Entscheidungsstichwort (Thema)
Rundfunkrechtliche Beanstandung. „pornographischer” Fernsehfilm. strafrechtlicher Pornographiebegriff. Strafbarkeit des Fernsehveranstalters. Verschlüsselung der Filme. Wahrnehmungshindernisse im Interesse des Jugendschutzes und Wegfall des Tatbestandes von § 184 Abs. 1 Nr. 2 StGB
Leitsatz (amtlich)
1. Die Unzulässigkeit einer Sendung nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Rundfunkstaatsvertrages setzt voraus, dass durch ihre Ausstrahlung ein objektiver Tatbestand einer Bestimmung des Strafgesetzbuches vollständig erfüllt ist.
2. Das Verbot des Verbreitens pornographischer Darbietungen durch Rundfunk nach § 184 Abs. 2 StGB bezieht sich nur auf Live-Sendungen.
3. Ein Film ist „pornographisch” im Sinne von § 184 StGB, wenn sein Inhalt unter Hintansetzung sonstiger menschlicher Bezüge sexuelle Vorgänge in grob aufdringlicher, anreißerischer Weise in den Vordergrund rückt und ausschließlich oder überwiegend auf die Erregung sexueller Reize abzielt.
4. Die Annahme eines Verstoßes gegen § 184 Abs. 1 Nr. 2 StGB durch die Ausstrahlung eines pornographischen Fernsehfilmes scheidet nicht schon dann aus, wenn der Film in verschlüsselter Form gesendet wird. Anders liegt es, wenn über die allgemeine Verschlüsselung des Filmes hinaus weitere wirksame Vorkehrungen getroffen werden, die es im Sinne einer „effektiven Barriere” regelmäßig verhindern, dass Minderjährige den Film wahrnehmen.
Normenkette
EWGRL 552/89 Art. 22 Abs. 1 S. 1; GG Art. 5 Abs. 1 Sätze 1-2, Abs. 2, Art. 12 Abs. 1 S. 2; GjSM § 6 Nrn. 2-3; StGB § 184 Abs. 1 Nrn. 1-2, 7, Abs. 2; VwVfG § 35 Abs. 1; VwGO § 137 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, § 144 Abs. 3 S. 1 Nrn. 1-2, Abs. 4
Verfahrensgang
VG Hamburg (Urteil vom 04.10.2000; Aktenzeichen 12 VG 2246/98) |
Tenor
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 4. Oktober 2000 wird aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen.
Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Tatbestand
I.
Die Klägerin veranstaltet ein privates Fernsehprogramm als Abonnentenfernsehen (so genanntes Pay-TV). Die Sendungen werden bundesweit überwiegend in verschlüsselter Form ausgestrahlt. Die Codierung wird dadurch aufgehoben, dass ein Mikrochip in den dafür vorgesehenen Schacht eines beim Empfänger vorhandenen Decoders eingeführt wird. Die Decodiereinrichtungen erhalten die Kunden der Klägerin nach Abschluss eines Abonnentenvertrages.
Im Januar und Februar 1997 sendete die Klägerin in ihrem Programm in verschlüsselter Form wiederholt die Filme „Gefährliche Gespielinnen”, „Les Femmes Erotiques”, „Das Schloss der Lüste”, „Sexhibition I” und „Virtual Sex”.
Mit Bescheid vom 31. Oktober 1997 stellte die Beklagte fest, dass die Klägerin mit der Ausstrahlung dieser Filme gegen das rundfunkrechtliche Verbot pornographischer Sendungen verstoßen habe, und beanstandete diesen Verstoß (Nr. 1 des Bescheides). Darüber hinaus gab die Beklagte der Klägerin auf, die weitere Ausstrahlung dieser Filme zu unterlassen und künftig keine vergleichbaren Filme mehr in ihre Programmangebote aufzunehmen (Nr. 2 des Bescheides). Der Bescheid enthielt in seinen Nummern 3 und 4 Hinweise und Erklärungen. Zur Begründung des Bescheides führte die Beklagte im Wesentlichen aus: Die Ausstrahlung der Filme habe gegen das rundfunkrechtliche Pornographieverbot in § 3 Abs. 1 Nr. 4 des Rundfunkstaatsvertrages (RfStV) verstoßen. Maßgebend sei insoweit der strafrechtliche Pornographiebegriff, wie er von der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur vertreten werde. Danach sei eine filmische Darstellung pornographisch, wenn sie unter Ausklammerung sonstiger menschlicher Bezüge sexuelle Vorgänge in grob aufdringlicher und anreißerischer Weise in den Vordergrund rücke und ihre Gesamttendenz ausschließlich oder überwiegend auf das sexuelle Interesse an sexuellen Dingen abziele. Soweit in Abweichung von der herrschenden Meinung die Auffassung vertreten werde, pornographisch seien nur solche Filme, die offensichtlich schwer jugendgefährdend seien, sei dem nicht zu folgen. Etwas anderes ergebe sich weder aus einfach- und verfassungsrechtlichen Bestimmungen des nationalen Rechts noch aus europäischem Gemeinschaftsrecht. Die in Rede stehenden Filme seien als pornographisch anzusehen.
Das Verwaltungsgericht hat die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage im Wesentlichen mit folgender Begründung abgewiesen: Die Beanstandung der Filme sei rechtmäßig. Maßgeblich zur Beurteilung der Frage, ob Filme im Sinne des rundfunkrechtlichen Pornographieverbots pornographisch seien, sei § 184 StGB. Dabei könne dahingestellt bleiben, ob es nur auf den Pornographiebegriff dieser Strafbestimmung ankomme oder ob ein objektiver Tatbestand der Strafnorm insgesamt erfüllt sein müsse. Die Ausstrahlung pornographischer Filme verstoße stets gegen das Verbot des Verbreitens pornographischer Darbietungen durch Rundfunk nach § 184 Abs. 2 StGB. Ob ein Werk pornographisch sei, richte sich nach den von der Rechtsprechung zu § 184 StGB entwickelten Kriterien. Für einen ausschließlich am Jugendschutz ausgerichteten Pornographiebegriff sei kein Raum. Wesentliches Merkmal sei auf der Inhaltsebene, dass die objektive Gesamttendenz des Werkes ausschließlich oder überwiegend auf die Erregung eines sexuellen Reizes beim Betrachter abziele. Auf der Darstellungsebene komme es darauf an, dass sexuelle Vorgänge in grob aufdringlicher, übersteigerter und anreißerischer Weise dargestellt würden. Die Darstellung müsse die im Einklang mit allgemeinen gesellschaftlichen Wertvorstellungen gezogenen Grenzen des sexuellen Anstandes eindeutig überschreiten. An den aufgezeigten Grundsätzen gemessen seien die in Rede stehenden Filme sämtlich pornographisch, so dass die Beanstandung rechtmäßig sei. Der Bescheid sei auch im Übrigen nicht zu beanstanden.
Mit ihrer Sprungrevision verfolgt die Klägerin ihr gegen den Bescheid der Beklagten gerichtetes Begehren weiter und trägt im Wesentlichen vor: Das angefochtene Urteil verletze Bundesrecht, weil es nicht mit § 184 StGB im Einklang stehe. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei der strafrechtliche Begriff der Pornographie ausschließlich jugendschutzorientiert auszulegen. Sexualdarstellungen, die nicht jugendgefährdend seien, unterfielen daher nicht dem rundfunkrechtlichen Sendeverbot. Das Verwaltungsgericht habe auch vernachlässigt, dass der Bescheid der Beklagten gegen das verwaltungsverfahrensrechtliche Bestimmtheitsgebot verstoße. Der von der Beklagten in der Begründung des Bescheides vertretene Pornographiebegriff sei zu unbestimmt und könne deshalb nicht der Beanstandung der Filme zugrunde gelegt werden. Auf jeden Fall sei das Urteil deshalb aufzuheben, weil es mit Verfassungsrecht nicht im Einklang stehe. Das Verbot des § 3 Abs. 1 Nr. 4 RfStV greife in die verfassungsrechtlich gewährleistete Rundfunk- und Informationsfreiheit sowie in die Berufsfreiheit ein. Ein ausnahmsloses Verbot des Ausstrahlens pornographischer Filme sei unverhältnismäßig. Bezogen auf den Zweck des Jugendschutzes sei das einschränkungslose Verbot des Sendens so genannter „einfacher” Pornographie nicht erforderlich. Es reiche insoweit aus, die Ausstrahlung auf die Zeit von 23 Uhr bis 6 Uhr zu beschränken. Hinsichtlich des Zweckes, Erwachsene vor ungewollter Konfrontation mit Pornographie zu schützen, sei ein absolutes Sendeverbot unangemessen. Verfassungsrechtlich unbedenklich sei insoweit lediglich ein Verbot des Ausstrahlens so genannter „harter” Pornographie und im Übrigen eine Beschränkung der Ausstrahlung auf die Zeit von 23.00 Uhr bis 6.00 Uhr.
Die Beklagte tritt der Revision unter Verteidigung des angefochtenen Urteils entgegen.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Sprungrevision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Verwaltungsgericht (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).
1. Streitgegenstand ist der Bescheid der Beklagten vom 31. Oktober 1997 insoweit, als in Nr. 1 das Ausstrahlen von Filmen beanstandet und in Nr. 2 das Verbot ausgesprochen wird, diese Filme erneut zu senden. Eine Auslegung des Klagebegehrens, zu der der Senat befugt ist (vgl. Urteil vom 27. April 1990 – BVerwG 8 C 70.88 – Buchholz 310 § 74 VwGO Nr. 9 m.w.N.), ergibt, dass der Bescheid im Übrigen nicht angefochten ist. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt, seine Klage richte sich nicht gegen die in Nr. 2 des Bescheides auch enthaltene Aufforderung, keine vergleichbaren Filme mehr auszustrahlen, weil es sich dabei nach der Klarstellung des Prozessbevollmächtigten der Beklagten um einen bloßen Hinweis ohne eigenen Regelungscharakter handele. Da der Regelungscharakter des Bescheides insoweit von Anfang an Zweifeln unterlag, lässt diese Erklärung die Auslegung zu, dass der hier in Rede stehende Ausspruch von vornherein nicht von der Klage erfasst war. Dies gilt gleichermaßen für die Hinweise und Erklärungen in den Nummern 3 und 4 des Bescheides. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat gegenüber dem Senat klargestellt, dass der Bescheid insoweit nicht angefochten werde.
2. Das Verwaltungsgericht hat unter Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) die materielle Rechtmäßigkeit der Beanstandung des Sendens der Filme angenommen.
a) Die Beanstandung setzt voraus, dass ein objektiver Tatbestand des § 184 StGB vollständig erfüllt ist.
Nach den vom Verwaltungsgericht zum Landesrecht getroffenen Feststellungen ist Ermächtigungsgrundlage der Beanstandung § 60 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 9 Abs. 1 Satz 1 des Hamburgischen Mediengesetzes (HmbMedienG) vom 20. April 1994 (HmbGVBl S. 113). Eine hierauf gestützte aufsichtsbehördliche Beanstandung setzt eine unzulässige Sendung im Sinne von § 3 Abs. 1 des Rundfunkstaatsvertrages voraus. § 3 Abs. 1 Nr. 4 des insoweit in Bezug genommenen Rundfunkstaatsvertrages (RfStV) vom 31. August 1991 (HmbGVBl S. 427) in der für die Beurteilung der Beanstandung hier maßgeblichen Fassung des Dritten Staatsvertrages zur Änderung des Rundfunkstaatsvertrages (Dritter Rundfunkänderungsstaatsvertrag) vom 11. September 1996 (HmbGVBl S. 329) lautet:
Sendungen sind unzulässig, wenn sie pornographisch sind (§ 184 StGB).
Soweit die Bestimmung zur Erläuterung des Tatbestandsmerkmals „pornographisch” auf § 184 StGB verweist, bringt sie zum Ausdruck, dass ihr nur solche Sendungen unterfallen, deren Ausstrahlung einen objektiven Tatbestand des § 184 StGB insgesamt erfüllt. Nicht ausreichend ist, dass eine Sendung im Sinne dieser Vorschrift als „pornographisch” zu bezeichnen ist. Es müssen darüber hinaus die in § 184 StGB näher beschriebenen objektiven Voraussetzungen einer Tathandlung erfüllt sein. Der Senat kann diese Auslegung vornehmen, weil es sich bei den Bestimmungen des Rundfunkstaatsvertrages gemäß Art. 99 GG i.V.m. § 48 RfStV um revisibles Recht handelt (vgl. Urteil vom 11. März 1998 – BVerwG 6 C 12.97 – BVerwGE 106, 216 ≪218≫).
aa) Zwar verschafft der Wortlaut der Bestimmung über die Bedeutung des Klammerzusatzes keinen Aufschluss. Ihre Entstehungsgeschichte, in der auch Sinn und Zweck der Vorschrift zum Ausdruck kommen, und Wortlaut sowie Entstehungsgeschichte ihrer Nachfolgevorschrift sprechen jedoch dafür, dass ein objektiver Tatbestand des § 184 StGB insgesamt erfüllt sein muss.
In der amtlichen Begründung zur ursprünglichen Fassung des § 3 Abs. 1 RfStV (abgedruckt bei: Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, Rundfunkstaatsvertrag, Loseblatt, B 5 § 3 RStV S. 3) wird u.a. ausgeführt, die Vorschrift erfasse „mit den Nummern 1 und 3 Straftatbestände”. § 3 Abs. 1 Nr. 3 RfStV in der Ursprungsfassung entsprach § 3 Abs. 1 Nr. 4 RfStV in der hier anzuwendenden Fassung. Der ausdrückliche und einschränkungslose Hinweis darauf, dass „Straftatbestände” erfasst werden, legt die Auslegung nahe, dass die Unzulässigkeit einer pornographischen Sendung die vollständige und nicht nur auf den Tatgegenstand beschränkte Verletzung eines objektiven Tatbestandes des § 184 StGB verlangt.
In diese Richtung weist auch die spätere Rechtsentwicklung und die dazu gegebene Begründung. Der Katalog der nach § 3 Abs. 1 RfStV unzulässigen Sendungen wurde durch den Vierten Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge (Vierter Rundfunkänderungsstaatsvertrag) vom 31. August 1999 (HmbGVBl 2000 S. 44) neu gefasst, wodurch u.a. § 3 Abs. 1 Nr. 4 RfStV in der hier maßgeblichen Fassung durch die derzeit geltende Bestimmung des § 3 Abs. 1 Nr. 1 RfStV ersetzt wurde. Danach sind Sendungen unzulässig, „wenn sie gegen Bestimmungen des Strafgesetzbuches verstoßen”. Der Regelungsgehalt dieser Vorschrift ist für die Auslegung der hier maßgeblichen Norm deshalb von Bedeutung, weil sich aus der Begründung der Neufassung des § 3 Abs. 1 Nr. 1 RfStV durch den Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrag ergibt, dass durch sie (auch) im Vergleich zu § 3 Abs. 1 Nr. 4 RfStV in der anzuwendenden Fassung keine sachliche Änderung eingetreten ist. Dies erschließt sich aus dem Hinweis in der Begründung (abgedruckt bei Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, a.a.O., B 5 § 3 RStV S. 8 f.), erfasst würden „auch die bisher ausdrücklich aufgeführten Straftatbestände der §§ 130, 131, 184 des Strafgesetzbuches”.
Der Wortlaut des § 3 Abs. 1 Nr. 1 RfStV in der nunmehr geltenden Fassung verlangt, dass die Sendung in objektiver Hinsicht einen Straftatbestand verletzt. § 3 Abs. 1 RfStV ist zu entnehmen, dass das Verbot sich nicht auf die dort aufgeführten Sendungen als solche bezieht, sondern auf deren Ausstrahlung. Mithin reicht es nicht aus, wenn die „Sendung” einem Tatgegenstand einer Strafnorm entspricht. Hinzukommen muss vielmehr, dass der Vorgang des Ausstrahlens die Voraussetzungen einer Tathandlung erfüllt, die in einem objektiven Tatbestand einer Strafnorm enthalten ist. Dieses Verständnis findet auch in der amtlichen Begründung zur Neufassung des § 3 Abs. 1 Nr. 1 RfStV durch den Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrages seinen Niederschlag (a.a.O., S. 8). Dort wird u.a. dargelegt, die Vorschrift verweise „auf sämtliche Bestimmungen des Strafgesetzbuches, nach denen die Ausstrahlung von Sendungen mit Strafe bedroht ist”. Die ausdrückliche Bezugnahme auf den Vorgang des Ausstrahlens von Sendungen verdeutlicht, dass der Sendevorgang eine strafbedrohte Tathandlung darstellen muss.
bb) Eine gesetzessystematische Betrachtung unter Berücksichtigung der Ordnungswidrigkeitenvorschrift des § 49 Abs. 1 Nr. 4 RfStV in der hier anzuwendenden Fassung fügt sich in das bisherige Auslegungsergebnis ein.
Nach § 49 Abs. 1 Nr. 4 RfStV in der Fassung des Dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrages handelt ordnungswidrig, „wer als Veranstalter von bundesweit verbreitetem privaten Rundfunk vorsätzlich oder fahrlässig Sendungen entgegen § 3 Abs. 1 Nr. 4 verbreitet, die wegen Verstoßes gegen § 184 StGB unzulässig sind”. Schwerpunkt und primäres Tatbestandsmerkmal dieses Bußgeldtatbestands ist der „Verstoß gegen § 184 StGB”. Damit ist unzweideutig die Erfüllung einer der dort normierten Straftatbestände gemeint. Die Bezugnahme auf § 3 Abs. 1 Nr. 4 RfStV („entgegen”) belegt zugleich, dass strafrechtliches Verbot und rundfunkrechtliche Unzulässigkeit deckungsgleich sind. Letztere geht daher nicht weiter als die hier einschlägige Strafrechtsnorm. Davon unberührt bleiben die weiteren in § 3 RfStV normierten Anforderungen, die über das Strafrecht hinausgehen und rundfunkspezifische Verhaltenspflichten festlegen.
b) Das Verwaltungsgericht hat revisibles Recht verletzt, indem es angenommen hat, die beanstandete Ausstrahlung der Filme sei nach § 184 Abs. 2 StGB strafbar.
Nach § 184 Abs. 2 StGB wird bestraft, wer eine „pornographische Darbietung” durch Rundfunk verbreitet. Die Bestimmung ist dahin auszulegen, dass sich ihr Anwendungsbereich auf die Verbreitung pornographischer Live-Sendungen bezieht und nicht auch auf die Ausstrahlung von Reproduktionen unter Verwendung von Ton- und Bildträgern (vgl. Tröndle/Fischer, StGB, 50. Aufl., § 184 Rn. 32; Lenckner/Perron, in: Schönke/Schröder, StGB, 26. Aufl., § 184 Rn. 51; Laubenthal, Sexualstraftaten, 2000, Rn. 833; Schreibauer, Das Pornographieverbot des § 184 StGB, 1999, S. 287 f.; Mahrenholz, ZUM 1998, 525 ≪526 f.≫; wohl auch LK-Laufhütte, StGB, 11. Aufl., § 184 Rn. 46 i.V.m. LK-von Bubnoff, StGB, 11. Aufl., § 131 Rn. 31; a.A.: Lackner/Kühl, StGB, 24. Aufl., § 184 Rn. 7; Ory, NJW 1987, 2967 ≪2968≫).
aa) Dafür spricht bereits eine Auslegung nach grammatikalischen Gesichtspunkten.
Der Wortsinn des Tatbestandsmerkmals „Darbietung” streitet für die Beschränkung auf Live-Sendungen. Unter einer Darbietung ist – im Unterschied zu einer Filmwiedergabe – eine unmittelbare Vorführung zu verstehen, bei der die Zuschauer zeitgleich Zeugen eines zeitgebundenen und insoweit nicht wiederholbaren Vorgangs sind (vgl. Urteil vom 16. Dezember 1981 – BVerwG 1 C 32.78 – BVerwGE 64, 280 ≪284≫ zum Begriff „Darbietungen” in § 33 a GewO). Es liegt nahe, dass sich an der Prägung des Begriffs „Darbietung” durch das Merkmal der zeitgleichen Rezeption nichts dadurch ändert, dass die Darbietung im Sinne von § 184 Abs. 2 StGB durch Rundfunk verbreitet wird.
Ein Vergleich der sprachlichen Umschreibung der Regelungsgegenstände von § 184 Abs. 1 und 3 StGB, soweit er Fernsehfilme betrifft, und von § 184 Abs. 2 StGB verdeutlicht ebenfalls, dass der zuletzt genannten Vorschrift nur Live-Sendungen unterfallen. § 184 Abs. 1 und 3 StGB bezieht über § 11 Abs. 3 StGB Filme, die regelmäßig aus einer Kombination von Ton- und Bildträgern bestehen, als Unterfall von „Darstellungen” in seinen Anwendungsbereich ein. Das wesentliche Merkmal einer Darstellung besteht darin, dass eine über ein Medium vermittelte Wiedergabe eines Vorgangs oder eines Zustands erfolgt (vgl. Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 1976, S. 487, Stichwort „Darstellung”). Die gegenüber § 184 Abs. 2 StGB abweichende Bezeichnung des Regelungsgegenstandes ist Ausdruck eines sachlichen Unterschieds. Dem wird durch die Auslegung Rechnung getragen, nach der es bei § 184 Abs. 2 StGB nicht um die Wiedergabe von auf Ton- und/oder Bildträgern gespeicherter Informationen geht, sondern um die zeitgleiche Verbreitung eines Vorgangs, also um Originalübertragungen.
bb) Die Entstehungsgeschichte der Vorschrift und ihr daraus folgender Sinn und Zweck bestätigen diese Auslegung.
§ 184 Abs. 2 StGB beruht auf der Neufassung des § 184 StGB durch das Vierte Gesetz zur Reform des Strafrechts (4. StrRG) vom 23. November 1973 (BGBl I S. 1725). Er geht – ebenso wie die ähnliche Vorschrift des § 131 Abs. 2 StGB – zurück auf eine Beschlussempfehlung des Sonderausschusses des Bundestages für die Strafrechtsreform (vgl. Schriftlicher Bericht des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform, BTDrucks VI/3521 S. 72 und S. 81). In dessen Beratungen wurde davon ausgegangen, dass sich beide Bestimmungen im Wesentlichen entsprechen (vgl. Stenographisches Protokoll der Beratung des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform, 6. Wahlperiode – StenProt –, S. 1797 und S. 1911). Anlass sowohl für § 131 Abs. 2 StGB als auch für § 184 Abs. 2 StGB war das Bestreben, einschlägige Originalübertragungen in die Strafbarkeit einzubeziehen. So wurde im Sonderausschuss für die Strafrechtsreform zur Notwendigkeit des § 131 Abs. 2 StGB dargelegt (StenProt, a.a.O., S. 1797):
„Live-Sendungen, die vor der Ausstrahlung nicht aufgezeichnet sind, sind keine Darstellungen im Sinne des Abs. 1, müssen jedoch wie diese Darstellungen unter Strafe gestellt werden (…).”
Diese vom Vertreter des Bundesjustizministeriums in die Beratungen eingeführte Erwägung wurde im Schriftlichen Bericht des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform (a.a.O., S. 8) ausdrücklich wie folgt hervorgehoben:
„Abs. 2 bezieht Darbietungen, die durch Rundfunk verbreitet werden, ausdrücklich ein. Dies erscheint geboten, weil Zweifel bestehen, ob das Wort „Darstellung” in Abs. 1 auch die Live-Sendung des Rundfunks umfasst.”
Die zu § 131 Abs. 2 StGB angestellten Erwägungen sind auf § 184 Abs. 2 StGB zu übertragen.
Den Materialien des Gesetzgebungsverfahrens sind keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass die verneinte bzw. angezweifelte Straflosigkeit des Verbreitens pornographischer Live-Sendungen den Gesetzgeber zu einer umfassenden und speziellen Regelung über das Ausstrahlen von Pornographie durch Rundfunk veranlasste, § 184 Abs. 2 StGB sich also nicht nur auf das Schließen einer (möglichen) Strafbarkeitslücke beschränkte. Das ergibt sich insbesondere nicht aus dem in den Beratungen des Sonderausschusses gegebenen Hinweis, bei § 184 Abs. 2 StGB handele es sich um ein den Bild- und Tonrundfunk betreffendes „Totalverbot” (StenProt, a.a.O., S. 1911). Dieser Hinweis zwingt nicht etwa zu der Annahme, die Bestimmung biete umfassenden strafrechtlichen Schutz vor dem Verbreiten jeglicher pornographischen Sendung und erstrecke sich sowohl auf das Ausstrahlen von Reproduktionen als auch auf das Verbreiten von Live-Sendungen. Die Charakterisierung als „Totalverbot” kann vielmehr auch dahin verstanden werden, dass die Strafbarkeit des Verbreitens von pornographischen Originalübertragungen nach § 184 Abs. 2 StGB nicht an das Vorliegen weiterer Voraussetzungen geknüpft wird. Auch der Umstand, dass dem Rundfunk eine besondere Breitenwirkung und Suggestivkraft zukommt, rechtfertigt nicht die Annahme, der Gesetzgeber habe mit § 184 Abs. 2 StGB einen umfassenden und speziellen strafrechtlichen Schutz vor dem Verbreiten von Pornographie durch Rundfunk geschaffen. Das Bestreben des Gesetzgebers war vielmehr erkennbar darauf gerichtet, mit § 184 Abs. 2 StGB nur Live-Sendungen zu erfassen.
cc) Die Auslegung unter systematischen Gesichtspunkten rechtfertigt keine andere Beurteilung.
Aus systematischer Sicht streitet für eine Beschränkung auf Live-Sendungen, dass die Nutzung von Ton- und Bildträgern auch durch Rundfunk Gegenstand von § 184 Abs. 1 und Abs. 3 StGB ist und deshalb insoweit kein Regelungsbedarf bestand.
Die Beschränkung des § 184 Abs. 2 StGB auf Originalübertragungen führt auch nicht zu einem gegen eine solche Auslegung sprechenden Wertungswiderspruch. Allerdings ist nach der Systematik des § 184 StGB der strafrechtliche Schutz vor pornographischen Darbietungen nach § 184 Abs. 2 StGB intensiver ausgestaltet als der derjenige von § 184 Abs. 1 und Abs. 3 StGB vor einschlägigen Darstellungen. Während bei § 184 Abs. 2 StGB bereits das Verbreiten einer pornographischen Darbietung durch Rundfunk strafbar ist, sind die Tathandlungen des § 184 Abs. 2 und 3 StGB anders und enger umschrieben. Die größere Intensität des strafrechtlichen Schutz vor dem Verbreiten pornographischer Live-Sendungen beruht auf deren Besonderheit. Anders als bei Reproduktionen ist bei Originalübertragungen eine vorherige zuverlässige Kontrolle ihres Inhalts und Ablaufs nur beschränkt möglich. Diese Besonderheit rechtfertigt eine besonders intensive Ausgestaltung des strafrechtlichen Schutzes.
3. Das Verwaltungsgericht hat auch dadurch Bundesrecht verletzt, dass es die in Nr. 2 des Bescheides enthaltene Aufforderung, die Filme nicht mehr zu senden, ebenfalls als rechtmäßig angesehen hat. Dies ergibt sich bereits daraus, dass dieses Gebot in untrennbarem Zusammenhang mit der Beanstandung des Ausstrahlens der Filme steht und deshalb deren Rechtmäßigkeit voraussetzt. Da das Verwaltungsgericht bei der rechtlichen Überprüfung der Beanstandung Bundesrecht verletzt hat, trifft dies auch auf die Beurteilung der Aufforderung zu.
4. Das angefochtene Urteil beruht auf den dargestellten Verletzungen von Bundesrecht. Der Senat vermag das Urteil nicht im Ergebnis zu bestätigen (§ 144 Abs. 4 VwGO). Er kann – auch bei Annahme der Richtigkeit des vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegten Pornographiebegriffs – nicht feststellen, ob die Ausstrahlung der Filme eine objektive Tatbestandsvariante des hier allein in Betracht kommenden § 184 Abs. 1 StGB verletzte.
a) Den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts kann nicht entnommen werden, ob gegen den objektiven Tatbestand des § 184 Abs. 1 Nr. 2 StGB verstoßen wurde.
Nach § 184 Abs. 1 Nr. 2 StGB wird u.a. bestraft, wer pornographische Schriften – und damit auch Filme (§ 11 Abs. 3 StGB) – an einem Ort, der Personen unter 18 Jahren zugänglich ist oder von ihnen eingesehen werden kann, zugänglich macht. Da die hier in Rede stehenden Filme auch im häuslichen Bereich empfangen werden konnten, gelangten sie jedenfalls dadurch in Räumlichkeiten, die Minderjährigen zugänglich waren.
Nicht festgestellt werden kann indes, ob die Filme Minderjährigen im Sinne des § 184 Abs. 1 Nr. 2 StGB „zugänglich gemacht” wurden. Das Ausstrahlen pornographischer Fernsehfilme kann grundsätzlich als ein solches Zugänglichmachen angesehen werden (vgl. Lenckner/Perron, a.a.O., § 184 Rn. 9, 15 und 51; Schreibauer, a.a.O., S. 212 m.w.N.). Für dieses Tatbestandsmerkmal reicht die bloße abstrakte Möglichkeit aus, dass die pornographische Darstellung von Minderjährigen wahrgenommen wird. Das Tatbestandsmerkmal ist aber bei der Ausstrahlung pornographischer Filme nicht erfüllt, wenn Vorkehrungen getroffen werden, die den visuellen Zugang Minderjähriger zu dem Inhalt dieser Filme regelmäßig verhindern. Dazu ist erforderlich, dass zwischen der pornographischen Darstellung und dem Minderjährigen eine „effektive Barriere” besteht, die er überwinden muss, um die Darstellung wahrnehmen zu können. Bei dem Senden pornographischer Fernsehfilme ist ein solches Wahrnehmungshindernis nicht schon dann gegeben, wenn die Ausstrahlung zur Nachtzeit erfolgt. Die Annahme eines Zugänglichmachens im Sinne von § 184 Abs. 1 Nr. 2 StGB kann hingegen ausscheiden, wenn pornographische Fernsehfilme in verschlüsselter Form unter Anwendung im System angelegter effektiver Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Wahrnehmung ausgestrahlt werden, so dass deren unverzerrter Empfang den Einsatz entsprechender Decodiereinrichtungen voraussetzt (vgl. Lenckner/Perron, a.a.O., § 184 Rn. 15; Tröndle/Fischer, a.a.O., § 184 Rn. 13; Laubenthal, a.a.O., Rn. 776; Schreibauer, a.a.O., S. 212 f. i.V.m. S. 197 ff.; Beisel/Heinrich, JR 1996, 95 ≪96≫; von der Horst, ZUM 1993, 227 ≪228≫; a.A. Lackner/Kühl, a.a.O., § 184 Rn. 6). Die allgemeine Codierung der Filme allein schließt allerdings die Strafbarkeit nicht aus. Im Interesse des von § 184 Abs. 1 Nr. 2 StGB bezweckten Jugendschutzes sind über diese Verschlüsselung hinaus weitere Vorkehrungen zu treffen, die die Wahrnehmung solcher pornographischen Fernsehfilme durch Minderjährige effektiv erschweren. Zunächst muss sichergestellt sein, dass die technischen Einrichtungen, die die Aufhebung der allgemeinen Verschlüsselung der Filme ermöglichen, tatsächlich nur an Erwachsene abgegeben werden. Die bloße Versicherung des Veranstalters, er mache die Decodiereinrichtungen nur Erwachsenen zugänglich, reicht insoweit nicht aus. Es muss vielmehr im Wege einer zuverlässigen Alterskontrolle gewährleistet sein, dass nur mit Erwachsenen ein Abonnentenvertrag als Voraussetzung für die Erlangung der zur Entschlüsselung erforderlichen Einrichtungen abgeschlossen wird. Dafür genügt nicht die Erklärung des Vertragsinteressenten, er sei volljährig. Dies gilt auch dann, wenn zum Beleg für die Behauptung der Volljährigkeit Ablichtungen von Dokumenten vorgelegt werden, aus denen sich Name und Geburtsdatum ergeben, weil bei der Herstellung solcher Kopien manipuliert werden kann. Eine zuverlässige Alterskontrolle ist z.B. anzunehmen, wenn vor oder während des Vertragsschlusses ein persönlicher Kontakt mit dem späteren Kunden stattfindet und in diesem Zusammenhang eine zuverlässige Kontrolle seines Alters anhand amtlicher und mit Lichtbild versehener Dokumente und der Aufzeichnung darin enthaltener Daten, namentlich der Ausweisnummer, vorgenommen wird. Andere Verfahrensweisen zur Feststellung des Alters müssen ein eben solches Maß an Gewissheit bewirken, dass der Vertrag nur mit Erwachsenen abgeschlossen wird. Darüber hinaus muss so weit wie möglich sichergestellt sein, dass die Decodiereinrichtungen tatsächlich nur an die volljährigen Kunden gelangen.
Auch wenn nach den aufgezeigten Grundsätzen gewährleistet ist, dass die technischen Mittel zur Aufhebung der allgemeinen Verschlüsselung der Filme nur Erwachsenen zugänglich gemacht werden, liegt die Ausstrahlung codierter pornographischer Filme nicht schon um dieser Vorkehrungen willen außerhalb des Straftatbestandes. Das ist nur dann der Fall, wenn zusätzlich zumindest eine weitere im System angelegte effektive Vorkehrung getroffen wird, die es Minderjährigen regelmäßig unmöglich macht, die in Rede stehenden Filme wahrnehmen zu können. Soweit es – wie hier – um die Strafbarkeit des Ausstrahlens auch im häuslichen Bereich empfangener pornographischer Fernsehfilme nach § 184 Abs. 1 Nr. 2 StGB geht, kann nämlich bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals „Zugänglichmachen” nicht vernachlässigt werden, dass der Jugendschutz im Fernsehen auch dem Umstand Rechnung zu tragen hat, dass es soziale Bindungen gibt, in denen erzieherisches Handeln nicht oder nur unzureichend stattfindet (vgl. Urteil vom 11. März 1998, a.a.O., S. 222). Insbesondere in solchen Fällen kann nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass sich Minderjährige trotz vielfältiger Wahrnehmungshindernisse selbst visuellen Zugang zu dem Inhalt der Filme verschaffen. Erfordert die Wahrnehmung pornographischer Filme über den Einsatz der allgemeinen Decodiereinrichtungen hinaus die Überwindung zumindest eines weiteren im System angelegten wirkungsvollen Hindernisses und ist sichergestellt, dass die dafür notwendigen Voraussetzungen ebenfalls nur Erwachsenen zugänglich gemacht werden, ist jedoch wegen des Zusammenwirkens der Wahrnehmungshindernisse die Annahme einer „effektiven Barriere” zwischen dem pornographischen Film und dem Minderjährigen gerechtfertigt. Die erforderlichen Wahrnehmungshindernisse tragen nicht nur Defiziten im häuslichen Fernseherziehungsverhalten Rechnung. Sie erhöhen auch in gebotenem Umfang die Wahrscheinlichkeit, dass Minderjährige nur mit Erlaubnis ihrer verantwortungsbewussten Eltern bestimmte verschlüsselte Filme ansehen und dass es sich dabei nicht um Filme pornographischen Charakters handelt. Der pornographische Fernsehfilme ausstrahlende Veranstalter hat diese Hindernisse zu errichten, weil er die von § 184 Abs. 1 Nr. 2 StGB missbilligte Gefahrenquelle setzt und deshalb die Voraussetzungen dafür zu schaffen hat, dass der Minderjährige durch eine „effektive Barriere” gehindert wird, die pornographischen Fernsehfilme wahrzunehmen.
Das Verwaltungsgericht hat keine tatsächlichen Feststellungen dazu getroffen, ob zum Zeitpunkt des Ausstrahlens der Filme Minderjährige nur nach Überwinden einer „effektiven Barriere”, die den aufgezeigten Anforderungen entsprach, in der Lage waren, die Filme wahrzunehmen. Dies kann wegen der verschlüsselten Ausstrahlung der Filme nicht von vornherein ausgeschlossen werden, ist aber mangels vollständiger Kenntnis aller weiteren Empfangsmodalitäten auch nicht ohne weiteres anzunehmen. Der Senat ist wegen § 137 Abs. 2 VwGO gehindert, insoweit selbst Tatsachen festzustellen und zu würdigen.
b) Die Voraussetzungen eines anderen objektiven Straftatbestandes des § 184 Abs. 1 StGB liegen nicht vor. Insbesondere kann eine Strafbarkeit nach § 184 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 7 StGB nicht festgestellt werden.
Ein Verstoß gegen § 184 Abs. 1 Nr. 1 StGB scheidet schon deshalb aus, weil aus den zu § 184 Abs. 1 Nr. 2 StGB dargestellten Gründen nicht angenommen werden kann, die Klägerin habe pornographische Darstellungen einer Person unter achtzehn Jahren tatsächlich unmittelbar „zugänglich gemacht”. § 184 Abs. 1 Nr. 7 StGB, kommt deshalb nicht in Betracht, weil im Fall des Ausstrahlens einzelner pornographischer Filme im Abonnentenfernsehen, bei dem der Kunde die Nutzungsmöglichkeit des überwiegend nicht-pornographischen Gesamtprogramms bezahlt, ein Entgelt nicht ganz oder überwiegend für diese Filme entrichtet wird (vgl. Lenckner/Perron, a.a.O., § 184 Rn. 41 d; Schreibauer, a.a.O., S. 274).
5. Das Urteil des Verwaltungsgerichts leidet nicht an einem sonstigen Mangel, der geeignet wäre, der Revision der Klägerin über die nach dem Gesagten erforderliche Zurückverweisung der Sache an das Verwaltungsgericht hinaus zu einem weitergehenden Erfolg im Sinne einer abschließenden Sachentscheidung zu ihren Gunsten zu verhelfen.
a) Entgegen dem Revisionsvorbringen der Klägerin hat das Verwaltungsgericht nicht dadurch gegen die mit § 37 Abs. 1 VwVfG im Wortlaut übereinstimmende und daher revisible (§ 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO) Vorschrift des § 37 Abs. 1 des Hamburgischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (HmbVwVfG) verstoßen, dass es den angefochtenen Bescheid trotz des darin verwendeten Begriffs der Pornographie als hinreichend bestimmt angesehen hat. Die Klägerin meint, der Pornographiebegriff sei zu vage, um dem Bescheid die nötige Bestimmtheit zu verleihen. Diese Annahme ist schon deswegen verfehlt, weil sich das Gebot hinreichender Bestimmtheit des Verwaltungsakts auf dessen Regelungsausspruch, nicht hingegen auf die Begründung bezieht. Gegen die Bestimmtheit der im Tenor des angefochtenen Bescheids ausgesprochenen Beanstandung einzelner, namentlich benannter Filme und des darüber hinaus verhängten Verbots der erneuten Ausstrahlung dieser Filme bestehen keine Bedenken.
b) Das Verwaltungsgericht hat auch den Inhalt des Pornographiebegriffs nicht verkannt.
Für die Unzulässigkeit einer Sendung nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 RfStV kommt es wegen der Bezugnahme auf die objektiven Tatbestände des § 184 StGB auch darauf an, ob die Voraussetzungen des strafrechtlichen Pornographiebegriffs erfüllt sind. Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Auslegung des Tatbestandsmerkmals „pornographisch” entspricht in ihren wesentlichen Elementen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Danach sind Darstellungen pornographisch, wenn sie unter Hintansetzung sonstiger menschlicher Bezüge sexuelle Vorgänge in grob aufdringlicher, anreißerischer Weise in den Vordergrund rücken und ausschließlich oder überwiegend auf die Erregung sexueller Reize abzielen (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juni 1990 – 1 StR 477/89 – BGHSt 37, 55 ≪59 f.≫). Soweit das Verwaltungsgericht auch verlangt, dass die Darstellung die mit allgemeinen gesellschaftlichen Wertvorstellungen gezogenen Grenzen des sexuellen Anstandes eindeutig überschreitet, bringt es zum Ausdruck, dass die im Einzelfall vorzunehmende Bewertung, ob Pornographie vorliegt oder nicht, stets auch von den sich wandelnden zeitgebundenen gesellschaftlichen Anschauungen abhängt. Mit dieser zutreffenden Erkenntnis setzt sich das Verwaltungsgericht nicht in Widerspruch zu der Begriffsbestimmung des Bundesgerichtshofs.
Die Angriffe, die die Klägerin gegen das vom Bundesgerichtshof zu § 184 StGB entwickelte und vom Verwaltungsgericht übernommene Verständnis des Begriffs „pornographisch” richtet, sind nicht begründet. Das angefochtene Urteil ist zu Recht nicht der von der Klägerin unter Hinweis auf mehrere Beiträge in der jüngeren Literatur vertretenen Auffassung gefolgt, nach der es für das Vorliegen von Pornographie allein oder jedenfalls bei den dem Jugendschutz dienenden Tatbeständen des § 184 StGB darauf ankommen soll, ob durch die Darstellung die Gefahr einer Entwicklung sexueller Fehlhaltungen bei Jugendlichen bewirkt werde (vgl. Samson, Rechtswissenschaftliches Gutachten zum Pornographiebegriff sowie zum Verbot des Verbreitens von Pornographie durch Rundfunk, S. 102 ff.; Schumann, in: Eser/Schittenhelm/Schumann ≪Hrsg.≫, Festschrift für Theodor Lenckner, 1998, S. 565 ≪576 f.≫; Schreibauer, a.a.O., S. 126 ff.; Horn, in: SK-StGB, § 184 Rn. 4; vgl. auch Mahrenholz, a.a.O., 526 ff.). Diese ausschließlich durch den Gedanken des Jugendschutzes geprägte Auslegung des Pornographiebegriffs in § 184 StGB wird dem Inhalt dieser Vorschrift nicht gerecht. Da die Vorschrift – von der Klägerin unbestritten – neben dem vorherrschenden Strafzweck des Jugendschutzes zugleich auch dem Schutz Erwachsener vor ungewollter Konfrontation mit Pornographie dienen soll, ist sie mit dem Bundesgerichtshof und dem Verwaltungsgericht für alle Tatbestände einheitlich in dem zuvor dargelegten, beiden Strafzwecken gleichermaßen entsprechenden Sinn auszulegen.
aa) Eine am Wortsinn ausgerichtete Auslegung des Tatbestandsmerkmals „pornographisch” verschafft über die näheren Einzelheiten des Begriffs keine wesentliche Klarheit. Aufschlussreicher ist die grammatikalische Auslegung für die Beantwortung der Frage, ob § 184 Abs. 1 StGB von einem einheitlichen oder relativen Pornographiebegriff ausgeht. Die Bestimmung bezeichnet in ihrem auf alle nachfolgenden Tatbestände sich gleichermaßen beziehenden Eingangssatz die Gefahrenquelle übereinstimmend als „pornographisch”. Dies spricht für einen identischen Begriffsinhalt. Ein etwa gewolltes unterschiedliches Verständnis des Begriffs hätte im Gesetzeswortlaut seinen Ausdruck gefunden (vgl. BGH, Urteil vom 21. April 1978 – 2 StR 739/77 – UFITA 1980, 202 ≪209≫).
bb) Die an der Entstehungsgeschichte des § 184 StGB ausgerichtete Auslegung weist in die Richtung der vom Verwaltungsgericht verwendeten Begriffsbestimmung.
Der Begriff „pornographisch” wurde im Zuge der Neufassung des § 184 StGB durch das 4. StrRG in das Gesetz aufgenommen. Dabei ist der Gesetzgeber von einem einheitlichen Verständnis ausgegangen. Weder in der Begründung des Gesetzentwurfs (Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Reform des Strafrechts, BTDrucks VI/1552, S. 9 ff.) noch in dem Schriftlichen Bericht des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform (a.a.O.) wird dem Tatbestandsmerkmal entgegen seinem Wortlaut eine relative Bedeutung beigemessen. Aus der historischen Auslegung ergibt sich darüber hinaus, dass der Gesetzgeber mit § 184 StGB sowohl dem Jugendschutz als auch dem Schutz Erwachsener vor unerwünschter Konfrontation mit Pornographie Rechnung tragen wollte (vgl. Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Reform des Strafrechts, a.a.O., S. 33; Schriftlicher Bericht des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform, a.a.O., S. 58 f.; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 17. Januar 1978 – 1 BvL 13/76 – BVerfGE 47, 109 ≪110≫). Mit Blick auf die beabsichtigte Verwendung eines einheitlichen Pornographiebegriffs spricht dies gegen eine ganz oder im Wesentlichen jugendschutzorientierte Auslegung.
Die historische Auslegung offenbart zugleich, dass der Gesetzgeber mit dem hier in Rede stehenden Tatbestandsmerkmal nicht wesentlich von der Definition abweichen wollte, die in der Rechtsprechung zu dem Tatbestandsmerkmal „unzüchtig” in § 184 a.F. StGB entwickelt worden war (vgl. Begründung eines Vierten Gesetzes zur Reform des Strafrechts, a.a.O., S. 33). Der Revision ist daher nicht darin zu folgen, dass die Übernahme von Begriffsbestimmungselementen, die zur früheren Rechtslage entwickelt worden waren, bedenklich sei.
Das dem angefochtenen Urteil zugrunde liegende Verständnis von Pornographie entspricht im Kern der Begriffsbestimmung, die sich in dem Schriftlichen Bericht des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform findet (a.a.O., S. 60). Soweit das Verwaltungsgericht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. Urteil vom 21. Juni 1990, a.a.O., S. 59 f.) jene Definition um die Merkmale der Vernachlässigung sonstiger menschlicher Bezüge und der Aufdringlichkeit der Darstellung ergänzt, liegt darin kein Widerspruch zur Entstehungsgeschichte, sondern eine zutreffende Weiterentwicklung der Definition des Sonderausschusses.
cc) Gesetzessystematische Überlegungen bestätigen den aus der grammatikalischen und der historischen Auslegung gewonnenen Befund, dass § 184 Abs. 1 StGB von einem einheitlichen, nicht allein auf den Jugendschutz bezogenen Pornographiebegriff ausgeht. Dies ergibt sich daraus, dass bei den einzelnen Tatbeständen der Tatgegenstand jeweils übereinstimmend als „pornographisch” bezeichnet und anschließend die unterschiedlichen Tathandlungen formuliert werden. Die Unterschiede zwischen den Tatbeständen liegen mithin in den Tathandlungen, nicht in dem Tatgegenstand. Aus der systematischen Auslegung folgt auch, dass sich der Pornographiebegriff nicht auf den Jugendschutz verengen lässt. Die unterschiedlichen Zwecke der Strafdrohungen, zu denen auch der Jugendschutz gehört, kommen in den Beschreibungen der Tathandlungen zum Ausdruck und nicht in der Bezeichnung des Tatgegenstandes als „pornographisch”.
Ob die Auslegung des § 184 StGB auf Begrifflichkeiten in anderen Normzusammenhängen Rücksicht nehmen muss, kann auf sich beruhen. Denn auch eine Berücksichtigung des § 6 GjSM führt zu keinem anderen Ergebnis. Daraus, dass sich § 6 Nr. 2 GjSM auf „pornographische Schriften (§ 184 des Strafgesetzbuches)” bezieht, und § 6 Nr. 3 GjSM „sonstige Schriften”, deren Eignung zur sittlich schweren Kinder- oder Jugendgefährdung offensichtlich ist, zum Gegenstand hat, folgt nicht, dass der Begriff „pornographisch” im strafrechtlichen Sinn nur Medien einbezieht, die zur schweren Jugendgefährdung offensichtlich geeignet sind. In § 6 GjSM werden Schriften aufgeführt, die der Gesetzgeber aufgrund einer nach derzeitigem Erkenntnisstand zumindest vertretbaren Wertung als offensichtlich geeignet ansieht, Kinder oder Jugendliche sittlich schwer zu gefährden. Die Aufzählung solcher Schriften in § 6 Nr. 1 bis Nr. 3 GjSM bewirkt, dass diese hinsichtlich der Rechtsfolge der Bestimmung, also der Ausnahme von dem Prinzip der Listenaufnahme, gleich zu behandeln sind. Der Begriff „sonstige Schriften” in § 6 Nr. 3 GjSM bedeutet, dass es sich um andere Schriften als diejenigen in den vorangestellten Nummern handeln muss. Für das Verhältnis von Jugendschutz und Pornographie ist § 6 GjSM lediglich zu entnehmen, dass der Gesetzgeber pornographische Schriften als potentiell jugendgefährdend ansieht, nicht aber, unter welchen Voraussetzungen Pornographie anzunehmen ist.
dd) Eine an Sinn und Zweck ausgerichtete Auslegung weist ebenfalls in die Richtung der vom Verwaltungsgericht verwendeten Begriffsbestimmung.
Den Intentionen des Gesetzgebers ist – wie dargelegt – zu entnehmen, dass keine Beschränkung auf den Jugendschutz gewollt war und dass die in dem angefochtenen Urteil vorgenommene Definition in den wesentlichen Elementen dem gesetzgeberischen Willen entspricht.
c) Das Verwaltungsgericht war nicht gehindert, dem hiernach im Strafrecht maßgeblichen Pornographiebegriff auch im Bereich des Rundfunkrechts Geltung beizumessen. Die Klägerin weist zwar zu Recht darauf hin, dass der Rundfunkstaatsvertrag auch den Zweck verfolgt, die Richtlinie 89/552/EWG des Rates vom 3. Oktober 1989 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit – EG-Fernsehrichtlinie – (ABl EG Nr. L 298 S. 23) in nationales Recht umzusetzen. Nach Art. 22 Abs. 1 Satz 1 EG-Fernsehrichtlinie ergreifen die Mitgliedstaaten angemessene Maßnahmen, um zu gewährleisten, dass Sendungen von Fernsehveranstaltern keine Programme enthalten, die die Entwicklung von Minderjährigen schwer beeinträchtigen können, insbesondere solche, die Pornographie oder grundlose Gewalttätigkeiten zeigen. Daraus kann aber nicht geschlossen werden, dass im Zusammenhang mit der Ausstrahlung von Fernsehprogrammen der strafrechtliche Pornographiebegriff eine offensichtliche und schwere Jugendgefährdung voraussetzt. Eine solche Auslegung verbietet sich schon deshalb, weil sich der Bestimmung nur die gemeinschaftsrechtliche Wertung entnehmen lässt, dass Pornographie die Entwicklung Minderjähriger schwer beeinträchtigen kann, nicht aber, dass der Pornographiebegriff auf die Gefahr einer solchen Beeinträchtigung zu beschränken ist. Art. 22 Abs. 1 Satz 1 EG-Fernsehrichtlinie belässt es für die Definition des Begriffs „Pornographie” bei den Definitionen der Sendestaaten (vgl. Weigend, ZUM 1994, 133 ≪134≫).
d) Die vorstehende Auslegung des § 184 StGB und des § 3 Abs. 1 Nr. 4 RfStV, derzufolge den Rundfunkunternehmen die Ausstrahlung pornographischer Fernsehfilme unter den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 184 Abs. 1 Nr. 2 StGB generell verboten ist, verstößt nicht gegen das Grundgesetz.
aa) Ein Verstoß gegen die verfassungsrechtlich verbürgte Rundfunkfreiheit liegt nicht vor.
Das in Rede stehende Verbot greift in das von der Rundfunkfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG auch gewährleistete Recht des Verbreitens von Sendungen ein (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Januar 2001 – 1 BvR 2623/95, 622/99 – BVerfGE 103, 44 ≪59≫). Ein Fernsehveranstalter kann sich grundsätzlich für jede Sendung auf den Schutz des Grundrechts berufen. Die Rundfunkfreiheit deckt auch die Auswahl des dargebotenen Stoffes ab und umfasst deshalb Sendungen jeglichen Inhalts (vgl. Urteil vom 11. März 1998, a.a.O., S. 225).
Liegen die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Nr. 4 RfStV vor, ist der Eingriff in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gerechtfertigt. § 3 Abs. 1 Nr. 4 RfStV dient auch dem Schutz der ungestörten sexuellen Entwicklung Minderjähriger und ist deshalb eine Vorschrift zum Schutze der Jugend im Sinne von Art. 5 Abs. 2 GG. Insoweit deckt sich seine Schutzrichtung mit derjenigen des § 184 Abs. 1 Nr. 2 StGB. Die Feststellung, dass es sich um eine Bestimmung zum Schutze der Jugend handelt, reicht indes für sich allein zur Rechtfertigung des Grundrechtseingriffs nicht aus. Es bedarf weiterhin der materiellen Prüfung, ob die Regelung der Bedeutung der Rundfunkfreiheit ausreichend Rechnung trägt und den rechtsstaatlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Auswahl des Mittels, mit dem Gefahren für Jugendliche abzuwenden sind, zunächst dem Gesetzgeber obliegt. Diesem steht auch hinsichtlich der Einschätzung und der Prognose der drohenden Gefahren, denen mit der Regelung begegnet werden soll, ein Beurteilungsvorrecht zu, das nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle zugänglich ist. Dies gilt gleichermaßen für die Beurteilung der Eignung und Erforderlichkeit des gewählten Mittels zur Erreichung des erstrebten Ziels und der Angemessenheit der Maßnahme.
Der Gesetzgeber war grundsätzlich berechtigt, ein Ausstrahlungsverbot für pornographische Filme vorzusehen. Das in Art. 5 Abs. 2 GG zum Ausdruck kommende verfassungsrechtliche Interesse berechtigt ihn zu Regelungen, durch welche der Jugend drohende Gefahren abgewendet werden. Derartige Gefahren drohen auf sittlichem Gebiet u.a. von allen Druck-, Bild- und Tonerzeugnissen, die sexuelle Vorgänge in grob schamverletzender Weise darstellen und deshalb zu erheblichen, schwer oder gar nicht korrigierbaren Fehlentwicklungen führen können. Der Gesetzgeber kann deshalb Maßnahmen treffen, durch die der freie Zugang Minderjähriger zu solchen Erzeugnissen unterbunden wird (vgl. Urteil vom 11. März 1998, a.a.O., S. 226). Verfassungsrechtliche Bedenken lassen sich nicht daraus herleiten, dass die Wirkungszusammenhänge von Pornographie in Bezug auf die Entwicklung Jugendlicher wissenschaftlich nicht voll geklärt sind (vgl. Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Reform des Strafrechts, a.a.O., S. 10; Schriftlicher Bericht des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform, a.a.O., S. 58 f.). Wenn der Gesetzgeber in einer solchen wissenschaftlich ungeklärten Situation einschlägige Schutzvorschriften für notwendig erachtet, ist dies in Anbetracht der hohen Bedeutung der bedrohten Rechtsgüter von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. November 1990 – 1 BvR 402/87 – BVerfGE 83, 130 ≪141 f.≫). Die dem Gesetzgeber insoweit zustehende Einschätzungsprärogative wäre nur überschritten, wenn die von ihm getroffene Wertung widerlegt wäre. Das ist hier nicht der Fall.
Das Sendeverbot für Pornographie in dem dargelegten, aus der Auslegung des § 184 Abs. 1 Nr. 2 StGB folgenden Verständnis ist im verfassungsrechtlichen Sinn geeignet, weil mit seiner Hilfe der von ihm erstrebte Jugendschutz gefördert werden kann. Die Untersagung des Ausstrahlens pornographischer Sendungen verhindert, dass sich solche Sendungen negativ auf die Entwicklung von Jugendlichen auswirken.
Das Verbot ist auch in verfassungsrechtlicher Hinsicht erforderlich. Der Gesetzgeber war nicht gehalten, ein anderes Mittel zu wählen, das das Grundrecht nicht oder weniger stark einschränkt. Insbesondere bestand keine Verpflichtung, das Ausstrahlen pornographischer Sendungen nur in der Zeit zwischen 6.00 Uhr und 23.00 Uhr zu untersagen. § 3 Abs. 1 RfStV verbietet das Ausstrahlen einer pornographischen Sendung – ebenso wie das Ausstrahlen der anderen aufgeführten Programme – generell. Anders als die in den Absätzen 2 und 3 aufgeführten Sendungen sind diejenigen des Absatzes 1 nicht zu bestimmten Sendezeiten zulässig. In der Unterscheidung von Sendungen, die generell unzulässig sind, und solchen, die (lediglich) Sendezeitbeschränkungen unterliegen, kommt die Einschätzung des Gesetzgebers zum Ausdruck, dass die Sendungen des Absatzes 1 wegen der von ihnen ausgehenden besonderen Gefährdung überhaupt nicht zu verantworten sind. Diese Bewertung hält sich im Rahmen der dem Gesetzgeber zukommenden Beurteilungsfreiheit. Indem er für pornographische Sendungen nicht das mildere Mittel einer Sendezeitbeschränkung gewählt hat, schließt er das Risiko aus, dass Minderjährige während der vom Sendeverbot ausgenommenen Sendezeiten auf pornographische Sendungen Zugriff haben. Die dem zugrunde liegende Annahme, dass die Gefahr der Wahrnehmung pornographischer Sendungen durch Minderjährige auch bei einer Sendezeit zwischen 23.00 Uhr und 6.00 Uhr besteht, kann nicht beanstandet werden.
Die gesetzgeberische Entscheidung ist auch nicht deshalb fehlerhaft, weil sie für verschlüsselte Sendungen ohne zusätzliche im System angelegte effektive Zugangssperren keine Ausnahme von dem Sendeverbot vorsieht. Auch bei einer Codierung ist nicht ausgeschlossen, dass Minderjährige pornographische Sendungen wahrnehmen. Wenn der Gesetzgeber dieses Risiko nicht hinnehmen will, überschreitet er nicht die Grenzen des ihm zustehenden Wertungsrahmens.
Die Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs in die Rundfunkfreiheit und dem Gewicht sowie der Dringlichkeit des ihn rechtfertigenden Grundes ergibt, dass die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt ist. Das uneingeschränkte Sendeverbot beeinträchtigt die Rundfunkfreiheit zwar nicht unerheblich, da eine gesamte Gattung von Filmen der grundsätzlich freien Programmgestaltung ausnahmslos entzogen ist. Den Interessen der Veranstalter stehen aber gewichtige Belange des Jugendschutzes gegenüber. Der Gesetzgeber hat die Gefahren von Pornographie für Minderjährige in Ausübung der ihm zustehenden Beurteilungsfreiheit für so gravierend angesehen, dass er ein generelles Sendeverbot ausgesprochen hat. Mit Blick darauf und angesichts des besonderen Gewichts des Jugendschutzes erweist sich das hier in Rede stehende Verbot als angemessen. Das Gebot der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne verlangt insbesondere nicht, dass das Verbot pornographischer Sendungen nur bei schwerer Jugendgefährdung und in den Fällen so genannter „harter” Pornographie zulässig ist.
bb) Auch die Informationsfreiheit ist nicht verletzt.
Die verfassungsrechtlich verbürgte Informationsfreiheit der Rundfunkunternehmen ist nicht berührt. Das Grundrecht des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistet nur das Recht, sich ungehindert aus einer schon für die allgemeine Zugänglichkeit bestimmten Quelle zu unterrichten (BVerfG, Beschluss vom 24. Januar 2001, a.a.O., S. 60). Zwar handelt es sich bei den Filmen, deren Ausstrahlung verboten ist, um Informationsquellen. Den die Ausstrahlung beabsichtigenden Rundfunkunternehmen geht es hingegen nicht um die Unterrichtung aus diesen Quellen, sondern um die Verbreitung der Informationen durch Rundfunk. Dies ist Gegenstand der insoweit spezielleren Rundfunkfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG.
Es kann hier dahingestellt bleiben, ob das Sendeverbot in die Informationsfreiheit der Fernsehzuschauer eingreift und ob die Klägerin sich auf einen solchen Eingriff im vorliegenden Zusammenhang berufen könnte. Ein etwaiger Eingriff in die Informationsfreiheit wäre aus den gleichen Gründen gerechtfertigt wie der Eingriff in die Rundfunkfreiheit.
cc) Eine Verletzung der Berufsfreiheit liegt ebenfalls nicht vor.
Das Sendeverbot greift in die von Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistete Berufsausübungsfreiheit ein. Die Berufswahlfreiheit ist nicht betroffen. Die Rundfunkunternehmen werden nicht gehindert, Fernsehen in Gestalt von Pay-TV zu veranstalten. Zwar kann eine Berufsausübungsregelung auf das Recht zur freien Berufswahl zurückwirken, wenn das Verbot einzelner Tätigkeiten die sinnvolle Ausübung des Berufs faktisch unmöglich macht (vgl. BVerfG, Urteil vom 3. November 1982 – 1 BvL 4/78 – BVerfGE 61, 291 ≪308≫ m.w.N.). Dafür ist hier jedoch nichts ersichtlich.
Der Eingriff in die freie Berufsausübung ist nicht zu beanstanden. Regelungen der Berufsausübung sind nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG zulässig, wenn sie durch hinreichende Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt werden, wenn die gewählten Mittel zur Erreichung des verfolgten Zweckes geeignet und auch erforderlich sind und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Oktober 1984 – 1 BvL 18/82 u.a. – BVerfGE 68, 155 ≪171≫ m.w.N.). Der Schutz der Jugend vor Pornographie berechtigt den Gesetzgeber zur Beschränkung der Berufsausübungsfreiheit (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Januar 1978, a.a.O., S. 117). Das Sendeverbot ist auch zum Schutze der Jugend geeignet, erforderlich und angemessen. Insoweit gilt nichts anderes als im Zusammenhang mit dem Eingriff in die Rundfunkfreiheit.
e) Das Verwaltungsgericht ist auf der Grundlage des von ihm verwendeten Prüfungsmaßstabs ohne Rechtsverstoß zu dem Ergebnis gelangt, dass die in dem Bescheid vom 31. Oktober 1997 genannten Filme pornographisch sind und daher von der Beklagten durch eine Aufsichtsverfügung beanstandet und vom Programm der Klägerin ausgeschlossen werden durften. Weitere Ausführungen hierzu erübrigen sich, weil die Klägerin die Rechtsanwendung des Verwaltungsgerichts im vorliegenden Fall nach Maßgabe der von ihm für richtig gehaltenen Kriterien nicht beanstandet, sondern ausdrücklich als fehlerfrei bezeichnet hat.
6. In dem Verfahren nach Zurückverweisung wird das Verwaltungsgericht mit Blick auf die Rechtmäßigkeit der Beanstandung aufzuklären haben, ob zum Zeitpunkt des Sendens der in Rede stehenden Filme von der Klägerin Vorkehrungen getroffen worden waren, die nach den aufgezeigten Grundsätzen als ausreichende Wahrnehmungshindernisse angesehen werden können. Für den Fall, dass solche Hindernisse bestanden, wären sowohl die Beanstandung als auch die in Nr. 2 des Bescheides enthaltene Aufforderung, die Filme nicht mehr zu senden, aufzuheben.
Sollten ausreichende Hindernisse nicht vorgelegen und die Klägerin den objektiven Tatbestand des § 184 Abs. 1 Nr. 2 StGB verletzt haben, wäre die Beanstandung rechtmäßig. Die dann gebotene Prüfung der Rechtmäßigkeit des Gebots, die Ausstrahlung der Filme zu unterlassen, hat nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu erfolgen, weil es sich bei der Aufforderung um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung handelt (vgl. Urteil vom 11. März 1998, a.a.O., S. 218 f.). Abzustellen ist auf § 3 Abs. 1 Nr. 1 RfStV in der geltenden Fassung, nicht auf § 3 Abs. 1 Nr. 4 RfStV in der für die Beurteilung der Beanstandung maßgebenden Fassung. Die Änderung der Rechtslage bewirkte hier jedoch keine sachliche Änderung, weil auch das geltende Recht voraussetzt, dass ein Verstoß gegen einen objektiven Tatbestand des § 184 StGB vorliegt. Das Verwaltungsgericht wird aufzuklären und zu bewerten haben, ob nach der Sachlage zum Zeitpunkt seiner Entscheidung gemessen an den dargestellten Grundsätzen ausreichende Wahrnehmungshindernisse getroffen sind. Sollte dies der Fall sein, wäre die Aufforderung aufzuheben.
Unterschriften
Bardenhewer, Hahn, Büge, Graulich, Vormeier
Fundstellen
Haufe-Index 742795 |
BVerwGE, 5 |
AfP 2002, 257 |
DÖV 2002, 920 |
JZ 2002, 1057 |
JuS 2002, 1118 |
ZUM 2002, 567 |
DVBl. 2002, 976 |
NPA 2004, 0 |
JMSR 2002, 2 |
JMSR 2002, 9 |
tv diskurs 2002, 101 |