Entscheidungsstichwort (Thema)
Planfeststellungsbeschluss. Änderung von Straßenbahntrassen. Genehmigung und Planfeststellung. bebauungsplanergänzende Planfeststellung. städtebauliches und verkehrspolitisches Konzept. Abwägung. Abwägungsfehler. inzidente Überprüfung der Abwägung zum Bebauungsplan
Leitsatz (amtlich)
1. Die Genehmigung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 PBefG ist nicht Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Planfeststellung gemäß § 28 Abs. 1 PBefG.
2. Die Planfeststellungsbehörde ist auch bei einem bebauungsplanergänzenden Planfeststellungsbeschluss nach § 28 Abs. 3 Satz 2 PBefG nicht förmlich an die zu ergänzende Bauleitplanung gebunden.
3. Übernimmt die Planfeststellungsbehörde in einem solchen Planfeststellungsbeschluss aufgrund eigener Abwägung das im Bebauungsplan zum Ausdruck kommende städtebauliche und verkehrspolitische Konzept, hat sie dessen Rechtmäßigkeit nach außen zu verantworten.
4. Bei der Anfechtung eines bebauungsplanergänzenden Planfeststellungsbeschlusses ist die darin übernommene bauleitplanerische Entscheidung inzident auf erhebliche Abwägungsmängel zu prüfen.
Normenkette
PBefG § 9 Abs. 1 Nr. 1, § 28 Abs. 1, 3-4, § 29 Abs. 8; BauGB 1998 § 1 Abs. 6, §§ 9, 214 Abs. 3
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen trägt die Klägerin.
Tatbestand
I.
Die Klägerin wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss für das Straßenbahnbauvorhaben „Pilotprojekt Linie 2, Vorhaben Nr. 3.3.2 Verkehrsbauvorhaben Postplatz” in Dresden.
Der Postplatz liegt im Zentrum von Dresden in unmittelbarer Nähe des Zwingers und der Sophienkirche. In den Platz münden und ihn kreuzen im Nordosten die Sophienstraße, im Osten die Wilsdruffer Straße, im Süden die Wallstraße und die Marienstraße, im Südwesten die Annenstraße, im Nordwesten die Schweriner Straße, die Theaterstraße und die Ostra-Allee. Der Platz ist ein Knotenpunkt mehrerer von der Beigeladenen zu 1) betriebener Straßenbahn- und Buslinien. Die Gleistrassen und Haltestellen beanspruchen derzeit einen Großteil der Platzfläche.
Die Klägerin ist Eigentümerin des Flurstücks … der Gemarkung Dresden-Altstadt I. Das Grundstück ist 1 293 m² groß und grenzt östlich unmittelbar an den Postplatz an. Das Grundstück war bis zum Ende des 2. Weltkriegs mit einem Wohn- und Geschäftshaus bebaut. Seinerzeit (und bis heute) führten die den Postplatz in Nord-Süd-Richtung überquerenden Straßenbahnlinien in einem Bogen an dem Grundstück vorbei. Das Gebäude wurde durch einen Bombenangriff am 13. Februar 1945 zerstört. Nach Kriegsende wurde das Grundstück von den Trümmern geräumt, der ehemalige Straßengrundriss wurde beibehalten. Zur Zeit der DDR wurde auf dem Grundstück eine Rasenfläche mit Blumenrabatten angelegt. Anschließend wurde das Grundstück enteignet. Nach der Wiedervereinigung wurde der Klägerin mit Restitutionsbescheid vom 21. November 1991 das Eigentum an dem Grundstück zurückübertragen. Am selben Tag wurde ihr der Besitz förmlich übergeben. In der Folgezeit duldete die Klägerin die weitere Nutzung des Grundstücks als öffentliche Grünfläche. Der äußere Zustand blieb unverändert.
Die Beigeladene zu 2) beabsichtigt, den Postplatz und die ihn umgebende Bebauung städtebaulich neu zu ordnen. Geplant ist, den Platz in Richtung Osten und Norden zu vergrößern und die Verkehrsführung insgesamt zu ändern. An seiner Westseite soll der Platz durch neu zu errichtende, in einem Halbkreis angeordnete Gebäude abgeschlossen und verdichtet werden. Auf der Südseite des Platzes – zwischen Marien- und Wallstraße – soll ein Einkaufszentrum entstehen. Die Marienstraße, durch die derzeit eine Straßenbahntrasse führt, soll zu einem Fußgängerbereich mit einem Wasserkanal umgestaltet werden. Ziel der städtebaulichen Konzeption ist es, den Postplatz als Freifläche wieder aufleben zu lassen. Er soll größtenteils mit Pflastersteinen homogen gestaltet werden, Fußgängern eine ungehinderte Überquerung ermöglichen und eine hohe Aufenthaltsqualität erhalten. Weiteres Ziel der Planung ist es, durch eine Neufestlegung der Gleistrassen Ostra-Allee/Wallstraße und Sophienstraße/Wallstraße (beide Nord-Süd-Richtung) sowie Wilsdruffer Straße/Freiberger Straße (Ost-West-Richtung) die Gleise der Straßenbahn in den Platzrandbereichen zu bündeln. Infolgedessen ist geplant, zwei Straßenbahntrassen künftig über das Grundstück der Klägerin zu führen. Im Kreuzungsbereich zwischen Wallstraße und Wilsdruffer Straße soll die zentrale Straßenbahnumsteigehaltestelle entstehen. An dieser Stelle ist als städtebaulicher Akzent die Errichtung des „Wilsdruffer Tores” geplant, das an das frühere Altstadttor erinnern soll. An zwei hohe Pylonen soll eine gläserne Dachkonstruktion gehängt werden, die den gesamten Umsteigebereich am Südostende des Platzes mit den beiden ca. 100 m langen, in die Wallstraße bzw. Wilsdruffer Straße hineinführenden Bahnsteigen überdachen soll.
Dieses städtebauliche Konzept soll durch den Bebauungsplan Nr. 54 „Dresden-Altstadt I Nr. 6 Postplatz / Wallstraße” umgesetzt werden. Die Aufstellung des Bebauungsplans wurde von der Stadtverordnetenversammlung der Beigeladenen zu 2) am 13. Dezember 1990 beschlossen. Im Rahmen der Bürgerbeteiligung widersprach die Klägerin mit anwaltlichem Schreiben vom 9. Mai 1994 den Plänen. Sie beanspruche für ihr Grundstück Baurecht, wie es 1945 bestanden habe. In dem Abwägungsvorschlag für den Satzungsbeschluss des Stadtrates wird dies abgelehnt, weil das Grundstück als Verkehrsfläche benötigt werde und von Bebauung freigehalten werden solle. Am 10. Juni 1999 beschloss der Stadtrat den Bebauungsplan und billigte dessen Begründung, jedoch mit ausdrücklicher Ausnahme der Verkehrsplanungen in Ziffer 7.1. Mit Bescheid vom 28. August 1999 machte das Regierungspräsidium Dresden keine Verletzung von Rechtsvorschriften geltend, ordnete jedoch an, dass die Straßenbahntrassen und -haltestellen als planungsrechtliche Festsetzungen zu streichen seien. Soweit das Bebauungsplanverfahren mit planfeststellungsersetzender Funktion fortgeführt werde, sei die Begründung entsprechend anzupassen. Nach Überarbeitung der Festsetzungen und der Begründung des Bebauungsplans wurde dieser vom Stadtrat in dessen Sitzung vom 25. November 1999 beschlossen und am 5. Mai 2000 im Dresdner Amtsblatt bekannt gemacht. Der Bebauungsplan setzt die dargestellte städtebauliche Konzeption um. Das Grundstück der Klägerin wird als Verkehrsfläche ausgewiesen. Die geplanten Änderungen der Straßenbahntrassen sind nur nachrichtlich wiedergegeben.
Die Klägerin hat am 28. Juni 2001 beim Oberverwaltungsgericht Bautzen (1 D 34/01) einen Normenkontrollantrag gegen den Bebauungsplan gestellt; der Antrag ist bislang nicht begründet worden. Das Verfahren ruht seit dem 5. Juni 2003.
Mit Schreiben vom 17. März 2004 beantragte die Beigeladene zu 1) die Einleitung eines (Ergänzungs-)Planfeststellungsverfahrens gemäß § 28 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 PBefG. Die Klägerin erhob Einwendungen: Das Planvorhaben sei weder erforderlich noch städtebaulich sinnvoll. Der ihm zugrunde liegende Bebauungsplan Nr. 54 sei abwägungsfehlerhaft und deshalb unanwendbar. Eine Beibehaltung der derzeit bestehenden Straßenbahntrassen stehe den städtebaulichen Zielen der Beigeladenen zu 2) nicht entgegen. Alternativtrassen seien nicht geprüft worden. Der Eingriff in ihr Eigentum sei nicht erforderlich, weil die Planziele auch verwirklicht werden könnten, wenn die Straßenbahntrassen nicht über ihr Grundstück geführt würden. Belange des Denkmalschutzes seien nicht geprüft worden. Die Umweltverträglichkeitsprüfung sei methodisch fehlerhaft, die Ermittlung der heutigen Umweltsituation sei unzureichend gewesen, namentlich zu Nist- und Tagesschlafplätzen von Vögeln und Fledermausarten. Weitere Umweltbelange würden nachteilig betroffen.
Mit dem hier angegriffenen Planfeststellungsbeschluss vom 28. September 2004 stellte der Beklagte den Plan für das Straßenbahnbauvorhaben fest. Darin ist die Verlegung der Straßenbahntrassen gemäß der dargestellten städtebaulichen und verkehrspolitischen Konzeption einschließlich des zentralen Umsteigeplatzes am Südostende des Postplatzes vorgesehen. Zwei bislang um das Grundstück der Klägerin herumführende Straßenbahntrassen sollen nunmehr in engerer, direkter Gradientenführung zum zentralen Haltepunkt hin über das Grundstück der Klägerin verlaufen. Dieses wird im Grunderwerbsplan als benötigte Fläche ausgewiesen. Die Einwendung der Klägerin wird zurückgewiesen und es wird ihr ein Anspruch auf Entschädigung zugesprochen.
In der Begründung heißt es: Der Planfeststellungsbeschluss diene gemäß § 28 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 PBefG der Ergänzung des Bebauungsplans Nr. 54. Mit dem Vorhaben solle erklärtermaßen die ihm zugrunde liegende verbindliche kommunale Bauleitplanung umgesetzt und fortgeschrieben werden. Das Vorhaben sei erforderlich. Die Betriebsanlagen der Straßenbahn, vor allem die teilweise Bogenlage der Haltestellen und die gleisgeometrische Gestaltung der Trassen, entsprächen nicht mehr den heutigen technischen Anforderungen; die Haltestellen müssten behindertengerecht ausgestaltet werden. Von der Planfeststellungsbehörde sei geprüft worden, ob es bessere Planungsvarianten gebe. Eine insoweit in Betracht zu ziehende bloße Erneuerung der Straßenbahnanlagen unter Beibehaltung des bisherigen Trassenverlaufs wäre nicht in gleicher Weise geeignet, die Planziele zu erreichen. Sie würde auch der hinreichend verfestigten kommunalen Bauleitplanung zuwiderlaufen. Weitere Planungsvarianten hätten sich der Planfeststellungsbehörde nicht aufgedrängt und seien auch von der Klägerin nicht hinreichend konkret aufgezeigt worden. Die Inanspruchnahme ihres Grundstücks sei der Klägerin auch zumutbar. In Anbetracht seiner Lage und der verfestigten Bauleitplanung der Beigeladenen zu 2) bestehe für die Klägerin bereits jetzt keine faktische Möglichkeit einer angemessenen Nutzung ihres Grundeigentums.
Der Planfeststellungsbeschluss wurde der Klägerin am 2. Oktober 2004 zugestellt. Mit ihrer am 2. November 2004 erhobenen Klage wiederholt und vertieft sie ihre Einwendungen:
Das Planvorhaben sei nicht erforderlich. Betriebstechnische Verbesserungen wie etwa die bemängelte Bogenlage von Haltestellen oder eine behindertengerechte Gestaltung der Umsteigevorgänge könnten durch geringfügige Änderungen an der bestehenden Trasse verwirklicht werden. Unzutreffend sei auch die Annahme, die derzeitigen verkehrlichen Verhältnisse entsprächen nicht den städtebaulichen Zielen der Beigeladenen zu 2). Vor allem für die vorgesehene Verlegung der Nord-Süd-Straßenbahntrasse von der Marien- in die Wallstraße bestehe kein städtebauliches Bedürfnis.
Dem festgestellten Plan liege eine fehlerhafte Abwägung zugrunde. Er stütze sich allein auf den Bebauungsplan und verzichte auf eine eigene Untersuchung der städtebaulichen Erforderlichkeit des Planvorhabens. Alternativen zu dem planfestgestellten Vorhaben seien nicht geprüft worden. Zu der vorgesehenen Trassenführung der Straßenbahngleise bestünden sogar mehrere – von der Klägerin im Laufe des Klageverfahrens auch zeichnerisch dargestellte – Alternativen, bei denen ihr Grundstück entweder überhaupt nicht oder nur zu einem deutlich geringeren Teil in Anspruch genommen werden müsste und entsprechend der historischen Situation bebaut werden könnte. Alternative 1 sei eine technische Erneuerung der bestehenden Straßenbahnanlagen unter Beibehaltung der derzeitigen Trassenführung. Als Alternative 2 komme die Verwirklichung des planfestgestellten Trassenkonzepts in Betracht, jedoch unter Beibehaltung der jetzigen Trassenführung durch die Marienstraße anstatt durch die Wallstraße; die zentrale Umsteigehaltestelle müsse dann nur um wenige Meter nach Westen verlegt werden. Eine Alternative 3, vorgelegt in drei Untervarianten, sehe kleinere Veränderungen am Weichenkreuz und leichte Verschiebungen der Haltestellen vor. Eine daraus weiterentwickelte und schließlich planerisch untersetzte weitere Variante (Alternative 4) erfordere lediglich geringfügige Änderungen am städtebaulichen Konzept.
Auch der Bebauungsplan selbst sei abwägungsfehlerhaft. Er sei ein Torso, weil ihm ein Verkehrskonzept zugrunde liege, das gerade nicht Gegenstand des Bebauungsplans sei. Selbst wenn man ein städtebauliches Bedürfnis für eine Neuordnung der Straßenbahntrassen im Bereich des Postplatzes anerkenne, bestehe keine Rechtfertigung, hierfür das Grundstück der Klägerin in Anspruch zu nehmen. Die Errichtung der zentralen Haltestelle am Süd-Ost-Rand des Platzes werde u.a. mit der baulichen Aufwertung des Wilsdruffer Tors begründet. Es sei unerfindlich, warum die Straßenbahnen in diesem Tor halten sollten. Es wäre verkehrstechnisch und städtebaulich sinnvoller, die zentrale Haltestelle mehr zur Platzmitte hin zu errichten anstatt am engen, unübersichtlichen Platzrand mit zwei Straßeneinmündungen.
Das Vorhaben, das in einem städtebaulich sensiblen Bereich liege, sei auch mit den Belangen des Denkmalschutzes nicht vereinbar. Durch die Verschiebung des Postplatzes nach Norden und Osten werde der historische Stadtgrundriss aufgelöst. Dies widerspreche der über Jahrhunderte gewachsenen städtebaulichen Situation. Würde das Grundstück der Klägerin der historischen Bebauung folgend erneut bebaut, würde der städtebauliche Gesamtzusammenhang wieder deutlich.
Die Umweltverträglichkeitsprüfung sei methodisch fehlerhaft. Sie untersuche nicht die Beeinträchtigungen durch das Vorhaben gegenüber der jetzigen Situation, sondern vergleiche dieses mit einer künftigen „virtuellen” Situation, indem sie den Bebauungsplan als maßgeblichen Vergleichsfall heranziehe. Die Belange von Natur und Umwelt seien mit Blick auf den Artenschutz auch im Einzelnen unzureichend ermittelt worden. Es sei keine detaillierte Erfassung schützenswerter Populationen erfolgt. Vor allem die Bäume der zu fällenden Platanenallee in der Wallstraße seien Lebensraum besonders geschützter Arten von Fledermäusen und Singvögeln. Es sei nicht ersichtlich, dass die Bäume auf Nist- und Tagesschlafplätze untersucht worden seien. Es seien lediglich vorhandenes Datenmaterial und Geländekarten ausgewertet worden. Widersprüchlich sei, dass in der Umweltverträglichkeitsuntersuchung einerseits angenommen werde, die Bäume der Platanenallee würden nicht als Lebensraum von besonders geschützten Arten genutzt, andererseits aber empfohlen werde, die Bäume zum Schutz von Vogelbrutstätten nur außerhalb der Vegetationszeit zu fällen; Gleiches gelte für die Empfehlung, Fledermauskästen aufzuhängen.
Im Übrigen führe das Vorhaben zu einer unnötigen Beeinträchtigung weiterer Umweltbelange, namentlich zu einem Eingriff in den Grundwasserhorizont, zu einer hohen Lärmbelästigung für fast alle bestehenden Gebäude und zu einer Belastung des Wohnumfeldes und des Stadtbildes durch Staubentwicklung und Baustellenlärm.
Die Klägerin beantragt,
den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 28. September 2004 aufzuheben,
hilfsweise
festzustellen, dass der Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 28. September 2004 rechtswidrig und nicht vollziehbar ist.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verteidigt den Planfeststellungsbeschluss. Die im Klageverfahren vorgelegten Vorschläge für eine alternative Gleistrassierung stünden der städtebaulichen und verkehrspolitischen Konzeption gemäß der kommunalen Bauleitplanung entgegen, und führten zu einer Eingriffsverlagerung zu Lasten anderer Betroffener.
Die beiden Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Nach Erhebung der Klage hat der Beklagte durch Bescheid vom 18. April 2005 die Änderung der Linienführung der Straßenbahn im Bereich des Postplatzes genehmigt.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Klage ist mit ihrem Haupt- und Hilfsantrag nicht begründet.
Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss des Beklagten leidet nicht an einem Rechtsfehler, der die Klägerin in ihren Rechten verletzt und die – vollständige oder teilweise – Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder zumindest die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit rechtfertigt.
1. Der Planfeststellungsbeschluss ist nicht deshalb rechtswidrig, weil der Beklagte die gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 PBefG erforderliche Genehmigung für die Änderung der Linienführung der Straßenbahn erst am 18. April 2005, also nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses, erteilt hat. Entgegen einer in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassung kann § 28 Abs. 4 PBefG nicht entnommen werden, dass die Genehmigung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 PBefG Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Planfeststellung ist und deshalb vor oder gleichzeitig mit dem Planfeststellungsbeschluss gemäß § 28 Abs. 1 PBefG erteilt werden muss (so aber OVG Münster, Beschluss vom 1. September 1997 – 20 B 713/95.AK – UPR 1998, 196; dem folgend: Siegel, in: Ziekow, Praxis des Fachplanungsrechts, 2004, Rn. 1457 f.; Fielitz/Grätz, PBefG, Kommentar, Loseblatt, Stand: Oktober 2004, § 28 Rn. 10; Fromm/Fey/ Sellmann/Zuck, Personenbeförderungsrecht, 3. Aufl. 2001, § 28 PBefG, Rn. 14; kritisch dazu Steinberg/Berg/Wickel, Fachplanung, 3. Aufl. 2000, § 7 Rn. 7 f.).
Schon der Wortlaut des Gesetzes bietet keinen tragfähigen Anhalt für die von der Gegenansicht geforderte zeitliche Reihenfolge von Genehmigung und Planfeststellung. Aus § 28 Abs. 4 Satz 1 PBefG lässt sich lediglich entnehmen, dass, falls eine Genehmigung vor dem Planfeststellungsbeschluss erteilt wird, Erstere einen Vorbehalt zugunsten der Planfeststellung enthalten muss. Satz 2 gestattet es, die beiden Verfahren parallel, also gleichzeitig, zu betreiben, enthält aber keine Festlegung, ob das eine vor dem anderen abgeschlossen sein muss und in welcher Reihenfolge die Entscheidungen ergehen müssen (ebenso Siegel, a.a.O., Rn. 1457).
Weiterführend ist ein Blick in die Entstehungsgeschichte der Vorschrift (vgl. dazu Bidinger, Personenbeförderungsrecht, Stand: Dezember 2004, § 28 Anm. 8): § 28 Abs. 4 Satz 1 PBefG entspricht § 18 des Gesetzes über die Beförderung von Personen zu Lande vom 4. Dezember 1934 (RGBl I S. 1217); danach erfolgte die Genehmigung unter dem Vorbehalt der Ergänzung und Abänderung durch Feststellung des Bauplans (in heutiger Terminologie: des Planfeststellungsbeschlusses). § 28 Abs. 4 Satz 2 PBefG dagegen entspricht § 27 der Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Beförderung von Personen zu Lande vom 26. März 1935 (RGBl I S. 473; nachfolgend: DVO). Danach war der Bauplan im Allgemeinen erst nach der Genehmigung festzustellen. Wenn jedoch Zweckmäßigkeitsgründe gegen dieses Verfahren sprachen, die Genehmigung nicht von vornherein bedenklich erschien und der Unternehmer nicht widersprach, konnte die Genehmigungsbehörde den Plan „gleichzeitig mit der Vorbereitung der Genehmigung” feststellen; der Baubeginn durfte aber erst gestattet werden, wenn Genehmigung und Planfeststellung stattgefunden hatten. Daraus folgt, dass nach der damaligen (und mit der heutigen vergleichbaren) Rechtslage das Vorliegen einer Genehmigung nicht Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit des Bauplans (Planfeststellungsbeschlusses) war.
Aus den früheren Rechtsvorschriften werden zugleich Sinn und Zweck der Vorschrift deutlich, die ebenfalls die hier vertretene Auslegung stützen: Sowohl § 27 DVO als auch § 28 Abs. 4 Satz 2 PBefG sind Vorschriften, die sich an die zuständige(n) Verwaltungsbehörde(n) richten und vor allem die Verfahrensökonomie im Blick haben. Es soll verhindert werden, dass ein aufwändiges Planfeststellungsverfahren betrieben werden muss, wenn von vornherein Bedenken gegen eine Erteilung der Genehmigung bestehen (vgl. Siegel, a.a.O., Rn. 1457), z.B. weil die im Genehmigungsverfahren zu prüfende Zuverlässigkeit des Unternehmers fehlt (vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 2 PBefG). Wenn aber solche oder andere „Zweckmäßigkeitsgründe” dem nicht entgegenstehen, erlaubte es § 27 DVO und gestattet es nunmehr § 28 Abs. 4 Satz 2 PBefG, beide Verfahren parallel zu betreiben und zu einem Abschluss zu bringen, ggf. auch in der zeitlichen Reihenfolge, dass „der Plan gleichzeitig mit der Vorbereitung der Genehmigung” (§ 27 Satz 2 DVO) – mithin also auch vor ihrem Erlass – festgestellt werden kann. Es widerspräche gerade dem angeführten Gesichtspunkt der Verfahrensökonomie und wäre formalistisch, wenn das Planfeststellungsverfahren allein deshalb erneut durchgeführt werden müsste, weil es bereits vor Erlass der Genehmigung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 PBefG abgeschlossen wurde, ohne dass Anhaltspunkte für deren Versagung bestanden.
Soweit die Gegenansicht zur Begründung auf das – vermeintlich – vergleichbare Verhältnis von luftrechtlicher Genehmigung und Planfeststellung nach früherem Recht verweist (so OVG Münster, a.a.O.) und dazu ergangene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anführt (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 1986 – BVerwG 4 C 13.85 – BVerwGE 75, 214 ≪221≫ m.w.N.), vermag dies die vorstehenden Erwägungen nicht in Frage zu stellen. Denn der erwähnten luftverkehrsrechtlichen Rechtsprechung lag ein anderer, von § 28 Abs. 4 PBefG abweichender Wortlaut des Luftverkehrsgesetzes zugrunde. Im Übrigen ist diese Rechtsprechung überholt, nachdem der Gesetzgeber im Rahmen des Planungsvereinfachungsgesetzes vom 17. Dezember 1993 (BGBl I S. 2123) das Luftverkehrsgesetz geändert und nunmehr in § 8 Abs. 6 LuftVG bestimmt hat, dass die Genehmigung nach § 6 LuftVG nicht Voraussetzung für ein Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren ist. Infolgedessen hat auch das Bundesverwaltungsgericht die frühere gegenteilige Rechtsprechung ausdrücklich aufgegeben (BVerwG, Beschluss vom 8. März 1995 – BVerwG 4 VR 4.95 – Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 12 S. 1 f.). Der Sache nach besagt § 28 Abs. 4 Satz 2 PBefG, indem er die parallele Durchführung von Genehmigungs- und Planfeststellungsverfahren gestattet, nichts anderes als § 8 Abs. 6 LuftVG n.F.
2. Der Planfeststellungsbeschluss verfügt über eine hinreichende Planrechtfertigung. Denn das Vorhaben ist nach Maßgabe der vom Personenbeförderungsgesetz allgemein verfolgten Ziele vernünftigerweise geboten. Ausweislich der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses (S. 20 ff.) verfolgt die Beigeladene zu 1) mit dem Vorhaben vornehmlich das Ziel der Schaffung leistungsfähiger Verkehrsanlagen und damit der Stärkung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV). Dazu gehören namentlich eine weitgehende Trennung der Trassen des ÖPNV vom motorisierten Individualverkehr, eine Verdrängung des innenstadtfremden Durchgangsverkehrs, eine Bündelung von Trassen und Haltestellen der Bus- und Straßenbahnlinien, der Bau moderner und behindertengerechter Haltestellen und eine damit einhergehende Erhöhung der Verkehrssicherheit, der Reisegeschwindigkeit und der Attraktivität des ÖPNV. Mit alledem verfolgt die Beigeladene zu 1) erkennbar Ziele, die den in § 8 Abs. 3 PBefG zum Ausdruck gebrachten generellen Zielsetzungen des Gesetzes entsprechen.
3. Der Planfeststellungsbeschluss leidet nicht an einem die Belange der Klägerin berührenden Abwägungsmangel, der offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen ist und nicht durch Planergänzung behoben werden kann (§ 28 Abs. 1 Satz 2, § 29 Abs. 8 PBefG).
a) Der vorliegende Fall ist dadurch gekennzeichnet, dass es sich um eine bebauungsplanergänzende Planfeststellung handelt (§ 28 Abs. 3 Satz 2 PBefG).
Es ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannt, dass die Planfeststellungsbehörde im Rahmen ihrer Abwägungsentscheidung eine hinreichend konkrete und verfestigte kommunale Bauleitplanung als einen der in die Abwägung einzustellenden öffentlichen Belange berücksichtigen muss (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 1988 – BVerwG 4 C 40.86 – BVerwGE 81, 95 ≪106≫; Urteil vom 27. März 1992 – BVerwG 7 C 18.91 – BVerwGE 90, 96 ≪100≫; Urteil vom 21. März 1996 – BVerwG 4 C 26.94 – BVerwGE 100, 388 ≪394≫). Dieser auf einen etwaigen Konflikt zwischen Fach- und kommunaler Bauleitplanung bezogene Grundsatz gilt erst recht für die hier in Rede stehende Konstellation des § 28 Abs. 3 Satz 2 PBefG, in der die beiden Planungen nicht konfligieren, sondern im Ziel übereinstimmen, weil die Planfeststellung den Bebauungsplan ergänzen soll.
In einem solchen Fall begründet es grundsätzlich keinen Abwägungsfehler, wenn die Planfeststellungsbehörde die in dem Bebauungsplan verfestigte kommunale Bauleitplanung und damit insbesondere das städtebauliche und verkehrspolitische Konzept des Bebauungsplans als einen der in die Abwägung einzustellenden Belange ihrer eigenen Entscheidung zugrunde legt. Dabei darf die Planfeststellungsbehörde allerdings nicht verkennen, dass auch in der bebauungsplanergänzenden Planfeststellung keine förmliche Bindung an die Bauleitplanung besteht. Dies folgt schon aus § 28 Abs. 3 Satz 2, 3. Alt. PBefG, wonach eine ergänzende Planfeststellung ggf. auch von den Festsetzungen des Bebauungsplans abweichen kann. Übernimmt die Planfeststellungsbehörde im bebauungsplanergänzenden Planfeststellungsbeschluss aufgrund eigener Abwägung das im Bebauungsplan zum Ausdruck kommende städtebauliche und verkehrspolitische Konzept, hat sie dessen Rechtmäßigkeit auch nach außen zu verantworten (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. April 1997 – BVerwG 4 C 5.96 – BVerwGE 104, 236 ≪252≫ zum Verhältnis zwischen Planfeststellungsbeschluss und straßenrechtlicher Linienbestimmung). Denn aus der Aufspaltung der Verfahren darf für den Planbetroffenen keine Rechtsschutzlücke entstehen. Wenn die Planfeststellungsbehörde im vorstehenden Sinne die kommunale Bauleitplanung ihrer Entscheidung zugrunde legt und das städtebauliche und verkehrspolitische Konzept des Bebauungsplans erklärtermaßen ergänzen und umsetzen will, dann hat sich die gerichtliche Prüfung auch darauf zu erstrecken, ob dieses städtebauliche und verkehrspolitische Konzept geeignet ist, entgegenstehende Belange des Planbetroffenen zu überwinden. Einwendungen des Planbetroffenen, die sich gerade dagegen richten, sind dann nicht ausgeschlossen. Anders lautenden Äußerungen in Rechtsprechung und Literatur (vgl. OVG Münster, Urteil vom 29. September 1994 – 23 A 3293/92 – juris, Leitsatz 3 und UA S. 19 f. m.w.N.; Dürr, in: Kodal/Krämer, Straßenrecht, 6. Aufl. 1999, Kap. 34 Rn. 8.21) vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Die dadurch bedingte partielle Inzidentprüfung des Bebauungsplans im Rahmen eines Angriffs gegen den Planfeststellungsbeschluss kann freilich nur zu einer Kontrolle des für die personenbeförderungsrechtliche Planfeststellung maßgeblichen Teils der Abwägung des Bebauungsplans auf erhebliche, weil offensichtliche und das Ergebnis beeinflussende Abwägungsfehler (§ 214 Abs. 3 BauGB 1998) führen, nicht hingegen zu einer umfänglichen, einer Normenkontrolle vergleichbaren Prüfung.
b) Gemessen an diesen Grundsätzen ist der angegriffene Planfeststellungsbeschluss nicht zu beanstanden.
Die Planfeststellungsbehörde hat die Bedeutung der Eigentumsbelange der Klägerin nicht verkannt oder im Verhältnis zu ihnen entgegenstehenden anderen Belangen objektiv fehlgewichtet.
(1) Die Klägerin rügt, dass insoweit ein Abwägungsausfall im Entscheidungsvorgang vorliege, weil sich die Planfeststellungsbehörde an die Vorgaben des Bebauungsplans gebunden gesehen habe; zumindest leide der Planfeststellungsbeschluss insoweit an einem Abwägungsdefizit. Beides vermag der Senat nicht zu erkennen.
Es bestehen zunächst keine Anhaltspunkte dafür, dass sich der Beklagte durch den Bebauungsplan gebunden und deshalb an einer eigenen Abwägung gehindert gesehen hat. Im Planfeststellungsbeschluss wird ausgeführt (S. 23), dass der Vorhabenträger von den Festsetzungen des Bebauungsplans abweichende bzw. unabhängige Planungsvarianten nicht in Betracht gezogen habe. Gleichwohl habe die Planfeststellungsbehörde geprüft, ob es – unabhängig von der vom Vorhabenträger angestrebten Bebauungsplanergänzung – eine sachlich bessere Lösung für die zu bewältigende Planaufgabe gebe oder ob zumindest eine geeignete Variante vorhanden sei, die in erkennbar geringerem Ausmaß entgegenstehende öffentliche und private Belange beeinträchtigen würde. Mit diesem Prüfungsansatz hat der Beklagte seinen rechtlichen Entscheidungsrahmen zutreffend umschrieben. Rechtsfehlerfrei ist auch die Auffassung der Planfeststellungsbehörde, dass dabei die mit dem Bebauungsplan verfestigte kommunale Bauleitplanung für den Postplatzbereich „(lediglich) als ein solcher öffentlicher Belang” zu berücksichtigen sei und Grenzen für alternative Ansätze sich bereits aufgrund der Lage des Planvorhabens im innerstädtischen Bereich und insoweit vorgegebenen, insbesondere aus vorhandener Bebauung resultierenden Zwangspunkten ergäben. Anhaltspunkte dafür, dass es sich insoweit nur um „Lippenbekenntnisse” handelte, also alternative Erwägungen in Wahrheit nicht angestellt wurden, bestehen nicht. Unschädlich ist namentlich, dass der Planfeststellungsbeschluss beispielhaft einige der Vorgaben anführt, die die Abwägung maßgeblich gesteuert haben (S. 23 unten): Danach bedingten etwa der im Bebauungsplan Nr. 54 vorgesehene Rückbau der Marienstraße zu einer Grün- und Wasserfläche, die festgesetzten Baugrenzen des Baufeldes MK 4c und die Nutzung des Postplatzes für Fußgänger die geplante Verlegung von Straßenbahntrassen von der Marien- in die Wallstraße und von der Schweriner in die Freiberger Straße. Dass der Planfeststellungsbeschluss insoweit auch die Vorgaben des Bebauungsplans in der Abwägung maßgeblich berücksichtigt, ist nach dem Vorstehenden (II. 3 a) nicht zu beanstanden, begründet insbesondere keinen Abwägungsausfall.
(2) Es kann auch nicht festgestellt werden, dass die Planfeststellungsbehörde die Eigentumsbelange der Klägerin, insbesondere etwaige ohne das Planvorhaben bestehende Bebauungsmöglichkeiten, fehlerhaft ermittelt oder bewertet hat.
(aa) Ein dahin gehender Abwägungsmangel kann zunächst nicht daraus geschlossen werden, dass im Planfeststellungsbeschluss die Chancen der Klägerin, ihr Grundstück künftig einer Bebauung zuführen zu können, als gering eingeschätzt werden. Wenn es dort heißt (S. 39), dass das unbebaute Grundstück der Klägerin „im rechtsverbindlichen Bebauungsplan Nr. 54 (…) als Verkehrsfläche festgesetzt” sei und „in Anbetracht seiner Lage im Kernbereich des Postplatzes und der verfestigten Bauleitplanung (…) faktisch bereits jetzt keine Möglichkeit einer angemessenen Nutzung” des Grundstücks bestehe, bedeutet das nicht, dass die Planfeststellungsbehörde das Gewicht des Eigentumsbelangs der Klägerin verkannt hätte. Ob und in welchem Umfang das Grundstück der Klägerin angesichts des langen Zeitraums, während dessen es zunächst zur Zeit der DDR und sodann nach der Wiedervereinigung als unbebaute, tatsächlich öffentliche Grünfläche genutzt wurde, ist eine nicht ohne weiteres zu beantwortende bauplanungsrechtliche Frage, die von der Planfeststellungsbehörde im Rahmen ihrer Abwägung nicht abschließend entschieden werden musste und konnte. Vielmehr durfte sie bei ihrer Entscheidung auch insoweit den damit in Bezug genommenen Bebauungsplan Nr. 54, dessen Ergänzung der Planfeststellungsbeschluss dient, und damit die dortige Festsetzung als Verkehrsfläche ihrer Abwägung zugrunde legen.
(bb) Eine fehlerhafte Beurteilung der Eigentumsbelange der Klägerin kann auch nicht festgestellt werden, soweit sich nach dem Vorstehenden die gerichtliche Prüfung darauf zu erstrecken hat, ob der Bebauungsplan Nr. 54 seinerseits an einem erheblichen, weil offensichtlichen und das Ergebnis beeinflussenden Abwägungsfehler leidet (§ 214 Abs. 3 BauGB 1998).
Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen (§ 1 Abs. 6 BauGB 1998 = § 1 Abs. 7 BauGB 2004). Dieses Abwägungsgebot und die insoweit zu beachtenden Anforderungen an den Abwägungsvorgang und das Abwägungsergebnis entsprechen im Wesentlichen demselben Gebot, wie es in den Parallelvorschriften der Fachplanungsgesetze niedergelegt ist (vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1969 – BVerwG 4 C 105.66 – BVerwGE 34, 301 ≪309≫).
Die Klägerin greift das dem Bebauungsplan zugrunde liegende städtebauliche und verkehrliche Konzept als weder erforderlich noch sinnvoll an. Jedenfalls könne es nicht den gewichtigen entgegenstehenden Belang ihres Eigentums überwinden. Dessen Bedeutung habe der Plangeber verkannt und nicht zutreffend gewichtet. Die mit dem Konzept verfolgten Ziele seien ebenso gut ohne eine Inanspruchnahme ihres Grundstücks zu erreichen. Diese sei schon bei einer Verschiebung der Trassen um wenige Meter vermeidbar bei nur geringfügigen Veränderungen an dem Konzept des Bebauungsplans. Mit diesen Einwänden vermag die Klägerin einen Abwägungsmangel des Bebauungsplans nicht aufzuzeigen.
Der Plangeber des Bebauungsplans Nr. 54 hat die Eigentumsbelange der Klägerin, namentlich ihren Wunsch, das Grundstück künftig wieder einer Bebauung zuzuführen, erkannt und mit dem ihnen zukommenden Gewicht in seine Abwägung eingestellt. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass das Eigentum eines planbetroffenen Dritten in hervorgehobener Weise zu den abwägungserheblichen privaten Belangen gehört (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. August 1982 – BVerwG 4 C 81.79 – BVerwGE 66, 133 ≪137≫; Beschluss vom 5. April 1993 – BVerwG 4 NB 3.91 – BVerwGE 92, 231 ≪235 f.≫). Andererseits dient das städtebauliche Konzept des Bebauungsplans Nr. 54 zahlreichen in § 1 BauGB aufgeführten Belangen und Planungszielen: Das sind namentlich die Erhaltung, Erneuerung und Fortentwicklung vorhandener Ortsteile sowie die Gestaltung des Ortsbildes (Abs. 5 Nr. 4 a.F.), die Erhaltung von Plätzen von geschichtlicher Bedeutung (Abs. 5 Nr. 5 a.F.), die Belange des Verkehrs einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs (Abs. 5 Nr. 8 a.F.) und die Ergebnisse einer von der Gemeinde beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung (Abs. 5 Nr. 10 a.F.). Doch würde das Abwägungsgebot missverstanden, wenn schon allein aus dem Umstand, dass mit dem Plan eine im öffentlichen Interesse liegende Aufgabe erfüllt wird und für ihn deshalb öffentliche Belange sprechen, Folgerungen zu Ungunsten der ihm entgegenstehenden privaten Belange gezogen würden. Vielmehr ist im Sinne einer gerechten Abwägung zu prüfen, ob sachgerechte, d.h. an den gesetzlichen Planungszielen und an den Planungsleitsätzen orientierte und hinreichend gewichtige Gründe es rechtfertigen, den einen Belang (privates Eigentum) hinter den oder die anderen (öffentlichen) Belange zurücktreten zu lassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. November 1974 – BVerwG 4 C 38.71 – BVerwGE 47, 144 ≪147 f.≫; Urteil vom 14. Februar 1975 – BVerwG 4 C 21.74 – BVerwGE 48, 56 ≪67 f.≫).
Diesen Maßstäben wird die Abwägung zu dem Bebauungsplan Nr. 54 gerecht. In der Vorlage für den Satzungsbeschluss des Stadtrates der Beigeladenen zu 2) zu dem Bebauungsplan heißt es in dem vom Stadtplanungsamt ausgearbeiteten Abwägungsvorschlag zu der Einwendung der Klägerin: Ihr Grundstück werde aufgrund der vorgeschlagenen Verkehrslösung mit einem Gleiskreuz im Bereich des Wilsdruffer Torplatzes als Verkehrsfläche benötigt, um Fußgängern mehr Raum und den neuen Baufeldern entsprechende Vorplatzbereiche zu schaffen; hinzu trete die Herausarbeitung der Sichtbeziehungen zum Wallgraben und zum Kronentor des Zwingers, die durch die Baufreihaltung des Grundstücks ermöglicht werde. Diesem Abwägungsvorschlag ist zu entnehmen, dass die Beigeladene zu 2) sich ganz bewusst dafür entschieden hat, dass das Grundstück der Klägerin nicht mehr bebaut werden soll, weil der „neue” Postplatz großzügig und weiträumig gestaltet und über den Platz hinweg Sichtachsen zum Wallgraben und zum Zwinger geschaffen werden sollten. Ergänzend dazu hat der Vertreter des Planungsamtes der Beigeladenen zu 2) in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf Nachfrage bekräftigt, dass das Ziel, das Grundstück der Klägerin aus diesen Gründen von Bebauung freizuhalten, für die Beigeladene zu 2) von solcher Bedeutung war, dass sie es unabhängig von der Frage verwirklicht sehen wollte, ob das Grundstück bislang als bebaubar anzusehen war oder nicht. So seien auch mehrere weitere Grundstücke nach dem Bebauungsplan Nr. 54 nicht mehr zur Bebauung vorgesehen. Dies sei die bewusste und gewollte Folge der Entscheidung des Plangebers für die sog. „Platzlösung” gemäß dem siegreichen Entwurf des Architektenwettbewerbs aus dem Jahr 1991, die mit dem Bebauungsplan Nr. 54 umgesetzt werden sollte. Wie aus den beigezogenen Akten des Bebauungsplanverfahrens hervorgeht und vom Vertreter des Planungsamtes der Beigeladenen zu 2) in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ergänzend erläutert wurde, verfolgt dieses Konzept das Ziel, den Postplatz entsprechend seiner zentralen und kulturhistorisch bedeutsamen Lage in unmittelbarer Nähe des Zwingers in einer dem angemessenen Weise städtebaulich neu zu ordnen und zu gestalten. Dem dienen mehrere ineinander greifende gestalterische Elemente: An vorderer Stelle steht die bereits in dem Begriff „Platzlösung” zum Ausdruck kommende Entscheidung, den Postplatz für die Bevölkerung, vor allem für Fußgänger, als städtebaulichen Raum mit hoher Aufenthaltsqualität und entsprechender Gestaltung nutzbar und erlebbar zu machen. Der Platzcharakter soll zum einen durch eine die Platzfläche im Westen und Süden umgebende neue Bebauung betont werden; zum anderen soll der Platz größer und nach Nordosten in Richtung des dadurch – anders als früher – bewusst freistehenden Zwingers aufgeweitet werden. Gleichzeitig soll der Platz durch einzelne Bauelemente aufgegliedert werden. Der Rückbau der südlich angrenzenden Marienstraße zu einer Grünanlage mit umfangreicher Baumbepflanzung und einem Wasserkanal ist Teil eines Grüngürtels um die Altstadt, der die frühere Festungsanlage wieder aufleben lassen soll. Ein wesentliches Element dieser „Platzlösung” ist es weiter, dass die bislang einen Großteil der Fläche in Anspruch nehmenden Straßenbahntrassen gebündelt und zu einer am südöstlichen Platzrand gelegenen Zentralhaltestelle (eingangs der Wilsdruffer Straße und der Wallstraße) geführt werden, wo zugleich mit der den Umsteigebereich überdachenden Konstruktion des „Wilsdruffer Tors” ein städtebaulicher Akzent gesetzt werden soll.
Mit der bewussten Entscheidung, dass verschiedene, derzeit noch in Privateigentum stehende Grundstücke als öffentliche Verkehrsfläche ausgewiesen werden, also nicht mehr bebaubar sein sollen, einschließlich der daraus folgenden finanziellen Konsequenzen bei der Entschädigung der Eigentümer, hat der Stadtrat der Beigeladenen zu 2) zum Ausdruck gebracht, dass für ihn das öffentliche Interesse an der Verwirklichung dieses städtebaulichen und verkehrspolitischen Konzepts von solch hohem Gewicht ist, dass die betroffenen privaten Belange demgegenüber zurückzustehen haben. Diese Abwägung ist angesichts der Bedeutung des Postplatzes mit seiner städtebaulich herausragenden Lage im Zentrum von Dresden nicht zu beanstanden.
Mit ihren dagegen gerichteten Einwänden vermag die Klägerin nicht durchzudringen. Dies gilt namentlich, soweit sie einzelne Elemente des Konzepts des Bebauungsplans anzweifelt und ihnen andere geeignete oder sinnvolle Lösungen gegenüberstellt. Wenn die Klägerin es für verfehlt hält, die zentrale Haltestelle am engen Randbereich des Platzes zu errichten anstatt weiter westlich zur mehr Raum bietenden Platzmitte hin, wenn sie das Wilsdruffer Tor kritisiert oder wenn sie es als weder erforderlich noch sinnvoll bezeichnet, die Straßenbahntrasse aus der Marien- in die Wallstraße zu verlegen, dann verkennt sie, dass diese Elemente Bestandteil des beschriebenen Gesamtkonzeptes sind und mit weiteren Bestandteilen desselben in Zusammenhang stehen. So hat die in hohem Maße von einer städtebaulich-gestalterischen Intention getragene Entscheidung der Beigeladenen zu 2), die Marienstraße in der beschriebenen Weise zu einer Grünfläche zurückzubauen, zwangsläufig zur Folge, dass die dort bislang verlaufende Straßenbahntrasse in die Wallstraße verlegt werden muss. Ebenso mag man die zentrale Haltestelle in der Platzmitte errichten können; doch übergeht die Klägerin mit diesem Einwand die dem entgegengesetzte städtebauliche Intention der Beigeladenen zu 2), eine möglichst großräumige Platzfläche von hoher Aufenthaltsqualität für Fußgänger zu schaffen, die verschiedenen Verkehrsströme zu bündeln und sie an den Randbereich des Platzes zu drängen. Wenn die Klägerin schließlich die Sinnhaftigkeit des Wilsdruffer Tores bezweifelt, widersetzt sie sich der gegenteiligen Absicht des Plangebers, mit der geplanten, an hohen Pylonmasten aufgehängten Dachkonstruktion über der zentralen Umsteigehaltestelle einen – an das historische Altstadttor anknüpfenden – städtebaulichen Akzent zu setzen und damit zugleich die zuvor beschriebene Bündelung der Verkehrsanlagen genau an dieser Stelle zu realisieren. Daran zeigt sich zugleich, dass die Klägerin mit ihren Einwänden und Gegenvorschlägen in Wahrheit ihre eigenen abweichenden planerischen Erwägungen an die Stelle der Planung der Beigeladenen zu 2) setzt. Dies ist ein untauglicher Weg, deren Entscheidung als abwägungsfehlerhaft erscheinen zu lassen.
(3) Ein Abwägungsfehler ist auch hinsichtlich der Belange des Denkmalschutzes nicht zu erkennen. Die Klägerin wendet insofern ein, dass die geplante Aufweitung des Postplatzes nach Nordosten der über Jahrhunderte gewachsenen historischen städtebaulichen Situation widerspreche. Würde ihr Grundstück dagegen der historischen Bebauung folgend wieder bebaut, würde der historische Stadtgrundriss wieder aufleben. Es spricht einiges dafür, dass dieser – in erster Linie wohl nicht gegen den Planfeststellungsbeschluss, sondern gegen den Bebauungsplan gerichtete – Einwand bereits deshalb keinen Abwägungsfehler zu begründen vermag, weil ein bauliches Objekt des Denkmalschutzes fehlt (vgl. § 2 SächsDSchG). Es mangelt an einem denkmalgeschützten Gebäudebestand, weil das Grundstück der Klägerin aufgrund der kriegsbedingten Zerstörung der früheren Bebauung seit mehr als sechzig Jahren brach liegt. Selbst wenn man dies außer acht lässt, sind jedenfalls weder im Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 54 noch im Planfeststellungsverfahren von einer der beteiligten Fachbehörden denkmalschutzrechtliche Bedenken in Bezug auf die historische städtebauliche Situation geäußert worden. Deren Stellungnahmen betrafen andere Aspekte, vornehmlich die Bodendenkmäler der mittelalterlichen Festungsanlagen der Bastion Saturn. Der Planfeststellungsbeschluss seinerseits trägt den Stellungnahmen der Fachbehörden durch zahlreiche Auflagen Rechnung. Keine der Fachbehörden hat auch nur ansatzweise den Einwand der Klägerin gestützt, die städtebauliche Konzeption der Beigeladenen zu 2) werde der historisch bedeutsamen Lage nicht gerecht. Mit ihrem Einwand macht die Klägerin vielmehr ihr eigenes Verständnis von Denkmalschutz geltend, nämlich wie nach ihrer Auffassung eine „denkmalgerechte” städtebauliche Konzeption für den Postplatz – unter Einschluss eines Baurechts für ihr Grundstück – aussehen sollte. „Denkmalgerecht” bedeutet indes nicht zwingend, eine frühere Bebauung genau so wieder aufzunehmen, wie es einmal dem historischen Stadtgrundriss entsprach.
(4) Ein Abwägungsfehler, der zum Erfolg der Klage führen könnte, ist auch nicht mit Blick auf die durch das Vorhaben betroffenen Umweltbelange zu erkennen.
Die Klägerin rügt in diesem Zusammenhang eine unzureichende und methodisch fehlerhafte Ermittlung und Bewertung der Belange von Natur und Landschaft sowie Mängel in Bezug auf den Lärm- und Grundwasserschutz. Hiermit braucht sich der Senat nicht im Einzelnen auseinander zu setzen. Zwar kann die Klägerin als durch den Planfeststellungsbeschluss mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung Betroffene grundsätzlich eine gerichtliche Vollprüfung des angegriffenen Planfeststellungsbeschlusses verlangen; auch diese führt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts allerdings nur dann zum Erfolg der Klage, wenn ein etwa festgestellter objektiver Rechtsverstoß für den Eingriff in das Eigentum kausal ist (BVerwG, Beschluss vom 17. September 2004 – BVerwG 9 VR 3.04 – NVwZ 2005, 330; Urteil vom 18. März 1983 – BVerwG 4 C 80.79 – BVerwGE 67, 74 ≪77≫). Für keinen der von der Klägerin geltend gemachten Fehler bei der Behandlung von Umweltbelangen, insbesondere auch nicht bei den von ihr konkret angesprochenen Fragen betreffend die Berücksichtigung von Fledermaus- und Vogelarten und die Bäume der Platanenallee in der Wallstraße, ist substantiiert vorgetragen oder für den Senat sonst erkennbar, dass er, selbst wenn er vorläge, nicht durch Planergänzung behoben werden könnte und deshalb das Vorhaben insgesamt scheitern könnte oder dass sich bei Vermeidung des – unterstellten – Fehlers die Eigentumsinanspruchnahme bei der Klägerin verringern könnte.
(5) Bei fehlerfreier Ermittlung und Bewertung aller abwägungserheblichen Belange musste sich die Planfeststellungsbehörde auch für keine alternative Trassenvariante entscheiden, durch die das Grundeigentum der Klägerin weniger in Anspruch genommen würde.
Auch die Entscheidung über die Trassenwahl ist als Bestandteil der fachplanerischen Abwägung nur einer begrenzten gerichtlichen Kontrolle auf erhebliche Abwägungsmängel zugänglich (§ 28 Abs. 1 Satz 2, § 29 Abs. 8 PBefG). Nach ständiger Rechtsprechung handelt die Planfeststellungsbehörde nicht schon dann abwägungsfehlerhaft, wenn eine von ihr verworfene Trassenführung ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Die Grenze der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Auswahl zwischen verschiedenen Trassenvarianten ist erst dann überschritten, wenn eine andere als die gewählte Trassenführung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblicher Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere darstellen würde, wenn sich mit anderen Worten diese Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen (vgl. zuletzt BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2004 – BVerwG 9 A 11.03 – Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 5 S. 41 m.w.N.). Das ist hier nicht der Fall.
Ein derartiger Abwägungsmangel ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass der Planfeststellungsbeschluss sich ausführlich nur mit der sog. Null- oder Bestandsvariante befasst, d.h. mit einer technischen Erneuerung der Straßenbahnanlagen unter Beibehaltung des bisherigen Trassenverlaufs, und dass er sich im Übrigen auf die Aussage beschränkt, dass weitere Planungsalternativen, die eine sachlich bessere Lösung für die zu bewältigende Planaufgabe ergäben, sich nicht aufgedrängt hätten und auch von der Klägerin nicht hinreichend konkret aufgezeigt worden seien. Beides ist zutreffend. Die von der Klägerin in ihrem Einwendungsschreiben unterbreiteten Vorschläge, die zentrale Umsteigehaltestelle weiter in die Platzmitte zu verlegen bzw. die bestehende Trassenführung durch die Marienstraße beizubehalten, waren in der Tat verbal allgemein und keine sich aufdrängenden Planungsalternativen, weil sie mit dem städtebaulichen und verkehrlichen Konzept des Bebauungsplans Nr. 54 nicht vereinbar waren. Dass die Planfeststellungsbehörde diesem Umstand ein so entscheidendes Gewicht beigemessen hat, dass demgegenüber die Eigentumsbelange der Klägerin zurückzustehen hatten, ist nach den vorstehenden Ausführungen nicht zu beanstanden.
Aber auch für die von der Klägerin im Laufe des Klageverfahrens zeichnerisch näher konkretisierten Alternativvorschläge, sowohl für die zunächst unterbreiteten Alternativen 1 bis 3 (einschließlich Untervarianten) als auch für den später aus einer dieser Varianten weiterentwickelten, planerisch untersetzten Vorschlag (Variante 4), über dessen Geeignetheit die Beteiligten sich zuletzt auseinander gesetzt haben, bleibt die oben wiedergegebene Aussage des Planfeststellungsbeschlusses gültig. Keinem dieser Alternativvorschläge gelingt es, eine Inanspruchnahme des Grundstücks der Klägerin gänzlich zu vermeiden. Zwar würde die zuletzt diskutierte Variante 4 zu einer erheblichen Verringerung des Eingriffs um ca. 420 m² führen. Doch hätten die Vorschläge der Klägerin teils kleine, teils größere Nachteile für andere abwägungsrelevante Belange zur Folge. Nach dem von der Beigeladenen zu 2) vorgelegten Variantenvergleich vom 18. April 2005, dem die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht entgegengetreten ist, berücksichtigt die zuletzt diskutierte Variante 4 zwar – anders als die früheren Vorschläge – die allgemeinen Trassierungsgrundsätze hinsichtlich einer Optimierung von Sicherheit, Geschwindigkeit, Fahrdynamik/-komfort und Wirtschaftlichkeit. Sie ist trassierungstechnisch möglich. Doch fehlen infolge der Verschiebung der Gleistrasse Wallstraße/Ostra-Allee nach Westen Übergangsbögen, die in der Wallstraße in den Bahnsteig hineinragen würden. Die planfestgestellte Trasse dagegen ist optimal und verursacht wegen anderer Radien günstigere Instandhaltungs- und Betriebskosten. Auch führt die Variante 4 zu geringfügig längeren Umsteigebeziehungen im Vergleich zu der kürzesten Lösung bei der Vorzugsvariante. Diese Vor- und Nachteile mögen zwar noch nicht als so gewichtig angesehen werden, dass der Variantenvergleich zwingend zugunsten der planfestgestellten Trasse ausfiele. Als ausschlaggebend erweist sich indes, dass sämtliche Alternativtrassen zu Abweichungen gegenüber dem städtebaulichen und verkehrspolitischen Konzept des Bebauungsplans Nr. 54 führen würden, die – entgegen der Ansicht der Klägerin – auch nicht als geringfügig bezeichnet werden können. Die Varianten 1 bis 3 würden das Baufeld MK 10 beeinträchtigen, die zuletzt konkretisierte Variante 4 die städtebaulich relevanten Baufelder MK 9 und MK 1c. Bei dem am nördlichen Rand des Postplatzes gelegenen Baufeld MK 1c handelt es sich um einen viergeschossigen Baukörper, der auf der östlichen Seite die Bauflucht des Schauspielhauses fortsetzen soll. Bei einer nach der Variante 4 erforderlichen Verschiebung um 8 Meter würde die Fassung des Straßenraums der Ostra-Allee aufgehoben. Bei dem am südlichen Ende des Postplatzes zwischen Marien- und Wallstraße gelegenen Baufeld MK 9 würde die Spitze des Baukörpers um ca. 7 Meter und damit in einem Umfang verschmälert und zurückgenommen werden müssen, dass der damit bezweckte städtebauliche Effekt, die parallele Führung der Bebauung west- und östlich der Wallstraße verloren ginge. Hinzu kommt, dass die mit der Variante 4 erreichbare Verringerung des Zugriffs auf das Grundstück der Klägerin zulasten einer stärkeren Inanspruchnahme des privaten Eigentümers des Flurstücks … im Baufeld MK 9 um ca. 275 m² gehen würde. Angesichts des erheblichen Gewichts, das die Beigeladene zu 2) im Rahmen der – nach dem Vorstehenden nicht zu beanstandenden – Abwägung zum Bebauungsplan Nr. 54 der Verwirklichung des städtebaulichen Konzepts dieses Bebauungsplans beigemessen hat, einschließlich des erklärten Willens, das Grundstück der Klägerin von Bebauung freizuhalten, mussten sich der Planfeststellungsbehörde keine der im Klageverfahren erörterten oder andere, im Ergebnis ähnliche Varianten als vorzugswürdig aufdrängen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen nicht für erstattungsfähig zu erklären, weil diese keinen Antrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt haben (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).
Unterschriften
Dr. Storost, Vallendar, Prof. Dr. Rubel, Prof. Dr. Eichberger, Domgörgen
Fundstellen
Haufe-Index 1377582 |
BVerwGE 2006, 286 |
BVerwGE |
BauR 2005, 1969 |
ZUR 2005, 554 |
UPR 2005, 388 |
SächsVBl. 2006, 83 |