Leitsatz (amtlich)
1. Herr des Geheimnisses hinsichtlich der Verschwiegenheitspflicht des Wirtschaftsprüfers ist allein der Auftraggeber; ist dieser eine informationspflichtige Stelle, kann er sich nicht auf einen Anspruchsausschluss nach § 3 Nr. 4 IFG i.V.m. § 43 Abs. 1 Satz 1 WPO berufen.
2. Nach der Rezeptionsnorm des § 3 Nr. 4 IFG kann sich auch aus vor und nach dem Inkrafttreten des Informationsfreiheitsgesetzes erlassenem Landesrecht ein Informationsversagungsgrund ergeben.
3. An der Vertraulichkeit einer Information besteht das im Rahmen von § 3 Nr. 7 IFG erforderliche objektiv schutzwürdige Interesse, wenn eine Behörde zur ordnungsgemäßen Erfüllung öffentlicher Aufgaben von hohem Gewicht auf die Erhebung und Übermittlung von nicht anders erlangbaren Informationen durch mit spezifischen Kenntnissen und Fertigkeiten ausgestattete Dritte angewiesen und auf Seiten dieser Dritten ein besonderes Vertraulichkeitsinteresse anzuerkennen ist (im Anschluss an BVerwG, Urteil vom 30. März 2017 - 7 C 19.15 - Buchholz 404 IFG Nr. 23 Rn. 25).
4. Wer im Rahmen unterstützender Sekretariatstätigkeiten ohne eigene Entscheidungs- oder Gestaltungsmöglichkeiten büromäßig mit Unterlagen umgeht, ist nicht Bearbeiter im Sinne von § 5 Abs. 4 IFG.
5. Eine amtliche Tätigkeit im Sinne des § 5 Abs. 4 IFG übt ein Bearbeiter auch dann aus, wenn er zwar selbst kein Behördenangehöriger ist, jedoch im behördlichen Auftrag tätig wird.
Verfahrensgang
OVG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 01.08.2019; Aktenzeichen OVG 12 B 34.18) |
VG Berlin (Urteil vom 19.07.2018; Aktenzeichen 2 K 348.16) |
Tenor
Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 1. August 2019 wird aufgehoben. Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt der Endentscheidung vorbehalten.
Tatbestand
Rz. 1
Die Klägerin fordert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie Zugang zu Informationen zur Werftenförderung im Zusammenhang mit der fehlgeschlagenen Sanierung der P. GmbH und ihren Vorgängergesellschaften. Sie ist ehemalige Hauptgesellschafterin der P. GmbH.
Rz. 2
Die Klägerin beantragte Zugang zu den Protokollen über Sitzungen und Beratungen des Interministeriellen Bürgschaftsausschusses und der weiteren Bürgschaftsausschüsse sowie zu von der Beigeladenen zu 2 - einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft - erarbeiteten Stellungnahmen, Beurteilungen, Anmerkungen, Berichten sowie sonstigen Kommentaren im Zusammenhang mit dem Sanierungskonzept der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft K. Die Beklagte und der Beigeladene zu 1, das Land Mecklenburg-Vorpommern, hatten die Beigeladene zu 2 auch mit der Abwicklung der Werftenförderung beauftragt. Die von der Klägerin begehrten Dokumente sind im Zeitraum von 2009 bis 2012 entstanden.
Rz. 3
Die Beklagte lehnte den Antrag überwiegend ab. Der nach erfolglosem Widerspruch erhobenen Klage hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen stattgegeben. Die Berufungen der Beklagten und der Beigeladenen hat das Oberverwaltungsgericht im Wesentlichen zurückgewiesen. Dem Anspruch auf Informationszugang stehe kein Berufsgeheimnis im Sinne des § 3 Nr. 4 IFG wegen der Verschwiegenheitspflicht des Wirtschaftsprüfers entgegen. Bediene sich die öffentliche Hand, wie hier, eines Verwaltungshelfers, könne sich die informationspflichtige Behörde ebenso wenig auf die allgemeine Verschwiegenheitspflicht des Berufsstandes berufen wie auf ihre eigene allgemeine Pflicht zur Amtsverschwiegenheit. Eine andere Beurteilung ergebe sich auch nicht aus dem Umstand, dass die Beauftragung einheitlich mit dem Beigeladenen zu 1 erfolgt sei. Etwas Anderes folge auch nicht aus § 12 Abs. 1 WFG M-V, wonach Vorgänge der Werftenförderung der Vertraulichkeit unterliegen. Zum einen erfasse die Vorschrift die hier in Rede stehende Werftenförderung nicht, weil sie erst später erlassen worden sei und nicht rückwirkend gelte. Zum anderen sei es mit der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern unvereinbar, wenn ein vom Bundesgesetzgeber für seinen Zuständigkeitsbereich eröffneter Informationszugang nachträglich durch Landesrecht wieder verschlossen würde. Auf einen Anspruchsausschluss nach § 3 Nr. 4 IFG in Verbindung mit dem Bankgeheimnis könne sich die Beklagte ebenfalls nicht berufen. Soweit die Informationen im Schwerpunkt die Kundenbeziehungen der P. GmbH zu ihren finanzierenden Banken beträfen, habe der Insolvenzverwalter erklärt, dass keine Bedenken gegen die Weitergabe bestünden. Der Anspruch auf Informationszugang werde auch nicht nach § 3 Nr. 3 Buchst. b IFG wegen der Vertraulichkeit behördlicher Beratungen ausgeschlossen. Einer Vielzahl der noch im Streit befindlichen Dokumente fehle die Qualität vertraulicher Informationen, weil die Beigeladene zu 2 darin lediglich den Beratungsgegenstand sachverständig vor- und aufbereitet habe. Die Beklagte habe zudem nicht dargelegt, dass die begehrten Informationen den Beratungsverlauf in Vertraulichkeit beanspruchender Weise widerspiegelten oder ihre Offenlegung nachteiligen Einfluss auf künftige Beratungsprozesse bei Fördermaßnahmen haben könnte. Auch ein Ausschluss nach § 3 Nr. 7 IFG greife nicht. Die Beigeladene zu 2 stehe im Lager der Beklagten und sei deshalb kein "Dritter" im Sinne dieser Vorschrift. Der Schutz personenbezogener Daten nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG sei gewahrt, nachdem die Klägerin auf die Angabe von Namen, Anschriften, E-Mail-Adressen und Telekommunikationsdaten natürlicher Personen verzichtet habe, soweit es sich dabei nicht um Mitarbeiter der Beklagten, des Beigeladenen zu 1 oder der Beigeladenen zu 2 handele. Die an der Aufgabenerfüllung beteiligten Mitarbeiter der Beigeladenen zu 2 seien Bearbeitern einer Behörde im Sinne des § 5 Abs. 4 IFG gleichzusetzen. Weiter sei weder plausibel dargelegt noch erkennbar, dass die begehrten Dokumente schützenswertes geistiges Eigentum oder Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse der Beigeladenen zu 2 oder Dritter enthielten.
Rz. 4
Zur Begründung ihrer Revision führt die Beklagte aus: Dem Informationszugangsanspruch stehe § 3 Nr. 4 IFG in Verbindung mit dem Berufsgeheimnis des Wirtschaftsprüfers entgegen. Beauftrage die öffentliche Hand einen Wirtschaftsprüfer, sei sie wie jeder andere Auftraggeber auf die Vertraulichkeit des Mandatsverhältnisses angewiesen. Aufgrund des einheitlichen Mandatsverhältnisses sei das Berufsgeheimnis auch im Verhältnis zwischen der Beigeladenen zu 2 und dem Beigeladenen zu 1 zu wahren. Das Berufungsurteil sei auch insoweit fehlerhaft, als es § 12 WFG M-V nicht als Rechtsnorm im Sinne des § 3 Nr. 4 IFG berücksichtigt habe. Das Berufungsurteil beruhe darüber hinaus auf einer Verletzung von § 3 Nr. 3 Buchst. b IFG. Das Bekanntwerden der begehrten Informationen beeinträchtige die Beratung von Behörden. Überdies sei die Beigeladene zu 2 "Dritte" im Sinne des Ausschlussgrundes des § 3 Nr. 7 IFG. Würde die vereinbarte Vertraulichkeit nicht gewahrt, müsste die Beklagte befürchten, dass Wirtschaftsprüfer nicht mehr zur Kooperation mit ihr bereit wären. Das Berufungsurteil verletze auch § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG. Das Interesse der Mitarbeiter der Beklagten und der Beigeladenen zu 1 und 2 an einer Geheimhaltung ihrer personenbezogenen Daten überwiege das Informationsinteresse der Klägerin. Jedenfalls soweit Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Vertragspartner der P. GmbH, der Banken und Kreditversicherer sowie der Nachfolgegesellschaften der P. GmbH betroffen seien, stehe dem begehrten Informationszugang auch § 6 Satz 2 IFG entgegen. Die Beklagte sei dem geforderten Mindestmaß an Plausibilisierung nachgekommen. Im Drittbeteiligungsverfahren hätten die Betroffenen keine weitergehenden Angaben gemacht.
Rz. 5
Der Beigeladene zu 1 schließt sich zur Begründung seiner Revision diesen Ausführungen an und führt ergänzend aus: Das Oberverwaltungsgericht habe § 12 Abs. 1 WFG M-V bundesrechtswidrig nicht als Ausschlussgrund anerkannt. Mit Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Januar 2014 unterfielen die begehrten Informationen dieser Vorschrift.
Rz. 6
Die Beigeladene zu 2 führt zur Begründung ihrer Revision ergänzend aus: Das Oberverwaltungsgericht habe den Anwendungsbereich von § 3 Nr. 4 IFG rechtsfehlerhaft verkürzt. Die Beigeladene zu 2 sei von der Beklagten und dem Beigeladenen zu 1 aufgrund ihres spezifischen Fachwissens im Werftensegment als Wirtschaftsprüferin eingeschaltet worden. Damit sei der inhaltliche Kernbereich der Tätigkeit als Wirtschaftsprüferin betroffen, der maßgeblicher Anknüpfungspunkt für den Berufsgeheimnisschutz nach § 3 Nr. 4 IFG i.V.m. § 43 Abs. 1 Satz 1 WPO sei. Die angegriffene Entscheidung verletze zudem die Rechte der Beigeladenen zu 2 im Hinblick auf ihre Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse. Das Oberverwaltungsgericht verlange von der Beigeladenen zu 2 einen Vortrag, der auf eine Preisgabe der betroffenen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse hinauslaufe.
Rz. 7
Die Beklagte, der Beigeladene zu 1 und die Beigeladene zu 2 beantragen jeweils,
die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 1. August 2019 und des Verwaltungsgerichts Berlin vom 19. Juli 2018 zu ändern und die Klage, soweit das Verfahren nicht als teilweise erledigt eingestellt worden ist, insgesamt abzuweisen.
Rz. 8
Die Klägerin beantragt,
die Revisionen zurückzuweisen.
Rz. 9
Sie verteidigt das angegriffene Urteil.
Entscheidungsgründe
Rz. 10
Die Revisionen haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Rz. 11
Hinsichtlich der Verneinung von Anspruchsausschlussgründen nach § 3 Nr. 4 IFG (Berufsgeheimnis des Wirtschaftsprüfers; landesrechtlich geregelte Vertraulichkeitspflicht) verstößt das Berufungsurteil gegen Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), stellt sich aber insoweit aus anderen Gründen als richtig dar (1.). Bezüglich der Ablehnung eines Anspruchsausschlussgrundes nach § 3 Nr. 7 IFG verstößt das Berufungsurteil ebenfalls gegen Bundesrecht. Insoweit erweist sich das Urteil jedoch weder aus anderen Gründen als im Ergebnis richtig, noch kann der Senat abschließend in der Sache entscheiden; dies nötigt zur Zurückverweisung (2.). Mit Bezug auf Anspruchsausschlussgründe nach § 3 Nr. 3 Buchst. b und Nr. 4 IFG (Bankgeheimnis) sowie § 6 Satz 1 und 2 IFG steht das Berufungsurteil mit Bundesrecht in Einklang. Dies gilt auch hinsichtlich des Schutzes personenbezogener Daten nach § 5 IFG mit der Maßgabe, dass kein Zugang zu personenbezogenen Daten nicht sachbearbeitender Büromitarbeiter gewährt wird (3.).
Rz. 12
1. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass sich die Beklagte nicht auf Anspruchsausschlussgründe nach § 3 Nr. 4 IFG berufen kann, und zwar weder wegen eines Berufsgeheimnisses des Wirtschaftsprüfers (a) noch wegen einer landesrechtlich geregelten Vertraulichkeitspflicht (b).
Rz. 13
a) Dem Informationszugangsanspruch der Klägerin nach § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG kann die Beklagte nicht nach § 3 Nr. 4 IFG i.V.m. § 43 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über eine Berufsordnung der Wirtschaftsprüfer (Wirtschaftsprüferordnung - WPO) i.d.F. der Bekanntmachung vom 5. November 1975 (BGBl. I S. 2803), zuletzt geändert durch Art. 4 des Gesetzes vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1403), die Verschwiegenheitspflicht der Wirtschaftsprüfer - hier der Beigeladenen zu 2 - entgegenhalten.
Rz. 14
Allerdings hält die Begründung des Berufungsgerichts insofern der Überprüfung nicht stand. Es verneint einen Anspruchsausschluss nach § 3 Nr. 4 IFG unter dem Gesichtspunkt des Berufsgeheimnisses, weil die Beigeladene zu 2 von der Beklagten und dem Beigeladenen zu 1 mit der Abwicklung des Subventionsverhältnisses beauftragt worden sei und deshalb der Regelung des § 1 Abs. 1 Satz 3 IFG unterfalle; daraus leitet es ab, dass eine berufsbedingte Verschwiegenheitspflicht des Privaten, dessen sich die Behörde bediene, den Zugang zu Informationen nicht sperren könne. Diese Begründung verletzt revisibles Recht. § 1 Abs. 1 Satz 3 IFG erweitert den Kreis der informationspflichtigen Stellen um diejenigen Personen des Privatrechts, derer sich eine Behörde zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben bedient (vgl. zum Ganzen Schoch, IFG, 2. Aufl. 2016, § 1 Rn. 234 f.). Eine Beschränkung der gesetzlichen Anspruchsausschlussgründe - hier desjenigen nach § 3 Nr. 4 IFG - ergibt sich daraus jedoch nicht.
Rz. 15
Das Berufungsurteil erweist sich in dieser Hinsicht jedoch aus anderen Gründen als richtig. Ein Anspruchsausschlussgrund nach § 3 Nr. 4 IFG i.V.m. § 43 Abs. 1 Satz 1 WPO besteht nicht, weil sich die Beklagte als "Herrin des Geheimnisses" nicht auf das Berufsgeheimnis der von ihr und dem Beigeladenen zu 1 mandatierten Beigeladenen zu 2 berufen kann.
Rz. 16
§ 3 Nr. 4 IFG überlässt als Rezeptionsnorm den besonderen Geheimnisschutz den in Bezug genommenen Spezialvorschriften. Was nach anderen Vorschriften geheim gehalten werden muss, bleibt auch unter der Geltung des Informationsfreiheitsgesetzes geheim (BVerwG, Urteile vom 29. Oktober 2009 - 7 C 21.08 - Buchholz 400 IFG Nr. 2 Rn. 25 und vom 29. Juni 2017 - 7 C 22.15 - Buchholz 404 IFG Nr. 24 Rn. 12 m.w.N.).
Rz. 17
§ 3 Nr. 4 IFG nennt ausdrücklich Berufsgeheimnisse. Ein Berufsgeheimnis stellt auch die Verschwiegenheitspflicht von Wirtschaftsprüfern nach § 43 Abs. 1 Satz 1 WPO dar. Der Schutzbereich dieser Verschwiegenheitspflicht ist jedoch personell begrenzt und schützt regelmäßig nur den Auftraggeber des Wirtschaftsprüfers (BGH, Beschluss vom 5. Juli 2017 - VI ZR 325.15 - juris Rn. 31 m.w.N.). Ein geschütztes eigenes Geheimhaltungsinteresse des Wirtschaftsprüfers selbst besteht in der Regel nicht. Anderes kann allenfalls ausnahmsweise angenommen werden, wenn es sich um höchstpersönliche Wahrnehmungen oder um vertrauliche Hintergrundinformationen handelt (vgl. Maxl, in: Hense/Ulrich, WPO, 3. Aufl. 2018, § 43 Rn. 254; zum Berufsgeheimnis des Rechtsanwalts vgl. auch BGH, Urteil vom 30. November 1989 - III ZR 112/88 - BGHZ 109, 260 ≪269≫). Auch der Schutz Dritter ist von § 43 Abs. 1 Satz 1 WPO nicht bezweckt, weil der Wirtschaftsprüfer zu Dritten in keinem besonderen Vertraulichkeitsverhältnis steht (vgl. Maxl, in: Hense/Ulrich, WPO, 3. Aufl. 2018, § 43 Rn. 242; zur anwaltlichen Verpflichtung zur Verschwiegenheit vgl. auch BVerwG, Urteil vom 10. April 2019 - 7 C 23.18 - Buchholz 404 IFG Nr. 33 Rn. 30 m.w.N.).
Rz. 18
Dispositionsberechtigt hinsichtlich der Verschwiegenheitspflicht des Wirtschaftsprüfers ("Herr des Geheimnisses") ist in der Konsequenz im Regelfall allein der Auftraggeber bzw. Mandant als derjenige, der von der Verschwiegenheitspflicht geschützt werden soll (für das Anwaltsgeheimnis in diesem Sinne BVerwG, Urteil vom 10. April 2019 - 7 C 23.18 - Buchholz 404 IFG Nr. 33 Rn. 30 m.w.N.; näher BGH, Urteil vom 30. November 1989 - III ZR 112/88 - BGHZ 109, 260 ≪268 f.≫ m.w.N.). Die Verschwiegenheitspflicht des Wirtschaftsprüfers stellt sicher, dass sich der jeweilige Auftraggeber darauf verlassen kann, dass mandatsbezogene Informationen vom Wirtschaftsprüfer ohne sein Einverständnis Dritten gegenüber nicht offenbart werden.
Rz. 19
Demgegenüber ergibt sich aus der Verschwiegenheitspflicht nach § 43 Abs. 1 Satz 1 WPO zur Frage des Umgangs eines oder mehrerer Auftraggeber mit den vom Wirtschaftsprüfer zur Verfügung gestellten Informationen nichts. Deshalb kann sich die Beklagte als Auftraggeberin der Beigeladenen zu 2 nicht auf einen Anspruchsausschluss nach § 3 Nr. 4 IFG i.V.m. § 43 Abs. 1 Satz 1 WPO berufen. Daran ändert nichts, dass sowohl die Beklagte als auch der Beigeladene zu 1 als Auftraggeber der Beigeladenen zu 2 aufgetreten sind. Die Verschwiegenheitspflicht nach § 43 Abs. 1 Satz 1 WPO schützt beide Auftraggeber jeweils nur in ihrem Verhältnis gegenüber der Beigeladenen zu 2.
Rz. 20
b) Nach § 3 Nr. 4 IFG i.V.m. § 12 Abs. 1 des Gesetzes zur Förderung der Finanzierung der Werften in Mecklenburg-Vorpommern (WFG M-V) vom 16. Dezember 2013 (GVOBl. M-V S. 720), der die Vertraulichkeit der Anträge und des Bewilligungsverfahrens der Werftenförderung nach diesem Gesetz regelt, besteht ebenfalls kein Anspruchsausschluss.
Rz. 21
Allerdings kann auch insofern der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht gefolgt werden. Das Berufungsgericht hält § 12 WFG M-V deshalb nicht für eine "Rechtsvorschrift" im Sinne des § 3 Nr. 4 Alt. 1 IFG, weil eine Informationspflicht der Bundesbehörden nicht nachträglich durch bereichsspezifisches Landesrecht geändert werden dürfe. Das verkennt den Begriff der Rechtsvorschrift. Wie gezeigt, liegt § 3 Nr. 4 IFG das Regelungskonzept zugrunde, dass nach dem Informationsfreiheitsgesetz geheim bleibt, was nach anderen Vorschriften geheim gehalten werden muss (oben Rn. 16). Deshalb kann sich auch aus der Anwendung von Landesrecht ein Informationsversagungsgrund ergeben, und zwar auch aus erst später erlassenem Landesrecht. Darin liegt keine unzulässige dynamische Verweisung; die Rechtsfolge des § 3 Nr. 4 IFG knüpft nicht an den Tatbestand anderer Rechtsvorschriften an, sondern akzeptiert außerhalb des Informationsfreiheitsgesetzes getroffene gesetzliche Entscheidungen und die hierauf beruhenden Einzelakte (vgl. BVerwG, Urteile vom 29. Oktober 2009 - 7 C 21.08 - Buchholz 400 IFG Nr. 2 Rn. 25 und - 7 C 22.08 - Buchholz 400 IFG Nr. 1 Rn. 43 ff.).
Rz. 22
Das Berufungsurteil erweist sich jedoch auch in dieser Hinsicht aus anderen Gründen als richtig. Ein Anspruchsausschlussgrund nach § 3 Nr. 4 IFG i.V.m. § 12 Abs. 1 WFG M-V scheidet aus, weil sich - worauf auch das Berufungsgericht ergänzend hinweist - letztere Vorschrift als Bestandteil der diesbezüglichen gesetzlichen Gesamtregelung ausschließlich auf das Verfahren der Werftenförderung nach Maßgabe des am 1. April 2014 in Kraft getretenen Werftenförderungsgesetzes Mecklenburg-Vorpommern bezieht (vgl. § 1 Satz 1 WFG M-V). Für eine tatbestandliche Erstreckung auch auf Sachverhalte, die dem Anwendungsbereich des Werftenförderungsgesetzes Mecklenburg-Vorpommern nicht unterliegen, sind Anhaltspunkte nicht ersichtlich. Vorliegend geht es um den Zugang zu Dokumenten, die nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bereits im Zeitraum von 2009 bis 2012, also vor Inkrafttreten des Werftenförderungsgesetzes zum 1. Januar 2014, entstanden sind. Für solche Dokumente ist § 12 Abs. 1 WFG M-V nicht einschlägig.
Rz. 23
2. Hinsichtlich der Ablehnung eines Anspruchsausschlussgrundes nach § 3 Nr. 7 IFG verstößt das Berufungsurteil ebenfalls gegen Bundesrecht. Insoweit erweist sich das Urteil weder aus anderen Gründen als im Ergebnis richtig, noch kann der Senat abschließend in der Sache entscheiden; dies nötigt zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht. Nach § 3 Nr. 7 IFG besteht kein Anspruch auf Informationszugang bei vertraulich erhobener oder übermittelter Information, soweit das Interesse des Dritten an einer vertraulichen Behandlung im Zeitpunkt des Antrags auf Informationszugang noch fortbesteht.
Rz. 24
a) Das Berufungsgericht begründet die Verneinung dieses Versagungsgrundes damit, dass die Beigeladene zu 2 als Verwaltungshelferin nach § 1 Abs. 1 Satz 3 IFG im Lager der Beklagten stehe und insoweit kein Dritter im Sinne der Vorschrift sei. Zudem habe sie die Informationen der Beklagten nicht freiwillig übermittelt, sondern ihre Erarbeitung und Übermittlung vertraglich geschuldet.
Rz. 25
Diese Begründung verletzt Bundesrecht. Wie bereits dargelegt, erweitert § 1 Abs. 1 Satz 3 IFG den Kreis der nach dem Informationsfreiheitsgesetz materiell informationspflichtigen Stellen, beschränkt aber nicht die gesetzlichen Anspruchsausschlussgründe. Zudem will § 3 Nr. 7 IFG etwa den Informanten schützen, dessen Vertrauensschutz der Gesetzgeber besonders in den Blick nimmt (vgl. BT-Drs. 15/4493 S. 11). Auch er stellt sich "ins Lager" der Behörde und wird als auf Grundlage eines zivilrechtlichen Vertrages tätiger Verwaltungshelfer qualifiziert (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. Mai 2010 - 6 A 5.09 - Buchholz 402.7 BVerfSchG Nr. 13 Rn. 20 f. m.w.N.).
Rz. 26
Auch die Überlegung, die Beigeladene zu 2 habe die Informationen wegen des bestehenden Auftragsverhältnisses nicht freiwillig übermittelt, vermag nicht zu überzeugen. Zum einen ist Freiwilligkeit für sich genommen kein Tatbestandsmerkmal von § 3 Nr. 7 IFG, zum anderen kann die von der Beigeladenen zu 2 privatautonom eingegangene rechtsgeschäftliche Verpflichtung, für die Beklagte tätig zu werden, die Freiwilligkeit ihres Verhaltens nicht in Zweifel ziehen.
Rz. 27
b) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind solche Informationen vertraulich im Sinne des § 3 Nr. 7 IFG, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind. Dies setzt eine Übereinkunft über die Vertraulichkeit zwischen der informationspflichtigen Stelle und dem Dritten voraus. Darüber hinaus ist ein objektiv schutzwürdiges Interesse an der Vertraulichkeit erforderlich. Die Gesetzessystematik und der Zweck der Vorschrift gebieten eine in diesem Sinne einschränkende Auslegung. § 3 IFG schützt ausweislich der amtlichen Überschrift besondere öffentliche Belange. Die in den Nummern 1 bis 8 geregelten Ausschlusstatbestände sind nach der Vorstellung des Gesetzgebers eng zu verstehen (vgl. BT-Drs. 15/4493 S. 9). Damit wäre nicht vereinbar, wenn bereits der Umstand, dass eine Information vertraulich erhoben oder übermittelt wird, für sich genommen ohne Hinzutreten eines objektiv anzuerkennenden Schutzbedürfnisses zum Ausschluss des Informationszugangs führte. Für ein einschränkendes Verständnis spricht auch, dass das Interesse des Dritten an einer vertraulichen Behandlung im Zeitpunkt des Antrags auf Informationszugang fortbestehen muss. Die Vertraulichkeit soll mithin nur bei einem berechtigten Interesse geschützt sein. Zudem soll ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 15/4493 S. 11) die vertraulich übermittelte Information nicht als solche, sondern im öffentlichen Interesse der Aufgabenerfüllung der Behörden geschützt werden, die in besonderem Maße auf Informationen der Bürger angewiesen sind, welche regelmäßig nur unter der Bedingung der Verschwiegenheit zu erlangen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. März 2017 - 7 C 19.15 - Buchholz 404 IFG Nr. 23 Rn. 24 m.w.N.).
Rz. 28
Ein objektiv schutzwürdiges Interesse an der Vertraulichkeit einer Information liegt jedenfalls dann vor, wenn dem Informanten bei deren Offenbarung Nachteile drohen und deshalb (zukünftig) die ordnungsgemäße Erfüllung der behördlichen Aufgabe, welche auf die vertrauliche Übermittlung von Informationen angewiesen ist, gefährdet ist (BVerwG, Urteil vom 30. März 2017 - 7 C 19.15 - Buchholz 404 IFG Nr. 23 Rn. 25 m.w.N.). Ein objektiv schutzwürdiges Interesse an der Vertraulichkeit einer Information besteht im Anschluss hieran auch dann, wenn eine Behörde zur ordnungsgemäßen Erfüllung öffentlicher Aufgaben von hohem Gewicht auf die Erhebung und Übermittlung von Informationen, die anders nicht zu erlangen wären, durch mit spezifischen Kenntnissen und Fertigkeiten ausgestattete Dritte angewiesen ist und auf Seiten dieser Dritten ein besonderes Vertraulichkeitsinteresse anzuerkennen ist.
Rz. 29
Feststellungen zum Vorliegen dieser Voraussetzungen hinsichtlich der Beauftragung der Beigeladenen zu 2 hat das Berufungsgericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung nicht getroffen. Ebenfalls fehlen Feststellungen zu dem weiteren Tatbestandsmerkmal des § 3 Nr. 7 IFG, wonach ein anzuerkennendes Vertraulichkeitsinteresse im Zeitpunkt des Antrags auf Informationszugang noch fortbestehen muss. Dies nötigt zur Zurückverweisung der Sache. Bei der vom Berufungsgericht hiernach zu treffenden anderweitigen Entscheidung wird hinsichtlich der Frage, ob auf Seiten der Beigeladenen zu 2 ein besonderes Vertraulichkeitsinteresse anzuerkennen ist, auch danach zu unterscheiden sein, welche der übernommenen Aufgaben spezifische Kenntnisse und Fertigkeiten voraussetzen und auf welchen Aufgabenbereich sich von der Klägerin begehrte Unterlagen beziehen.
Rz. 30
3. Mit Bezug auf Anspruchsausschlussgründe nach § 3 Nr. 3 Buchst. b IFG (a), § 3 Nr. 4 IFG in Verbindung mit dem Bankgeheimnis (b) und § 6 Satz 1 und 2 IFG (c) steht das Berufungsurteil mit Bundesrecht in Einklang. Dies gilt auch hinsichtlich des Schutzes personenbezogener Daten nach § 5 IFG mit der Maßgabe, dass kein Zugang zu personenbezogenen Daten nicht sachbearbeitender Büromitarbeiter gewährt wird (d).
Rz. 31
a) Das Berufungsgericht hat zu Recht festgestellt, dass ein Anspruchsausschluss nach § 3 Nr. 3 Buchst. b IFG nicht gegeben ist. Nach dieser Vorschrift besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn und solange die Beratungen von Behörden beeinträchtigt werden.
Rz. 32
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unterfällt dem Schutz der Beratung nur der eigentliche Vorgang der behördlichen Entscheidungsfindung als solcher. Ausgenommen sind das Beratungsergebnis und der Beratungsgegenstand. Der Begriff der Beratung erfasst die Vorgänge interner behördlicher Meinungsäußerung und Willensbildung, die sich inhaltlich auf die Entscheidungsfindung beziehen. Der Schutz gilt danach vor allem dem Beratungsprozess als solchem, also der Besprechung, Beratschlagung und Abwägung, mithin dem eigentlichen Vorgang des Überlegens. Zum demgegenüber nicht geschützten Beratungsgegenstand können insbesondere Sachinformationen oder gutachterliche Stellungnahmen im Vorfeld gehören, also die Tatsachengrundlagen und die Grundlagen der Willensbildung (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Mai 2019 - 7 C 34.17 - Buchholz 404 IFG Nr. 34 Rn. 13 m.w.N.).
Rz. 33
In zeitlicher Hinsicht schließt es § 3 Nr. 3 Buchst. b IFG nicht auf Dauer aus, amtliche Informationen zugänglich zu machen. Der Ausschluss greift nur, solange die Beratungen von Behörden beeinträchtigt werden. Mithin wird der Informationszugang grundsätzlich nur aufgeschoben. Hierbei bildet der Abschluss des Verfahrens keine unüberwindbare zeitliche Grenze. Vielmehr ist maßgeblich, ob die nachträgliche Publizität die offene Willensbildung im Beratungsprozess beeinträchtigen kann, indem sie eine einengende Vorwirkung ausübt. Dies ist im Wege einer Prognose zu ermitteln, bei der die informationspflichtige Behörde die Darlegungslast für das Vorliegen des Ausschlussgrundes trägt (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Mai 2019 ebenda Rn. 20 m.w.N.).
Rz. 34
Hiernach unterfallen die von der Beigeladenen zu 2 erstellten Unterlagen, die nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nur sachverständige Grundlagen der Beratung bzw. den Beratungsgegenstand darstellen, nicht dem Schutzbereich des § 3 Nr. 3 Buchst. b IFG. Hinsichtlich der von der Klägerin ebenfalls zur Einsichtnahme begehrten Protokolle des Lenkungsausschusses "Unternehmensfinanzierung" stellt das Berufungsgericht fest, die Beklagte habe weder konkret angegeben, dass sie den Beratungsverlauf in Vertraulichkeit beanspruchender Weise im Sinne beratschlagender Ausführungen widerspiegeln, noch dargelegt, dass ihr Bekanntwerden lange nach der Bürgschaftsentscheidung und dem Scheitern der Sanierung zukünftig mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einer ernsthaften und konkreten Gefährdung des behördlichen Beratungsprozesses führen werde. Die dieser Würdigung zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts haben die Revisionen mit keiner Verfahrensrüge angegriffen. Sie sind für den Senat bindend (§ 137 Abs. 2 VwGO). Auf dieser Grundlage ist ein Verstoß gegen die vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Maßstäbe für die Auslegung des § 3 Nr. 3 Buchst. b IFG nicht ersichtlich.
Rz. 35
b) Für eine Versagung des Informationszugangs nach § 3 Nr. 4 IFG zur Wahrung des Bankgeheimnisses (vgl. hierzu Schoch, IFG, 2. Aufl. 2016, § 3 Rn. 234 m.w.N.) ist nichts ersichtlich. Zum einen hat das Berufungsgericht bindend festgestellt, der Insolvenzverwalter über das Vermögen der P. GmbH habe gegen die Weitergabe der begehrten Informationen seinerseits keine Bedenken erhoben. Zudem geht es im Zuge der Inanspruchnahme der Beklagten nicht darum, einen nach dem Bankgeheimnis zur Verschwiegenheit verpflichteten Geheimnisträger um die Herausgabe einer Information anzugehen oder in eine Vertrauensbeziehung zwischen Bank und Kunde einzudringen.
Rz. 36
c) Zur Frage eines Anspruchsausschlusses wegen des Schutzes geistigen Eigentums nach § 6 Satz 1 IFG stellt das Berufungsgericht fest, dass die Beklagte als eigene - gegebenenfalls urheberrechtlich geschützte - Werke der Beigeladenen zu 2 in Betracht kommende Dokumente oder Teile davon schon nicht näher bezeichnet hat. An diese Feststellungen ist der Senat gebunden (§ 137 Abs. 2 VwGO).
Rz. 37
Hinsichtlich des Schutzes von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen nach § 6 Satz 2 IFG hat das Berufungsgericht in tatsächlicher Hinsicht schon nicht festgestellt, dass die noch im Streit stehenden Informationen derartige Geheimnisse der Beigeladenen zu 2 enthalten. Jedenfalls könne nicht festgestellt werden, dass ihre Offenlegung Rückschlüsse darauf zuließe. Hinsichtlich des Schutzes von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen Dritter bleibe der Vortrag der Beklagten vielmehr (zu) pauschal und ermögliche keine Zuordnung zu bestimmten Informationen.
Rz. 38
Ein Verstoß des Berufungsurteils gegen Bundesrecht ist auch insoweit nicht zu erkennen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts werden Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse durch § 6 Satz 2 IFG geschützt, wenn der Geheimnisträger ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung hat. Ein solches Interesse ist anzuerkennen, wenn die Offenlegung der Information geeignet ist, den Konkurrenten exklusives technisches oder kaufmännisches Wissen zugänglich zu machen und so die Wettbewerbsposition des Unternehmens nachteilig zu beeinflussen. Hierfür muss die prognostische Einschätzung nachteiliger Auswirkungen im Fall des Bekanntwerdens der Informationen nachvollziehbar und plausibel dargelegt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 - 7 C 12.13 - BVerwGE 150, 383 Rn. 28 m.w.N.; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2020 - 10 C 22.19 - juris Rn. 13 ff. m.w.N.). Dies hat das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt.
Rz. 39
Soweit die Beklagte im Revisionsverfahren noch darauf verweist, die von ihr nach § 8 Abs. 1 IFG im Verwaltungsverfahren beteiligten etwaigen betroffenen Dritten hätten keine Angaben gemacht, die der vom Berufungsgericht verlangten Detailtiefe genügten, geht dies zu ihren Lasten, denn sie ist darlegungspflichtig.
Rz. 40
Gegen einen unverändert fortbestehenden Schutz von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen spricht zudem der Zeitablauf von sieben Jahren seit der Insolvenz der P. GmbH. Der erforderliche Wettbewerbsbezug einer Information kann fehlen, wenn die Informationen abgeschlossene Vorgänge ohne Bezug zum heutigen Geschäftsbetrieb betreffen (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2020 - 10 C 22.19 - juris Rn. 13 m.w.N.). Insoweit wird vermutet, dass Informationen nach Ablauf von fünf Jahren nicht mehr aktuell sind und mangels fortbestehender Wettbewerbsrelevanz nicht mehr dem Berufsgeheimnisschutz unterliegen (vgl. BVerwG, Urteile vom 10. April 2019 - 7 C 22.18 - Buchholz 404 IFG Nr. 32 Rn. 46 und vom 30. Oktober 2019 - 10 C 20.19 - Buchholz 404 IFG Nr. 36 Rn. 21; vgl. auch EuGH, Urteil vom 19. Juni 2018 - C-15/16 [ECLI:EU:C:2018:464], Baumeister - Rn. 54). Auch insofern fehlt es nach den Feststellungen des Berufungsgerichts an Darlegungen der Beklagten, die geeignet gewesen wären, die Vermutung zu widerlegen.
Rz. 41
d) Mit der Maßgabe, dass ein etwaiger Informationszugangsanspruch der Klägerin den Zugang zu personenbezogenen Daten nicht sachbearbeitender Büromitarbeiter der Beklagten sowie der Beigeladenen zu 1 und 2 nicht umfasst, wird das Berufungsurteil auch den Anforderungen an den Schutz personenbezogener Daten nach § 5 IFG gerecht.
Rz. 42
Zutreffend verweist das Berufungsgericht darauf, dass nach § 5 Abs. 4 IFG Name, Titel, akademischer Grad, Berufs- und Funktionsbezeichnung, Büroanschrift und -telekommunikationsnummer von Bearbeitern vom Informationszugang nicht ausgeschlossen sind, soweit sie Ausdruck und Folge der amtlichen Tätigkeit sind und kein Ausnahmetatbestand erfüllt ist. Die in § 5 Abs. 4 IFG aufgeführten personenbezogenen Daten, die in einem funktionalen Zusammenhang mit der Erfüllung einer konkreten Aufgabe durch einen Bearbeiter stehen, werden grundsätzlich nicht von § 5 Abs. 1 IFG geschützt, weil sie regelmäßig nur dessen amtliche Funktion betreffen (vgl. Entwurfsbegründung, BT-Drs. 15/4493 S. 14) und in diesem Rahmen ein übermäßiger Anonymisierungsaufwand vermieden werden soll (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2016 - 7 C 27.15 - Buchholz 404 IFG Nr. 22 Rn. 14 ff.; vgl. auch Debus, NJW 2015, 981 ≪983≫).
Rz. 43
Bearbeiter im Sinne des § 5 Abs. 4 IFG sind aber nicht alle Bediensteten einer informationspflichtigen Stelle, sondern nur diejenigen, die mit dem Verwaltungsvorgang befasst gewesen sind, zu dem Informationszugang begehrt wird. Der Begriff der Bearbeitung bezeichnet nämlich die Erledigung einer konkreten Aufgabe (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2016 - 7 C 27.15 - Buchholz 404 IFG Nr. 22 Rn. 14 f. m.w.N.). Eine Befassung in diesem Sinne ist bei einer sachbearbeitenden Tätigkeit im Rahmen eines konkreten Vorgangs zu bejahen. Ein bloß büromäßiger Umgang mit Unterlagen im Rahmen unterstützender Sekretariatstätigkeiten ohne eigene Entscheidungs- oder Gestaltungsmöglichkeiten genügt demgegenüber nicht.
Rz. 44
Nicht erforderlich ist, dass ein Bearbeiter im Sinne des § 5 Abs. 4 IFG Amtsangehöriger der informationspflichtigen Behörde oder sonst Angehöriger einer nach dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes informationspflichtigen Stelle ist. Anknüpfungspunkt für den Informationszugang ist vielmehr, dass personenbezogene Daten von Bearbeitern als Ausdruck und Folge einer konkreten amtlichen Tätigkeit in Unterlagen enthalten sind, die bei einer nach dem Informationsfreiheitsgesetz informationspflichtigen Stelle vorliegen (vgl. Schoch, IFG, 2. Aufl. 2016, § 5 Rn. 105 m.w.N.). Eine amtliche Tätigkeit im auch nach § 5 Abs. 4 IFG maßgeblichen funktionellen Sinne (zum funktionellen Behördenbegriff des § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2019 - 7 C 23.17 - Buchholz 404 IFG Nr. 31 Rn. 15 m.w.N.) übt ein Bearbeiter auch dann aus, wenn er zwar selbst kein Behördenangehöriger ist, jedoch im behördlichen Auftrag tätig wird. Ungeachtet des § 5 Abs. 4 IFG gilt zudem nach § 5 Abs. 3 IFG, dass das Informationsinteresse des Antragstellers das schutzwürdige Interesse des Dritten am Ausschluss des Informationszugangs in der Regel dann überwiegt, wenn sich die Angabe auf Name, Titel, akademischen Grad, Berufs- und Funktionsbezeichnung, Büroanschrift und -telekommunikationsnummer beschränkt und der Dritte - nicht notwendigerweise im behördlichen Auftrag - als Gutachter, Sachverständiger oder in vergleichbarer Weise eine Stellungnahme in einem Verfahren abgegeben hat.
Rz. 45
Nach allem trifft die Annahme des Berufungsgerichts zu, dass der nach § 5 IFG gebotene Schutz personenbezogener Daten gewährleistet ist, wenn auf zugänglich zu machenden Unterlagen auf eine Schwärzung von Namen, Büroanschrift und dienstlicher bzw. geschäftlicher E-Mail-Adresse von Bearbeitern der Beklagten, des Beigeladenen zu 1 und der Beigeladenen zu 2 verzichtet wird. Zu weitgehend ist es allerdings, diesen Verzicht auf deren sämtliche Mitarbeiter unter Einschluss solcher Mitarbeiter zu erstrecken, die ohne eigene Entscheidungs- bzw. Gestaltungsmöglichkeiten die Bearbeiter lediglich büromäßig unterstützen. Hinsichtlich gutachterlicher oder sachverständiger Tätigkeiten der Beigeladenen zu 2 kommt zudem die Regelung des § 5 Abs. 3 IFG zum Tragen.
Fundstellen
BVerwGE 2022, 90 |
GewArch 2021, 201 |
JZ 2021, 310 |
LKV 2021, 3 |
LKV 2021, 463 |
NJ 2021, 4 |
NordÖR 2021, 115 |
UPR 2021, 239 |