Entscheidungsstichwort (Thema)
Militärflugplatz. Änderungsgenehmigung. Konversion. Klagebefugnis ausländischer Grenznachbarn. fachplanerisches Abwägungsgebot. Drittschutz. Fluglärmschutz. staatsvertragliche Sonderregelung. Umweltverträglichkeitsprüfung. Ergebnisrelevanz von Verfahrensfehlern. Anspruch auf gerechte Abwägung. ergänzendes Verfahren
Leitsatz (amtlich)
Ausländische Grenznachbarn einschließlich der Grenzgemeinden eines Nachbarstaates (hier: der Niederlande), die sich vor deutschen Verwaltungsgerichten gegen die Genehmigung der Öffnung eines auf Bundesgebiet gelegenen, grenznahen ehemaligen Militärflugplatzes für die zivile Nutzung (Konversion) zur Wehr setzen und die durch den Flugbetrieb ausgelösten grenzüberschreitenden Lärmimmissionen abwehren wollen, sind grundsätzlich klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO).
Die Klagebefugnis folgt aus der drittschützenden Wirkung des fachplanerischen Abwägungsgebots, das bei Erteilung der luftverkehrsrechtlichen Konversionsgenehmigung (hier: Flughafen Weeze/Niederrhein) zu beachten ist und vor der deutschen Staatsgrenze nicht Halt macht.
Haben Deutschland und der Nachbarstaat in einem Staatsvertrag besondere zeitliche Betriebsbeschränkungen für den Flugbetrieb über dem Hoheitsgebiet des Nachbarstaates vereinbart, die zu Gunsten der betroffenen ausländischen Grenznachbarn einen möglichst wirksamen aktiven Lärmschutz gewährleisten sollen, kann der deutschen Genehmigungsbehörde, die diese vertragliche Sonderregelung zum Bestandteil ihrer Konversionsgenehmigung macht, in aller Regel nicht vorgeworfen werden, sie begehe dabei zu Lasten der ausländischen Grenznachbarn einen Abwägungsfehler, weil sie keine weitergehenden Betriebsbeschränkungen vorgesehen habe.
Leidet die Konversionsgenehmigung an einem Verfahrensfehler, weil das Vorhaben nicht der erforderlichen Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen wurde, ist der Staatsvertrag europarechtskonform dahin auszulegen, dass die ausländischen Grenznachbarn nicht gehindert sind, diesen Verfahrensfehler im Rahmen ihres Anspruchs auf gerechte Abwägung ihrer Lärmschutzbelange zu rügen.
Normenkette
LuftVG § 6 Abs. 4 S. 2, Abs. 5 S. 1, § 8 Abs. 5 Sätze 1, 3, § 10 Abs. 8 S. 2; UVPG 2001 § 25 Abs. 2 S. 2; UVPG 1990/1997 § 5; UVPG 1990/1997 § 6; UVPG 1990/1997 § 7; UVPG 1990/1997 § 8; UVPG 1990/1997 § 9; UVPG 1990/1997 § 10; UVPG 1990/1997 § 11; UVPG 1990/1997 § 12; VwGO § 42 Abs. 2, § 68; VwVfG § 3 Abs. 3, § 9
Verfahrensgang
OVG für das Land NRW (Urteil vom 03.01.2006; Aktenzeichen 20 D 118/03.AK) |
Tenor
Auf die Revisionen der Beklagten und der Beigeladenen wird das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 3. Januar 2006 (OVG 20 D 118/03.AK) aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zurückverwiesen.
Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Tatbestand
I
Die Klägerin, eine niederländische Gemeinde an der deutsch-niederländischen Grenze, wendet sich im Wege der Anfechtungsklage gegen die Änderungsgenehmigung der Bezirksregierung Düsseldorf vom 20. Juni 2001 für den Verkehrsflughafen Niederrhein. Die Genehmigung gestattet der Beigeladenen die zivile Nutzung des aus der militärischen Trägerschaft entlassenen Militärflugplatzes Weeze-Laarbruch (Konversion).
Der Flugplatz liegt östlich des Gemeindegebiets der Klägerin auf deutschem Staatsgebiet an der Grenze zum Königreich der Niederlande. Er wurde 1954 ohne förmliches luftverkehrsrechtliches Zulassungsverfahren von den britischen Streitkräften angelegt und in Betrieb genommen. Die Start- und Landebahn erhielt eine Länge von 2 440 m. Anfang der 90er Jahre wurde bekannt, dass die britischen Streitkräfte etwa 1999 den Militärflugplatz aufgeben würden. 1993 wurde die beigeladene Flughafen Niederrhein GmbH gegründet, um die Bemühungen zu unterstützen, durch eine Anschlussnutzung des Militärflugplatzes die befürchteten negativen Wirkungen des Abzuges der Streitkräfte auf die wirtschaftliche Situation und den Arbeitsmarkt der Region zu mindern. Sie legte eine Machbarkeitsstudie vor, die für das Gelände des Militärflugplatzes einen Nutzungsmix von zivilem Luftverkehr, flughafenaffinem Gewerbe und Logistikunternehmen befürwortete. Der militärische Flugbetrieb wurde 1999 eingestellt. Im Jahr 2001 wurde der Flugplatz aus der militärischen Trägerschaft entlassen.
Der Ortsteil Nieuw-Bergen der Klägerin liegt westlich des Flughafens in der Einflugschneise. Der Ostrand des bebauten Ortsteils liegt etwa 3 km vom Westende der Start- und Landebahn entfernt. Auf dem Gemeindegebiet in der Nähe des Flughafens liegen zwei Europäische Vogelschutzgebiete und zwei FFH-Gebiete, die jeweils ausgewiesen und der EU-Kommission gemeldet worden sind. Die Klägerin ist bestrebt, die umfangreichen Heide-, Wald- und Dünenflächen auf ihrem Gebiet für den Tourismus und die Naherholung zu erschließen. Sie hat in die touristische Infrastruktur, u.a. in Campingplätze, investiert.
Die Beigeladene stellte im Dezember 1994 einen Konversionsantrag mit dem Ziel, auf dem Flughafengelände ein “Euregionales Zentrum für Luftverkehr, Gewerbe und Logistik” zu betreiben, und reichte erforderliche Unterlagen bis zum Ende des Jahres 1998 nach. Die Unterlagen enthielten – neben Lärmschutzgutachten auf der Grundlage des deutschen Rechts – zwei schalltechnische Untersuchungen vom Juli 1998 zu den auf niederländischem Gebiet in der Nachbarschaft des geplanten Zivilflughafens zu erwartenden Lärmimmissionen (Adviesbureau Peutz & Associes B.V.). In diesem Gutachten werden die durch das niederländische Luftfahrtgesetz und das niederländische Umweltschutzgesetz vorgegebenen Berechnungsvorschriften für Lärmbelastungen durch Flugzeugbewegungen angewandt. Die Darstellung der Lärmbelastungen erfolgt in (nach Prof. Kosten benannten) sog. Kosteneinheiten (KE). Die niederländischen Lärmgutachten kommen zu dem Ergebnis, dass die aus der niederländischen Berechnungssystematik für den zivilen Flugverkehr ermittelten Lärmbegrenzungslinien (Lärmzonen) vollständig und weiträumig von den seinerzeit festgesetzten militärischen Lärmschutzkurven umhüllt sind. Als Grenzwert werden für Neubaubeschränkungen (Bauschutzzone) 35 KE und für passiven Schallschutz an Gebäuden 40 KE festgesetzt. Für den passiven Lärmschutz zur Nachtzeit in Schlafräumen wird ein energieäquivalenter Dauerschallpegel von 26 dB(A) zugrunde gelegt.
Bereits während des Genehmigungsverfahrens nahmen die Niederlande und Deutschland Verhandlungen über die Nutzung des niederländischen Luftraums durch den Flugverkehr vom und zum geplanten Flughafen Niederrhein auf. Aufgrund einer Absprache vom August 1998 zwischen den beiden Staaten wurden die niederländische Öffentlichkeit und mehrere staatliche Stellen der Niederlande über die Provinzregierung Limburg im Genehmigungsverfahren beteiligt. Der Genehmigungsantrag der Beigeladenen wurde mit den Unterlagen u.a. im Gemeindegebiet der Klägerin ausgelegt. Die Stellungnahmen und Bedenken der niederländischen Einwender und der angehörten staatlichen Instanzen wurden der Beklagten zusammen mit einer Stellungnahme der Provinzregierung Limburg im Februar 1999 übersandt. Die Klägerin erhob Einwendungen. Sie sah sich in ihrer Ausrichtung auf naturbezogene Erholung beeinträchtigt und wies auf Einrichtungen in ihrem Eigentum (u.a. Campingplätze) hin. Sie erhob ferner naturschutzrechtliche Bedenken und mahnte eine Umweltverträglichkeitsprüfung des Konversionsvorhabens an.
Die Beklagte genehmigte das Vorhaben mit dem angefochtenen Bescheid vom 20. Juni 2001. Eine förmliche Umweltverträglichkeitsprüfung fand nicht statt. Die genehmigten baulichen Maßnahmen umfassen die Herstellung einer einheitlichen Neigung von etwa 1,5 % über die gesamte Start- und Landebahnbreite, die Verbreiterung der Rollbahnen und der Abrollbahnen sowie die Arrondierung des Vorfeldbereichs. Flugbetrieb nach Instrumentenflugregeln darf grundsätzlich in der Zeit von 05:00 Uhr bis 24:00 Uhr durchgeführt werden, Landungen und Starts von Linien- und Charterflugzeugen mit einem Höchstabfluggewicht bis zu 150t werden unter besonderen Voraussetzungen (z.B. Verspätungsflüge) in der Zeit zwischen 00:00 Uhr und 01:00 Uhr zugelassen. In Abschnitt A VI. Bedingungen wird unter Nr. 2 verfügt, der Flughafen sei so zu betreiben, “dass der Luftraum des Königreichs der Niederlande erst und nur in dem Umfang benutzt wird, der in den zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlanden paraphierten Vereinbarungen zugelassen ist”. In den Gründen der Genehmigung wird näher ausgeführt, dass das Vorhaben keiner Umweltverträglichkeitsprüfung bedürfe.
Die Änderungsgenehmigung wurde den Bevollmächtigten der Klägerin am 20. Juni 2001 (auf Bundesgebiet) zugestellt. Die Klägerin erhob Widerspruch. Am 29. April 2003 (während des Widerspruchverfahrens) unterzeichneten Vertreter der Niederlande und Deutschlands den Staatsvertrag über die Durchführung der Flugverkehrskontrolle durch die Bundesrepublik Deutschland über niederländischem Hoheitsgebiet und die Auswirkungen des zivilen Betriebes des Flughafens Niederrhein auf das Hoheitsgebiet des Königreichs der Niederlande. Der Bundestag stimmte dem Staatsvertrag mit Gesetz vom 12. Dezember 2003 (BGBl II S. 1763) zu. Der Vertrag wurde vereinbarungsgemäß (Art. 16 Abs. 3) mit Wirkung vom 1. Mai 2003 vorläufig angewendet und trat am 18. Dezember 2003 in Kraft. Art. 6 Abs. 1 des Vertrages gestattet den An- und Abflugverkehr über niederländisches Hoheitsgebiet zum und vom Flughafen Niederrhein grundsätzlich nur für die Zeit von 06:00 Uhr bis 23:00 Uhr. Ausnahmen gelten u.a. für Verspätungsflüge in der Zeit zwischen 23:00 Uhr und 24:00 Uhr. Der Vertrag sieht im Übrigen u.a. vor, dass grenzüberschreitende Umweltauswirkungen und Sicherheitsrisiken durch den Betrieb des Flughafens entsprechend den in den Niederlanden geltenden Berechnungsmethoden ermittelt und nach niederländischem Recht beurteilt werden (Art. 7 Abs. 1 Satz 1). Nach niederländischem Recht berechnete 35- und 40-KE-Fluglärmzonen sind Vertragsbestandteil und in der Anlage 2 des Vertrages zeichnerisch dargestellt (vgl. Art. 7 Abs. 1 Satz 2).
Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 21. November 2003 zurück: Der Widerspruch sei unzulässig und unbegründet. Der Klägerin fehle die Widerspruchsbefugnis. Sie sei infolge des Staatsvertrages entfallen. Das Königreich der Niederlande habe mit der Unterzeichnung des Staatsvertrages auch die Regelungen der Änderungsgenehmigung und die mit ihrem Vollzug verbundenen Auswirkungen auf das niederländische Staatsgebiet akzeptiert. Das sei in Kenntnis der gegen diese Genehmigung von niederländischen natürlichen und juristischen Personen erhobenen Widersprüche geschehen. Erst für etwaige in der Zukunft eintretende Ereignisse bzw. zukünftige “Problemfälle” hätten die Vertragsparteien in Art. 7 Abs. 4 ein Prüfungs- und Lösungsszenario vereinbart. Der Widerspruch sei ferner unzulässig, weil die Planungssituation der Klägerin insbesondere in den Bereichen Bauen und Wohnen, Freizeit und Tourismus sowie Naturnutzung durch die Aufnahme des zivilen Flugbetriebs gegenüber der militärischen Nutzung des Flugplatzes deutlich verbessert werde. Eine Verletzung ihrer kommunalen Planungshoheit, ihrer touristischen Belange (Entwicklung der Region) sowie der Umwelt-, Naturschutz- und Verkehrsbelange sei auch nicht in Ansätzen erkennbar. Einer Umweltverträglichkeitsprüfung des Vorhabens habe es nicht bedurft. Im Übrigen sei das Vorhaben planerisch gerechtfertigt. Der Zulassung des zivilen Flugverkehrs in dem genehmigten Umfang gebühre Vorrang vor den geltend gemachten Lärmschutzbelangen der Klägerin.
Das Oberverwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage der Klägerin und die Klagen mehrerer in der Flughafenumgebung auf Bundesgebiet ansässiger Privatpersonen zur gemeinsamen Entscheidung verbunden und mit Urteil vom 3. Januar 2006 die Änderungsgenehmigung vom 20. Juni 2001 nebst den die jeweiligen Klägerinnen und Kläger betreffenden Widerspruchsbescheide aufgehoben, hinsichtlich der Klägerin dieses Revisionsverfahrens im Wesentlichen mit folgender Begründung:
Die Klägerin sei (nur) “in Anbetracht ihrer konkretisierten und durch entsprechende Maßnahmen ins Werk gesetzten Ausrichtung auf naturbezogene Erholung und die Funktion von darauf bezogenen Einrichtungen in ihrem Eigentum” klagebefugt. Insoweit stehe ihr ein Anspruch auf gerechte Abwägung eigener Belange zu. Eine Verletzung ihrer Planungshoheit durch Baubeschränkungen scheide von vornherein aus. Als ausländische Grenzgemeinde könne die Klägerin sich gegen die grenzüberschreitenden Wirkungen der Änderungsgenehmigung zur Wehr setzen. Der Staatsvertrag zwischen den Niederlanden und Deutschland schneide ihr nicht die Möglichkeit ab, sich vor einem deutschen Verwaltungsgericht auf eine Verletzung ihres Anspruchs auf gerechte Abwägung zu berufen. Die Änderungsgenehmigung leide an erheblichen Abwägungsfehlern. Die Beklagte habe das öffentliche Interesse an der Realisierung des Konversionsvorhabens und das Gewicht der Lärmschutzbelange in der Umgebung des Flughafens nicht mit der erforderlichen Genauigkeit und Differenzierung erfasst und das Ziel eines gerechten Ausgleichs verfehlt. Auch die Lärmschutzbelange der Anwohner (einschließlich der Klägerin) seien fehlerhaft ermittelt und gewichtet worden. Die Änderungsgenehmigung leide ferner an einem Verfahrensfehler, weil die Beklagte der Frage, ob das Vorhaben dem Erfordernis einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterliege, nicht in der rechtlich gebotenen Weise nachgegangen sei. Aus diesen Gründen sei die Genehmigung aufzuheben. Die Möglichkeit, die angegriffenen Bescheide (nur) für rechtswidrig zu erklären mit der Rechtsfolge, dass sie bis zur Behebung der Fehler in einem ergänzenden Verwaltungsverfahren nicht vollziehbar seien, sehe das Luftverkehrsgesetz für Konversionsgenehmigungen nicht vor.
Gegen dieses Urteil richten sich die vom erkennenden Senat zugelassenen Revisionen der Beklagten und der Beigeladenen. Sie rügen die Verletzung von § 42 Abs. 2 VwGO, § 8 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 6 Abs. 4 Satz 2, § 8 Abs. 5 Satz 3 LuftVG und machen geltend: Der Klägerin fehle aufgrund des deutsch-niederländischen Staatsvertrages die Klagebefugnis. Die Klage sei auch unbegründet. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich gewesen. Das Oberverwaltungsgericht habe auch die rechtlichen Anforderungen an das fachplanungsrechtliche Abwägungsgebot verkannt, das im Rahmen dieser Vorschriften zur Anwendung komme. Die Änderungsgenehmigung und der Widerspruchsbescheid seien frei von Abwägungsfehlern.
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt, die Revisionen zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II
Die Revisionen der Beklagten und der Beigeladenen sind begründet.
Das Oberverwaltungsgericht hat zu Recht die Klagebefugnis der Klägerin bejaht (1.). Zu beanstanden ist jedoch, dass es bei der Überprüfung der von der Klägerin angefochtenen Änderungsgenehmigung i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 21. November 2003 die Sonderregelungen des deutsch-niederländischen Staatsvertrages vom 29. April 2003 zur Beschränkung des Flugbetriebs über niederländischem Hoheitsgebiet nicht gewürdigt hat (2.). Im Ergebnis zutreffend hat das Oberverwaltungsgericht entschieden, dass die angefochtene Änderungsgenehmigung in der Fassung des der Klägerin erteilten Widerspruchsbescheides an einem Verfahrensfehler leidet, weil die Beklagte es unterlassen hat, das Konversionsvorhaben in der gebotenen Form auf die Erforderlichkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung hin zu untersuchen (3.). Sein Urteil verletzt Bundesrecht, weil es die angefochtenen Bescheide aufgehoben hat, ohne zu prüfen, ob das Unterlassen der erforderlichen Umweltverträglichkeitsprüfung hinsichtlich der Umweltauswirkungen des Flugbetriebs auf niederländisches Hoheitsgebiet und damit auch auf das Gemeindegebiet der Klägerin auf die Erteilung der Änderungsgenehmigung oder ihren Inhalt von Einfluss gewesen ist (4). Jedenfalls nicht mehr mit Bundesrecht vereinbar ist die Ansicht des Oberverwaltungsgerichts, das Luftverkehrsgesetz sehe die Möglichkeit, einen erheblichen Verfahrensfehler in einem ergänzenden Verwaltungsverfahren zu beheben, nicht vor (5.). Über die Ergebnisrelevanz des der Beklagten unterlaufenen Verfahrensfehlers (Unterlassen einer Umweltverträglichkeitsprüfung) kann nur auf der Grundlage weiterer tatsächlicher Feststellungen und einer abschließenden Sachverhaltswürdigung entschieden werden, die dem Revisionsgericht verwehrt sind. Das angefochtene Urteil ist deshalb aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).
1. Die Klägerin ist klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO).
Ausländischen Grenznachbarn (einschließlich der Grenzgemeinden), die sich gegen eine luftverkehrsrechtliche Konversionsgenehmigung nach § 8 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 6 Abs. 4 Satz 2 LuftVG zur Wehr setzen und die durch das Vorhaben ausgelösten grenzüberschreitenden Lärmimmissionen abwehren wollen, kann die Klagebefugnis in aller Regel nicht abgesprochen werden. Ihre Klagebefugnis ist allerdings weder im Luftverkehrsgesetz noch in der Verwaltungsgerichtsordnung ausdrücklich geregelt. Sie hängt davon ab, ob die Rechtsnormen, deren Verletzung geltend gemacht wird, auch dem ausländischen Grenznachbarn subjektiv-öffentliche Rechte verleihen. Entscheidend ist, ob diese Normen auch dem Schutz ausländischer Grenznachbarn zu dienen bestimmt sind. Die Klagebefugnis folgt dem materiellen Recht.
Konversionsgenehmigungen nach § 8 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 6 Abs. 4 Satz 2 LuftVG sind einerseits Unternehmergenehmigung, andererseits aber auch Planungsentscheidung. Sie unterliegen daher den rechtlichen Anforderungen an eine fachplanerische Abwägungsentscheidung (Urteil vom 13. Dezember 2007 – BVerwG 4 C 9.06 – BVerwGE 130, 83 Rn. 58 – Verkehrsflughafen Allgäu – m.w.N.). Im Bundesgebiet ansässigen fluglärmbetroffenen Nachbarn eines Konversionsvorhabens steht daher ein Anspruch auf gerechte Abwägung ihrer Lärmbelange in der planerischen Abwägung der Genehmigungsbehörde zu (Urteil vom 11. Juli 2001 – BVerwG 11 C 14.00 – BVerwGE 114, 364 ≪367≫ – Flughafen Bitburg). Insoweit unterscheidet sich die Rechtsstellung Lärmbetroffener in Konversionsfällen nicht von der Rechtsposition, die ihnen das allgemeine luftverkehrsrechtliche Abwägungsgebot in § 8 Abs. 1 Satz 2 LuftVG gegenüber Planungsentscheidungen (Planfeststellungsbeschlüsse, Plangenehmigungen) verleiht.
Aus dem fachplanungsrechtlichen Abwägungsgebot folgt auch die Klagebefugnis lärmbetroffener ausländischer Grenzgemeinden eines auf Bundesgebiet genehmigten Flughafenprojekts. Das Immissionspotential eines grenznahen Flughafenvorhabens macht vor den Staatsgrenzen Deutschlands nicht Halt. Es ist daher zu fragen, ob das luftverkehrsrechtliche Abwägungsgebot Anhaltspunkte dafür bietet, dass sich der Drittschutz auf die Bewohner des Bundesgebiets beschränkt. Eine solche territoriale Beschränkung der Schutzwirkung gibt das Abwägungsgebot nicht her. Es zielt auf die Ermittlung, Bewertung und Gewichtung aller nach Lage der Dinge betroffenen privaten und öffentlichen Belange und erfasst insbesondere Schutzgüter wie Leben, Gesundheit und Eigentum. Eigentumsbelange macht auch die Klägerin geltend. Werden diese Rechtsgüter ohne ausdrückliche Beschränkung auf inländische Personen geschützt, bedarf es eines besonderen Grundes dafür, Nachbarn im grenznahen Ausland die drittschützende Wirkung des Abwägungsgebots vorzuenthalten. Ein derartiger Grund ist nicht erkennbar. Das gilt auch für abwägungserhebliche grenzüberschreitende Immissionen, deren Auswirkungen weder die grundrechtlich relevante Schwelle einer Gefährdung der vorgenannten Schutzgüter noch die fachplanungsrechtliche Zumutbarkeitsgrenze erreichen.
Aus dieser Erwägung hat der erkennende Senat in seinem Beschluss vom 4. Mai 2005 – BVerwG 4 C 6.04 – (BVerwGE 123, 322 ≪330 ff.≫) der Betreiberin des Flughafens Zürich ein Recht auf Berücksichtigung ihrer Belange bei der Festlegung der Flugrouten zu diesem Flughafen über deutsches Staatsgebiet zuerkannt: Das zuständige Luftfahrt-Bundesamt dürfe seinen Blick nicht gleichsam an der Grenze des deutschen Hoheitsgebiets enden lassen. Lege es Flugverfahren für einen ausländischen Flughafen fest, müsse es auch die Auswirkungen der Regelungen auf den Betrieb dieses Flughafens in seine Entscheidung einbeziehen. Das bei der Entscheidung zu berücksichtigende Abwägungsgebot vermittle dem ausländischen Flughafenbetreiber einen Anspruch auf gerechte Abwägung seiner Belange. Auch das ist eine Form des grenzüberschreitenden Nachbarschutzes.
Die grenzüberschreitende Drittwirkung des luftverkehrsrechtlichen Abwägungsgebots kann schließlich im Anschluss an das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Dezember 1986 – BVerwG 7 C 29.85 – (BVerwGE 75, 285 ≪286 bis 289≫ – Kernkraftwerk Emsland) im Wege völkerrechtsfreundlicher Auslegung auf die Anforderungen des zwischenstaatlichen Nachbarrechts zurückgeführt werden. Das Verbot grenzüberschreitender Umweltbeeinträchtigungen gehört heute zu den wenigen Umweltschutzregeln, bei denen es als sicher erscheint, dass sie Bestandteil des universellen Völkergewohnheitsrechts sind (vgl. Beyerlin, Umweltvölkerrecht, 2000, Rn. 117; Epiney, ArchVR 33 ≪1995≫ 309; Heintschel von Heinegg, Internationales öffentliches Umweltrecht, in: K. Ipsen, Völkerrecht, 5. Aufl. 2004, Rn. 17 ff.). Die Anerkennung der Klagebefugnis ausländischer Grenznachbarn trägt zur effektiven Durchsetzung dieser völkerrechtlichen Verpflichtung des Genehmigungsstaates bei (im Ergebnis ebenso: Beyerlin, EuGRZ 1987, 119 ≪120≫; Blümel, in: Festschrift f. K. Doehring, 1989, 89 ≪100 ff.≫; Bothe, UPR 1987, 170 ≪171≫; Wahl/Schütz, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Rn. 221 ff. zu § 42 Abs. 2 m.w.N.).
Das völkerrechtliche Territorialitätsprinzip (Grundsatz der Ausschließlichkeit der staatlichen Gebietshoheit) kann der Klagebefugnis ausländischer Grenznachbarn nicht entgegengehalten werden (Urteil vom 17. Dezember 1986 a.a.O. S. 286 f.). Der Schutz ausländischer Grenznachbarn durch das Abwägungsgebot des deutschen Fachplanungsrechts stellt keine Ausübung von Hoheitsgewalt auf fremdem Staatsgebiet dar. Aus völkerrechtlicher Sicht erforderlich ist allerdings, dass für den grenzüberschreitenden Nachbarschutz des Abwägungsgebots ein ausreichender inländischer Anknüpfungspunkt besteht, der es rechtfertigt, dem im Ausland wohnenden Grenznachbarn ein subjektiv-öffentliches Abwehrrecht gegen eine nach deutschem Recht erlassene Zulassungsentscheidung zu verleihen. Dieser Anknüpfungspunkt liegt hier in den grenzüberschreitenden Lärmimmissionen des auf deutschem Staatsgebiet genehmigten Konversionsvorhabens.
Der deutsch-niederländische Staatsvertrag vom 29. April 2003 steht der (eingeschränkten) Klagebefugnis der Klägerin ebenfalls nicht entgegen. Der Vertragstext lässt nicht offensichtlich und eindeutig erkennen, dass die Vertragsstaaten der Klägerin und anderen niederländischen Grenznachbarn die Möglichkeit nehmen wollten, sich vor deutschen Verwaltungsgerichten gegen die Konversionsgenehmigung zur Wehr zu setzen. Ausweislich seiner Präambel ist der Vertrag zwar “in dem Wunsch” abgeschlossen worden, “Mensch, Natur und Umwelt in den Grenzregionen möglichst umfassend gegen ungewünschte Auswirkungen des grenzüberschreitenden Luftverkehrs zu schützen”. Die der Bundesrepublik eingeräumte Befugnis zur Ausübung der Luftverkehrskontrolle in einem Teil des niederländischen Luftraums (Art. 1 ff.) wird daher in Art. 6 und 7 des Vertrages durch ein differenziertes Lärmschutzsystem für das grenznahe niederländische Hoheitsgebiet ergänzt. Dem Vertrag ist jedoch kein Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, dass die beiden Staaten in ihrem Verhältnis zueinander die Unanfechtbarkeit der Änderungsgenehmigung festschreiben wollten. Der Rechtsweg zu den deutschen Verwaltungsgerichten wird nicht ausgeschlossen. Dem Vertrag ist weder ausdrücklich noch sinngemäß zu entnehmen, dass der Betrieb des Flughafens Niederrhein nach deutschem Luftverkehrsrecht als genehmigt gilt. Es ist nicht eine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit der Klage, ob die Klägerin mit ihrem Anfechtungsantrag ungeachtet der vertraglich vereinbarten Lärmschutzmaßnahmen die (vollständige oder teilweise) Aufhebung der Änderungsgenehmigung beanspruchen kann.
2. Die vom Oberverwaltungsgericht in Anwendung der § 6 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. § 8 Abs. 5 Satz 1 LuftVG vorgenommene Überprüfung der planerischen Abwägung in den angefochtenen Bescheiden greift zu kurz. Die Vorinstanz blendet, soweit es um die Belange der Klägerin (Entwicklung der touristischen Infrastruktur, Eigentumsbelange) geht, die Regelungen des deutsch-niederländischen Staatsvertrages zur Beschränkung der Auswirkungen des Flugbetriebs über niederländischem Staatsgebiet aus seiner Abwägungskontrolle aus. Diese eingeschränkte Sichtweise wird dem Regelungsinhalt der Änderungsgenehmigung und des Staatsvertrages nicht gerecht.
Das Oberverwaltungsgericht hat die Klage der Klägerin mit den Klageverfahren der auf Bundesgebiet in der Nähe des Flughafens wohnenden Kläger zur gemeinsamen Entscheidung verbunden. Soweit es die Änderungsgenehmigung nebst Widerspruchsbescheiden aufgehoben hat, unterscheidet es bei der Abwägungskontrolle nicht zwischen der Klägerin als niederländischen Grenzgemeinde und den auf Bundesgebiet wohnenden Klägern. Gegenstand seiner Überprüfung sind die in Abschnitt A.I. Nr. 5 des verfügenden Teils der Genehmigung geregelten Flugzeiten für den Betrieb nach Instrumentenflugregeln über Bundesgebiet. Nach Ansicht der Vorinstanz ist diese weite Öffnung des ehemaligen Militärflugplatzes für den zivilen Luftverkehr “im genehmigten Umfang” abwägungsfehlerhaft, weil die Beklagte das öffentliche Interesse an der Realisierung des Konversionsvorhabens und das Gewicht der entgegenstehenden Lärmschutzbelange nicht mit der erforderlichen Genauigkeit und Differenzierung erfasst und das Ziel eines gerechten Ausgleichs verfehlt habe. Dieses Ergebnis steht zwar, soweit es die auf Bundesgebiet ansässigen Kläger betrifft, im Wesentlichen mit Bundesrecht im Einklang (vgl. hierzu die Urteile vom 16. Oktober 2008 – BVerwG 4 C 4.07 und BVerwG 4 C 5.07 –). Es berücksichtigt jedoch nicht die Lärmschutzregelungen zugunsten der niederländischen Grenznachbarn, die der deutsch-niederländische Staatsvertrag enthält, und kann deshalb nicht ohne Weiteres auf das Anfechtungsbegehren der Klägerin übertragen werden.
Die Änderungsgenehmigung bestimmt in Abschnitt A.I. VI. (Bedingungen), der Flughafen sei so zu betreiben, dass der niederländische Luftraum erst und nur in dem Umfang benutzt werde, der in “den zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande paraphierten Vereinbarungen zugelassen ist”. Der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 21. November 2003 nimmt auf diese Regelung Bezug und gibt den wesentlichen Inhalt der Lärmschutzbestimmungen in Art. 6 und 7 des während des Widerspruchverfahrens unterzeichneten Staatsvertrages vom 29. April 2003 wieder (Widerspruchsbescheid S. 37 ff.). Das Lärmschutzregime des Staatsvertrages wird damit in den verfügenden Teil der Änderungsgenehmigung einbezogen.
Unter Lärmschutzgesichtspunkten liegt darin eine Begünstigung der niederländischen Grenznachbarn im Vergleich zu den lärmbetroffenen Anwohnern auf Bundesgebiet: Die Betriebszeiten für den An- und Abflugverkehr über niederländischem Hoheitsgebiet sind deutlich enger gezogen als für den Flugbetrieb über Bundesgebiet. Während der Flugbetrieb über Bundesgebiet in der Zeit von 05:00 Uhr bis 24:00 Uhr allgemein zulässig ist, wird er über niederländischem Hoheitsgebiet grundsätzlich nur für die Zeit von 06:00 Uhr bis 23:00 Uhr gestattet (Art. 6 Abs. 1 des Vertrages). Im Gegensatz zur Regelung für das Bundesgebiet sind verspätete Starts- und Landungen von regelmäßigen Flügen nicht zwischen 00:00 Uhr und 01:00 Uhr, sondern nur zwischen 23:00 Uhr und 24:00 Uhr ausnahmsweise zulässig. Nach den Angaben in der Änderungsgenehmigung (S. 310) geht dies auf eine Forderung der niederländischen Regierung zurück, die darauf bestanden hatte, für den Flughafen Niederrhein die Betriebszeitenregelungen festzusetzen, die allgemein für die Umgebung niederländischer Regionalflughäfen gelten.
Art. 7 Abs. 1 des Staatsvertrages bestimmt, dass grenzüberschreitende Umweltauswirkungen und Sicherheitsrisiken durch den Flughafenbetrieb entsprechend den in den Niederlanden geltenden Berechnungsmethoden ermittelt und nach niederländischem Recht beurteilt werden. Die in Anlage 2 zum Vertrag aufgenommene Fluglärmzone darf beim Betrieb des Flughafens nur im Einvernehmen beider Vertragsparteien überschritten werden (Art. 7 Abs. 1 Satz 2). Die Bundesrepublik gewährleistet gegenüber der Flughafenbetreiberin, dass bei der Nutzung des Flughafens keine grenzüberschreitenden Umweltauswirkungen und Sicherheitsrisiken auftreten, die die Vorschriften i.S.d. ersten Absatzes überschreiten würden. Dem Vertrag ist ferner eine Protokollerklärung der beiden Staaten sowie eine Einvernehmliche Erklärung zum Umweltschutz beigefügt, die dem Anliegen der Niederlande Rechnung trägt, dem Umwelt-, Anwohner- und Naturschutz in der betroffenen Region, insbesondere den auf niederländischer Seite ausgewiesenen europäischen Schutzgebieten, “hohe Priorität” einzuräumen und Verfahrensregelungen für den Fall festzuschreiben, dass diese Gebiete in der Zukunft wesentlichen nachteiligen Auswirkungen des Flugbetriebs ausgesetzt sein würden (vgl. BGBl 2003 II S. 1763 ≪1776 f.≫).
Das Vertragswerk dokumentiert insgesamt den Willen der beiden Nachbarstaaten, im Wege wechselseitiger Zugeständnisse einen ausgewogenen Interessenausgleich zu finden und den Flugbetrieb über niederländischem Staatsgebiet in dem geregelten Umfang auf eine gesicherte rechtliche Grundlage zu stellen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Vertragsverhandlungen vor dem Hintergrund einer sich bereits im Genehmigungs- und Widerspruchsverfahren abzeichnenden ablehnenden Haltung der niederländischen Grenzbevölkerung und der Klägerin stattfanden. Durch den Vertragsabschluss haben die Vertragsparteien die inhaltliche Ausgestaltung des aktiven Fluglärmschutzes über niederländischem Staatsgebiet einer Sonderregelung unterworfen. Der Vertrag entfaltet in beiden Staaten innerstaatliche Geltung (Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG, Art. 93, 94 der Verfassung des Königreiches der Niederlande vom 24. August 1815 i.d.F. der Neubekanntmachung vom 17. Februar 1983).
Angesichts einer solchen staatsvertraglichen Sonderregelung mit dem Ziel, möglichst wirksame Maßnahmen des aktiven Lärmschutzes zugunsten der ausländischen Grenznachbarn zu treffen, kann einer deutschen Genehmigungsbehörde, die – wie hier die beklagte Bezirksregierung – das vertraglich vereinbarte Schutzregime zum Bestandteil ihrer Planungsentscheidung macht, in aller Regel nicht vorgeworfen werden, sie begehe dabei zu Lasten der ausländischen Grenznachbarn einen fachplanerischen Abwägungsfehler, weil sie keine noch weitergehenden Schutzmaßnahmen (Beschränkungen des Flugbetriebs) ergriffen habe.
3. Das Oberverwaltungsgericht hat jedoch im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die Änderungsgenehmigung in der Fassung des der Klägerin erteilten Widerspruchsbescheides vom 21. November 2003 an einem Verfahrensfehler leidet, weil die Beklagte der Frage, ob das Konversionsvorhaben einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen ist, nicht in der gesetzlich gebotenen Weise nachgegangen ist. Dabei ist die Vorinstanz zutreffend davon ausgegangen, dass der deutsch-niederländische Staatsvertrag es der Klägerin nicht verwehrt, auf der Grundlage des ihr zustehenden Anspruchs auf gerechte Abwägung geltend zu machen, ihre Bemühungen, die Erholungslandschaft auf ihrem Gebiet für den Tourismus zu erhalten und weiter zu entwickeln, seien wegen des Unterlassens einer erforderlichen Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) fehlerhaft bewertet und gewichtet worden.
3.1 Die Regelung der Flugbetriebszeiten in Art. 6 des Staatsvertrages setzt voraus, dass der Flugbetrieb über niederländischem Hoheitsgebiet auf der Grundlage einer Zulassungsentscheidung stattfindet, die in Einklang mit den zwingenden Verfahrensvorschriften des deutschen und europäischen Umweltrechts steht. Den Vertragsparteien kann nicht unterstellt werden, sie hätten den vereinbarten zeitlichen Beschränkungen des Flugbetriebs über niederländischem Staatsgebiet auch für den Fall strikte und unabdingbare Geltung beigemessen, dass eine erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung des Konversionsvorhabens unterblieben ist und ihre (nachträgliche) Durchführung Anlass zu noch weitergehenden Flugbetriebsbeschränkungen gegeben hätte.
Das Erfordernis einer Umweltverträglichkeitsprüfung für bestimmte öffentliche und private Projekte beruht auf Gemeinschaftsrecht (vgl. Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985, ABl Nr. L 175 S. 40 – UVP-Richtlinie – mit späteren Änderungen; s. dazu nachstehend unter 3.2). Das Ergebnis der Umweltverträglichkeitsprüfung ist bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens zu berücksichtigen (§ 12 UVPG, Art. 2 UVP-Richtlinie). Für den Fall, dass das hier umstrittene Konversionsvorhaben vor Abschluss des Genehmigungsverfahrens einer förmlichen Umweltverträglichkeitsprüfung hätte unterzogen werden müssen, kann die Flugzeiten-Regelung in Art. 6 des Staatsvertrages daher nicht als abschließende Sonderregelung verstanden werden. Sie steht unter dem ungeschriebenen Vorbehalt, dass die Ergebnisse einer Umweltverträglichkeitsprüfung auf der Genehmigungsebene keine weitergehenden Betriebsbeschränkungen oder gar die Versagung der Konversionsgenehmigung erfordert hätten. Das folgt letztlich aus dem in Art. 10 EG verankerten Gebot der gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung des innerstaatlichen Rechts, dem auch die Vorschriften eines in den innerstaatlichen Rechtsraum der Vertragsstaaten überführten völkerrechtlichen Vertrages unterliegen.
Dieses Auslegungsergebnis widerspricht entgegen der Revision der Beklagten nicht Art. 7 Abs. 4 des Staatsvertrages. Nach dieser Vorschrift werden Änderungen an Anlage oder Betrieb des Flughafens Niederrhein, die eine Erhöhung der Umweltauswirkungen zur Folge haben, nach den deutschen Verfahrensvorschriften und den einschlägigen Regelungen des Europäischen Gemeinschaftsrechts behandelt, wobei die in den Niederlanden ansässigen betroffenen Personen die gleichen Verfahrensrechte haben wie die Bewohner des Bundesgebiets (Satz 1). Vor der Festsetzung einer neuen Fluglärmzone ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen (Satz 3). Die notwendigen Untersuchungen sind nach Vorgaben der niederländischen Behörden im Auftrag des Flughafenbetreibers durchzuführen (Satz 4). Diese Verfahrensvorschriften beziehen sich zwar nur auf künftige, nach Abschluss des Genehmigungsverfahrens und der Widerspruchsverfahren erfolgende Änderungen des Flughafens. Daraus folgt jedoch nicht im Umkehrschluss, die Vertragsparteien hätten bei der Unterzeichnung des Vertrages am 29. April 2003 auf das Erfordernis einer europarechtlich gebotenen Umweltverträglichkeitsprüfung mit grenzüberschreitender Beteiligung im Genehmigungsverfahren bzw. in den bei Vertragsunterzeichnung bereits eingeleiteten Widerspruchsverfahren verzichten oder über das Fehlen einer erforderlichen Umweltverträglichkeitsprüfung hinweg sehen wollen. Die Vorschrift bestätigt nur, dass die Vertreter der vertragschließenden Staaten den Rechtsfragen, die eine Umweltverträglichkeitsprüfung mit grenzüberschreitender Beteiligung aufwerfen würde, nicht ausweichen wollten, hinsichtlich der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung im Genehmigungs- bzw. den Widerspruchsverfahren hingegen keinen vertraglichen Regelungsbedarf gesehen haben.
3.2 Das Oberverwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass sich die UVP-Pflichtigkeit des Vorhabens nach § 8 Abs. 5 Satz 3 Halbs. 2 LuftVG in der seit dem 3. August 2001 geltenden Fassung des Gesetzes zur Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie, der IVU-Richtlinie und weiterer EG-Richtlinien zum Umweltschutz vom 27. Juli 2001 (BGBl I S. 1950) beurteilt.
Nach dieser Vorschrift findet eine Planfeststellung oder Plangenehmigung im Fall der Öffnung eines ehemaligen Militärflugplatzes für die zivile Nutzung nicht statt, jedoch muss das Genehmigungsverfahren den Anforderungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) entsprechen, wenn die zivile Nutzung des Flugplatzes mit baulichen Änderungen oder Erweiterungen verbunden ist, für die nach dem UVPG eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist. Der Übergang von der militärischen zur zivilen Nutzung fordert wegen der erhöhten Sicherheitsanforderungen an den zivilen Flugbetrieb typischerweise bauliche Anpassungen der Flugverkehrsflächen und eine Erweiterung der Hindernisfreiflächen. Für derartige Anpassungen genügt eine Änderungsgenehmigung (Urteil vom 13. Dezember 2007 – BVerwG 4 C 9.06 – BVerwGE 130, 83 Rn. 24). Die im vorliegenden Streitfall genehmigten baulichen Änderungen und Erweiterungen überschreiten diesen Rahmen nicht.
Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts wurde der ehemalige Militärflugplatz Weeze-Laarbruch im Jahr 1954 ohne ein förmliches luftverkehrsrechtliches Zulassungsverfahren von den britischen Streitkräften angelegt und in Betrieb genommen. Auf die Frage, ob der Flugplatz gemäß § 71 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 LuftVG als genehmigt gilt, kommt es nicht an. § 8 Abs. 5 LuftVG setzt nicht voraus, dass die Anlegung des Militärflugplatzes genehmigt wurde oder als genehmigt gilt (Urteil vom 13. Dezember 2007 a.a.O. Rn. 26).
3.3 Dem Oberverwaltungsgericht ist auch darin zuzustimmen, dass hier der durch das Gesetz vom 27. Juli 2001 eingefügte § 8 Abs. 5 Satz 3 Halbs. 2 LuftVG anzuwenden ist, obwohl die angefochtene Änderungsgenehmigung bereits am 20. Juni 2001 erlassen wurde. Das ergibt sich aus allgemeinen Grundsätzen des Übergangsrechts. Das Luftverkehrsgesetz trifft keine spezialgesetzliche Übergangsregelung für § 8 Abs. 5 Satz 3 Halbs. 2 LuftVG. Die Vorschrift gilt daher für alle Genehmigungsverfahren, die im Zeitpunkt ihres Inkrafttretens noch nicht abgeschlossen waren. Bei Inkrafttreten des § 8 Abs. 5 Satz 3 Halbs. 2 LuftVG am 3. August 2001 war der Widerspruch der Klägerin gegen die Änderungsgenehmigung noch nicht beschieden. Das Genehmigungsverfahren war daher noch nicht beendet. Das Ausgangsverfahren bildet mit dem Widerspruchsverfahren eine Einheit und wird erst mit einem etwaigen Widerspruchsbescheid endgültig abgeschlossen (Urteil vom 1. Dezember 1989 – BVerwG 8 C 14.88 – BVerwGE 84, 178 ≪181≫). Das folgt aus dem engen funktionalen Zusammenhang zwischen Ausgangs- und Widerspruchsverfahren.
Dieser Zusammenhang zeigt sich u.a. darin, dass das Widerspruchsverfahren auch der Selbstkontrolle der Verwaltung dient (Urteil vom 23. März 1972 – BVerwG 3 C 132.70 – BVerwGE 40, 25 ≪28 f.≫; stRspr). Die Widerspruchsbehörde hat die Recht- und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts nachzuprüfen (§ 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Sie hat bei ihrer Entscheidung grundsätzlich Rechtsänderungen zu beachten, die bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides eintreten (Beschluss vom 3. November 2006 – BVerwG 10 B 19.06 – DÖV 2007, 302; stRspr). Sie kann die in einer angefochtenen Genehmigung enthaltenen Auflagen ändern oder neue Auflagen hinzufügen. Änderungen des Ausgangsbescheids können im Widerspruchsverfahren unabhängig von §§ 48, 49 VwVfG erfolgen. Gegenstand der Anfechtungsklage ist der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat (§ 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Der verfahrensrechtliche Zusammenhang zwischen Ausgangs- und Widerspruchsverfahren rechtfertigt es, das Widerspruchsverfahren unabhängig von seiner prozessrechtlichen Ausformung als Fortsetzung des Ausgangsverfahrens anzusehen. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist daher geklärt, dass das Verwaltungsverfahren (§ 9 VwVfG) im Falle der Erhebung des Widerspruchs gegen den Ausgangsbescheid im Widerspruchsverfahren i.S.d. § 3 Abs. 3 VwVfG “fortgeführt” wird (Urteil vom 18. April 1986 – BVerwG 8 C 81.83 – Buchholz 316 § 3 VwVfG Nr. 2; ebenso Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., 2008, Rn. 23a zu § 9 m.w.N.).
Das Oberverwaltungsgericht (UA S. 47 f.) weist zu Recht darauf hin, dass dieses Ergebnis auch dem vom Gesetzgeber mit der Einfügung des § 8 Abs. 5 Satz 3 Halbs. 2 LuftVG verfolgten Ziel einer gemeinschaftsrechtskonformen Umsetzung der UVP-Richtlinien (Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985, ABl L 175 S. 40, geändert durch Richtlinie 97/11/EG des Rates vom 3. März 1997, ABl L 73 S. 5) entspricht (vgl. hierzu BTDrucks 14/4599 S. 64, 160 und BTDrucks 14/5204 S. 6). Gründe dafür, dass die Vorprüfung der UVP-Pflicht im Einzelfall und die Durchführung einer förmlichen UVP (§§ 5 ff. UVPG), insbesondere die Beteiligung von Behörden und der Öffentlichkeit sowie die zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen, aus verfahrensrechtlichen oder sonstigen Gründen in einem Widerspruchsverfahren nicht stattfinden könnten, sind nicht ersichtlich.
3.4 Die Frage nach der UVP-Pflichtigkeit des hier umstrittenen Konversionsvorhabens ist auf der Grundlage des § 8 Abs. 5 Satz 3 Halbs. 2 LuftVG i.V.m. § 25 Abs. 2 Satz 2 UVPG i.d.F. der Bekanntmachung vom 5. September 2001 (BGBl I S. 2350 – UVPG 2001) zu beantworten. § 3e Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 3c Abs. 1 Satz 1 UVPG 2001 ist entgegen der Ansicht des Oberverwaltungsgericht nicht anzuwenden.
§ 25 Abs. 2 Satz 2 UVPG 2001 ist Bestandteil einer differenzierten, nach Zeiträumen gestaffelten Übergangsvorschrift, die im Anschluss an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urteil vom 22. Oktober 1998 – Rs. C-301/95 – Kommission./.Deutschland) sicherstellt, dass die Vorschriften des UVPG i.d.F. vom 12. Februar 1990 (BGBl I S. 205, zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. August 1997, BGBl I S. 2081 – UVPG 1990/1997) auch für Vorhaben gelten, die nicht in der bisherigen Anlage 2 zu § 3 UVPG 1990/1997, aber im Anhang II der UVP-Richtlinie 85/337/EWG aufgelistet sind (vgl. BTDrucks 14/4599 S. 105). Derartige “Altvorhaben” (BTDrucks 14/4599 a.a.O.) waren bisher nach deutschem Recht nicht UVP-pflichtig. Für sie sollte eine Vorprüfung “entsprechend” Art. 2 Abs. 1 UVP-Richtlinie 1985 eingeführt werden.
Nach § 25 Abs. 2 Satz 2 UVPG 2001 sind Vorhaben, die im Anhang II der UVP-Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 (UVP-Richtlinie 1985) aufgelistet sind, hinsichtlich ihrer UVP-Pflichtigkeit einer Vorprüfung zu unterziehen. Zu den Projekten nach Anhang II Nr. 12 der UVP-Richtlinie 1985 gehört die Änderung von Projekten des Anhangs I. Unter Anhang I Nr. 7 der UVP-Richtlinie 1985 fällt u.a. der Bau von Flugplätzen mit einer Start- und Landebahngrundlänge von 2 100 m und mehr. Die Start- und Landebahn des ehemaligen Militärflugplatzes Weeze-Laarbruch hat nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts eine Länge von 2 440 m. Die hier von der Beklagten genehmigten baulichen Änderungen und Erweiterungen stellen eine Änderung des Flugplatzes i.S.v. Anhang II Nr. 12 der UVP-Richtlinie 1985 dar, obwohl sie die Start- und Landebahn selbst nicht berühren. Das ergibt sich aus Folgendem:
Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 28. Februar 2008 in der Rechtssache C-2/07 (NuR 2008, 255 – Flughafen Lüttich-Bierset) bezieht sich Anhang II Nr. 12 i.V.m. Anhang I Nr. 7 der UVP-Richtlinie in ihrer ursprünglichen Fassung vom 27. Juni 1985 auch auf Änderungen der Infrastruktur eines vorhandenen Flugplatzes ohne Verlängerung der Start- und Landebahn, sofern diese Arbeiten, insbesondere aufgrund ihrer Art, ihres Umfangs und ihrer Merkmale, als Änderung des Flugplatzes selbst anzusehen sind. Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung ist ohne Weiteres davon auszugehen, dass bauliche Änderungen und Erweiterungen eines ehemaligen Militärflugplatzes mit dem Ziel, diesen für den zivilen Flugbetrieb zu öffnen, jedenfalls dann als eine Änderung des Flugplatzes i.S.v. Anhang II Nr. 12 der UVP-Richtlinie 1985 anzusehen sind, wenn die zivile Nutzung als Verkehrsflughafen erst durch diese baulichen Änderungen und Erweiterungen ermöglicht wird. Das ist hier der Fall. Die der Beigeladenen genehmigten baulichen Änderungen betreffen u.a. die Herstellung einer einheitlichen Neigung von ca. 1,5 % über die gesamte Start- und Landebahnbreite, die Verbreiterung der Rollbahnen auf die Regelbreite von 23 m sowie die Anpassung von Abrollbahnen an die besonderen Bedürfnisse des zivilen Luftverkehrs. Nach der Begründung der Änderungsgenehmigung sind diese Änderungen der bestehenden Flugplatzanlage für die Abwicklung des künftigen zivilen Luftverkehrs erforderlich (Änderungsgenehmigung vom 20. Juni 2001 S. 94). Auch das Oberverwaltungsgericht verweist auf den bestehenden Zusammenhang zwischen den genehmigten Arbeiten an den Roll- und Abrollbahnen und dem geplanten zivilen Luftverkehr (UA S. 49 f.).
3.5 Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts sowie nach der Begründung der Änderungsgenehmigung und des der Klägerin erteilten Widerspruchsbescheides, die das Revisionsgericht unabhängig von etwaigen Verfahrensrügen inhaltlich zu erfassen und würdigen hat (Urteil vom 12. Dezember 1996 – BVerwG 4 C 29.94 – BVerwGE 102, 331 ≪349≫), ist davon auszugehen, dass eine den Anforderungen des § 25 Abs. 2 Satz 2 UVPG 2001 entsprechende Vorprüfung des Konversionsvorhabens durch die Beklagte vor Abschluss der Widerspruchsverfahren nicht stattgefunden hat. Nach § 25 Abs. 2 Satz 2 UVPG 2001 sind Konversionsvorhaben nach den verfahrensrechtlichen Vorgaben in §§ 5 bis 12 UVPG 1990/1997 einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen, wenn sich aufgrund überschlägiger Prüfung der zuständigen Behörde ergibt, dass das Vorhaben insbesondere aufgrund seiner Art, seiner Größe oder seines Standortes erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann.
Das Oberverwaltungsgericht misst die umweltrelevanten Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden zwar am Maßstab des – wie dargelegt hier nicht einschlägigen – § 3e Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 3c Abs. 1 Satz 1 UVPG 2001. Ihm ist jedoch darin beizupflichten, dass die von der Beklagten angeführten Rechtsgründe für das Unterlassen einer förmlichen Umweltverträglichkeitsprüfung nicht zutreffen. Das gilt auch für die in § 25 Abs. 2 Satz 2 UVPG 2001 normierte Vorprüfungspflicht.
In dem der Klägerin erteilten Widerspruchsbescheid vom 21. November 2003 (S. 73 ff.) vertritt die Beklagte den Standpunkt, Konversionsvorhaben seien nur dann UVP-pflichtig, wenn die erforderlichen baulichen Änderungen an der Flugplatzanlage erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben könnten. Das sei im Fall des ehemaligen Militärflugplatzes Weeze-Laarbruch nicht der Fall. Die Start- und Landebahn werde nicht verlegt oder wesentlich geändert. Nur geringfügige bauliche Änderungen seien an Rollbahnen und Abstellflächen erforderlich. Erhebliche Umwelteinwirkungen dieser Anpassungsmaßnahmen seien von Anfang an ausgeschlossen. Das “Gesicht” des Flugplatzes bleibe unverändert. Die Befürchtung zusätzlicher Verkehrsbelastungen durch die beabsichtigte zivile Nutzung des Flugplatzes mache eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich. Die UVP-Richtlinie 1985 in der hier anzuwendenden Fassung der Änderungsrichtlinie 97/11/EG erfordere keine andere rechtliche Betrachtung. Sie stelle in der Frage der Erforderlichkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung allein auf die Länge der Start- und Landebahnen ab, die hier nicht verändert werde. Diesen Standpunkt wiederholt die Beklagte im Revisionsverfahren.
Der rechtliche Ansatz der Beklagten greift zu kurz. Er ist weder mit der UVP-Richtlinie 1985/1997 noch mit § 25 Abs. 2 Satz 2 UVPG 2001 vereinbar. Bei Konversionsvorhaben erstreckt sich die Prüfung der Umweltauswirkungen der vorgesehenen baulichen Änderungen und Erweiterungen des Flugplatzes auch auf die betrieblichen Auswirkungen der beabsichtigten zivilen Nutzung (Urteil vom 13. Dezember 2007 a.a.O. Rn. 30). Jedenfalls dann, wenn die zivile Nutzung als Verkehrsflughafen erst durch die baulichen Änderungen und Erweiterungen ermöglicht würde, sind ihre betriebsbedingten nachteiligen Umweltauswirkungen im Rahmen der Vorprüfung des Einzelfalls nach § 25 Abs. 2 Satz 2 UVPG 2001 zu berücksichtigen. Nach Art. 3 der UVP-Richtlinie 1985 umfasst die Umweltverträglichkeitsprüfung die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen eines Vorhabens auf die im Einzelnen aufgeführten Schutzgüter. Der Europäische Gerichtshof legt den Begriff der mittelbaren Auswirkungen weit aus (vgl. Urteil vom 28. Februar 2008 – Rs. C-2/07 – NuR 2008, 255 Rn. 42 – Flughafen Lüttich-Bierset). Nach seiner Ansicht liefe es der Zweckrichtung der UVP-Richtlinie zuwider, wenn im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung eines Projekts oder seiner Änderung nur die unmittelbaren Wirkungen der geplanten Arbeiten selbst in Rechnung gestellt würden, nicht aber die Auswirkungen auf die Umwelt, die durch die Benutzung und den Betrieb der aus diesen Arbeiten hervorgegangenen Anlagen hervorgerufen werden könnten (EuGH, Urteil vom 28. Februar 2008 a.a.O. Rn. 43).
3.6 Das Konversionsvorhaben der Beigeladenen war einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen. Die Beklagte hätte die Erheblichkeit der in einer Vorprüfung zu ermittelnden betriebsbedingten Umweltauswirkungen des Konversionsvorhabens nicht verneinen dürfen.
Nachteilige Umweltauswirkungen im Sinne von § 3e Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 3c Abs. 1 Satz 1 und 3 UVPG 2001 sind bereits dann erheblich, wenn sie nach § 12 UVPG bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens zu berücksichtigen wären (Urteil vom 13. Dezember 2007 – BVerwG 4 C 9.06 – BVerwGE 130, 83 Rn. 34). Der Maßstab für die Erheblichkeit ist also dem materiellen Zulassungsrecht zu entnehmen. Das gilt auch für die Vorprüfung eines Konversionsvorhabens nach § 8 Abs. 5 Satz 3 Halbs. 2 LuftVG i.V.m. § 25 Abs. 2 Satz 2 UVPG 2001. Nachteilige betriebsbedingte Umweltauswirkungen der zivilen Nutzung eines ehemaligen Militärflugplatzes sind bei der Entscheidung über die Änderungsgenehmigung zu berücksichtigen und damit grundsätzlich im UVP-rechtlichen Sinn erheblich, wenn sie mehr als geringfügig und damit abwägungserheblich sind (vgl. Urteil vom 13. Dezember 2007 a.a.O. Rn. 34).
Der Fluglärm, dem die Klägerin nach der Konversion des ehemaligen Militärflugplatzes ausgesetzt sein würde, war abwägungserheblich. Das stellt die Beklagte auch nicht in Abrede. Sie hat zugunsten der Klägerin die Betriebszeiten-Regelung in Art. 6 des deutsch-niederländischen Staatsvertrags in den Regelungsteil der Änderungsgenehmigung (Abschnitt A VI. Nr. 2, S. 7) übernommen und weitere Maßnahmen des aktiven Lärmschutzes, insbesondere die Festlegung von Bewegungskontingenten, erwogen, aber unterlassen (vgl. Änderungsgenehmigung S. 310). Bereits hieraus folgt, dass die Lärmauswirkungen des Konversionsvorhabens auf das Gemeindegebiet der Klägerin rechtlich erheblich sind und auf der Grundlage einer ordnungsgemäßen Vorprüfung die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung begründet hätten.
4. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts ist mit Bundesrecht nicht vereinbar, weil es die von der Klägerin angefochtene Änderungsgenehmigung in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21. November 2003 aufhebt, ohne zu klären, ob das Unterlassen der erforderlichen Umweltverträglichkeitsprüfung hinsichtlich der Umweltauswirkungen des Flugbetriebs auf niederländisches Hoheitsgebiet und damit auch auf das Gemeindegebiet der Klägerin auf die Erteilung der Änderungsgenehmigung oder ihren Inhalt von Einfluss gewesen ist. Das nötigt zur Zurückverweisung (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).
4.1 Ist eine rechtlich gebotene Umweltverträglichkeitsprüfung für ein Vorhaben nicht durchgeführt worden, kommt die Aufhebung der Zulassungsentscheidung oder ihre Außervollzugsetzung bis zur Behebung des Fehlers in einem ergänzenden Verwaltungsverfahren nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur in Betracht, wenn die konkrete Möglichkeit besteht, dass die Behörde nach Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung anders entschieden hätte (Urteile vom 13. Dezember 2007 a.a.O. Rn. 38, vom 18. November 2004 – BVerwG 4 CN 11.03 – BVerwGE 122, 207 ≪213≫ und vom 25. Januar 1996 – BVerwG 4 C 5.95 – BVerwGE 100, 238 ≪250≫).
Jedenfalls für Projekte, für die das Genehmigungsverfahren vor Ablauf der Frist zur Umsetzung des durch die Richtlinie 2003/35/EG vom 26. Mai 2003 (ABl Nr. L 156 S. 17) eingefügten Art. 10a der UVP-Richtlinie (vgl. dazu § 4 Abs. 1 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes vom 7. Dezember 2006, BGBl I S. 2816) eingeleitet wurde, gebietet auch das Europäische Gemeinschaftsrecht nicht, eine luftverkehrsrechtliche Änderungsgenehmigung wegen des Unterlassens einer rechtlich gebotenen Umweltverträglichkeitsprüfung aufzuheben (oder ihren Vollzug auszusetzen), wenn die Öffentlichkeit vor Erteilung der Genehmigung Gelegenheit hatte, sich zu dem Projekt zu äußern, die Auswirkungen des Projekts auf die Umwelt umfassend geprüft wurden und es keine konkreten Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Behörde eine andere Entscheidung getroffen hätte, sofern eine förmliche Umweltverträglichkeitsprüfung für das Projekt durchgeführt worden wäre (vgl. Urteil vom 13. Dezember 2007 a.a.O. Rn. 41 bis 43).
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs kann eine unterlassene förmliche Umweltverträglichkeitsprüfung durch gleichwertige Maßnahmen ersetzt werden, wenn diese den Mindestanforderungen der Art. 3 und Art. 5 bis 10 der UVP-Richtlinie 1985 genügen (EuGH, Urteil vom 25. Juli 2008 – Rs. C-142/07 – Rn. 50, Ecologistas/Madrid; Schlussanträge der Generalanwältin Kokott vom 30. April 2008 – Rs. C-142/07 – Rn. 57 ff., 62 m.w.N.). Das innerstaatliche Gericht hat daher zu prüfen, ob vor der Genehmigung des Vorhabens die Umweltauswirkungen ausreichend erforscht und dargestellt (Art. 3 und 5 UVP-Richtlinie 1985) und diese Erkenntnisse der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt wurden (Art. 6 und 7 UVP-Richtlinie 1985), die Öffentlichkeit dazu Stellung nehmen konnte (Art. 6 und 7 UVP-Richtlinie 1985) und die Angaben zu den Umweltauswirkungen und die Stellungnahmen der Öffentlichkeit in der Zulassungsentscheidung berücksichtigt wurden (EuGH, Urteil vom 25. Juli 2008 a.a.O. Rn. 50; Schlussanträge Kokott a.a.O. Rn. 63).
4.2 Eine eingehende Würdigung der Antragsunterlagen der Beigeladenen sowie der von ihr im Ausgangs- und in den Widerspruchsverfahren vorgelegten weiteren Gutachten zu den Umweltauswirkungen des Konversionsvorhabens hat das Oberverwaltungsgericht unter dem Gesichtspunkt, ob die Beklagte bei Durchführung einer förmlichen Umweltverträglichkeitsprüfung zugunsten der Klägerin möglicherweise eine andere Entscheidung in der Sache, insbesondere hinsichtlich der Beschränkungen des Flugbetriebs aus Gründen des aktiven Lärmschutzes, getroffen hätte, nicht vorgenommen. Es befasst sich nur mit der Ergebnisrelevanz des von ihm festgestellten Verfahrensfehlers, d.h. des Unterlassens einer dem (hier nicht einschlägigen) § 3c Abs. 1 UVPG 2001 genügenden Vorprüfung (UA S. 54) und führt aus, “ein mögliches Einwirken des Mangels auf die Abwägungsentscheidung” sei “ebenso einzustellen …, wie ein Bezug zu den Klägern, vgl. etwa 1.2, 1.4, 2.1, 2.3.1, 2.3.4, 3.4 der Anlage 2 zum UVPG”.
Diese Ausführungen beziehen sich offensichtlich auf die Ergebnisrelevanz der nicht ordnungsgemäß durchgeführten Vorprüfung. Das zeigt insbesondere der Hinweis der Vorinstanz auf die Kriterien der Anlage 2 zum UVPG, die (nur) für die Vorprüfung nach § 3c Abs. 1 UVPG 2001, nicht für eine sich anschließende Umweltverträglichkeitsprüfung Verbindlichkeit beanspruchen. Offen bleibt, ob die von der Beklagten im Ausgangs- und Widerspruchsverfahren zugrunde gelegten umweltrelevanten Gutachten und Stellungnahmen inhaltlich einer förmlichen Umweltverträglichkeitsprüfung gleichwertig sind und insbesondere den Anforderungen des Art. 3 der UVP-Richtlinie 85/337/EWG vom 27. Juni 1985, geändert durch die Richtlinie 97/11/EG des Rates vom 3. März 1997, genügen.
5. Jedenfalls heute mit Bundesrecht nicht mehr vereinbar ist die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, das Luftverkehrsgesetz sehe die Möglichkeit, eine verfahrensfehlerhaft unterlassene Umweltverträglichkeitsprüfung in einem ergänzenden Verwaltungsverfahren nachzuholen, nicht vor. Sollte die erneute Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht ergeben, dass das Unterlassen einer förmlichen Umweltverträglichkeitsprüfung zum Nachteil der Klägerin von Einfluss auf das Abwägungsergebnis gewesen ist, könnte sie in einem ergänzenden Verwaltungsverfahren nachgeholt und zum Gegenstand einer abschließenden Abwägung der Beklagten gemacht werden.
Maßgeblich ist § 6 Abs. 5 Satz 1 LuftVG i.d.F. des Art. 5 Nr. 1 des Gesetzes zur Beschleunigung von Planungsverfahren für Infrastrukturvorhaben vom 9. Dezember 2006 (BGBl I S. 2833). Die Vorschrift ordnet für das Genehmigungsverfahren des § 6 LuftVG – und somit auch für das Verfahren der Änderungsgenehmigung in Konversionsfällen nach § 8 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 6 Abs. 4 Satz 2 LuftVG – die entsprechende Anwendung des § 10 Abs. 8 LuftVG an. Entsprechend § 10 Abs. 8 Satz 2 LuftVG führt eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften nur dann zur Aufhebung der Konversionsgenehmigung, wenn sie nicht durch Planergänzung oder durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Die Vorschrift ist seit ihrem Inkrafttreten am 17. Dezember 2006 anzuwenden; sie ist auch im Revisionsverfahren zu beachten (Urteil vom 23. Januar 1981 – BVerwG 4 C 82.77 – BVerwGE 61, 285 ≪286≫). § 10 Abs. 8 Satz 2 Halbs. 1 LuftVG will die radikale Folge der Rechtswidrigkeit einer Planungsentscheidung – die Kassation – vermeiden, wenn der Fehler in einem ergänzendes Verwaltungsverfahren geheilt werden kann. In diesem Fall hat das Gericht (nur) die Rechtswidrigkeit der Planungsentscheidung auszusprechen mit der Folge, dass sie bis zur Behebung des Mangels nicht vollziehbar ist. Ob die Genehmigungsbehörde von der Möglichkeit des ergänzenden Verfahrens Gebrauch macht, bleibt ihr überlassen (vgl. hierzu allgemein Urteil vom 21. März 1996 – BVerwG 4 C 19.94 – BVerwGE 100, 370 ≪372 f.≫).
Unterschriften
Prof. Dr. Rojahn, Gatz, Dr. Jannasch, Dr. Philipp, Dr. Bumke
Fundstellen
BVerwGE 2009, 151 |
BauR 2009, 790 |
DÖV 2009, 422 |
NuR 2009, 408 |
VR 2009, 214 |
ZfBR 2009, 279 |
DVBl. 2009, 315 |
UPR 2009, 151 |