Die Klage ist jedoch unbegründet. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss leidet an keinem Rechtsmangel, den der Kläger rügen könnte.
a) Der Kläger beanstandet in erster Linie einen Verstoß gegen das Gebot des § 19 Abs. 1 BNatSchG, § 9 Abs. 1 Nr. 2 SächsNatSchG. Hiernach ist der Verursacher eines Eingriffs zu verpflichten, vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu unterlassen. Das naturschutzrechtliche Vermeidungsgebot gilt allerdings nur innerhalb des konkret geplanten Vorhabens. Vermeidungsmaßnahmen, die ein – partiell – anderes Vorhaben bedingen, sind im Rahmen der allgemeinen fachplanerischen Abwägung zu prüfen; sie werden – wie etwa der gänzliche Verzicht auf das Vorhaben oder eine mehr als nur geringfügige Abweichung der räumlichen Trassenführung – nicht durch das Vermeidungsgebot gefordert (BVerwG, Urteil vom 7. März 1997 – BVerwG 4 C 10.96 – BVerwGE 104, 144 ≪150 f.≫).
Die vom Kläger geforderte Aufweitung des Brückenbauwerks 52.1 kann als naturschutzrechtliche Vermeidungsmaßnahme gewertet werden und wird von den Beteiligten auch als solche verstanden. Eine längere Brücke würde an dem Streckencharakter nichts Entscheidendes ändern. Sie hätte keinen Einfluss auf den Straßenquerschnitt und auf die Gradientenführung. Die A 38 könnte im Bereich des ehemaligen Tagebaugeländes Espenhain weiterhin auf dem bereits geschütteten Damm geführt werden, der seinerseits außer einer Verkürzung beidseitig des Verbindungskanals keiner weiteren Umgestaltung bedürfte.
Angesprochen ist das Vermeidungsgebot, wenn in Natur und Landschaft eingegriffen wird. Eingriffe sind nach § 18 Abs. 1 BNatSchG, § 8 Abs. 1 SächsNatSchG Veränderungen der Gestalt oder der Nutzung von Grundflächen oder Veränderungen des mit der belebten Bodenschicht in Verbindung stehenden Grundwasserspiegels, die die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigen können.
Ein Eingriff liegt zweifellos darin, dass die Trasse der A 38 den ausgeprägten Wechsel von Groß- und Mittelsäugern zwischen der Crostewitzer Höhe und den vorgelagerten Äsungsflächen sowie die jahreszeitlichen Wanderungen zwischen der Crostewitzer Höhe und dem Bereich des Stöhnaer Beckens unterbrechen wird. Um diese Folge angemessen zu bewältigen, reicht die planfestgestellte lichte Weite des Überführungsbauwerks Nr. 52.1 indes aus. Im Planfeststellungsbeschluss heißt es dazu, dass die vorgesehenen beidseitigen Wirtschaftswege entlang des Verbindungskanals einschließlich der flachen Böschungen die Möglichkeit zum Wildwechsel böten. Im Bereich des westlichen Brückenwiderlagers werde auf einer Breite von sieben bis zehn Metern durch eine artgerechte Gestaltung und Bepflanzung die Möglichkeit einer Passierbarkeit für Groß- und Mittelsäuger geschaffen, der Boden in diesem Bereich nicht befestigt. Durch Leitstrukturen im Vorfeld solle das Wild auf die Brücke zugeführt werden. Obwohl diese die unterbrochenen Querungsmöglichkeiten wegen des Wirtschafts- und Bootsverkehrs nicht vollständig aufnehmen könne, blieben die anthropogenen Störungen gering, weil die relevanten Tierarten vorwiegend nachts wechselten. Außerdem würden durch Ersatzmaßnahmen neue Teillebensräume südlich der Crostewitzer Höhe geschaffen. Eine weitere Querungsmöglichkeit biete der Wirtschaftsweg, der auf dem Überführungsbauwerk 51.1 bei Bau-km 51+270 die A 38 kreuzen werde. Auch auf dieses Bauwerk solle das Wild von dem Waldgebiet der Crostewitzer Höhe durch eine geschlossene Leitpflanzung hingeführt werden.
Mit diesen Ausführungen ist schlüssig aufgezeigt, dass die Eingriffsfolgen für Groß- und Mittelsäuger durch die planfestgestellte Brücke ausreichend entschärft werden. Die Darlegungen werden durch das Gutachten des Umweltinstituts Höxter, auf das sich der Kläger beruft, nicht ernstlich in Frage gestellt. Es vertritt zwar eine gegenteilige Position (S. 28), berücksichtigt dabei aber nicht die zusätzliche Querungsmöglichkeit bei Bau-km 51+270 und geht auch auf die Nachtaktivitäten der betroffenen Tierarten nicht ein. Eigene Bedenken macht der Kläger nicht geltend. Er beanstandet im Wesentlichen, dass der Beklagte die faunistische Ausstattung des Plangebiets nicht vollständig ermittelt und deshalb die Beeinträchtigungen des gegenwärtigen Zustands der Natur nur unzureichend erfasst habe. Diesen Vorwurf kann der Senat nicht bestätigen. Er hat namentlich keinen Anlass anzunehmen, dass der Beklagte die Existenz von Amphibien, deren Ansprüchen der vorgesehene Durchlass nicht genügen soll, übersehen hat. Die Autorin des landschaftspflegerischen Begleitplans hat in der mündlichen Verhandlung bekundet, sie habe das ehemalige Braunkohlegebiet entlang der Trasse bis zu den (östlich gelegenen) Ackerflächen untersucht und als artenarm vorgefunden. Damit stimmt überein, dass der landschaftspflegerische Begleitplan (S. 30) Amphibienvorkommen nur im Bereich der Ortslage Güldengossa lokalisiert. Der Kläger hat diesen Befund nicht nachhaltig erschüttert. Er hat dem Senat keine greifbaren Anhaltspunkte dafür geliefert, dass der von der A 38 betroffene Bereich der Bergbaufolgelandschaft schon jetzt in nennenswertem Umfang von Amphibien besiedelt ist. Das Gutachten des Umweltinstituts Höxter hilft ihm insoweit nicht weiter, weil dessen Verfasser auf eigene Untersuchungen verzichtet hat.
Die Frage nach dem Vorliegen eines Eingriffs in Natur und Landschaft darf freilich nicht auf eine Momentaufnahme anhand der Ist-Situation verkürzt werden. Ob ein Eingriff gegeben ist, hängt nach der gesetzlichen Definition davon ab, ob eine erhebliche Beeinträchtigung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder des Landschaftsbildes zu besorgen ist. Fähigkeit bedeutet soviel wie “imstande sein, zu etwas in der Lage sein” und ist etwas anderes als eine aktuell erbrachte Leistung (Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, 2. Aufl. 2003, § 1 Rn. 44). Der Begriff “Fähigkeit” schließt vorhandene, zurzeit aber nicht aktualisierte Potenziale mit ein (Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, 2. Aufl. 2003, A 1, § 1 Rn. 5; Eissing/Louis, NuR 1996, 485 ≪488≫). Dies entspricht der Aufgabe der Eingriffsregelung. Ihr Vermeidungsgebot will zwar den status quo der gegebenen Situation erhalten (Haber/Lang/Jessel/Spandau/Köppel/Schaller, Entwicklung von Methoden zur Beurteilung von Eingriffen nach § 8 Bundesnaturschutzgesetz, Kap. 6.1.4, S. 170; Kuschnerus, NVwZ 1996, 235 ≪238≫). Da der Zustand der Natur aber nicht statisch ist, soll ihr durch die Vermeidung oder Minderung der Eingriffsfolgen auch die Chance gegeben werden, sich zu entwickeln. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Staatszielbestimmung in Art. 20a GG, wonach der Staat in Verantwortung für die derzeitigen und künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere zu schützen hat, darf das Vermeidungsgebot nicht darauf reduziert werden, den zum Zeitpunkt der Veränderungen des Lebensraums aktuellen Zustand, der oft auf zufällige Ereignisse zurückzuführen ist, zu konservieren (Eissing/Louis, a.a.O.).
Künftige naturräumliche Entwicklungen werden durch das Vermeidungsgebot indes nur geschützt, soweit ihr Eintritt tatsächlich zu erwarten ist. Visionen und Hoffnungen sind nicht Maßstab bildend. Wird in einen Landschaftsraum hinein geplant, der sich wie hier im Umbruch befindet und dessen Entwicklung sich allenfalls in groben Zügen abzeichnet, ist der Planer im Rahmen der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung nicht gehalten, alle denkbaren Zukunftsszenarien zu antizipieren und dafür vorzusorgen, dass eine spätere Entscheidung für die natürliche Belassenheit der Umgebung des Vorhabens als eine von mehreren denkbaren Alternativen möglich bleibt. Es läge außerhalb der Bedeutung des Wortes “Eingriff” und würde das Vermeidungsgebot überbeanspruchen, wenn der Eingreifende verpflichtet wäre, Entwicklungschancen der Natur prophylaktisch offen zu halten.
Der Senat hält die Prognose des Klägers, die Bergbaufolgelandschaft in der Umgebung der A 38 werde sich zu einem hochwertigen Biotop mit wiederkehrenden seltenen Arten verwandeln, für nicht belastbar genug, um den Anwendungsbereich des Vermeidungsgebots zu eröffnen. Der Beklagte weist zutreffend darauf hin, dass sich der künftige Zustand von Natur und Landschaft wegen der zahlreichen Planungsaktivitäten für das ehemalige Tagebaugebiet Espenhain, aus dem unter der Bezeichnung “Neuseenland” eine Natur- und Freizeitwasserlandschaft werden soll, nicht abschätzen lässt. Die vom Kläger vorausgesagte Aufwertung des Natur- und Landschaftsraums ist insbesondere durch die Realisierung des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans “Silberschacht” der Stadt Markkleeberg sowie durch weitere ins Auge gefasste Maßnahmen der touristischen Infrastruktur gefährdet. Der Bebauungsplan sieht am Südostufer des Markkleeberger Sees in unmittelbarer Nähe zur Einmündung des Verbindungskanals umfangreiche Flächen für verschiedene Vorhaben des Tourismus und der Naherholung vor (Hafen, Surfstrand, Wildwasserbahn, Flächen für Sport und Erholung, Hotel, öffentliche Parkplätze). Zur Erschließung insbesondere der Slalom- und Wildwasserstrecke ist die Stadt Markkleeberg an einem Weg zur B 2 interessiert, der – parallel zur A 38 verlaufend – dem Busverkehr zur Verfügung stehen soll und den Verbindungskanal ebenfalls queren müsste. Des Weiteren gibt es Bestrebungen zur Herstellung eines verzweigten Geh- und Radwegenetzes westlich des Markkleeberger Sees unter Einbeziehung der Wirtschaftswege unter dem umstrittenen Brückenbauwerk. Sollten alle Planungen verwirklicht werden, dürfte der fragliche Landschaftsraum für die vom Kläger erwartete und begrüßte naturfachliche Weiterentwicklung nicht zur Verfügung stehen. Die Vorstellung, die Belastungen, welche die touristische Nutzung des Markkleeberger Sees und seiner Umgebung mit sich brächten, ließen sich auf die geplanten Nutzungsbereiche beschränken, hat der Beklagte anhand des Beispiels des Cospudener Sees, bei dem das Konzept eines Nebeneinanders von Tourismus und Natur-/Landschaftsentwicklung zumindest in Großstadtnähe als weitgehend gescheitert betrachtet werden müsse, unwidersprochen als unrealistisch bezeichnet.
Bereits aus den vorstehenden Gründen musste der Beklagte den aus dem Workshop hervorgegangenen Entwurf für ein 160 m langes Brückenbauwerk nicht als kostenneutrale Alternative in Erwägung ziehen. Ergänzend sei angemerkt: Unabhängig davon, dass der Beklagte sowohl die Gleichwertigkeit des Alternativentwurfs als auch die vom Kläger im Prozess vorgelegte Kostenkalkulation in der mündlichen Verhandlung im Einzelnen in Zweifel gezogen hat, sind die Entwürfe im Workshop nicht unter Kostengesichtspunkten entwickelt und betrachtet worden. Vielmehr ging es allein um Studien des technisch Machbaren. Außerdem hat der Veranstalter des Workshops, das Kommunale Forum Südraum Leipzig, den Ideenwettbewerb nicht um des Naturschutzes willen ausgerufen, sondern, wie aus dem Schreiben an den Beklagten vom 16. Januar 1998 herzuleiten ist, um zu ermitteln, ob und wie den kommunalen Vorstellungen Rechnung getragen werden könne, “unterhalb der Brücke großflächige Einrichtungen für – ggf. auch lärmintensive – Spiel-, Sport-, Erholungs- und Freizeitangebote anzusiedeln, für die innerhalb der Kommunen keine Möglichkeiten bestehen.”
b) Der Einwand des Klägers, der Eingriff sei mit den Zielen der Raumordnung und Landesplanung und daher mit § 9 Abs. 1 Nr. 1 SächsNatSchG unvereinbar, geht fehl. Ein Ziel, mit dem die lichte Weite der umstrittenen Brücke festgelegt würde, ist nicht ersichtlich. Namentlich enthält der Braunkohlenplan Espenhain ein solches Ziel nicht. Sowohl in der zum Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses geltenden als auch in der aktuellen Fassung ist als Ziel formuliert, dass die ausgewiesene Trasse für die vorgesehene Autobahn A 38 freizuhalten und im von der Trasse berührten Kippenareal des Tagebaus Espenhain eine landschaftsverträgliche Einordnung der Trasse unter Berücksichtigung der im Zuge der Wiedernutzbarmachung entstehenden Landschaftspotenziale zu gewährleisten ist. Auf die Brücke wird erst in der Begründung des Ziels eingegangen. Darin heißt es, dass bei der Einordnung der Trasse der A 38 eine angemessene Berücksichtigung von Gewässerverbund-, Wegequerungs- und Landschaftsverbundaspekten unter Zugrundelegung der Entwicklung der Bergbaufolgelandschaft sichergestellt werden müsse. Hinsichtlich der Landschaftsverbundfunktion biete die in der Vorplanung zum 3. Bauabschnitt angebotene Länge von 60 m nur Minimalvoraussetzungen. Ein Brückenbauwerk von etwa 150 m Länge würde bei gegebener bergtechnischer Realisierbarkeit und angesichts des Fehlens von Querungsalternativen einen angemessenen und wirksamen Verbund ermöglichen. Davon ausgehend stünden die auf eine Brückenverlängerung ausgerichteten kommunalen Initiativen im Zuge des Planfeststellungsverfahrens nicht im Widerspruch zur Regionalplanung, wobei dadurch keine Verzögerung oder Gefährdung der verkehrswirksamen Realisierung des Vorhabens als übergeordnete landesplanerische Zielstellung ausgelöst werden sollte.
Abgesehen davon, dass dieses Begründungselement in der zum Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses maßgeblichen Version des Braunkohlenplans noch nicht enthalten war und die Begründung für eine Zielfestlegung nicht an deren Bindungswirkung teilnimmt, lässt sich der Aussage nicht entnehmen, dass der Plangeber eine lichte Weite der Brücke von 150 m verlangt, sondern nur, dass er sich unter den einschränkend genannten Voraussetzungen einer solchen Weite nicht widersetzen würde.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und die Streitwertentscheidung auf § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F., § 72 Nr. 1 GKG n.F.