Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches OVG (Aktenzeichen 2 K 6/98) |
Tenor
Die Revision der Antragsteller gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 26. Januar 2000 wird zurückgewiesen.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
I.
Die Antragsteller sind Eigentümer eines Hausgrundstücks auf der Halbinsel Resenis. Diese stand nach der Verordnung zum Schutz von Landschaftsteilen im Kreise Rendsburg vom 22. November 1949 unter Landschaftsschutz. Die Gemeinde Felde beantragte im Jahr 1990 die Entlassung eines Teils der Halbinsel aus dem Landschaftsschutz, um die vorhandene Splittersiedlung von Wohn- und Wochenendhäusern zu überplanen. Der Antragsgegner entließ mit der 8. Kreisverordnung zur Änderung der Verordnung zum Schutz von Landschaftsteilen im Kreis Rendsburg vom 22. November 1949 vom 20. Januar 1997, bekannt gemacht im Kreisblatt vom 24. Januar 1997, den Geltungsbereich des künftigen Bebauungsplanes Nr. 15 „Resenis” der Gemeinde Felde aus dem Landschaftsschutz. Das Oberverwaltungsgericht erklärte diesen Bebauungsplan auf Antrag der Antragsteller mit Urteil vom 17. Juni 1999 für nichtig.
Am 20. Januar 1998 haben die Antragsteller beim Oberverwaltungsgericht die Feststellung der Nichtigkeit der genannten Änderungsverordnung beantragt. Sie haben im Wesentlichen geltend gemacht, durch die vorgesehene Bebauung in ihrer Nachbarschaft sowie die Verdichtung der Bebauung insgesamt und den Wegfall eines Waldstreifens werde der Charakter ihres Grundstücks verändert. Die Verordnung sei verfahrensfehlerhaft zustande gekommen; zudem leide sie an Abwägungsmängeln, weil das betroffene Gebiet besonders wertvoll und empfindlich sei.
Das Oberverwaltungsgericht hat den Normenkontrollantrag als unzulässig abgelehnt. Den Antragstellern fehle die Antragsbefugnis. Die angegriffene Verordnung schmälere nicht unmittelbar ihre Rechte, weil Bestimmungen des Landschafts- und Naturschutzes subjektive Rechtspositionen Einzelner nicht begründeten. Eine mittelbare Beeinträchtigung im Hinblick auf die nachfolgende Bauleitplanung begründe keine Rechtsverletzung. Die zu § 47 Abs. 2 VwGO a.F. ergangene Rechtsprechung, derzufolge in vergleichbaren Fällen der handgreiflich-praktische Zusammenhang zwischen Aufhebung des Landschaftsschutzes und nachfolgender Bauleitplanung einen Nachteil im Sinne dieser Vorschrift habe begründen können, sei nicht auf die geltende Rechtslage zu übertragen. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO setze voraus, dass der Antragsteller geltend mache, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in seinen Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Danach genüge es nicht, dass die angegriffene Rechtsnorm Rahmenbedingungen setze, die die Entstehung einer Rechtsverletzung begünstige.
Die Antragsteller begründen die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision im Wesentlichen damit, dass die zu § 47 Abs. 2 VwGO a.F. ergangene Rechtsprechung die Kausalität der Entlassung aus dem Landschaftsschutz für die Bauleitplanung betreffe und daher von der Änderung des § 47 Abs. 2 VwGO nicht berührt werde. Es sei damit zu rechnen, dass die Gemeinde Felde einen neuen Bebauungsplan zur Sicherung der Erschließung aufstelle.
Der Antragsgegner tritt der Revision entgegen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist unbegründet. Das Oberverwaltungsgericht hat den Antrag zu Recht als unzulässig abgelehnt.
Nach § 47 Abs. 2 VwGO in der Fassung des am 1. Januar 1997 in Kraft getretenen 6. VwGO-Änderungsgesetzes ist, soweit hier von Interesse, jede natürliche Person antragsbefugt, die geltend macht, durch die zur Normenkontrolle gestellte Rechtsvorschrift oder ihre Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Der Antragsteller hat – wie bei der Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO – hinreichend substantiiert Tatsachen vorzutragen, die eine Rechtsverletzung zumindest als möglich erscheinen lassen (vgl. Urteil vom 24. September 1998 – BVerwG 4 CN 2.98 – BVerwGE 107, 215, 217). Die Antragsteller haben ihre Darlegungspflicht nicht erfüllt.
Die Aufhebung der Landschaftsschutzverordnung als solche kann Rechte der Antragsteller nicht verletzen, weil der Natur- und Landschaftsschutz lediglich objektive, dem Einzelnen nicht zugeordnete Ziele des Gemeinwohls verfolgt (vgl. Beschluss vom 18. Dezember 1987 – BVerwG 4 NB 1.87 – Buchholz 406.401 § 15 BNatSchG Nr. 2 = NVwZ 1988, 728). Insoweit erhebt die Revision auch keine Rügen.
Die Antragsbefugnis ergibt sich ferner nicht daraus, dass der Antragsgegner mit der Entlassung eines bestimmten Gebietes aus dem Landschaftsschutz eine Voraussetzung für die Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 15 „Resenis” durch die Gemeinde Felde schaffen wollte. Der erkennende Senat hat allerdings Bedenken, ob dies – wie das Oberverwaltungsgericht meint – bereits aus der Neufassung des § 47 Abs. 2 VwGO folgt. Die in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum früheren § 47 Abs. 2 VwGO bejahte Möglichkeit, unter bestimmten Umständen eine Rechtsvorschrift mit dem Antrag auf Normenkontrolle anzugreifen, die oder deren Anwendung erst zusammen mit einem weiteren Rechtsakt Belange des Antragstellers beeinträchtigen konnte, dürfte nämlich nicht untrennbar mit dem Begriff des „Nachteils” gemäß § 47 Abs. 2 VwGO a.F. verbunden sein, sondern auf Zurechenbarkeitserwägungen („durch”) beruhen, die auch für die nunmehr maßgebliche Möglichkeit einer Rechtsverletzung von Bedeutung sein können (vgl. insbesondere Beschlüsse vom 14. Februar 1991 – BVerwG 4 NB 25.89 – Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 56 = NVwZ 1991, 980 m.w.N. und vom 13. Dezember 1996 – BVerwG 4 NB 26.96 – Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 115). Über die angesprochene Rechtsfrage ist indes nicht zu entscheiden. Denn die Antragsteller tragen bereits nicht die Möglichkeit einer Rechtsverletzung durch einen Bebauungsplan vor, dessen Aufstellung durch die angegriffene Rechtsverordnung ermöglicht wird.
Soweit sich die Antragsteller darauf berufen, dass der Bebauungsplan Nr. 15 ihr Grundstück mit einem öffentlichen Weg und einer Trafostation überplant habe, beziehen sie sich auf einen Bebauungsplan, dessen Nichtigkeit bereits durch das Oberverwaltungsgericht festgestellt ist. Dem Revisionsvorbringen lässt sich nicht entnehmen, dass auch bei erneuter Bauleitplanung mit diesen Festsetzungen zu rechnen sei. Die Antragsteller tragen lediglich vor, die Halbinsel Resenis sei nicht in bauplanungsrechtlich genügender Weise erschlossen und deshalb müsse mit der erneuten Aufstellung eines Bebauungsplans gerechnet werden, weil erst auf dessen Grundlage Baugenehmigungen zur Realisierung des (überwirkenden) Bestandsschutzes erteilt werden könnten. Sie haben nicht dargetan, inwiefern sie durch einen Bebauungsplan in ihren Rechten betroffen sein könnten, der die Erschließung der vorhandenen Bebauung sichern soll. Insbesondere besteht nach dem Vortrag der Antragsteller keine konkrete Wahrscheinlichkeit (s. § 42 Abs. 2 VwGO: „in absehbarer Zeit”) für eine Verletzung des Abwägungsgebotes zu ihren Lasten durch die Gemeinde Felde bei der künftigen Aufstellung eines Bebauungsplans. Die bloße, auf den ehemaligen Bebauungsplan Nr. 15 gestützte Erwartung der Antragsteller, die (erweiterte) Bebauung von Nachbargrundstücken und der Wegfall von Wald würden den Charakter ihres Grundstücks erheblich verändern, genügt nicht. Die Aufhebung des Landschaftsschutzes dient hier nicht der Verwirklichung bestimmter Bodennutzungen, die durch Bebauungsplan festgesetzt werden sollen und handgreiflich abwägungserhebliche Belange der Antragsteller beeinträchtigen, sondern gestattet der Gemeinde Felde ohne eine vergleichbare Zielsetzung die Überplanung des Gebietes. Erlaubt die angegriffene Verordnung damit keinen Schluss auf eine mögliche Rechtsverletzung durch die nachfolgende Bauleitplanung, kann die Befugnis für einen Normenkontrollantrag gegen die Verordnung auch nicht aus einem künftigen Bebauungsplan hergeleitet werden.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 VwGO.
Unterschriften
Bardenhewer, Hahn, Eckertz-Höfer, Gerhardt, Graulich
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 17.01.2001 durch Fechter Amtsrat als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen