnehmbaren Gesamtbelastung überschritten. Die Standortentscheidungen für die Messe und die Flughafenerweiterung durchkreuzten auch ihre eigenen planerischen Vorstellungen, die auf der Grundlage eines Aufstellungsbeschlusses vom 12. Dezember 1995 im Bebauungsplanentwurf “Lachenäcker” bis zur Planreife gediehen seien. Die Ansiedlung der Landesmesse werde den Fahrzeuglärm, die Luftverschmutzung und den Grad der Bodenversiegelung erheblich erhöhen. Der Stadt werde ein “städtebaulich nicht integrierbarer und siedlungsstrukturell nicht wieder gutzumachende Schäden anrichtender Fremdkörper” aufgezwungen. Der Verlust von Flächen für eine “Freiluftnutzung” werde den Betrieb zahlreicher öffentlicher Einrichtungen in Echterdingen und im gesamten Stadtgebiet (“Schulen, Kindergärten, Spiel- und Bolzplätze, Sportanlagen, Altenheime, Gemeindehallen, Rathaus, Stadtbücherei, Festplätze und Friedhöfe”) beeinträchtigen. Hinsichtlich der planerischen Auswirkungen auf die Umwelt (Verkehrsbelastungen und Immissionen), die gemeindliche Infrastruktur und den messebedingten Siedlungsdruck zeige die Planung des Antragsgegners eine “bedenkliche Konzeptionslosigkeit”. Die negativen Folgen der Standortentscheidungen seien regionalplanerisch nicht bewältigt worden.
3.3.2. Der damit verbundene Vorwurf, das Normenkontrollgericht habe die kommunalen Belange der Antragstellerin ebenso wie der Antragsgegner objektiv fehlgewichtet, gibt Anlass zu folgender Vorbemerkung:
Standortentscheidungen der Regionalplanung sind den Aufgaben und Leitvorstellungen einer nachhaltigen Raumentwicklung verpflichtet; sie dienen dem Ausgleich sozialer, wirtschaftlicher und ökologischer Ansprüche an die Raumnutzung. Nutzungsansprüche und ökologische Schutzansprüche sind räumlich in Einklang zu bringen. Diese Steuerungsfunktion prägt Gegenstand und Inhalt des regionalplanerischen Abwägungsprogramms. Die Anforderungen an Ermittlungstiefe und Abwägungsdichte der Standortplanung hängen zwar maßgeblich vom Konkretisierungsgrad der jeweiligen Zielaussage ab (vgl. bereits Senatsbeschluss vom 20. August 1992 a.a.O., S. 334). Je konkreter die Festlegungen eines Regionalplans sind, umso schärfer sind die Raumverhältnisse im Umfeld des Standorts in den Blick zu nehmen. Das gilt insbesondere für die gebietsscharfe Ausweisung von Infrastrukturvorhaben in Verdichtungsräumen, die Lärmbelastungen, Luftverunreinigungen, Überlastungen der Verkehrsnetze oder andere nachteilige Auswirkungen auf die Lebensbedingungen und die bestehenden Wirtschafts- und Sozialstrukturen befürchten lassen. Auch die gebietsscharfe Standortfestlegung in einem Regionalplan beschränkt sich jedoch (nur) auf die Aussage, dass der ausgewählte Standort aus raumordnerischer Sicht geeignet ist, konkurrierende Raumnutzungen und Raumfunktionen in einen dauerhaften, großräumig ausgewogenen Ausgleich zu bringen. Dieses Ausgleichsziel bestimmt die Zusammenstellung und Gewichtung des Abwägungsmaterials. Die Prüfung örtlicher Einzelheiten und die Erfüllung der spezifisch fachgesetzlichen Anforderungen bleibt der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens in der Planfeststellung oder – gegebenenfalls nach einer bauleitplanerischen Konkretisierung – durch Genehmigung vorbehalten, in der dem Träger des Vorhabens auch die erforderlichen (baulichen, technischen oder betrieblichen) Schutzvorkehrungen aufzuerlegen sind.
3.3.3. Vor diesem rechtlichen Hintergrund hat das Normenkontrollgericht zu Recht entschieden, dass die Standortausweisungen und deren mittelbaren Auswirkungen auf das Gemeindegebiet nicht in unverhältnismäßiger oder unzumutbarer Weise in das Selbstverwaltungsrecht der Antragstellerin eingreifen.
Die Vorinstanz stellt u.a. darauf ab, dass die Standortflächen nur einen verhältnismäßig kleinen Teil des Gemeindegebiets beanspruchen. Die Revision macht hierzu geltend, entgegen den Feststellungen im angegriffenen Urteil würden durch den Neubau der Landesmesse und die Flughafenerweiterung nicht nur 3 %, sondern etwa 7,3 % des Gemeindegebietes und sogar etwa 22 % der Siedlungsflächen einer durchsetzbaren gemeindlichen Planung entzogen. Die damit verbundene Aufklärungsrüge genügt nicht den Darlegungserfordernissen des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO. Die Vorinstanz hat den prozentualen Umfang der Standortflächen im Verhältnis zum Gesamtgemeindegebiet der Antragstellerin errechnet, indem sie die Flächen für die beiden Standorte (ca. 100 ha) in Beziehung zur Größe des etwa 3000 ha umfassenden Gemeindegebiets gesetzt hat. Die Revision legt nicht dar, aus welchen Gründen diese Rechenoperation den tatsächlichen Verhältnissen nicht gerecht wird und zu weiteren Ermittlungen hätte Anlass geben müssen.
Das Normenkontrollgericht würdigt ferner die städtebaulichen Zielvorstellungen der Antragstellerin, die im “Leitbild zur räumlichen Entwicklung” vom September 1996 sowie im Vorentwurf des Bebauungsplans “Lachenäcker” vom November 1996 konkretisiert worden sind. Angesichts der verfestigten Planungsabsichten der Antragstellerin überzeugt der Hinweis der Revision auf den anteiligen Verlust von Siedlungsraum nicht. Die Standortausweisungen beseitigen keine potentiellen Siedlungsflächen. Die Vorinstanz führt hierzu aus, dass das zwischen der A 8, der Bv27 und dem Flughafen Stuttgart gelegene Plangebiet nach den Vorstellungen der Antragstellerin als Fläche für die Landwirtschaft bzw. als öffentliche Grünfläche mit wichtigen Funktionen für Ökologie, Siedlungsgefüge und Landwirtschaft ausgewiesen werden solle. Die Standortflächen lägen nicht in der Mitte des Gemeindegebiets, sondern in einem Randbezirk in der Nähe der Gemarkungsgrenze, der bereits jetzt durch die A 8 und den Flughafen vorbelastet sei. Bei dieser Sachlage war die Vorinstanz nicht gehalten, den standortbedingten Auswirkungen unter dem Gesichtspunkt einer Verkleinerung gemeindlicher Siedlungsreserven weiter nachzugehen.
Die Vorinstanz stellt ferner fest, dass der Neubau der Landesmesse am vorgesehenen Standort angesichts der tatsächlichen Gegebenheiten keine wesentliche Abkehr von der geplanten “polyzentralen Siedlungsstruktur” (Untergliederung der Gesamtstadt in räumlich eigenständige Stadtteile) bedeute. Auch nach dem Bau der Landesmesse bleibe zwischen dem Stadtteil Echterdingen und dem – von der Antragstellerin als fünften Stadtteil bezeichneten – Flughafen ein Freiraum von etwa 400 m. Im Einklang mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats berücksichtigt die Vorinstanz auch, dass sich die besonders günstige Verkehrslage des Messestandorts insgesamt im Sinne einer gewissen “Situationsgebundenheit” schutzmindernd zu Lasten der Antragstellerin auswirkt (vgl. die Nachweise oben unter 1.2.1).
Nicht einschränkungslos zuzustimmen ist hingegen der Erwägung der Vorinstanz, es dürfe zu Lasten der Antragstellerin nicht außer Acht gelassen werden, dass sie ihre städtebaulichen Vorstellungen zur Messefläche erst entwickelt habe, nachdem das Verfahren zur Teiländerung des Regionalplans eingeleitet worden sei und der Messestandort sich auf Grund der Standortanalyse “Internationale Messe Stuttgart” vom Dezember 1993 bereits abgezeichnet habe. Das Abwägungskriterium der zeitlichen Priorität, das zum Verhältnis der Fachplanung zur Bauleitplanung entwickelt worden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 – BVerwG 4 C 26.94 – BVerwGE 100, 388 ≪394≫ m.w.N.), stellt keine formale Vorrangregel des Inhalts dar, dass sich die frühere Planung stets gegenüber der späteren durchsetzt. Das Kriterium der Priorität soll auch sicherstellen, dass diejenige Planung grundsätzlich Rücksicht auf die andere nimmt, die den zeitlichen Vorsprung hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 a.a.O. m.w.N.). Das Gewicht gemeindlicher Planungsvorstellungen in der regionalplanerischen Abwägung wird zwar in der Regel umso größer sein, je frühzeitiger, konkreter und rechtlich verfestigter sie sich bei Einleitung des regionalplanerischen Verfahrens darstellen. Auch eine Gemeinde, die sich bisher auf Teilflächen ihres Gebiets planerisch zurückgehalten hat, weil sie angesichts einer regionalplanerischen Zielaussage (z.B. Regionaler Grünzug, Vorranggebiet für Erholung) keinen aktuellen Planungsbedarf gesehen hat, darf jedoch beanspruchen, dass ihre aus Anlass einer geplanten Regionalplanänderung intensivierten städtebaulichen Planungen vom Träger der Regionalplanung zur Kenntnis genommen und unter dem Gesichtspunkt der gegenseitigen Rücksichtnahme gewürdigt werden. Nach den Ausführungen der Vorinstanz ist dies im Streitfall ausreichend und ohne Abwägungsfehler geschehen.
Die Vorinstanz würdigt ferner eingehend die vom Antragsgegner ausgewerteten Verkehrsuntersuchungen, insbesondere den prognostizierten Zuwachs des Flughafen- und Messeverkehrs, und weist die Einwände der Antragstellerin zur messebedingten Zunahme des Straßen- und Luftverkehrs (Lärmimmissionen, Luftverschmutzung, Belastung des örtlichen und überörtlichen Straßennetzes) zurück. Die Ansiedlung der Landesmesse werde mit großer Wahrscheinlichkeit nicht zu einem Anwachsen des Flugverkehrs führen. Eine etwaige Zunahme fiele im Vergleich zum bestehenden Verkehrsaufkommen nicht ins Gewicht und sei daher nicht abwägungserheblich (vgl. UA S. 28 bis 34). Anhaltspunkte dafür, dass das Normenkontrollgericht die gutachtlichen Grundlagen der Standortausweisungen und die hierauf aufbauende regionalplanerische Abwägung des Antragsgegners zu Lasten der Antragstellerin fehlerhaft beurteilt hat, zeigt die Revision nicht auf. Dem Vorwurf, der Antragsgegner habe konzeptionslos auf die mittelbaren Auswirkungen des geplanten Messestandorts, insbesondere auf den von der Antragstellerin befürchteten verstärkten Siedlungsdruck “wegen der gesteigerten Standortgunst” (Nachfrage nach Gewerbe- und Wohnbauflächen) reagiert, ist die Vorinstanz mit dem Hinweis entgegengetreten, derartige Wirkungen würden durch die Ausweisung regionalbedeutsamer Schwerpunkte für Industrie, Gewerbe und Dienstleistungseinrichtungen und für den Wohnungsbau in der allgemeinen Fortschreibung des Regionalplans vom 22. Juli 1998 aufgefangen. Verfahrensrügen hat die Revision hierzu nicht erhoben.
3.4. Das Normenkontrollgericht ist der Ansicht, die Standortausweisungen seien auch nicht deshalb abwägungsfehlerhaft, weil der Antragsgegner sich “keine ins Einzelne gehenden Gedanken” darüber gemacht habe, auf welche Weise und an welcher Stelle die mit dem Bau der Landesmesse und der Flughafenerweiterung unvermeidlich verbundenen Eingriffe in Natur und Landschaft ausgeglichen werden könnten. Dagegen richtet sich ein weiterer Angriff der Revision:
Die Standortausweisungen des Regionalplans verschlechterten den Zustand von Natur und Landschaft in mehrfacher Hinsicht. Rechtlich lägen zwei Eingriffe vor, die es nach dem Grundgedanken des (hier noch anzuwendenden) § 8 Abs. 1 BNatSchG a.F. zu vermeiden bzw. auszugleichen gelte. Ein Eingriff in Natur und Landschaft bestehe darin, dass die Standortentscheidungen den im früheren Regionalplan auf den Standortflächen ausgewiesenen Regionalen Grünzug “Nr. 41 Filderebene – westl. Neckartal” teilweise beseitigten. Der zweite Eingriff liege darin, dass die Standortfestschreibungen den Bau der Landesmesse und die Erweiterung des Flughafens vorbereiteten. Der zweite Eingriff sei nach den Ausführungen im angefochtenen Urteil nach Maßgabe des § 8 Abs. 1 BNatSchG a.F. (erst) in den nachfolgenden Planfeststellungsverfahren (§ 3 LandesmesseG, § 8 Abs. 1 Satz 1 LuftVG) auszugleichen; insoweit nimmt die Revision das Normenkontrollurteil hin. Den ersten Eingriff müsse jedoch der Regionalplan selbst ausgleichen. Der Regionale Grünzug habe überregional und regional bedeutsame Funktionen erfüllt, die durch die Standortentscheidungen unwiederbringlich verloren gingen. Die Notwendigkeit, diesen Verlust bereits auf der Ebene der Regionalplanung zu kompensieren, folge auch aus dem Gebot der planerischen Konfliktbewältigung. Ein Konflikttransfer in die Planfeststellungsverfahren sei nicht möglich, da entsprechende Ausgleichsflächen im stark beanspruchten “Filderraum” nicht verfügbar seien.
Dieses Vorbringen verknüpft die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung zunächst in unzulässiger Weise mit regionalplanerischen Standortausweisungen. Standortfestschreibungen für Infrastrukturvorhaben im Wege der Regionalplanung stellen keine Eingriffe in Natur und Landschaft im Sinne des § 8 Abs. 1 bis 3 BNatSchG a.F. (§ 18 Abs. 1 BNatSchG 2002) dar. Die Eingriffsregelung ergänzt die fachrechtlichen Zulassungstatbestände. Sie enthält zusätzliche Anforderungen, die zu den fachgesetzlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen hinzutreten. Die mit der Eingriffsregelung verbundenen Rechtsfolgen werden überhaupt erst dadurch ausgelöst, dass das Fachrecht den Weg für die Zulassung des Vorhabens, das den Tatbestand des § 8 Abs. 1 BNatSchG a.F. erfüllt, frei macht. Das hat der Senat in seinem Urteil vom 7. März 1997 – BVerwG 4 C 10.96 – (BVerwGE 104, 144 ≪147 f.≫) aus dem Wortlaut und der Systematik des § 8 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 BNatSchG a.F. abgeleitet. Danach ist es das Ziel der Eingriffsregelung, den fachgesetzlichen Zulässigkeitstatbeständen ein auf die Bedürfnisse des Naturschutzes und der Landschaftspflege zugeschnittenes “Folgenbeseitigungssystem” als “sekundärrechtliches” Instrument zur Seite zu stellen (BVerwG, Urteil vom 7. März 1997 a.a.O. S. 148). Die Standortausweisung für ein Infrastrukturvorhaben in der Form eines Ziels der Regionalplanung bildet keinen fachrechtlichen Zulassungstatbestand im dargelegten Sinne.
Es stellt keinen Verstoß gegen das auch auf der Ebene der Regionalplanung geltende Gebot der Konfliktbewältigung dar, wenn die Anwendung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung der fachplanungsrechtlichen Verwirklichung der regionalplanerischen Standortausweisungen vorbehalten wird. Der Träger der Fachplanung wird dadurch nicht vor “vollendete Tatsachen” gestellt. Sind Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft durch das im Regionalplan ausgewiesene Vorhaben nicht zu vermeiden und nicht im erforderlichen Maße zu kompensieren und gehen die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege den vorhabenbedingten Anforderungen an Natur und Landschaft im Range vor, so ist der Eingriff zu untersagen (vgl. § 8 Abs. 3 BNatSchG a.F., § 19 Abs. 3 BNatSchG 2002). Die Kompensationsbilanz obliegt dem Fachplanungsträger.
Die Rüge der Revision, die angegriffenen Standortausweisungen verletzten das Gebot der Konfliktbewältigung, weil die Änderung des Regionalplans keinen Ausgleich für den entfallenden Teil des Regionalen Grünzugs schaffe, greift nicht durch. Der Sache nach stellt die Revision in Anlehnung an die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung den Grundsatz auf, der Träger der Regionalplanung dürfe von einem einmal ausgewiesenen Regionalen Grünzug im Wege der Umplanung nur Abstand nehmen, wenn er an anderer Stelle in der Planungsregion einen möglichst gleichwertigen Ausgleich vorsehe. Dem Bundesrecht lässt sich ein derartiger Rechtsgrundsatz nicht entnehmen. Die Ausweisung eines regionalbedeutsamen Infrastrukturvorhabens, dem ein Regionaler Grünzug (teilweise) “geopfert” wird, steht und fällt nicht notwendigerweise damit, dass die unvermeidbaren Beeinträchtigungen des Naturhaushalts, des Landschaftsbildes, der landwirtschaftlichen Nutzung oder der Erholung und Freizeitgestaltung anderenorts kompensiert werden. Ob der Planungsträger das Instrumentarium der Regionalplanung einsetzt, um den (teilweisen) Wegfall eines Regionalen Grünzugs an anderer Stelle mit regionalplanerischen Mitteln auszugleichen, unterliegt je nach den räumlichen Gegebenheiten seiner planerischen Gestaltungsfreiheit (vgl. hierzu auch die Ermächtigung in § 7 Abs. 2 Satz 2 ROG 1998).
Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsgegner die Bedeutung des überplanten Bereichs des Regionalen Grünzugs Nr. 41 verkannt oder fehlgewichtet haben könnte, werden von der Revision nicht substantiiert dargelegt. In der Begründung der angefochtenen Regionalplanänderung heißt es u.a., der Eingriff in Natur und Landschaft und die Reduzierung des bisherigen Regionalen Grünzugs am Flughafen sei auf Grund der hervorragenden Standorteigenschaften und der hohen Bedeutung der ausgewiesenen Infrastrukturvorhaben gerechtfertigt. Der landschaftlich und ökologisch wertvollere Bereich des Körschtals bleibe weiterhin zur Freiraumsicherung als Regionaler Grünzug ausgewiesen. Wegen des Verlustes an hochwertigen landwirtschaftlichen Nutzböden sollten ein sparsamer Umgang mit Flächen angestrebt und die einzelnen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen vorrangig nach den Zielvorstellungen der regionalplanerischen Landschaftsparkkonzeptionen koordiniert werden. Diese Ausführungen belegen, dass der Antragsgegner die Auswirkungen seiner Planung auf den Regionalen Grünzug Nr. 41 gesehen und in seine Abwägung eingestellt hat. Für einen Abwägungsfehler ist nichts ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Unterschriften
Paetow, Rojahn, Gatz, Jannasch
RiBVerwG Dr. Lemmel ist wegen Urlaubs an der Unterschrift gehindert.
Paetow
Fundstellen
BauR 2003, 1679 |
NuR 2003, 619 |
ZUR 2004, 91 |
ZfBR 2003, 776 |
DVBl. 2003, 1456 |
KomVerw 2004, 65 |
UPR 2003, 358 |
EurUP 2003, 46 |
FSt 2004, 223 |
FuBW 2004, 46 |