Verfahrensgang
VG Köln (Aktenzeichen 11 K 2477/00) |
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 7. Juli 2000 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
I.
Die Klägerin, ein Telekommunikationsunternehmen, wendet sich gegen die Erhebung einer Lizenzgebühr nach § 16 Abs. 1 TKG i.V.m. der auf dessen Grundlage ergangenen Telekommunikations-Lizenzgebührenverordnung (TKLGebV).
Die Klägerin wurde für eine Telekommunikationslizenz der Klasse 3 (Betreiben von Übertragungswegen für Telekommunikationsleistungen für die Öffentlichkeit durch den Lizenznehmer oder für andere, für deren Angebot nicht die Lizenzklasse 2 oder 3 bestimmt ist) für mehrere Gebiete und Fernlinien (Lizenz-Nr. 98 03 0190 A) durch Bescheid der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post vom 23. Februar 2000 zu einer Gebühr von 1 914 860 DM (bzw. 979 052,37 EUR) herangezogen.
Der gegen diesen Bescheid erhobenen Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 7. Juli 2000 stattgegeben und darin ausgeführt: Auch nach der Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes bedürften bestimmte Tätigkeiten im Bereich des früheren Fernmeldemonopols nach § 6 TKG einer Lizenz. Diese Vorschrift stehe im Einklang mit der Richtlinie 97/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. April 1997, der so genannten Lizenzierungsrichtlinie (ABl Nr. L 117 S. 15). Die Lizenz dürfe auch grundsätzlich gegen Gebühr erteilt werden. Der Gebührenbescheid sei hier aber schon deshalb rechtswidrig, weil er gegen die Telekommunikations-Lizenzgebührenverordnung verstoße. § 1 TKLGebV enthalte – anders als Art. 11 der Lizenzierungsrichtlinie – den Begriff der Durchsetzung der Lizenzen nicht, so dass die Kosten der Durchsetzung der Lizenzen auch nicht in die Gebühr einfließen dürften. Im Übrigen sei die Telekommunikations-Lizenzgebührenverordnung rechtswidrig. Die Einbeziehung von einem Drittel des Aufwandes für die allgemeine Überwachung des Marktes sowie die langfristige Aufwandsberechnung seien mit Art. 3 Abs. 1 GG und § 13 VwKostG nicht vereinbar. Die Gebührenpflicht könne nur an individuell zurechenbare Leistungen anknüpfen. Außerdem sei fraglich, ob die angesetzten Kosten für die Erteilung der Zustimmung nach § 50 Abs. 4 TKG für die Verlegung neuer oder die Änderung vorhandener Telekommunikationslinien überhaupt berücksichtigt werden dürften. Schließlich liege in der Vorauserhebung des Verwaltungsaufwandes für einen Zeitraum von 30 Jahren ein Verstoß gegen das hier anzuwendende Kostenüberschreitungsverbot. Eine solch langfristige Prognose sei sachgerecht nicht möglich. Sie verstoße auch gegen Art. 11 der Lizenzierungsrichtlinie.
Mit ihrer Sprungrevision verfolgt die Beklagte ihr auf die Abweisung der Klage gerichtetes erstinstanzliches Begehren weiter und trägt im Wesentlichen vor: Die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Gebührenerhebung sei schon deshalb rechtswidrig, weil die in Art. 11 der Richtlinie 97/13/EG enthaltene Kostenüberwälzung für die „Durchsetzung der Lizenzen” in § 1 TKLGebV nicht enthalten sei und daher nicht in den umzulegenden Aufwand einbezogen werden könne, beinhalte einen Interpretationsfehler. Der Verordnungsgeber habe den Aufwand für die Durchsetzung der Lizenzrechte, also Maßnahmen, welche die Rechte des Lizenznehmers gegen die überlegene Marktmacht des marktbeherrschenden Unternehmens durchsetzten, einbeziehen wollen und ihn auch bewusst einbezogen. Die betreffenden Verwaltungstätigkeiten, wie z.B. die Entgeltregulierung (§§ 23, 25, 29, 30 TKG), die Missbrauchsaufsicht (§ 33 TKG) sowie die Sicherstellung von Netzzugang und Zusammenschaltung (§§ 35 – 38 TKG) seien in der Verordnungsbegründung ausdrücklich aufgeführt. Nicht zutreffend sei auch die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Einbeziehung eines Drittels des Aufwandes für die allgemeine Überwachung des Marktes verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG und § 13 VwKostG. Es komme nicht darauf an, ob die Entgeltregulierung und die Missbrauchsaufsicht nach dem Dritten und Vierten Teil des Telekommunikationsgesetzes nur gegenüber dem marktbeherrschenden Unternehmen stattfinde. Es genüge, wenn alle Lizenznehmer durch solche Maßnahmen begünstigt würden. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach als Gebührenschuldner in erster Linie der Veranlasser heranzuziehen sei, könne auf die besondere Situation des Telekommunikationsrechts nicht übertragen werden. Auch enthalte das Gesetz mit der Kostenfreiheit der Beschlusskammerverfahren eine eindeutige gesetzliche Wertung, den Veranlasser einzelner Verwaltungsverfahren nicht zur Gebührenzahlung heranzuziehen. Gegen revisibles Recht verstoße auch die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Vorauserhebung des Verwaltungsaufwandes verletze das Kostenüberschreitungsverbot des § 3 Satz 2 VwKostG und zugleich das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG und sei mit den Zurechenbarkeitsanforderungen des Art. 11 der Lizenzierungsrichtlinie und § 13 VwKostG nicht zu vereinbaren. Die Richtlinie habe es den Mitgliedstaaten ausdrücklich freigestellt, den Gesamtbetrag der Gebühren im Zeitpunkt der Erteilung der Lizenz zu erheben. Dies werde in der Protokollerklärung der Kommission vom 6. März 1997 klargestellt. Von dieser Möglichkeit habe die Bundesrepublik Deutschland Gebrauch gemacht. Das deutsche Gebührenrecht erlaube diese Vorgehensweise. Es treffe nicht zu, dass realistische Prognosen der Verwaltungskosten für die kommenden 29 Jahre nicht möglich gewesen seien, weil die Rahmenbedingungen für den Verordnungsgeber nicht vorauszusehen gewesen wären. Die Vorauserhebung der Gebühren sei für die Lizenznehmer auch keineswegs nachteilig. Das Verwaltungsgericht unterstelle zu Unrecht, dass das tatsächliche Gebührenaufkommen den von der Beklagten geschätzten Aufwand schon jetzt um das Drei- bis Vierfache übersteige und dass dies durch die erhöhte Anzahl der Lizenznehmer nicht ausgeglichen werde. Das angefochtene Urteil leide an einem Verfahrensfehler, da es das VG versäumt habe, dem Vortrag der Beklagten nachzugehen, dass sich bei der erhöhten Zahl der inzwischen erteilten Lizenzen gleichzeitig der hierdurch verursachte Verwaltungsaufwand erhöhe.
Die Klägerin tritt der Revision unter Verteidigung des angefochtenen Urteils entgegen.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Sprungrevision ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den angefochtenen Gebührenbescheid im Ergebnis zu Recht aufgehoben. Denn die diesem Bescheid zugrunde liegende Telekommunikations-Lizenzgebührenverordnung vom 28. Juli 1997 – TKLGebV – (BGBl I S. 1936), nach der bei der Erteilung von Lizenzen der Klassen 3 und 4 in die Berechnung der Gebühren neben dem Verwaltungsaufwand für die Lizenzerteilung auch der Aufwand für die Verwaltung der Lizenzrechte und für die Kontrolle der Einhaltung der Lizenzpflichten einfließt (1.), ist mit diesem Inhalt von ihrer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage nicht gedeckt und damit nichtig (2.). Die Vorauserhebung von Kosten für 30 Jahre durch die Gebührenverordnung verstößt zudem gegen Art. 3 Abs. 1 GG (3.).
1. Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 TKLGebV erhebt die Regulierungsbehörde für Amtshandlungen zur Erteilung von Lizenzen Gebühren nach Maßgabe der §§ 2 bis 4 in Verbindung mit der Anlage zu § 1 Abs. 1 TKLGebV. Die Höhe der Gebühren wird nach § 1 Abs. 1 Satz 2 TKLGebV durch den Verwaltungsaufwand für die Lizenzerteilung und darüber hinaus auch durch den Aufwand für die Verwaltung der Lizenzrechte und für die Kontrolle der Einhaltung der Lizenzpflichten bestimmt. Die vom Verordnungsgeber vorgenommene Kalkulation der Lizenzgebühren lehnt sich hieran an. Die sich aus der Anlage zu § 1 Abs. 1 TKLGebV ergebenden Gebühren von 3 Millionen DM für eine bundesweite Gebietslizenz der Lizenzklasse 4 und von 10,6 Millionen DM für eine bundesweite Gebietslizenz der Lizenzklasse 3, die sich bei Lizenzen für kleinere Gebiete im Verhältnis der Einwohnerzahlen verringert (§ 3 Abs. 4, § 4 Abs. 2 TKLGebV), errechnete der Verordnungsgeber nach den Angaben der Beklagten und dem Inhalt der vom Verwaltungsgericht beigezogenen Akten über die Entstehung der Verordnung wie folgt: Er schätzte den jährlichen Verwaltungsaufwand der Regulierungsbehörde in Form benötigter Arbeitskräfte für die Lizenzerteilung und für die von ihm so genannten „Folgemaßnahmen, die der Gemeinschaft der Lizenznehmer eine ungestörte Rechtsausübung ermöglichen und den erst beginnenden Wettbewerb auf dem Telekommunikationssektor erhalten und fördern soll(en)” (Amtliche Begründung zur Verordnung, abgedruckt in: Wiechert/Schmidt/Königshofen, Telekommunikationsrecht der Bundesrepublik Deutschland – TKR, Stand 2000, TKLGebV 610, Allgemeiner Teil S. 3). Angesichts der geringen Erfahrungen in den Jahren 1996/97 mit dem Vollzug des noch jungen Telekommunikationsgesetzes konnte es sich dabei nur um grobe Schätzungen handeln. Sie führten zu einem angenommenen jährlichen Bedarf von etwa 14,6 Arbeitskräften bei der Lizenzklasse 4 und 52,1 Arbeitskräften bei der Lizenzklasse 3. In diesen Bedarf floss der Aufwand für die so genannten Folgemaßnahmen nicht in voller Höhe ein. Je Arbeitskraft wurde einschließlich der Personal-, Personalgemein- und Sachkosten und angenommener Kostensteigerungen ein Betrag von 200 000 DM angesetzt, der sodann auf 30 Jahre hochgerechnet wurde. Dem lag die Annahme einer grundsätzlich unbeschränkten Laufzeit der Lizenzen zugrunde, die lediglich aus Gründen der Überschaubarkeit rechnerisch auf 30 Jahre begrenzt wurde. Der so ermittelte Verwaltungsaufwand für 30 Jahre wurde unter Berücksichtigung der aus den Gebühreneinnahmen zu erwartenden Zinserträge auf 48 Millionen DM bei der Lizenzklasse 4 und auf 168 Millionen DM bei der Lizenzklasse 3 gekürzt. Schließlich wurden diese Beträge auf die nach dem Stand des Jahres 1997 als wahrscheinlich prognostizierte Gesamtzahl von 152 regionalen und 14 bundesweiten Lizenzen umgelegt, woraus sich die genannten Gebühren für die bundesweiten Gebietslizenzen ergaben. Die Gebühren für die Linienlizenzen, bei denen es sich ebenso wie bei den Gebietslizenzen um Gebühren nach festen Sätzen handelt, leitete der Verordnungsgeber gleichfalls aus dem gesamten Verwaltungsaufwand für 30 Jahre von 48 Millionen DM (Lizenzklasse 4) und 168 Millionen DM (Lizenzklasse 3) ab.
Damit hat der Verordnungsgeber einen Verwaltungsaufwand in die Gebührenberechnung einbezogen, der weit über das für die eigentliche Lizenzerteilung Erforderliche hinausgeht. Im Einzelnen ging der Verordnungsgeber von folgenden durch die Gebühren abzugeltenden dreißigjährigen Verwaltungstätigkeiten der Regulierungsbehörde aus: Der eigentlichen Lizenzerteilung ordnete er die auf den §§ 8, 10, 11, 14 und 16 TKG beruhende Verwaltungstätigkeit der Regulierungsbehörde zu; der Wechsel des Lizenznehmers nach § 9 TKG wurde der Verwaltung der Lizenzen zugeordnet. Außer dem dafür veranschlagten Aufwand fanden unter dem Gesichtspunkt der Lizenzkontrolle folgende Positionen Berücksichtigung: der Verwaltungsaufwand für die Überwachung des Bereitstellens von Teilnehmerdaten und Notrufmöglichkeiten bei der Lizenzklasse 4 (§§ 12, 13 TKG) bzw. der Erteilung der Zustimmung für die Benutzung von Verkehrswegen nach § 50 Abs. 4 TKG bei der Lizenzklasse 3, für die Gebühren in beiden Lizenzklassen die Entgeltregulierung (§§ 23, 25, 29, 30 TKG), die Überwachung von technischen Schutzmaßnahmen nach § 87 TKG, mit der Sicherstellung des Universaldienstes zusammenhängende Tätigkeiten (Zweiter Abschnitt des Zweiten Teils des TKG ohne § 17), die Kontrolle des Zusammenschlussverbots (§ 32 TKG), die Missbrauchsaufsicht (§ 33 TKG), die Überwachung der Schnittstellenbedingungen (§ 34 TKG) und die Tätigkeiten im Zusammenhang mit Netzzugang und Zusammenschaltungspflicht (§§ 35 – 38 TKG).
2. Diese Gebührenregelung steht nicht im Einklang mit der gesetzlichen Verordnungsermächtigung in § 16 Abs. 1 TKG, auf deren Grundlage die Telekommunikations-Lizenzgebührenverordnung erlassen worden ist. Nach dieser Vorschrift werden Lizenzen gegen Gebühr erteilt (Satz 1); ferner wird das Bundesministerium für Post und Telekommunikation ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern, dem Bundesministerium der Finanzen, dem Bundesministerium der Justiz und dem Bundesministerium für Wirtschaft durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrats bedarf, nach Maßgabe des Verwaltungskostengesetzes die gebührenpflichtigen Tatbestände, die Höhe der Gebühr und die Erstattung von Auslagen zu regeln (Satz 2).
a) § 16 Abs. 1 TKG ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Die Grenzen der gesetzgeberischen Befugnis, Amtshandlungen einer Gebührenpflicht zu unterwerfen, sind nicht eng zu ziehen. In Ermangelung eines allgemeinen bundesrechtlichen Gebührenbegriffs ergeben sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts solche Grenzen aus Merkmalen, die als Ausfluss des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes sowie zur Wahrung der Steuergesetzgebungskompetenz von Verfassungs wegen dem Gebührenbegriff immanent sind (vgl. Urteil vom 25. August 1999 – BVerwG 8 C 12.98 – BVerwGE 109, 272, 275 f. m.w.N.). Danach sind Gebühren öffentlich-rechtliche Geldleistungen, die aus Anlass individuell zurechenbarer öffentlicher Leistungen dem Gebührenschuldner durch eine öffentlich-rechtliche Norm oder sonstige hoheitliche Maßnahmen auferlegt werden und regelmäßig dazu bestimmt sind, in Anknüpfung an diese Leistung deren Kosten ganz oder teilweise zu decken (vgl. auch BVerfGE 50, 217, 225; BVerfG, Kammerbeschluss vom 11. August 1998 – 1 BvR 1270, 94 – NVwZ 1999, 176 f.; BVerwG, Urteil vom 3. März 1994 – BVerwG 4 C 1.93 – BVerwGE 95, 188, 200). Damit wird vorausgesetzt, dass zwischen der kostenverursachenden Leistung der Verwaltung und dem Gebührenschuldner eine besondere Beziehung besteht, die es gestattet, die Amtshandlung dem Gebührenschuldner individuell zuzurechnen. Gebühren dürfen nicht völlig unabhängig von den tatsächlichen Kosten der gebührenpflichtigen Leistung festgesetzt werden; die Verknüpfung zwischen den Kosten und der Gebührenhöhe muss vielmehr sachgerecht sein, und die Gebühr darf nicht außer Verhältnis zu den mit der Gebührenregelung verfolgten Zwecken stehen (vgl. BVerfGE 50, 217, 227; 85, 337, 346). Dabei verfügt der Gebührengesetzgeber über einen weiten Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum, welche individuell zurechenbaren öffentlichen Leistungen er einer Gebührenpflicht unterwerfen, welche Gebührenmaßstäbe und Gebührensätze er hierfür aufstellen und welche über die Kostendeckung hinausgehenden Zwecke er verfolgen will (vgl. BVerfGE 91, 207, 223; 85, 337, 346). Soll die Pflicht zur Zahlung von Gebühren in einer Rechtsverordnung konkretisiert werden, so verlangt Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG, dass diese vom Gesetzgeber nach Inhalt, Zweck und Ausmaß selbst bestimmt wird. Tendenz und Programm der Rechtsverordnung sind gesetzlich so weit zu umreißen, dass schon aus der Ermächtigung erkennbar und vorhersehbar ist, was dem Bürger gegenüber zulässig sein soll (vgl. m.w.N. etwa BVerfGE 78, 249, 272; 85, 97, 104 f.; BVerwG, Urteile vom 22. November 2000 – BVerwG 6 C 8.99 – BVerwGE 112, 194, 200 = Buchholz 442.067 § 10 EMVG Nr. 1 = NVwZ 2001, 801, 802 f.; vom 1. März 1996 – BVerwG 8 C 29.94 – BVerwGE 100, 323, 325 f.).
Hiernach erweist sich die Vorschrift des § 16 Abs. 1 TKG als verfassungsgemäß. Sie genügt insbesondere den an sie gemäß Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG zu stellenden Bestimmtheitsanforderungen.
Inhalt und Zweck der Ermächtigung kommen in der Vorschrift hinreichend deutlich zum Ausdruck. § 16 Abs. 1 TKG enthält mit der Entscheidung, Lizenzen gegen Gebühr zu erteilen, die allgemeine Formulierung eines Gebührentatbestandes und bestimmt damit zugleich, welcher verfahrensmäßige Vorgang die Gebührenpflicht auslösen soll. Für beides nennt die Vorschrift allein den Akt der Lizenzerteilung. Es wird dem Verordnungsgeber also nicht freigestellt, welche öffentlichen Leistungen die Gebührenpflicht auslösen und welche gebührenfrei sein sollen (vgl. BVerfGE 20, 257, 268 ff.; 33, 358, 365). Dem gesetzlichen Tatbestand ist auch zu entnehmen, wer gebührenpflichtig sein soll, nämlich derjenige, dem eine Lizenz erteilt wird. Weitere Konkretisierungen ergeben sich aus dem Verweis auf das Verwaltungskostengesetz (VwKostG).
Die Ermächtigung des § 16 Abs. 1 TKG kann auch in ihrem Ausmaß als noch hinreichend bestimmt angesehen werden. Indem sie untergesetzliche Regelungen an das Verwaltungskostengesetz bindet, verpflichtet sie den Verordnungsgeber zur Beachtung des in § 3 Satz 1 VwKostG normierten Äquivalenzprinzips. Sie gestattet damit Gebühren, die so bemessen sind, dass zwischen der den Verwaltungsaufwand berücksichtigenden Höhe der Gebühr einerseits und der Bedeutung, dem wirtschaftlichen Wert oder dem sonstigen Nutzen der Amtshandlungen andererseits ein angemessenes Verhältnis besteht. Dass der Gesetzgeber die Gebührenhöhe im Einzelnen oder durch Angabe eines Rahmens zahlenmäßig festlegt, ist dabei verfassungsrechtlich nicht geboten (vgl. BVerwG, Urteile vom 22. November 2000 – BVerwG 6 C 8.99 – a.a.O., S. 202; vom 3. März 1994 – BVerwG 4 C 1.93 – BVerwGE 95, 188, 198; vom 3. März 1989 – BVerwG 8 C 11.87 –, NVwZ-RR 1990, 275, 276). Die allgemeine Bezugnahme auf das Verwaltungskostengesetz führt allerdings nicht auch zur Geltung des Kostendeckungsprinzips des § 3 Satz 2 VwKostG, wonach das geschätzte Gebührenaufkommen den auf die gebührenpflichtigen Amtshandlungen entfallenden Verwaltungsaufwand nicht übersteigen darf. Die Geltung dieses Prinzips hätte vielmehr – wie § 3 Satz 2 VwKostG vorschreibt – spezialgesetzlich ausdrücklich angeordnet werden müssen. Eine solche Anordnung fehlt in § 16 TKG. Gleichwohl sind nach dem Inhalt dieser Vorschrift die entstehenden Kosten für die zulässige Gebührenhöhe nicht gänzlich ohne Bedeutung. Dies folgt schon aus dem auch im Äquivalenzprinzip des § 3 Satz 1 VwKostG angelegten Entgeltcharakter der Gebühr, der es verbietet, Gebühren völlig unabhängig von den Kosten der gebührenpflichtigen Leistung festzusetzen (vgl. allgemein BVerfGE 50, 217, 227; 85, 337, 346).
Das Ausmaß der gesetzgeberischen Regelung des § 16 Abs. 1 TKG ist auch nicht deswegen zu unbestimmt, weil sie den Verordnungsgeber zur Regelung gebührenpflichtiger Tatbestände ermächtigt. Diese Regelung kann angesichts der vom Gesetzgeber selbst vorgenommenen allgemeinen Formulierung des Gebührentatbestands nur dahin verstanden werden, dass es dem Verordnungsgeber gestattet bleibt, innerhalb dieses Tatbestands weitere Unterscheidungen zu treffen.
b) Andererseits begrenzt Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG zugleich auch die Reichweite der Verordnungsermächtigung des § 16 Abs. 1 TKG. Er verbietet Auslegungen, die mit dem erkennbaren Regelungsprogramm des Gesetzgebers nicht mehr übereinstimmen. Solche gesetzgeberischen Festlegungen müssen sich nicht unmittelbar aus dem Wortlaut ergeben. Sie sind vielmehr nach den allgemeinen Auslegungsgrundsätzen zu ermitteln. Eine so an Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG orientierte Auslegung führt hier zu dem Ergebnis, dass § 16 Abs. 1 GG nicht zu einer Gebührenverordnung ermächtigt, welche die Tätigkeit der Regulierungsbehörde über den mit der Lizenzerteilung selbst verbundenen Verwaltungsaufwand hinaus finanziert.
§ 16 Abs. 1 TKG nennt als Grund und Anknüpfung für eine Gebührenforderung allein den Umstand der Lizenzerteilung. Dagegen sind die weiteren, ebenfalls durch die Gebühren abzugeltenden Verwaltungstätigkeiten der Regulierungsbehörde, die in großer Zahl der Gebührenverordnung vom 28. Juli 1997 zugrunde liegen, in der Vorschrift nicht angesprochen. Diese Art der Gebührenberechnung wäre von § 16 Abs. 1 TKG allenfalls dann umfasst, wenn das Telekommunikationsgesetz nach seinem sonstigen Inhalt und seiner Systematik Rückschlüsse auf ein entsprechendes Regelungsprogramm des Gesetzgebers für eine solche Gebührenverordnung zuließe. Dies ist indessen nicht der Fall. Vielmehr fehlen Anhaltspunkte im Telekommunikationsgesetz, die eine Auslegung des § 16 Abs. 1 TKG im Sinne des Verordnungsgebers erlauben würden. Im Gegenteil zeigt eine Gesamtbetrachtung des Regelwerks auf, dass § 16 Abs. 1 TKG nicht zu einer nichtsteuerlichen Finanzierung der Tätigkeit der Regulierungsbehörde ermächtigt, wie sie der Verordnung zugrunde liegt:
Das Telekommunikationsgesetz gestattet nur an wenigen Stellen ausdrücklich die Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben. Dies geschieht etwa in § 21, um Belastungsgerechtigkeit unter den Lizenznehmern herzustellen, in § 43 Abs. 3 Satz 3 für die Entscheidung über die Zuteilung von Nummern, in § 48 Abs. 1 für die Zuteilung von Frequenzen und für Maßnahmen aufgrund von näher umschriebenen Verstößen (Gebühren und Auslagen), in § 48 Abs. 2 zur Abgeltung der Aufwendungen für die Planung und Fortschreibung von Frequenznutzungen einschließlich der dazu notwendigen Messungen, Prüfungen und Verträglichkeitsuntersuchungen zur Gewährleistung einer effizienten und störungsfreien Frequenznutzung (Beiträge), in § 64 Abs. 3 zur Abgeltung der Tätigkeiten der Regulierungsbehörde im Bereich der §§ 59 ff. einschließlich der dazu ergangenen Rechtsverordnungen sowie in § 72 Abs. 9 zur Abgeltung der Aufwendungen für Prüfungen einschließlich Auslagen für Sachverständige, soweit solche Prüfungen einen Verstoß gegen Lizenzauflagen, Anordnungen oder Verfügungen der Regulierungsbehörde ergeben haben.
Der Gesetzgeber hat somit nur vereinzelt seine hier bestehende weite Gestaltungsbefugnis dazu genutzt, die Aufgabenerfüllung der Regulierungsbehörde ausdrücklich über eine Abgabenpflicht von Betroffenen zu finanzieren. Die vom Verordnungsgeber in die Berechnung der Gebühren der Lizenzklassen 3 und 4 einbezogenen Bereiche der Entgeltregulierung, technischen Schutzmaßnahmen, Universaldienste, Kontrolle des Zusammenschlussverbots, Missbrauchsaufsicht, Überwachung der Schnittstellenbedingungen, des Netzzugangs und der Zusammenschaltungspflicht enthalten hingegen sämtlich keine eigenen Gebühren- oder Beitragstatbestände. Gleiches gilt für den Aufgabenbereich „Überwachung des Bereitstellens von Teilnehmerdaten und Notrufmöglichkeiten” oder das Verfahren nach § 50 Abs. 4 TKG. Dies legt den Schluss auf einen gesetzgeberischen Willen nahe, die insoweit erforderlichen Tätigkeiten der Regulierungsbehörde nicht über Gebühren oder andere Vorzugslasten zu finanzieren.
Ein Blick auf die Regelung der Verwaltungskosten der Kartellbehörde im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (i.d.F. der Bekanntmachung vom 26. August 1998, BGBl I 2546) erhärtet diese Schlussfolgerung. Die Nähe des Telekommunikationsgesetzes zum Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (vgl. § 2 Abs. 3 TKG) und die teilweise funktionsverwandten Aufgaben von Kartellbehörde und Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post legen einen solchen Vergleich nahe. Auch im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen ist die Frage, ob und inwieweit die Tätigkeit der Behörde über spezielle Abgaben finanziert wird, in der Weise geregelt, dass bestimmte, näher bezeichnete Amtshandlungen ausdrücklich für gebührenpflichtig erklärt werden (s. § 80 a.a.O.: „gebührenpflichtige Handlungen”). Soweit die Tätigkeit der Behörde durch den Katalog der gebührenpflichtigen Handlungen nicht erfasst ist, scheidet eine Gebührenerhebung aus.
Die §§ 71 f. TKG, welche die Aufgaben und Befugnisse der Regulierungsbehörde regeln, verdeutlichen zusätzlich, dass der Gesetzgeber im Wesentlichen der Vorstellung verhaftet war, dass die Überwachung der Lizenznehmer nur unter bestimmten Voraussetzungen und auch nur bei einem festgestellten Fehlverhalten zu einer Erstattungspflicht führen soll (vgl. § 72 Abs. 9 TKG).
Hinzu kommt, dass sich der Gesetzgeber beim Beschlusskammerverfahren, in dem ein maßgeblicher Teil der regulierungsbehördlichen Tätigkeit abläuft, mit hinreichender Eindeutigkeit für eine weitgehende Kostenfreiheit entschieden hat. Die Beschlusskammer darf den Beteiligten lediglich die Kosten einer Beweiserhebung, und zwar „nach billigem Ermessen”, auferlegen (§ 79 Abs. 3 TKG). Dies spricht dagegen, dass die in diesem Verfahren zu entscheidenden, nämlich im Dritten und Vierten Teil des TKG geregelten Fälle der Entgeltregulierung (vgl. § 23), der Kontrolle des Zusammenschlussverbots in § 32, der Missbrauchsaufsicht in § 33, der Überwachung der Schnittstellenbedingungen in § 34, des Netzzugangs und der Zusammenschaltungspflicht (§§ 35 – 38) stattdessen auf dem Umweg über die Lizenzerteilung als kostenpflichtig angesehen werden dürfen, wie dies der Verordnungsgeber unterstellt. Insoweit kann nicht argumentiert werden, dass eine „indirekte” Finanzierung dieser Verwaltungsaufgaben über die Lizenzgebühr im Vergleich mit der „direkten” Finanzierung Vorteile habe, weil das Beschlusskammerverfahren bei jener Art der Finanzierung frei von Kostenhemmnissen ablaufen könne. Denn maßgeblich ist, ob sich der Gesetzgeber für eine solche indirekte Finanzierung entschieden hat. Hierfür fehlt aber jeglicher Anhaltspunkt. Dagegen spricht letztlich auch die Stellung des § 16 TKG als letzte Vorschrift des Ersten Abschnitts des 2. Teils des Gesetzes. Sie kann als zwar formaler, aber nicht völlig zu vernachlässigender Anhalt dafür gewertet werden, dass in die nach dieser Vorschrift zu erhebenden Gebühren nicht auch solche Amtshandlungen einfließen sollen, die sich in anderen Abschnitten des Gesetzes finden.
c) Wenn demnach der vom Verordnungsgeber in die Gebührenberechnung einbezogene Verwaltungsaufwand zu einem großen Teil von der Ermächtigungsnorm des § 16 Abs. 1 TKG nicht erfasst wird, so war der Verordnungsgeber insbesondere auch daran gehindert, sich für eine Vorauserhebung dieser Kosten für die Dauer von 30 Jahren zu entscheiden. Dasselbe folgt aus dem Umstand, dass § 16 Abs. 1 TKG im Zusammenhang mit der Lizenzerteilung zur Erhebung einer Gebühr und nicht eines Beitrags ermächtigt. Im Gegensatz zum Beitrag, der generalisiert und vorteilsorientiert erhoben wird, wird die Gebühr anlass- und kostenorientiert erhoben (Urteil vom 22. November 2000 – BVerwG 6 C 8.99 – BVerwGE 112, 194, 207). Dementsprechend darf, wie bereits erwähnt, eine Gebühr nur erhoben werden, wenn dem Gebührenpflichtigen eine bestimmte kostenverursachende Handlung oder Leistung der Behörde individuell zugerechnet werden kann. Eine solche Zurechnung ist in den Fällen des § 16 Abs. 1 TKG ohne weiteres möglich, soweit es um die in der Vorschrift für gebührenpflichtig erklärte Erteilung der Lizenzen geht. Dagegen reicht die abstrakte Möglichkeit, dass der einzelne Lizenznehmer von der künftigen Aufgabenerfüllung der Regulierungsbehörde – also den ihr obliegenden vielfältigen Maßnahmen der allgemeinen Marktaufsicht, deren Kosten Eingang in die Gebührenberechnung gefunden haben – profitieren könnte, für eine gebührenrechtliche Zurechnung nicht aus; in Betracht kommt insoweit vielmehr nur eine auf die Lizenznehmer als Gruppe bezogene Beitragsregelung. Dies verbietet es, dem einzelnen Lizenznehmer über die von ihm geschuldete Gebühr Kostenanteile solchen künftigen Verwaltungshandelns „abstrakt-individuell” zuzurechnen, wie dies in der Gebührenverordnung für die Lizenzklassen 3 und 4 geschieht (vgl. Amtliche Begründung, a.a.O., S. 3).
Diese Grundsätze sind dem Gesetzgeber – anders als dem Verordnungsgeber – offensichtlich auch bewusst gewesen. Denn für die Zuteilung von Frequenzen enthielt der Entwurf der Bundesregierung vom 23. April 1996 (BTDrucks 13/4438 – gleich lautend mit dem Entwurf der Fraktionen CDU/CSU, SPD und F.D.P. vom 30. Januar 1996 – BTDrucks 13/3609) eine Ermächtigung zur Erhebung von Gebühren, die der im heutigen § 16 Abs. 1 TKG nahezu wortgleich war (vgl. § 47 des Entwurfs). Erst die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Post und Telekommunikation vom 12. Juni 1996 führte zu der im heutigen § 48 TKG vorzufindenden Unterscheidung zwischen einer Ermächtigung für die Regelung von Gebühren und Auslagen und einer weiteren für einen jährlichen Beitrag (vgl. BTDrucks. 13/4864, S. 32, § 47 des Entwurfs). Diese Aufspaltung der Ermächtigung wurde damit begründet (a.a.O., S. 80), dass sich die Verwaltungstätigkeit im Rahmen der Frequenzordnung nicht auf das Ausstellen von Urkunden für die Inhaber von Frequenzzuteilungen beschränke. Um den Nutzern von Frequenzen einen dauerhaft störungsfreien Betrieb ihrer Anwendungen zu gewährleisten, bedürfe es laufender Tätigkeiten für die Planung und Fortschreibung von Frequenznutzungen zur Gewährleistung einer effizienten und störungsfreien Nutzung. Dementsprechend wurde zusätzlich die Aufnahme einer Beitragsregelung für erforderlich gehalten.
d) Auch das europäische Gemeinschaftsrecht ermöglicht keine dem Inhalt der Telekommunikations-Gebührenverordnung entsprechende Auslegung des § 16 Abs. 1 TKG.
Nach Art. 11 Abs. 1 der Richtlinie 97/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über einen gemeinsamen Rahmen für Allgemein- und Einzelgenehmigungen für Telekommunikationsdienste vom 10. April 1997 (Lizenzierungsrichtlinie, ABl Nr. L 117 S. 15) stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass von dem Unternehmen im Rahmen der Genehmigungsverfahren nur die Gebühren erhoben werden, die die für die Ausstellung, Verwaltung, Kontrolle und Durchsetzung der jeweiligen Einzelgenehmigungen anfallenden Verwaltungskosten abdecken. Die Mitgliedstaaten sind mithin bei der Erteilung von Lizenzen für Telekommunikationsdienste auf die Erhebung von Abgaben beschränkt, die der Deckung der Kosten bestimmter, in der Richtlinie näher beschriebener Verwaltungstätigkeiten dienen. Die Erhebung anderer oder weitergehender Abgaben ist unzulässig. Innerhalb dieses Rahmens ist Raum für unterschiedliche nationale Regelungen. Insbesondere bleibt es den Mitgliedstaaten überlassen, ob und inwieweit sie neben dem für die Ausstellung der Einzelgenehmigungen erforderlichen Aufwand auch den Aufwand für die Verwaltung, Kontrolle und Durchsetzung der Genehmigungen über Gebühren im Sinne der Richtlinie finanzieren. Ebenso wenig finden sich in der Richtlinie Vorgaben dazu, ob die zu berücksichtigenden Kosten durch eine einmalige Abgabe oder durch wiederkehrende Abgaben gedeckt werden. Eine von der Bundesregierung zu Art. 11 der Richtlinie erwirkte Protokollerklärung der Kommission vom 6. März 1997 geht zudem davon aus, dass den Abgabenpflichtigen zum Zeitpunkt der Erteilung der Lizenzen auch künftig entstehende Verwaltungskosten in Rechnung gestellt werden dürfen.
In Anbetracht dieses auf einen Regelungsrahmen beschränkten Inhalts des Gemeinschaftsrechts kommt eine erweiternde Auslegung des § 16 Abs. 1 TKG im Sinne des Art. 11 Abs. 1 der Lizenzierungsrichtlinie nicht in Betracht. Zwar sind die nationalen Gerichte zu einer richtlinienkonformen Auslegung nationaler Gesetze verpflichtet, sobald die Frist zur Umsetzung der anzuwendenden Richtlinie abgelaufen ist (vgl. EuGH, Urteil vom 14. Juli 1994 – C-91/92 – Slg. 1994, I-3347, 3357 – Faccini Dori), was im Falle der Lizenzierungsrichtlinie am 31. Dezember 1997 der Fall war (Art. 25). Eine richtlinienkonforme Auslegung wäre auch nicht dadurch gehindert, dass § 16 Abs. 1 TKG älter als die nach ihrem Art. 26 im Mai 1997 in Kraft getretene Lizenzierungsrichtlinie ist (vgl. dazu BAG, Urteil vom 2. April 1996 – 1 ABR 47/95 – BAGE 82, 349, 361 f.; BGH, Urteil vom 5. Februar 1998 – 1 ZR 211/95 – BGHZ 138, 55, 59 f.). Eine erweiternde Auslegung des § 16 Abs. 1 TKG im Sinne des Art. 11 Abs. 1 der Lizenzierungsrichtlinie ist aber deswegen ausgeschlossen, weil diese Bestimmung den Mitgliedstaaten lediglich verbietet, bei der Abgabenerhebung die Kosten bestimmter Verwaltungstätigkeiten zu überschreiten, ohne sie andererseits zu verpflichten, die damit abgesteckte Abgabenobergrenze auch auszuschöpfen. Unter diesen Umständen darf eine richtlinienkonforme Auslegung nur dazu führen, dass Auslegungsmöglichkeiten verworfen werden, die eine nach der Richtlinie verbotene Abgabenerhebung bewirken würden. Dagegen ermöglicht die Richtlinie es nicht, der nationalen Abgabenregelung eine Reichweite beizumessen, die über das Ergebnis der Auslegung nach nationalem Recht hinausgeht, weil das Gemeinschaftsrecht die Mitgliedstaaten in dieser Richtung nicht bindet. Die Richtlinie kann also die erforderliche Entscheidung des nationalen Gesetzgebers für die Begründung oder Erweiterung der Abgabenpflicht nicht ersetzen.
e) Nach alledem ergibt sich, dass der Verordnungsgeber bei dem Erlass der Telekommunikations-Lizenzgebührenverordnung den Inhalt der Ermächtigungsnorm des § 16 Abs. 1 TKG verkannt hat. Wie aus den dem Senat vorliegenden Unterlagen über die Entstehung der Verordnung hervorgeht, ist bei deren Vorbereitung die Konzeption der Gebühren ausgewechselt worden. Die ersten Entwürfe zu einer Lizenzgebührenverordnung sahen Gebühren vor, die den wirtschaftlichen Wert der Lizenzen für die Lizenznehmer abschöpfen und bis zu einem Höchstbetrag von 40 Millionen DM reichen sollten. Zu einer solchen Regelung sah sich der Verordnungsgeber im Hinblick darauf berechtigt, dass § 16 Abs. 1 TKG auf das Äquivalenzprinzip in § 3 Satz 1 des Verwaltungskostengesetzes verweist, wonach zwischen der Höhe der Gebühr einerseits und der Bedeutung, dem wirtschaftlichen Wert oder dem sonstigen Nutzen der Amtshandlung ein angemessenes Verhältnis bestehen muss. Diese Konzeption wurde deshalb nicht weiter verfolgt, weil Art. 11 Abs. 1 der Lizenzierungsrichtlinie vom 10. April 1997 die Gebührenhöhe auf die für die Ausstellung, Verwaltung, Kontrolle und Durchsetzung der jeweiligen Einzelgenehmigungen anfallenden Verwaltungskosten beschränkte und damit ein nach § 16 Abs. 1 TKG nicht geltendes Prinzip der Kostendeckung einführte. Die Telekommunikations-Lizenzgebührenverordnung folgt deshalb in Abkehr von der anfänglichen Zielsetzung des Verordnungsgebers diesem Prinzip, dies aber nicht nur hinsichtlich der Kosten der eigentlichen Lizenzerteilung, sondern auch hinsichtlich eines umfänglichen weiteren künftigen Verwaltungsaufwands der Regulierungsbehörde, der vom Verordnungsgeber als berücksichtigungsfähig im Sinne von Art. 11 Abs. 1 der Lizenzierungsrichtlinie bewertet wurde. Der Verordnungsgeber hat dabei jedoch außer Acht gelassen, dass die für die Abgabenerhebung in erster Linie maßgebliche Gesetzesnorm des nationalen Rechts (§ 16 Abs. 1 TKG) eine entsprechende Bewertung nicht tragen konnte, weil darin nur der Verwaltungsaufwand für die Erteilung der Lizenzen erfasst ist. Infolgedessen hätte es zur Verwirklichung der geänderten Regelungskonzeption – deren sonstige Unbedenklichkeit unterstellt – der vorherigen Änderung der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage und ihrer Anpassung an den Inhalt der Lizenzierungsrichtlinie bedurft.
3. Unabhängig von dem vorstehend dargelegten Ermächtigungsmangel der Telekommunikations-Lizenzgebührenverordnung kann der angefochtene Bescheid auch deswegen nicht auf diese Verordnung gestützt werden, weil die darin vorgeschriebene Vorauserhebung von Kosten für 30 Jahre überdies in der Sache selbst der Rechtfertigung entbehrt und infolgedessen gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstößt. Wenngleich dem Verordnungsgeber bei erforderlichen Prognosen und insbesondere auch bei einer in die Zukunft gerichteten Gebührenkalkulation ein weitgehendes Einschätzungsvorrecht zusteht, muss die von ihm angestellte Prognose doch gewissen Mindestanforderungen an ihre Stichhaltigkeit genügen. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass eine Schätzung von Verwaltungsaufwand für mehrere Jahre auf der Grundlage von bisherigen Erfahrungswerten und deren Hochrechnung in die Zukunft sachgerecht nur möglich ist, wenn die bestehenden Rahmenbedingungen absehbar im Wesentlichen konstant bleiben. Eine derartige Annahme verbot sich hier für den Verordnungsgeber in Anbetracht der Dynamik des Telekommunikationsmarktes und des jahrzehntelangen Prognosezeitraums von selbst. Dass Einschätzungen des durch Lizenzen geregelten Telekommunikationsmarktes hinsichtlich seiner rechtlichen, technischen und sonstigen Voraussetzungen für mehr als wenige Jahre nicht möglich waren, konnte bereits der Verordnungsgeber des Jahres 1996 absehen. Schon die Verabschiedung der Lizenzierungsrichtlinie vom 10. April 1997, durch die sich der Verordnungsgeber gezwungen sah, ein schon weitgehend vorbereitetes Konzept wertabschöpfender Gebühren auf der Grundlage des noch nicht lange in Kraft befindlichen § 16 Abs. 1 TKG aufzugeben, lässt erkennen, dass selbst die rechtlichen Rahmenbedingungen des weitgehend europäisch beeinflussten Telekommunikationsmarktes nicht auf 30 Jahre vorhersehbar sind. Dass dies vermehrt für die technischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen des neuen Marktes zu gelten hat und ebenfalls für den Verordnungsgeber ohne weiteres erkennbar war, bedarf kaum weiterer Ausführungen. So ließ sich im Jahre 1997 nicht absehen, wie sich die neu geöffneten Einzelmärkte im Bereich der Telekommunikation entwickeln würden. Weder war vorhersehbar, wie sich das aus dem früheren Staatsunternehmen hervorgegangene (vgl. Art. 87 Abs. 1, Art. 143 b GG) marktbeherrschende Unternehmen entwickeln würde, noch ließ sich sachgerecht prognostizieren, wie viele inländische und ausländische Mitbewerber ihm erwachsen würden und welche Änderungen im Lizenzbereich die Folge wären. Namentlich ist aus damaliger wie aus heutiger Sicht unabsehbar, wie lange es einer besonderen, vom allgemeinen Wettbewerbsrecht abgekoppelten Regulierung der Telekommunikationsmärkte noch bedarf. Die der Gebührenverordnung zugrunde liegende Erwartung eines unveränderten Fortbestands der Regulierungsbehörde und ihrer derzeitigen Aufgaben für die Dauer von 30 Jahren muss deshalb in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht als sachlich unvertretbar bezeichnet werden.
4. Die von der Beklagten erhobene Rüge, das Verwaltungsgericht habe gegen seine Aufklärungspflicht aus § 86 Abs. 1 VwGO verstoßen, bedarf keiner Behandlung, da im Rahmen einer Sprungrevision eine Verfahrensrüge unzulässig ist (§ 134 Abs. 4 VwGO).
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Unterschriften
Bardenhewer, Hahn, Eckertz-Höfer, Büge, Graulich
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 19.09.2001 durch Klebba Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen