Entscheidungsstichwort (Thema)
Wasser. Fernwasser. Wasserversorgung. Fernwasserversorgung, Gemeinde. Kommune. kommunale Selbstverwaltung. gemeindliche Zuständigkeit. Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft. örtliche Radizierung. örtliche Angelegenheit. überörtliche Angelegenheit. gemeindliche Organisationshoheit. gemeindliche Kooperationshoheit. Einigungsvertrag. Vermögenszuordnung. Beteiligungsanspruch. Erlösauskehr. Umwandlung von Treuhandunternehmen
Leitsatz (amtlich)
Auch der Betrieb einer Fernwasserversorgung, bei der die örtlichen Verteilernetze nicht im Eigentum des Betreibers stehen, gehört zu den Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Sinne von Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG.
Für die Zuordnung einer Aufgabe zu den “Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft” ist darauf abzustellen, ob ein Bezug zur Gemeindebevölkerung oder zum Gemeindegebiet besteht, wem also die im Rahmen der Daseinsvorsorge wahrgenommene Tätigkeit zugute kommt (funktionsbezogene Betrachtungsweise). Nicht entscheidend ist, ob sich die Anlagen und Einrichtungen, mit denen die Aufgabe wahrgenommen wird, auf dem Gemeindegebiet befinden. Ebenso wenig kommt es auf den Umfang der zur Aufgabenerfüllung eingesetzten Anlagen und sonstigen Betriebsmittel an.
§ 6 ZOEG enthält keine abschließende Aufzählung von Zuordnungsvorbehalten.
Normenkette
GG Art. 28 Abs. 2 S. 1; EV Art. 22; KVG § 2 Abs. 1, § 4 Abs. 2 S. 1, § 6 Abs. 1 2.; ZOEG § 6 Abs. 1-2
Verfahrensgang
VG Berlin (Urteil vom 05.12.2002; Aktenzeichen 27 A 204.95) |
Tenor
Die Revisionen der Klägerin, der Beklagten und der Beigeladenen zu 4, 6, 7 und 8 gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 5. Dezember 2002 werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Tatbestand
I.
Die Klägerin begehrt die Übertragung von Geschäftsanteilen an der Beigeladenen zu 1 sowie eine anteilige Erlösauskehr aus dem Verkauf von weiteren Geschäftsanteilen.
Die Beigeladene zu 1, die 1990 als GmbH mit einem Stammkapital von 250 Mio. DM durch Umwandlung auf der Grundlage der Umwandlungsverordnung aus dem VEB Fernwasserversorgung E.… O.… entstanden ist, beliefert Gemeinden in Sachsen und Sachsen-Anhalt mit Trinkwasser. Dabei wird Wasser aus den Elbauen mit Wasser aus der Rappbodetalsperre gemischt und über eine Ringleitung von rund 600 km Länge verteilt. An diese Ringleitung schließen sich örtliche Verteilernetze an. Sie stehen nicht im Eigentum der Beigeladenen zu 1, sondern der örtlichen Wasserversorgungsunternehmen, die aus der Umwandlung der 15 bezirklichen “Volkseigenen Betriebe Wasserversorgung und Abwasserbehandlung (WAB)” der ehemaligen DDR hervorgegangen sind.
Die Klägerin beantragte unter dem 8. Oktober 1993 zugleich im Namen weiterer 441 Gemeinden aus Sachsen-Anhalt die Zuordnung von Kapitalanteilen an der Beigeladenen zu 1. Sie machte geltend, die Wasserversorgung sei den Gemeinden als Aufgabe im eigenen Wirkungskreis übertragen. Zur Erfüllung dieser einheitlichen Verwaltungsaufgabe seien sie auf die Fernwasserversorgung E.… O.… GmbH angewiesen. Zur Aufgabenerfüllung gehöre nicht nur die Herrschaft über das örtliche Anlagevermögen, sondern ebenso die Verfügungsgewalt über die Ressourcen selbst.
Mit Kauf- und Abtretungsvertrag vom 25. Februar 1994 veräußerte die Treuhandanstalt als alleinige Gesellschafterin der Beigeladenen zu 1 Geschäftsanteile im Nennwert von 127,5 Mio. DM (51 % des Stammkapitals) zu einem Kaufpreis von 280 Mio. DM an eine Bietergemeinschaft, bestehend aus den Beigeladenen zu 5 und 6 in Gesellschaft bürgerlichen Rechts (im Folgenden: M./KWL-GbR). Alleinige Gesellschafterin der Beigeladenen zu 5 ist die Stadt L.… (Beigeladene zu 9). Die Beigeladene zu 6 ist aus dem volkseigenen Wasser- und Abwasserbetrieb des ehemaligen Bezirks H.… hervorgegangen. Alleiniger Gesellschafter ist der Verein der kommunalen Anteilseigner, dem die Gemeinden im Versorgungsgebiet, darunter die Klägerin, angehören. § 7 Abs. 4 des Kauf- und Abtretungsvertrages vom 25. Februar 1994 lautet wie folgt:
“Die Parteien sind sich einig, dass etwaige kommunale Ansprüche, insbesondere aus dem Kommunalvermögensgesetz, gerichtet auf Geschäftsanteile an der Gesellschaft, durch den Freistaat Sachsen und das Land Sachsen-Anhalt vorrangig befriedigt werden sollen, denen von der Treuhandanstalt Teilgeschäftsanteile an der Gesellschaft in Höhe von je 24,5 % übertragen werden.
Für den Fall, dass darüber hinausgehende kommunale Ansprüche, gerichtet auf Geschäftsanteile der Gesellschaft, rechtskräftig festgestellt werden, verpflichtet sich die Käuferin, den mit diesem Vertrag veräußerten Teilgeschäftsanteil oder Teile davon an die Berechtigten zu übertragen.
Sofern die Berechtigten mittelbar oder unmittelbar an der M.… H.… GmbH oder den Städtischen Wasserwerken L.… GmbH beteiligt sind, verpflichten sich die Partner der Käuferin, die Ansprüche aus ihrer ideellen Hälfte zu befriedigen. Für den Fall, dass Ansprüche der beteiligten Gemeinden aus der ideellen Hälfte eines Partners der Käuferin nicht mehr befriedigt werden können, verpflichten sich die Partner der Käuferin die Geschäftsanteile zur Befriedigung der Ansprüche der Gemeinden aus der jeweiligen anderen ideellen Hälfte dazu zu kaufen.”
Mit Verträgen vom 28. Juni 1994 übertrug die Treuhandanstalt unentgeltlich Geschäftsanteile an der Beigeladenen zu 1 im Nennwert von je 61,25 Mio. DM (je 24,5 % des Stammkapitals) an den Freistaat Sachsen und das Land Sachsen-Anhalt, die Beigeladenen zu 3 und 4, als Treuhänder für die von der Beigeladenen zu 1 versorgten Gemeinden in ihrem jeweiligen Gebiet. In § 6 der Verträge ist geregelt:
“1) Die Treuhandanstalt versichert, dass keine anderen als die in der Anlage 2 genannten Anträge auf Übertragung/Rückübertragung von Geschäftsanteilen oder einzelnen Vermögensgegenständen der Gesellschaft bekannt sind.
2) Die Parteien verpflichten sich, gegenüber den antragstellenden Kommunen in geeigneter Weise darauf hinzuwirken, dass die genannten Anträge zurückgenommen werden. Sollten die genannten Anträge bis zum 1. August 1994 nicht durch Rücknahme der antragstellenden Kommunen erledigt sein, wird die Präsidentin der Treuhandanstalt die Anträge bescheiden. Ihr Recht, vor dem 1. August 1994 Anträge zu bescheiden, bleibt im Einzelfall unberührt. Die Treuhandanstalt erklärt hierzu, dass nach bisherigem Sachstand Ansprüche sich aus diesen Anträgen nicht ergeben.
3) Der Erwerber verpflichtet sich, für den Fall, dass kommunale Übertragungs- oder Rückübertragungsansprüche, gerichtet auf einzelne Vermögensgegenstände der Gesellschaft, insbesondere aus Art. 21, 22 Einigungsvertrag sowie dem Kommunalvermögensgesetz rechtskräftig festgestellt werden, sicherzustellen, dass diese von der Gesellschaft erfüllt werden.
4) Der Erwerber erklärt, den mit diesem Vertrag erworbenen Geschäftsanteil als Treuhänder für die im Freistaat Sachsen/Land Sachsen-Anhalt belegenen Kommunen, die mittelbar oder unmittelbar von der Gesellschaft versorgt werden, zu halten.
5) Für den Fall, dass ungeachtet dessen etwaige kommunale Ansprüche insbesondere aus dem Kommunalvermögensgesetz, gerichtet auf Geschäftsanteile an der Gesellschaft, rechtskräftig festgestellt werden, verpflichtet sich der Erwerber, diese zu erfüllen. Er stellt insoweit die Treuhandanstalt und die Käuferin des mit Vertrag vom 25. Februar 1994 veräußerten und abgetretenen Teilgeschäftsanteils in Höhe von 127,5 Mio. DM (51 % des Stammkapitals der Gesellschaft) von kommunalen Ansprüchen auf Übertragung von Geschäftsanteilen an der Gesellschaft bis zur Höhe des mit dem vorliegenden Vertrag übertragenen Teilgeschäftsanteils sowie von sonstigen etwaigen kommunalen Ersatzansprüchen mit Bezug auf Geschäftsanteile an der Gesellschaft frei; die Freistellungsverpflichtung des Erwerbers ist auf den Verkehrswert der mit diesem Vertrag übertragenen Geschäftsanteile beschränkt.”
Der Beigeladene zu 3 trat mit Abtretungsvertrag vom 27. Juni 1994 seinen Geschäftsanteil an der Beigeladenen zu 1 in Höhe von 24,5 % des Stammkapitals im Voraus unentgeltlich an die Stadt L.…, die Beigeladene zu 9, ab. Der Erwerber erhielt die Geschäftsanteile nach der Präambel des Vertrages für sich selbst und zugleich treuhänderisch für die von der Beigeladenen zu 1 versorgten Gemeinden und Zweckverbände. § 1 Abs. 2 dieses Vertrages regelt:
“Der Erwerber tritt in alle im Abtretungsvertrag zwischen der Treuhandanstalt und dem Freistaat Sachsen niedergelegten Rechte und Pflichten und getroffenen Vereinbarungen ein.”
Mit einem weiteren Vertrag vom 28. Juni 1994 trat der Beigeladene zu 4 den auf ihn übertragenen Geschäftsanteil von 24,5 % unentgeltlich an die mit dem Konsortialvertrag vom 27. Juni 1994 gegründete “Fernwasser (H./M.) – Beteiligungsgesellschaft GbR” (im Folgenden: M./TWM-GbR) ab. Gesellschafter dieser im März 1999 aufgelösten Beteiligungsgesellschaft waren die Beigeladene zu 6 und die Beigeladene zu 7. § 2 Abs. 4 des Vertrages vom 28. Juni 1994 enthält die folgende Regelung:
“Die Erwerberin übernimmt schuldbefreiend für das Land Sachsen-Anhalt die Verpflichtungen des Landes gegenüber der Treuhandanstalt aus dem Vertrag vom 28. Juni 1994 (Anlage 1), jedoch nur im Umfang der übernommenen Beteiligung bzw. bis zu deren Wert unter Verrechnung aller im Zuge des Erwerbs und der Treuhandschaft angefallenen Erlöse und Aufwendungen (Ausschüttungen, Kosten, Steuern, Verwaltungskosten usw.). (…)”
Mit bestandskräftigem Bescheid vom 20. Juli 1995 lehnte der Präsident der BvS den Antrag der Beigeladenen zu 9 sowie weiterer sächsischer Gemeinden auf Kapitalbeteiligung an der Beigeladenen zu 1 ab.
Im August 1996 beschloss der Verein der kommunalen Anteilseigner als alleiniger Gesellschafter der Beigeladenen zu 6 deren vollständige Entflechtung. Der Beigeladene zu 4 unterstützte die Entflechtung durch die Übernahme von Schulden der Gesellschaft in Höhe von 286 Mio. DM. Er ermächtigte den Talsperrenbetrieb des Landes Sachsen-Anhalt (im Folgenden: Talsperrenbetrieb), einen Kredit der Beigeladenen zu 6 in Höhe von 200 Mio. DM zu übernehmen, wenn die Beteiligungen der Beigeladenen zu 6 auf den Talsperrenbetrieb übertragen würden. Dies erfolgte hinsichtlich der genannten Gesellschaften bürgerlichen Rechts mit den Abtretungsverträgen von Juli/November 1999. Sie enthalten in § 2 Bestimmungen, wonach der Talsperrenbetrieb mit allen Rechten und Pflichten, wie sie sich aus der Auflösung der M./TWM-GbR bzw. aus dem Konsortialvertrag der M./KWL-GbR ergeben, an die Stelle der Beigeladenen zu 6 tritt.
Der Talsperrenbetrieb wurde durch Art. 3 § 1 des Gesetzes zur Neuordnung der wasserwirtschaftlichen Aktivitäten und Umwandlung des Talsperrenbetriebes des Landes Sachsen-Anhalt vom 17. Dezember 2003 (GVBl S. 359) in eine GmbH umgewandelt.
Den Antrag der Klägerin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 10. August 1995 ab. Zur Begründung führte sie aus: Die Aufzählung der unentgeltlich zu kommunalisierenden Anlagen in § 6 KVG sei zwar nicht abschließend, doch könne die Beschränkung auf örtliche Wasserwerke und gemeindliche Verteilernetze nur so verstanden werden, dass Wasserwerke mit überörtlicher bzw. übergemeindlicher Funktion von der Kommunalisierung ausgeschlossen seien. Die Wasserwerke und Verteilernetze der Beigeladenen zu 1 ließen sich schon von ihrer Funktionsweise her nicht einer Kommune zuordnen. Ihr Versorgungssystem bilde eine nicht nur überörtliche, sondern überregionale Betriebseinheit. Eine Herauslösung einzelner Anlagenteile unterbreche dieses Versorgungssystem sofort. Die Beigeladene zu 1 diene nicht der örtlichen Versorgung der Klägerin mit Trinkwasser, sondern nur als Vorlieferant der örtlichen Versorgung. Auch aus der Eigentumssituation von Fernwasserversorgungsunternehmen in den alten Ländern lasse sich ein Kommunalisierungsanspruch nicht ableiten. Soweit dort Kommunen (Mit-)Anteilseigner an solchen Unternehmen geworden seien, gehe dies auf die Errichtung durch die Kommunen selbst zurück. Im Gegensatz dazu habe die Beigeladene zu 1 ihr gegenwärtiges Versorgungsgebiet im Wesentlichen durch Entscheidungen des Zentralstaates erlangt.
Mit ihrer gegen diesen Bescheid gerichteten Klage hat die Klägerin beantragt, die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheides zu verpflichten, ihr von den nicht an die M.… M.… Wasser- und Abwasser GmbH und die Städtischen Wasserwerke L.… GmbH in Gesellschaft bürgerlichen Rechts veräußerten 49 % der Geschäftsanteile an der Fernwasserversorgung E.… O.… GmbH anteilig die auf sie entfallenden Geschäftsanteile zu übertragen, ferner die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass ihr ein Anspruch auf anteilige Zahlung des Kaufpreises aus dem Kauf- und Abtretungsvertrag vom 25. Februar 1994 zwischen der Treuhandanstalt einerseits und der M.… M.… Wasser- und Abwasser GmbH und den Städtischen Wasserwerke L.… GmbH in Gesellschaft bürgerlichen Rechts andererseits gegenüber der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben zusteht, hilfsweise hierzu, festzustellen, dass sie anteilig Berechtigte im Hinblick auf den Gegenstand des Kauf- und Abtretungsvertrages vom 25. Februar 1994 war.
Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 5. Dezember 2002 die Beklagte verpflichtet, von den mit Vertrag vom 28. Juni 1994 an das Land Sachsen-Anhalt veräußerten 24,5 % der Geschäftsanteile an der Fernwasserversorgung E.… O.… GmbH der Klägerin die anteilig auf sie entfallenden Geschäftsanteile zu übertragen. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt:
Die Klägerin habe einen Anspruch auf die Zuordnung von Geschäftsanteilen an der Beigeladenen zu 1. Die Zuordnung sei nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Geschäftsanteile durch die Übertragung an den Beigeladenen zu 4 oder durch spätere Veräußerungen aus dem zuordnungsfähigen Vermögen ausgeschieden seien. Sämtliche Übertragungen seien unter Zuordnungsvorbehalt erfolgt. Der Beteiligungsanspruch der Klägerin ergebe sich aus § 2 Abs. 1 Buchst. a und § 4 Abs. 2 Satz 1 KVG. Unstreitig handele es sich bei der örtlichen Wasserversorgung um eine nach der Kompetenzordnung des Grundgesetzes von den Gemeinden wahrzunehmende Aufgabe. Streitig sei nur, ob die kommunale Zuständigkeit auch die Beschaffung von Wasser durch Fernwasserversorgung einschließe. Die historische Entwicklung stehe der Einstufung als kommunale Selbstverwaltungsaufgabe nicht entgegen. Bereits der Wasserbeschaffungsverband E.… sei durch maßgebliche kommunale Beteiligung geprägt gewesen. Der Wortlaut von § 6 Abs. 1 2. Spiegelstrich KVG schließe die gemeindliche Beteiligung an der Fernwasserversorgung – quasi als Annexkompetenz – jedenfalls nicht aus. Die gesetzgeberische Wertung, dass nach § 2 Abs. 1 Buchst. a KVG alle zur Erfüllung der Selbstverwaltungsaufgaben benötigten Betriebe in das Vermögen der Kommunen übergehen sollten und dass nach § 2 Abs. 2 KVG der Übergang auf die Gemeinde den Regelfall darstelle, rechtfertigten die Einstufung auch der überörtlichen Wasserbeschaffung als kommunale Selbstverwaltungsaufgabe. Bestätigt werde dies durch die bisherige Anwendung von § 4 Abs. 2 KVG, auf dessen Grundlage die 15 ehemaligen Bezirksenergiekombinate und die 15 ehemaligen volkseigenen Wasser- und Abwasserbetriebe kommunalisiert worden seien. Es sei danach mit dem Gebot gleichmäßigen Verwaltungshandelns unvereinbar, der Klägerin eine Kommunalisierung der Beigeladenen zu 1 zu verwehren. Unterschiede, die eine abweichende Behandlung der Beigeladenen zu 1 einerseits und der Wasser- und Abwasserbetriebe andererseits rechtfertigen könnten, seien nicht darin zu sehen, dass die Ringleitung auf dem Gebiet mehrerer Bezirke liege. Ebenso wenig falle ins Gewicht, dass die Beigeladene zu 1 über keine örtlichen Verteilernetze verfüge. Schließlich seien auch die meisten Beteiligten davon ausgegangen, dass die Fernwasserversorgung letztlich in kommunale Hand gehöre.
Dagegen habe die Klägerin keinen Anspruch auf Erlösauskehr. Zwar scheitere dieser Anspruch nicht bereits daran, dass § 4 Abs. 2 Satz 2 KVG Kommunalisierungsansprüche auf 49 % der Anteile beschränke. Diese Regelung betreffe nur die Versorgung mit leitungsgebundener Energie. Doch fehle es an einer Rechtsgrundlage für eine Erlösauskehr. § 10 Abs. 2 Satz 1 VZOG beziehe sich auf die Veräußerung von Vermögenswerten nach Abs. 1, während es hier darum gehe, das Unternehmen selbst auf die Kommunen zu übertragen. Ebenso wenig ergebe sich ein Anspruch aus § 8 Abs. 4 oder § 13 Abs. 2 VZOG. Surrogatansprüche habe der Gesetzgeber im Vermögenszuordnungsgesetz abschließend regeln wollen. Da somit keine Regelungslücke bestehe, komme auch eine analoge Anwendung der genannten Vorschriften nicht in Betracht. Aus demselben Grunde scheide ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch aus. Er setze außerdem eine rechtsgrundlose Vermögensverschiebung voraus; hier habe aber ein wirksamer Kauf- und Abtretungsvertrag den Rechtsgrund für die Vermögensverschiebung gebildet.
Die mit dem Hilfsantrag begehrte Feststellung der Rechtswidrigkeit der Veräußerung zur Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses scheide schon deshalb aus, weil nicht die Beklagte veräußert habe. Wegen Erledigung vor Bescheiderlass fehle das Rechtsschutzbedürfnis für eine Fortsetzungsfeststellungsklage. Für einen Amtshaftungsanspruch seien nicht die Verwaltungsgerichte zuständig.
Gegen das Urteil haben die Klägerin, die Beklagte sowie die Beigeladenen zu 4, 6, 7 und 8 Revision eingelegt. Die Klägerin verfolgt mit ihrer Revision den geltend gemachten Anspruch auf Erlösauskehr weiter. Die Beklagte sowie die Beigeladenen zu 4, 6 und 8 halten das erstinstanzliche Urteil für fehlerhaft, soweit der Klägerin ein Anspruch auf Übertragung von Geschäftsanteilen zuerkannt wurde, der Revision der Klägerin treten sie entgegen. Die Beigeladene zu 7 hält den geltend gemachten Beteiligungsanspruch wegen eines fehlenden Zuordnungsvorbehaltes für unbegründet, dagegen hätten nach ihrer Auffassung der Antrag auf Erlösauskehr und der hilfsweise geltend gemachte Feststellungsantrag Erfolg haben müssen.
Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht beteiligt sich am Verfahren. Er hält das angefochtene Urteil hinsichtlich des stattgebenden Teils für fehlerhaft, auch ein Erlösauskehranspruch bestehe nicht.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revisionen der Klägerin, der Beklagten sowie der Beigeladenen zu 4, 6, 7 und 8 sind unbegründet, das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts steht im Einklang mit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat der Klägerin zu Recht einen Anspruch auf die Übertragung von Geschäftsanteilen an der Beigeladenen zu 1 zuerkannt. Dagegen hat die Klägerin weder einen Anspruch auf die begehrte Erlösauskehr noch kann sie hilfsweise die Feststellung ihrer Berechtigung hinsichtlich des Gegenstandes des Kauf- und Abtretungsvertrages vom 25. Februar 1994 beanspruchen. Diesen Teil der Klage hat das Verwaltungsgericht ohne Verstoß gegen Bundesrecht abgewiesen.
1. Die Klägerin kann ihren Anspruch auf Übertragung von Geschäftsanteilen an der Beigeladenen zu 1 auf § 4 Abs. 2 Satz 1 und § 2 Abs. 1 Buchst. a des Gesetzes über das Vermögen der Gemeinden, Städte und Landkreise (Kommunalvermögensgesetz – KVG) vom 6. Juli 1990 (GBl DDR I S. 660), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. März 1991 (BGBl I S. 786), i.V.m. Art. 22 des Einigungsvertrages (EV) vom 31. August 1990 (BGBl II S. 889) stützen. Die von der Beigeladenen zu 1 am maßgeblichen Stichtag, dem 3. Oktober 1990, im Rahmen der Wasserversorgung wahrgenommenen Aufgaben, die der Beschaffung, Heranleitung und Verteilung von Fernwasser bis auf die Gemeindeebene dienen, sind nach der Kompetenzordnung des Grundgesetzes der kommunalen Selbstverwaltung zuzuordnen.
a) Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 KVG gehen, sofern Betriebe und Einrichtungen, die nach den Grundsätzen dieses Gesetzes in kommunales Eigentum überführt werden müssen, bereits in Kapitalgesellschaften umgewandelt worden sind, die entsprechenden ehemals volkseigenen Anteile in das Eigentum der Gemeinden und Städte über. Gemäß § 2 Abs. 1 Buchst. a KVG gehen unabhängig von ihrer bisherigen Unterstellung alle volkseigenen Betriebe, Einrichtungen und Anlagen, die zur Erfüllung der kommunalen Selbstverwaltungsaufgaben gemäß § 2 des Gesetzes über die Selbstverwaltung der Gemeinden und Landkreise in der DDR benötigt werden, in das Vermögen der Städte und Gemeinden über. Nach Anlage II Kapitel IV Abschnitt III Nr. 2 EV gilt das Kommunalvermögensgesetz mit der Maßgabe fort, dass den Gemeinden, Städten und Landkreisen nur das ihren Verwaltungszwecken unmittelbar dienende Vermögen (Verwaltungsvermögen) und das sonstige Vermögen (Finanzvermögen) in Übereinstimmung mit Art. 10 Abs. 6 und Art. 26 Abs. 4 des Vertrages vom 18. Mai 1990 über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion (BGBl 1990 II S. 518) sowie den Artikeln 21 und 22 EV zu übertragen ist. Entgegen dem Wortlaut gehen die Gesellschaftsanteile nicht kraft Gesetzes auf die Gemeinden über; vielmehr verleiht § 4 Abs. 2 KVG ihnen einen Anspruch auf kostenlose (vgl. § 1 KVG) Übertragung (Urteile vom 11. November 2004 – BVerwG 3 C 36.03 – S. 9 und vom 29. April 1994 – BVerwG 7 C 30.93 – BVerwGE 96, 1 ≪4≫), der sich seit dem In-Kraft-Treten des Vermögenszuordnungsgesetzes gemäß § 1 Abs. 4 VZOG gegen die Zuordnungsbehörde richtet.
b) Bei den hier in Rede stehenden Kapitalanteilen handelt es sich nicht um Verwaltungs-, sondern um Finanzvermögen, weil ihre Zweckbestimmung nicht öffentlich-rechtlich gesichert ist (Urteil vom 18. Mai 1995 – BVerwG 7 C 58.94 – BVerwGE 98, 273 ≪274≫). Kommunales Finanzvermögen im Sinne des Art. 22 Abs. 1 Satz 1 EV ist auf diejenigen Vermögensgegenstände und Kapitalbeteiligungen an Einrichtungen beschränkt, die für öffentliche Zwecke und Aufgaben, die nach der Rechtsordnung des Grundgesetzes von den Gemeinden und Gemeindeverbänden (Kommunen) im Rahmen ihrer Selbstverwaltung nach Art. 28 Abs. 2 GG wahrgenommen werden, am 3. Oktober 1990 tatsächlich genutzt wurden oder für eine solche Nutzung konkret vorgesehen waren (stRspr, vgl. u.a. Urteile vom 15. Dezember 1994 – BVerwG 7 C 57.93 – BVerwGE 97, 240 ≪241 f.≫ und vom 18. Mai 1995 – BVerwG 7 C 58.94 – BVerwGE 98, 273 ≪274 f.≫).
c) Danach hat die Klägerin einen Anspruch auf die Übertragung von Geschäftsanteilen. Die von der Beigeladenen zu 1 betriebene Fernwasserversorgung ist nach der Rechtsordnung des Grundgesetzes den Angelegenheiten der kommunalen Selbstverwaltung zuzurechnen (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG).
Das Unternehmen der Beigeladenen zu 1 dient der Wasserversorgung und damit einer öffentlichen Aufgabe, die nach der Kompetenzordnung des Grundgesetzes im Zweifel von den Gemeinden wahrzunehmen ist. Das Bundesverfassungsgericht hat – hier im Zusammenhang mit der Frage ihrer Grundrechtsfähigkeit – zu den von Gemeinden und Landkreisen im Bereich der Daseinsvorsorge wahrgenommenen öffentlichen Aufgaben auch die Einrichtung der Wasserversorgung gerechnet (BVerfGE 45, 63 ≪78≫; Beschluss vom 16. Mai 1989 – 1 BvR 705/88 – NJW 1990, 1783) und hat dies – jedenfalls soweit es um örtliche Infrastruktur ging – als Aufgabenerfüllung in Wahrnehmung eigener Angelegenheiten gewertet (BVerfGE 38, 258 ≪270 f.≫). Die Einrichtung einer örtlichen Wasserversorgung hat es als üblicherweise auch zu den öffentlichen Aufgaben der Gemeinden gehörend angesehen (BVerfGE 58, 45 ≪62≫).
An dieser Zuordnung ändert sich nichts dadurch, dass hier bei der Beigeladenen zu 1 nur Aufgaben der Fernwasserversorgung und nicht der Trinkwasserversorgung und -verteilung vor Ort in Rede stehen, nachdem die örtlichen Verteilnetze nicht im Eigentum der Beigeladenen zu 1 stehen. Dabei kann offen bleiben, ob sich die Aufgabe der Wasserversorgung ohnehin in allen ihren Stufen von der Wassergewinnung über die Aufbereitung und Heranleitung des Wassers bis hin zu seiner Verteilung an die Endverbraucher als einheitliche Aufgabe darstellt oder ob die Fernwasserversorgung in der hier zu beurteilenden Form eine abtrennbare und somit selbständig zu beurteilende (Teil-)Aufgabe darstellt. Bei beiden Ausgangspunkten handelt es sich um eine Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft im Sinne von Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG.
Für die Zuordnung der von der Beigeladenen zu 1 wahrgenommenen Aufgaben zu den Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft kommt es nicht entscheidend darauf an, wo sich die konkreten Anlagen und Einrichtungen befinden, mit denen die Aufgabe der Daseinsvorsorge wahrgenommen wird. Namentlich ist nicht ausschlaggebend, ob sie auf dem Gebiet der jeweiligen Gemeinde belegen sind, wenn ansonsten ein ausreichender örtlicher Bezug besteht. Wesentlich ist, dass die damit verbundene Tätigkeit – wie es das Bundesverfassungsgericht in der Rastede-Entscheidung ausgedrückt hat (BVerfGE 79, 127 ≪151 f.≫) – in Bedürfnissen und Interessen wurzelt, die den Gemeindeeinwohnern gerade als solchen gemeinsam sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat für das Vorliegen einer “Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft” einen spezifischen Ortsbezug, eine “spezifisch örtliche Dimension” der Angelegenheit verlangt (Urteil vom 14. Dezember 1990 – BVerwG 7 C 37.89 – BVerwGE 87, 228 ≪232 f.≫). Maßgeblich für die danach erforderliche örtliche Radizierung ist eine funktions-, nicht aber eine anlagenbezogene Betrachtungsweise. Entscheidend ist, ob ein Bezug zur Gemeindebevölkerung oder zum Gemeindegebiet besteht, wem also die im Rahmen der Daseinsvorsorge wahrgenommene Tätigkeit zugute kommt. Dies sind bei der hier in Rede stehenden Versorgung mit Trinkwasser die Gemeindebürger und die Unternehmen, die ihren Sitz im Gebiet der Gemeinden haben, die an das Fernwasserversorgungsnetz der Beigeladenen zu 1 angeschlossen sind. Ein solcher örtlicher Bezug und eine entsprechende Zielorientierung der Aufgabenerfüllung genügen, um die von der Beigeladenen zu 1 wahrgenommenen Aufgaben als “Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft” im Sinne von Art. 28 Abs. 1 GG einzustufen.
Ebenso wenig ist wegen des Umfangs der zur Aufgabenwahrnehmung unterhaltenen Anlagen und Einrichtungen, etwa der Dimension des von der Beigeladenen zu 1 betriebenen Ringleitungsnetzes von rund 600 km Länge, anzunehmen, dass deshalb der Rahmen einer örtlichen Angelegenheit überschritten wäre. Dass der Umfang der Anlagen für die Zuordnung zum gemeindlichen Wirkungskreis insoweit nicht maßgeblich sein kann, folgt schon daraus, dass es den Gemeinden im Rahmen ihrer durch Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleisteten Organisationshoheit (vgl. BVerfGE 91, 228 ≪236 ff.≫) offen steht, die ihrer Zuständigkeit unterliegenden Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft statt als einzelne Gemeinde auch gemeinsam in den zur Verfügung stehenden Formen kommunaler Zusammenarbeit zu erledigen (sog. Kooperationshoheit, vgl. u.a. BVerfG, Beschluss vom 27. November 1986 – 2 BvR 1241/82 – NVwZ 1987, 123 ≪124≫). Dies ist für Aufgaben der Fernwasserversorgung im Gebiet der “alten” Bundesrepublik verschiedentlich geschehen. Dort sind schon lange vor 1990 kommunale Zweckverbände entstanden, die – wie die Beigeladene zu 1 – Trinkwasser gewinnen und aufbereiten, über weite Strecken heranführen und an die angeschlossenen Gemeinden bzw. auch örtliche Zweckverbände liefern (vgl. Ludwig/Schauwecker, Strukturen und Probleme der Wasserversorgung in: Püttner ≪Hrsg.≫, Handbuch der kommunalen Wissenschaft und Praxis, Band 5, 2. Aufl. 1984, § 98, S. 286 ff.; s. zur Organisation der Wasserversorgung auch den Bericht des Bundestags-Ausschusses für Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung “Grundwasserschutz und Wasserversorgung”, BTDrucks 12/8270, insbes. S. 386 ff.). Zu diesen Formen kommunaler Zusammenarbeit gehört etwa der Zweckverband Bodensee-Wasserversorgung, der über ein Leitungsnetz von rund 1 600 km verfügt und ca. 320 Städte und Gemeinden mit zusammen rund 4 Mio. Einwohnern versorgt. Darauf, inwieweit das von der Beigeladenen zu 1 betriebene Fernwasserversorgungsnetz durch kommunale Initiative oder durch zentralstaatliche Entscheidung entstanden ist, kommt es nicht an. Das Vermögenszuordnungsrecht stellt die zentralstaatlichen Entscheidungen der ehemaligen DDR gerade in Frage. Maßstab nach § 4 Abs. 2 KVG i.V.m. Art. 22 EV ist daher die Kompetenzordnung des Grundgesetzes. Da auch eine landesübergreifende kommunale Zusammenarbeit nicht ausgeschlossen ist (vgl. etwa Gern; Deutsches Kommunalrecht, 3. Aufl. 2003, Rn. 926 m.w.N.), schließt auch die Ausdehnung der Anlagen der Beigeladenen zu 1 über die Grenzen zweier Bundesländer hinweg eine Zuordnung an die Kommunen nicht aus.
Bei der Wasserversorgung war es im für die Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt des Beitritts – anders als bei der Energieversorgung – noch nicht in nennenswertem Umfang zu einer Wahrnehmung eines Teils der Aufgaben durch privatwirtschaftliche Unternehmen gekommen. Dies kann es im Energiebereich rechtfertigen, die Aufgabe der überörtlichen Energieerzeugung als aus dem Bereich der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft “herausgewachsen” anzusehen (so etwa Ossenbühl, Rechtliche Aspekte der Energieversorgung, DÖV 1992, 1 ≪8 f.≫; Löwer, Energieversorgung zwischen Staat, Gemeinde und Wirtschaft, DVBl 1991, 132 ≪141 f.≫; Tettinger, Zur Stromversorgung auf kommunaler Ebene, NWVBl 1989, 1 ≪2 f.≫). Dagegen werden die Energieerzeugung für den örtlichen Bedarf und die kleinräumige Energieverteilung nach wie vor der Selbstverwaltung der Gemeinden zugerechnet (Urteil vom 18. Mai 1995 – BVerwG 7 C 58.94 – BVerwGE 98, 273 ≪277≫). Diese Differenzierung kann wegen der abweichenden Versorgungsstrukturen nicht auf die Wasserversorgung übertragen werden, die herkömmlich gerade als kommunale Aufgabe angesehen wird. Aktuelle Privatisierungstendenzen im Bereich der Wasserversorgung bleiben wegen des maßgeblichen Stichtages für die hier vorzunehmende Abgrenzung ohne Belang.
Den Regelbeispielen in § 6 Abs. 1 2. Spiegelstrich KVG kann nichts Gegenteiliges für die Einordnung der von der Beigeladenen zu 1 wahrgenommenen Aufgaben entnommen werden. Danach sind volkseigene Betriebe und Einrichtungen, die zur Erfüllung der kommunalen Selbstverwaltungsaufgaben gemäß §§ 2 und 72 des Gesetzes über die Selbstverwaltung der Gemeinden und Landkreise in der DDR (Kommunalverfassung) benötigt werden, in der Regel Betriebe und Anlagen zur Versorgung mit Energie und Wasser, wie örtliche Elektrizitäts- und Heizkraftwerke, Gas- und Wasserwerke sowie gemeindliche Verteilernetze. Zwar enthält § 6 Abs. 1 KVG damit außer für den Energiebereich auch für die Wasserversorgung eine Beschränkung auf örtliche Anlagen. Doch ist diese Konkretisierung (“in der Regel”) weder positiv noch negativ abschließend. Außerdem sind nach der im Einigungsvertrag enthaltenen Maßgabe zur Fortgeltung des Kommunalvermögensgesetzes nicht die vom DDR-Gesetzgeber niedergelegten Vorstellungen über die Reichweite der Aufgaben kommunaler Selbstverwaltung entscheidend, sondern die Vorgaben, die Art. 21 und 22 EV zur Verteilung von Verwaltungs- und Finanzvermögen enthalten, mithin also die Kompetenzzuweisungen “nach dem Grundgesetz”.
Ebenso wenig kann das Vorliegen einer Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft im Sinne von Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG damit in Abrede gestellt werden, dass die Endverbraucher von der Beigeladenen nicht “unmittelbar” mit Wasser versorgt würden, diese vielmehr nur ein “Versorger der Versorger” sei. Die Beklagte beruft sich für ihre abweichende Auffassung auf den Wortlaut des Art. 21 Abs. 1 Satz 1 EV. Dort wie sonst im öffentlichen Vermögensrecht erschöpft sich das Merkmal der Unmittelbarkeit jedoch in der Abgrenzung des öffentlichen Verwaltungsvermögens, das “unmittelbar” zur Erfüllung von Sachaufgaben der Verwaltung dient, vom öffentlichen Finanzvermögen, das hierzu nur mittelbar durch seinen Vermögenswert und seine Erträgnisse dient (stRspr, vgl. u.a. Beschluss vom 18. September 1998 – BVerwG 3 B 25.98 – Buchholz 111 Art. 21 Nr. 29 S. 45). Damit gibt dieses Gegensatzpaar für die hier inmitten stehende Abgrenzung örtlicher von überörtlichen Angelegenheiten nichts her.
d) Das Verwaltungsgericht hat entschieden, der Beteiligungsanspruch der Klägerin sei aus den an den Beigeladenen zu 4 übertragenen Geschäftsanteilen zu befriedigen. Dem steht nicht entgegen, dass diese Anteile aus dem zuordnungsfähigen Vermögen ausgeschieden wären.
Der Zuordnung bzw. der Restitution eines Grundstücks an eine Gemeinde steht die zuvor erfolgte Privatisierung eines Treuhandunternehmens nicht entgegen, wenn die Anteilsveräußerung unter dem Vorbehalt späterer Zuordnung des Grundstücks erfolgt ist (Urteil vom 29. April 1994 – BVerwG 7 C 30.93 – BVerwGE 96, 1 ≪5≫). Das gilt auch im vorliegenden Fall. Daran ändert nichts, dass kein Anspruch auf die Zuordnung bzw. Restitution einzelner Vermögenswerte nach dem Vermögenszuordnungsgesetz, sondern auf die Übertragung von Geschäftsanteilen nach § 4 Abs. 2 KVG geltend gemacht wird. § 6 des Zuordnungsergänzungsgesetzes vom 20. Dezember 1993 (BGBl I S. 2182, 2232), dessen Voraussetzungen hier nicht vorliegen, enthält keine abschließende Regelung aller in Betracht kommenden Zuordnungsvorbehalte. Mit der Einfügung dieser Regelung durch das Gesetz zur abschließenden Erfüllung der verbliebenen Aufgaben der Treuhandanstalt vom 9. August 1994 (BGBl I S. 2062) wollte der Gesetzgeber lediglich die bis dahin ergangene Rechtsprechung nachvollziehen. Dies hindert die Anerkennung von Zuordnungsvorbehalten in weiteren Fällen nicht.
Das Verwaltungsgericht hat sowohl § 6 Abs. 5 des Vertrages vom 28. Juni 1994 zwischen der Treuhandanstalt und dem Beigeladenen zu 4, mit dem 24,5 % der Geschäftsanteile unentgeltlich treuhänderisch an den Beigeladenen zu 4 übertragen wurden, als auch § 2 Abs. 4 des Vertrages vom 28. Juni 1994 zwischen dem Beigeladenen zu 4 auf der einen und den Beigeladenen zu 5 und 6 in Gesellschaft bürgerlichen Rechts auf der anderen Seite einen solchen Zuordnungsvorbehalt entnommen, ebenso der weiteren Abtretung an die Beigeladene zu 8. Revisionsrechtlich erhebliche Rügen gegen diese Feststellungen hat die Beigeladene zu 7 nicht erhoben, die im Revisionsverfahren erneut das Vorliegen eines Zuordnungsvorbehaltes bei der Weiterübertragung der Geschäftsanteile auf die M./TWM GbR bestreitet. Gegenüber ihrem Einwand, die Beigeladenen zu 6 und 7 hätten in der Präambel des Konsortialvertrages zum Ausdruck gebracht, dass die Übernahme der Geschäftsanteile durch sie bereits die gewollte Kommunalisierung darstelle, hat das Verwaltungsgericht aus § 7 des Konsortialvertrages entnommen, dass die Beigeladenen zu 6 und 7 gleichwohl bereit gewesen seien, die Erfüllung der ihnen bekannten Kommunalisierungsanträge hinzunehmen. Dass mit dieser Vertragsauslegung durch das Tatsachengericht allgemeine Erfahrungssätze, Denkgesetze oder Auslegungsregeln verletzt würden, hat die Beigeladene zu 7 nicht dargetan. Hinzu kommt, dass der Konsortialvertrag von den Beigeladenen zu 6 und 7 lediglich im Innenverhältnis geschlossen wurde. Dagegen geht es bei der Frage des Zuordnungsvorbehaltes um die Auslegung des Abtretungsvertrages mit dem Beigeladenen zu 4 als einem am Konsortialvertrag nicht beteiligten Dritten.
e) Zutreffend geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass der Anspruch der Klägerin auf Übertragung von Geschäftsanteilen der Höhe nach nicht durch § 4 Abs. 2 Satz 2 KVG beschränkt wird und folglich keiner anteiligen Kürzung unterliegt. Nach dieser Regelung werden, soweit die Summe der Beteiligungen der Gemeinden, Städte und Landkreise 49 v.H. des Kapitals einer Kapitalgesellschaft für die Versorgung mit leitungsgebundenen Energien überschreiten würde, diese Beteiligungen anteilig auf diesen Anteil gekürzt. Dass diese Regelung hier nicht anwendbar ist, erschließt sich schon aus ihrem Wortlaut. Es ist offensichtlich, dass die Fernwasserversorgung keine Versorgung mit leitungsgebundenen Energien ist. Hinzu kommt, dass die Versorgung mit Energie und diejenige mit Wasser in § 6 Abs. 1 2. Spiegelstrich KVG gesondert genannt werden. Schließlich ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte, dass mit der Einfügung von § 4 Abs. 2 Satz 2 KVG durch Anlage II Kap. IV Abschn. III Nr. 2b des Einigungsvertrages den so genannten Stromverträgen vom 22. August 1990 zwischen der ehemaligen DDR und westdeutschen Energieversorgungsunternehmen Rechnung getragen werden sollte (vgl. Berndt in: Kimme ≪Hrsg.≫, Offene Vermögensfragen, § 4 KVG Rn. 15 ff.), die aber die Wasserversorgung nicht im Blick hatten.
f) Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Ansprüche der Klägerin zunächst aus dem auf den Beigeladenen zu 4 übertragenen Anteil zu befriedigen seien. Es hat angenommen, dass der auf die Klägerin entfallende Anteil diesen nicht übersteigen werde. Über die Höhe des Anspruchs, die konkrete Beteiligungsquote, hat das Verwaltungsgericht – mit Einverständnis der Klägerin – nicht entschieden. Der Beteiligungsanspruch nach § 4 Abs. 2 Satz 1 KVG richtet sich – der Höhe nach – auf die “entsprechenden ehemals volkseigenen Anteile”. Gemeint ist, dass den Gemeinden Anteile an der Kapitalgesellschaft zu übertragen sind, die demjenigen Vermögen des ehemaligen DDR-Betriebes entsprechen, das ihnen ohne die Umwandlung nach Art. 21 Abs. 1 und 2, Art. 22 Abs. 1 Satz 1 EV zuzuordnen wäre (Urteil vom 11. November 2004 – BVerwG 3 C 36.03 – S. 11). Als möglicher Berechnungsmaßstab für den der Klägerin dem Grunde nach zustehenden Anspruch auf Übertragung von Geschäftsanteilen kommt hier ihr Anteil an dem Bezug von Fernwasser in Betracht, das von der Beigeladenen zu 1 an die an das Fernwasserversorgungssystem angeschlossenen Gemeinden abgegeben wurde. Maßgeblich ist auch insoweit die Sachlage bei Wirksamwerden des Beitritts (vgl. Urteil vom 18. Mai 1995 – BVerwG 7 C 58.94 – BVerwGE 98, 273 ≪274 f.≫).
g) Tatsächliche Feststellungen, die den Einwand tragen würden, die Klägerin habe ihren Anspruch auf die Übertragung von Geschäftsanteilen verwirkt, hat das Verwaltungsgericht nicht getroffen. Die Abtretungs- und Veräußerungsverträge schließen Ansprüche nach dem Kommunalvermögensgesetz nicht aus, sondern enthalten im Gegenteil entsprechende Zuordnungsvorbehalte.
2. Ebenso wie die Revisionen der Beklagten sowie der Beigeladenen zu 4, 6, 7 und 8 ist auch die Revision der Klägerin unbegründet. Sie hat keinen Anspruch auf die Erlösauskehr, die sie in Bezug auf die mit dem Kauf- und Abtretungsvertrag vom 25. Februar 1994 veräußerten und übertragenen 51 % der Geschäftsanteile an der Beigeladenen zu 1 begehrt.
Dieser Anspruch soll nach Auffassung der Klägerin an die Stelle des Anspruchs auf Übertragung von Geschäftsanteilen nach § 4 Abs. 2 Satz 1 KVG treten. Das setzt voraus, dass dieser Primäranspruch nicht (mehr) durchgreift. Dies ist aber nicht der Fall, da sowohl der Kauf- und Abtretungsvertrag vom 25. Februar 1994 als auch die weitere Abtretung durch die Beigeladene zu 6 an den Talsperrenbetrieb des Landes Sachsen-Anhalt mit Vertrag vom Juli/November 1999 wirksame Zuordnungsvorbehalte aufweisen. Das Verwaltungsgericht hat auf diese vertraglichen Regelungen für die Teil-Abweisung der Klage nicht abgestellt. Doch kann das Revisionsgericht selbst die Auslegung des Vertrages vornehmen, wenn hierzu – wie im vorliegenden Fall – keine weiteren Tatsachenfeststellungen erforderlich sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Dezember 2001 – BVerwG 4 C 2.00 – BVerwGE 115, 274 ≪280≫).
In § 7 Abs. 4 des Kauf- und Abtretungsvertrages vom 25. Februar 1994 wird zunächst festgestellt, die Parteien seien sich darüber einig, dass etwaige kommunale Ansprüche, insbesondere aus dem Kommunalvermögensgesetz, gerichtet auf Geschäftsanteile, durch die Beigeladenen zu 3 und 4 vorrangig befriedigt werden sollen. In Satz 2 dieser vertraglichen Regelung verpflichtet sich sodann die Käuferin, eine aus den Beigeladenen zu 5 und 6 gebildete Gesellschaft bürgerlichen Rechts, für den Fall, dass darüber hinausgehende Ansprüche, gerichtet auf Geschäftsanteile der Gesellschaft, rechtskräftig festgestellt werden sollten, den mit diesem Vertrag veräußerten Teilgeschäftsanteil oder Teile davon an die Berechtigten zu übertragen. Darin ist ein wirksamer Zuordnungsvorbehalt zu sehen. Er verhindert, dass die mit dem Vertrag vom 25. Februar 1994 übertragenen Geschäftsanteile aus dem zuordnungsfähigen Vermögen ausscheiden.
Auch der Abtretungsvertrag vom Juli/November 1999, mit dem die Beigeladene zu 6 ihren Anteil an den Talsperrenbetrieb des Landes Sachsen-Anhalt Anstalt öffentlichen Rechts abgetreten hat, enthält in § 2 einen wirksamen Zuordnungsvorbehalt. Dort ist geregelt, dass mit dem Eintritt des Talsperrenbetriebs in alle Rechte und Pflichten der Zedentin aus dem Konsortialvertrag auch die Übernahme aller auf sie entfallenden Rechte und Pflichten aus dem Kauf- und Abtretungsvertrag vom 25. Februar 1994 verbunden ist. Dies schließt die dort eingegangene Verpflichtung zur Übertragung von Geschäftsanteilen an den nach § 4 Abs. 2 KVG Berechtigten ein. An dieser Verpflichtung hat sich dadurch nichts geändert, dass der Talsperrenbetrieb des Landes Sachsen-Anhalt durch das Gesetz zur Neuordnung der wasserwirtschaftlichen Aktivitäten und zur Umwandlung des Talsperrenbetriebes des Landes Sachsen-Anhalt vom 17. Dezember 2003 (GVBl S. 359) in eine GmbH umgewandelt wurde.
Kann damit ein Erlösauskehranspruch als Surrogat eines ursprünglichen Anspruchs auf die Übertragung von Geschäftsanteilen schon wegen des Fortbestehens des Primäranspruchs auf Beteiligung gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 KVG nicht durchgreifen, bedarf keiner Entscheidung, ob es auch an einer Rechtsgrundlage für den Erlösauskehranspruch fehlt, wie das Verwaltungsgericht angenommen hat.
3. Ebenfalls ohne Erfolg bleiben muss schließlich die Revision der Klägerin gegen die Zurückweisung ihres Hilfsantrages, der auf die Feststellung gerichtet war, dass sie anteilig Berechtigte im Hinblick auf den Gegenstand des Kauf- und Abtretungsvertrages vom 25. Februar 1994 war. Gegenstand dieses Vertrages war die Veräußerung und Übertragung von 51 % der Geschäftsanteile an der Beigeladenen zu 1. Da – wie dargelegt – auch hinsichtlich dieser Geschäftsanteile wirksame Zuordnungsvorbehalte bestehen, ist ihr Beteiligungsanspruch infolge der Veräußerung nicht erledigt. Die Feststellungsklage ist daher unzulässig.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO.
Unterschriften
Prof. Dr. Driehaus, van Schewick, Liebler, Dr. Dette, Prof. Dr. Rennert
Fundstellen
Haufe-Index 1336249 |
BVerwGE 2005, 350 |
ZfIR 2005, 667 |
GewArch 2005, 244 |
DVBl. 2005, 656 |
IR 2005, 116 |