Entscheidungsstichwort (Thema)
Strafrechtliche Rehabilitierung. Rückgabeanspruch. Berechtigter. Vermögenswert. Beteiligung an OHG. Betriebsgrundstück. Grundsatz der Konnexität
Leitsatz (amtlich)
War von der nach dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz aufgehobenen Vermögenseinziehung ein Anteil an einer offenen Handelsgesellschaft betroffen, kann wegen des Grundsatzes der Konnexität im Vermögensgesetz die Rückübertragung eines Miteigentumsanteils an einem Betriebsgrundstück, das im Zeitpunkt der schädigenden Maßnahme im Eigentum der Gesellschaft stand, nicht beansprucht werden.
Normenkette
VermG § 1 Abs. 7, § 2 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, § 3 Abs. 1 Sätze 1, 4; StrRehaG § 3 Abs. 2
Verfahrensgang
VG Magdeburg (Urteil vom 05.04.2000; Aktenzeichen A 9 K 780/98) |
Tenor
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 5. April 2000 wird insoweit aufgehoben, als es der Klage stattgegeben hat.
Die Klage wird in vollem Umfang abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
Tatbestand
I.
Der Beklagte wendet sich mit der Revision gegen die durch das Verwaltungsgericht ausgesprochene Verpflichtung, einen hälftigen Miteigentumsanteil an zwei Grundstücken in der Gemarkung G. auf die Erbengemeinschaft nach Frieda H., die u.a. aus den Klägern besteht, zurückzuübertragen und außerdem festzustellen, dass der Erbengemeinschaft an einem weiteren Grundstück der Gemarkung G. dem Grunde nach ein Entschädigungsanspruch zusteht.
Die drei Grundstücke bildeten ursprünglich das Betriebsgrundstück der Ernst H. OHG in der Ernst-Thälmann-Straße 22 (früher Magdeburger Straße 13) in G.
Mit notariellem Vertrag vom 21. März 1939 errichteten der Kaufmann Ernst H. und sein Sohn Heinrich eine offene Handelsgesellschaft, die das bereits bestehende Unternehmen des Vaters unter der alten Firma Ernst H. weiterführte. Unternehmensgegenstand war der Verkauf von Lebensmitteln und Haushalts- und Eisenwaren. Das Betriebsgrundstück wurde auf die Gesellschaft übertragen und dem Sohn ein hälftiger Anteil an dem Gesellschaftsvermögen eingeräumt. Außerdem sah der Gesellschaftsvertrag vor, dass im Todesfall eines Gesellschafters die Gesellschaft mit dessen Erben fortgesetzt werden sollte. Ausweislich der vom Verwaltungsgericht beigezogenen Grundakten wurde die OHG am 6. Dezember 1939 als Eigentümerin ins Grundbuch eingetragen.
Ernst H. verstarb am 16. Oktober 1939 und wurde von seiner Ehefrau Frieda H. allein beerbt. Heinrich H. verstarb am 9. März 1945. Er wurde von seiner Ehefrau Lieselotte H. zu 1/4 und seinen beiden Töchtern zu je 3/8 beerbt.
Mit Urteil vom 5. August 1947 verurteilte das Landgericht Stendal Frieda und Lieselotte H. zu Gefängnisstrafen und zur Einziehung ihres Vermögens – hinsichtlich Lieselotte H. nur wegen des von ihrem Ehemann ererbten Vermögens – „wegen Verbrechens nach § 1 der Kriegswirtschaftsverordnung”. Auf die Revision der Angeklagten wurde das Urteil hinsichtlich Lieselotte H. aufgehoben und das Verfahren eingestellt. Die Verurteilung von Frieda H. wurde dagegen rechtskräftig. Nach einem Rechtsträgernachweis vom 20. Mai 1955 wurde der Rat der Stadt G. mit Wirkung vom 1. Januar 1952 aufgrund des rechtskräftigen Urteils des Landgerichts Stendal Eigentümer von „50 % des ideellen Anteils” des Betriebsgrundstücks. Eine entsprechende Eintragung im Grundbuch erfolgte jedoch nicht.
Am 5. Januar 1961 trafen der VEB Kommunale Wohnungsverwaltung als Vertreter des Eigentums des Volkes sowie die Erben nach Heinrich H., teilweise vertreten durch den staatlichen Treuhänder, eine notarielle Vereinbarung über die Liquidation der OHG und die erbrechtliche Auseinandersetzung nach Heinrich H. Hierzu heißt es in dem Vertrag, dass das Unternehmen der Firma Ernst H. am 13. Oktober 1949 zwar im Handelsregister gelöscht worden sei, in Wirklichkeit aber eine Liquidation der Gesellschaft zwischen den Gesellschaftern bislang noch nicht erfolgt sei. Infolge des Strafurteils sei das Unternehmen auf die Konsumgesellschaft G. übergegangen. Nach Aufhebung des Urteils gegen Lieselotte H. sei das Gesellschaftsverhältnis zwischen den Erben des verstorbenen Heinrich H. und der Kommunalen Wohnungsverwaltung G. als Verwalterin der zu Volkseigentum gewordenen Grundstückshälfte fortgesetzt worden. Gegenstand der nachfolgenden Liquidation sei lediglich der Grundbesitz. Davon sollten 2/16 Anteile in das Eigentum von Lieselotte H. und je 3/16 Anteile in das Eigentum ihrer Töchter übergehen. Im Übrigen stehe der Grundbesitz zur Hälfte im Eigentum des Volkes. Die entsprechenden Eintragungen ins Grundbuch erfolgten am 20. Juni 1961.
In der Folgezeit veräußerten zunächst der für den Erbanteil einer der Töchter eingesetzte staatliche Verwalter und später auch die verbliebenen privaten Miteigentümer ihre Anteile an das Eigentum des Volkes. Jetziger im Grundbuch eingetragener Eigentümer der Grundstücke ist die Beigeladene.
Mit mehreren Schreiben aus der Zeit von 1990 bis 1994 beantragten die Kläger als Mitglieder der Erbengemeinschaft nach Frieda H., teilweise zugleich auch als Rechtsnachfolger nach Heinrich H., die Rückübertragung des Betriebsgrundstücks Ernst-Thälmann-Straße 22 sowie eine Entschädigung für den Verlust von beweglichem Betriebsvermögen.
Mit Beschluss vom 8. November 1995 hob das Landgericht Magdeburg das Urteil des Landgerichts Stendal vom 5. August 1947 auf und erklärte die Verurteilungen von Frieda und Lieselotte H. zu Gefängnisstrafen und die ausgesprochenen Vermögenseinziehungen für rechtsstaatswidrig.
Der Beklagte lehnte mit Bescheid vom 17. September 1998 die Restitution des Unternehmens der Ernst H. OHG nebst Betriebsgrundstück ab, stellte fest, dass den Mitgliedern der Erbengemeinschaft nach Frieda H. hinsichtlich der Enteignung des Gesellschaftsanteils von Frieda H. an der Ernst H. OHG dem Grunde nach ein Entschädigungsanspruch zustehe und wies alle nach dem 30. Juni 1993 eingegangenen Anmeldungen zurück. Weiter wies der Beklagte in dem Bescheid darauf hin, dass bezüglich des Gesellschaftsanteils von Lieselotte H. ein gesonderter Bescheid ergehen werde. Zur Begründung führte der Beklagte aus, die Restitution des Unternehmens sei wegen der Liquidation der Gesellschaft ausgeschlossen und das seinerzeit zum Gesamthandseigentum der OHG gehörende Betriebsgrundstück könne wegen des Grundsatzes der Konnexität zwischen Schädigungstatbestand und betroffenem Vermögenswert nicht zurückübertragen werden.
Mit ihrer Klage haben die Kläger begehrt, den Beklagten zu verpflichten, ihren Miteigentumsanteil am Grundstück Ernst-Thälmann-Straße 22 zurückzuübertragen und an sie eine Entschädigung „für das entzogene Warenlager des ehemaligen Unternehmens der Ernst H. OHG” zu zahlen. Zur Begründung haben sie ausgeführt, die Ernst H. OHG sei bereits durch die Entscheidung des Landgerichts Stendal vom 15. August 1947 geschädigt worden. Das bewegliche Vermögen sei im Jahr 1947 auf die Konsumgesellschaft übergegangen, die das gesamte Warenlager übernommen habe. Nach Löschung der OHG im Handelsregister am 13. Oktober 1949 und der Einstellung der werbenden Tätigkeit sei die Gesellschaft eine solche des bürgerlichen Rechts geworden.
Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten mit Urteil vom 5. April 2000 unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 17. September 1998 verpflichtet, an die Mitglieder der Erbengemeinschaft nach Frieda H. einen hälftigen Miteigentumsanteil an den streitigen Grundstücken der Gemarkung G. (Flur 16, Flurstücke 513, 551/514) zurückzuübertragen und festzustellen, dass den Mitgliedern der Erbengemeinschaft hinsichtlich des weiteren Grundstücks der Gemarkung G. (Flur 16, Flurstück 552/514) dem Grunde nach ein Entschädigungsanspruch zusteht. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, zu den Rechten, die Frieda H. entzogen worden seien, gehöre jedenfalls das Eigentum an dem Betriebsgrundstück der Ernst H. OHG. Die Kläger seien als Mitglieder der Erbengemeinschaft hinsichtlich dieses Rechtes Berechtigte im Sinne des § 2 Abs. 1 VermG, weil der Vermögenswert einer schädigenden Maßnahme nach § 12 Abs. 2 und § 3 Abs. 2 StrRehaG i.V.m. § 1 Abs. 7 VermG unterlegen habe. Den Klägern sei in Erbengemeinschaft die der Frieda H. entzogene Stellung als Eigentümerin nunmehr als Bruchteilseigentum an dem Grundstück zurückzuübertragen. Die OHG habe im Jahre 1947 ihre werbende Tätigkeit eingestellt, nachdem ihr das gesamte Warenlager, unter welchen Umständen auch immer, entzogen worden sei. Damit sei es ihr nicht mehr möglich gewesen, ihren eigentlichen Unternehmenszweck weiterzuverfolgen. Mit der Einstellung der werbenden Tätigkeit habe sich die OHG von Rechts wegen in eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts umgewandelt. Damit seien die einzelnen Gesellschafter Eigentümer des in der Gesellschaft gesamthänderisch gebundenen Betriebsgrundstücks geworden. Der Eintrag der Ernst H. OHG ins Grundbuch als Eigentümerin des Betriebsgrundstücks sei von diesem Zeitpunkt an unrichtig gewesen. Mit der Bildung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts wäre Frieda H., sofern ihr Vermögen nicht durch das rechtsstaatswidrige Strafurteil eingezogen worden wäre, zur Hälfte Eigentümerin des auch weiterhin gesamthänderisch gebundenen Betriebsgrundstücks geworden. Dem Beklagten sei zwar zuzugeben, dass zu diesem Zeitpunkt die einzelnen Gesellschafter noch keinen Miteigentumsanteil an dem Betriebsgrundstück erworben hätten. Dies sei dann jedoch aufgrund der notariellen Auseinandersetzung vom 5. Januar 1961 erfolgt. Die zugunsten von Frieda H. ausgesprochene Rehabilitierungsentscheidung des Landgerichts Magdeburg bewirke, dass ihre Erben so zu stellen seien, als wenn sie seinerzeit – nämlich an Stelle des Volkseigentums – Bruchteilseigentum an dem Betriebsgrundstück erworben hätten.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Beklagten, soweit das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben hat. Zur Begründung rügt der Beklagte die Verletzung materiellen Rechts.
Er beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 5. April 2000 insoweit aufzuheben, als es der Klage stattgegeben hat, und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Sie verteidigen das angefochtene Urteil.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Revision des Beklagten ist begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichts verstößt in dem angefochtenen Umfang gegen Bundesrecht. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage in vollem Umfang abweisen müssen, weil den Klägern weder ein Anspruch auf Restitution eines hälftigen Miteigentumsanteils an den streitigen Grundstücken der Gemarkung G. (Flur 16, Flurstücke 513, 551/514) an die Erbengemeinschaft nach Frieda H. noch ein Anspruch auf Feststellung zusteht, dass die Mitglieder der Erbengemeinschaft hinsichtlich des weiteren Grundstücks der Gemarkung G. (Flur 16, Flurstück 552/514) dem Grunde nach eine Entschädigung beanspruchen können. Das Verwaltungsgericht hat nämlich verkannt, dass die Rückübertragung von Vermögenswerten nach dem Vermögensgesetz die Übereinstimmung des beanspruchten Vermögenswertes mit dem von der Schädigung betroffenen Vermögenswert voraussetzt.
1. a) Nach § 1 Abs. 7 VermG gelten die Vorschriften des Vermögensgesetzes entsprechend für die Rückgabe von Vermögenswerten, die im Zusammenhang mit der nach anderen Vorschriften erfolgten Aufhebung rechtsstaatswidriger straf-, ordnungsstraf- oder verwaltungsrechtlicher Entscheidungen steht. Der Gesetzgeber des Vermögensgesetzes geht mithin für den Fall, dass derartige Vermögensentziehungen auf der Grundlage von anderen Wiedergutmachungs- oder Rehabilitierungsregelungen aufgehoben werden, von der grundsätzlichen Notwendigkeit der Rückgabe des entzogenen Vermögenswertes aus und unterwirft diese Rückgabe den Vorschriften des Vermögensgesetzes. Dies trifft insbesondere für die Aufhebung von Vermögensentziehungen zu, die – wie hier – im strafrechtlichen Rehabilitierungsverfahren erfolgt sind. Wird eine Vermögensentziehung von dem für die strafrechtliche Rehabilitierung zuständigen Gericht aufgehoben, ergeben sich nach § 3 Abs. 2 des Gesetzes über die Rehabilitierung und Entschädigung von Opfern rechtsstaatswidriger Strafverfolgungsmaßnahmen im Beitrittsgebiet (Strafrechtliches Rehabilitierungsgesetz – StrRehaG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Dezember 1999 (BGBl I S. 2664), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. Dezember 2001 (BGBl I S. 3986), die weiteren Rechtsfolgen aus dem Vermögensgesetz (vgl. Urteile vom 25. Februar 1999 – BVerwG 7 C 9.98 – BVerwGE 108, 315 ≪318 ff.≫ = Buchholz 428 § 1 Abs. 7 VermG Nr. 1 S. 1 ≪3 ff.≫ und – BVerwG 7 C 8.98 – Buchholz 428 § 1 Abs. 7 VermG Nr. 2 sowie vom 17. Mai 2000 – BVerwG 8 C 16.99 – Buchholz 428 § 1 Abs. 7 VermG Nr. 4 S. 12 ≪16≫ und vom 19. Juli 2000 – BVerwG 8 C 6.99 – Buchholz 428 § 1 Abs. 7 VermG Nr. 5 S. 18 ≪21≫). Im Ansatz zutreffend hat das Verwaltungsgericht daher erkannt, dass dem Antrag auf Rückübertragung, soweit die Voraussetzungen des § 1 Abs. 7 VermG vorliegen, nur die gesetzlichen Ausschlussgründe nach den §§ 4 bis 6 VermG oder § 11 InVorG entgegenhalten werden können (Urteil vom 19. Juli 2000 – BVerwG 8 C 6.99 – a.a.O.). Da aber die staatliche Rückübertragungsentscheidung der actus contrarius zu der vom damaligen Staat durchgeführten oder ermöglichten Entziehung des Vermögenswertes ist (vgl. Urteile vom 6. April 1995 – BVerwG 7 C 5.94 – BVerwGE 98, 137 ≪143 f.≫ = Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 42 S. 101 ≪107 f.≫ und vom 19. Juli 2000 – BVerwG 8 C 6.99 – a.a.O. S. 21 f.), und weil dem Vermögensgesetz deswegen der Grundsatz der Konnexität zwischen Entschädigungstatbestand, betroffenen Vermögenswert und Restitution zugrunde liegt (vgl. Urteile vom 6. April 1995 – BVerwG 7 C 11.94 – BVerwGE 98, 154 ≪157 f.≫ = Buchholz 111 Art. 22 EV Nr. 10 S. 31 und vom 24. Oktober 1996 – BVerwG 7 C 14.96 – Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 93 S. 284 ≪286≫), kommt nur die Rückübertragung des konkret entzogenen Vermögenswertes in Betracht. Für den Bereich des § 1 Abs. 7 VermG bedeutet dies, dass nur die Rückübertragung solcher Vermögenswerte beansprucht werden kann, die unmittelbar von der später rehabilitierten Maßnahme betroffen waren (vgl. auch die dem Urteil vom 19. Juli 2000 – BVerwG 8 C 6.99 – a.a.O. zugrunde liegende Fallgestaltung).
b) Daran fehlt es hier. Die Rechtsvorgängerin der Kläger war zu keinem Zeitpunkt (Mit-)Eigentümerin der beanspruchten Grundstücke. Vielmehr war Eigentümerin die offene Handelsgesellschaft, an der die Rechtsvorgängerin der Kläger zu 50 % beteiligt war. Durch die Vermögenseinziehung wurde zwar u.a. ihre Beteiligung an der Gesellschaft betroffen. Das Eigentum am Grundstück blieb dadurch aber zunächst unberührt. In diesem Zusammenhang ist es ohne Bedeutung, ob und ggf. wann genau die Gesellschaft im Jahr 1947 ihre werbende Tätigkeit eingestellt hat. Soweit dies nach der rechtskräftigen Einziehung des Vermögens der Erblasserin erfolgt sein sollte, könnte dies an dem von der Einziehung betroffenen Vermögenswert ohnehin nichts ändern. Die vom Verwaltungsgericht angestellten Überlegungen über die weitere Entwicklung der Eigentumsverhältnisse an dem Grundstück ohne die Vermögenseinziehung verbieten sich, weil nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Berücksichtigung eines hypothetischen Kausalverlaufs oder einer Reserveursache weder zulasten noch zugunsten eines Geschädigten zulässig ist (Urteile vom 6. April 1995 – BVerwG 7 C 5.94 – a.a.O. S. 142 f. bzw. S. 107, vom 27. Juni 1996 – BVerwG 7 C 11.95 – Buchholz 428 § 2 VermG Nr. 19 S. 21 ≪25≫, vom 28. April 1998 – BVerwG 7 C 28.97 – Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 152 S. 463 ≪465≫ und vom 19. Juli 2000 – BVerwG 8 C 6.99 – a.a.O. S. 22).
Auch wenn die werbende Tätigkeit der Gesellschaft bereits vor Rechtskraft des Strafurteils eingestellt worden wäre, hätte dies entgegen der Ansicht der Kläger nicht ohne weiteres dazu geführt, dass die Erblasserin Bruchteilseigentum am Grundstück erworben hätte. Vielmehr hätte es dazu einer Auflösung der Gesellschaft und einer Übertragung der Eigentumsrechte an dem Grundstück bedurft. Dazu ist es aber vor 1961 nicht gekommen.
2. Sind die Kläger demnach nicht Berechtigte im Sinne des § 2 Abs. 1 VermG hinsichtlich der Grundstücke, weil es sich insoweit nicht um Vermögenswerte ihrer Rechtsvorgängerin handelte, kommt auch die Feststellung der Entschädigungsberechtigung dem Grunde nach für das Flurstück 552/514 der Flur 16 nicht in Betracht.
3. Ein Anspruch der Kläger auf Restitution von Bruchteilseigentum an dem Betriebsgrundstück lässt sich auch nicht mit einer entsprechenden Anwendung von § 3 Abs. 1 Satz 4 VermG begründen. Diese Vorschrift sieht zugunsten der in der Zeit vom 30. Januar 1933 bis zum 8. Mai 1945 aus rassischen, politischen, religiösen oder weltanschaulichen Gründen Verfolgten (§ 1 Abs. 6 VermG) eine die Unternehmensrestitution ergänzende Einzelrestitution von nicht mehr zum Unternehmensvermögen gehörenden Vermögensgegenständen vor, die mit dem zurückzugebenden oder bereits zurückgegebenen Unternehmen entzogen oder von ihm später angeschafft worden sind; an solchen Vermögensgegenständen ist den Gesellschaftern des Unternehmens nach Maßgabe ihrer Beteiligung Bruchteilseigentum einzuräumen. Die Regelung beruht auf der Absicht, die Möglichkeiten der Wiedergutmachung für die Opfer des Nationalsozialismus gegenüber dem sonstigen Regelungsinhalt des Vermögensgesetzes zu verbessern und sie im Ergebnis der Wiedergutmachung nach alliiertem Rückerstattungsrecht anzunähern. Die Vorschrift ist mithin speziell auf den genannten Personenkreis zugeschnitten und lässt sich nicht erweiternd auslegen (Urteil vom 24. Oktober 1996 – BVerwG 7 C 14.96 – a.a.O. S. 287).
4. Eine Restitution der Beteiligung an der offenen Handelsgesellschaft, die allein durch die Vermögenseinziehung betroffen war, kommt nicht in Betracht, weil die Gesellschaft im Jahr 1961 liquidiert wurde (§ 4 Abs. 1 Satz 1 VermG; vgl. dazu Urteil vom 24. Oktober 1996 – BVerwG 7 C 14.96 – a.a.O.). Der insoweit allein bestehende Entschädigungsanspruch ist den Klägern vom Beklagten bereits dem Grunde nach zugesprochen worden.
5. Ob der Antrag der Kläger auch als Antrag auf Rückerstattung des Unternehmens anzusehen sein könnte und ob insoweit ggf. das Quorum erfüllt wäre, bedarf keiner Entscheidung, weil das Unternehmen als solches nicht von einem schädigendem Ereignis im Sinne des § 1 VermG betroffen war. Deshalb kommt auch ein etwaiger Anspruch nach § 6 Abs. 6 a Satz 1 VermG nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO.
Unterschriften
Dr. Müller, Dr. Pagenkopf, Sailer, Krauß, Golze
Fundstellen