Entscheidungsstichwort (Thema)
Globalanmeldungen der JCC. Mindestanforderungen an eine fristwahrende Anmeldung. Bezeichnung des Vermögenswertes. Bezugnahme auf Anmeldungen Dritter. Verweisung auf Akten und Unterlagen
Leitsatz (amtlich)
(Global-)Anmeldungen vermögensrechtlicher Ansprüche durch die Conference on Jewish Material Claims against Germany Inc. erfüllen die Anforderungen der § 30 Abs. 1 Satz 1 und § 30a Abs. 1 Satz 1 VermG, soweit sie auf bestimmte Akten und Unterlagen verweisen, aus denen sich das beanspruchte Grundstück und das Eigentum eines Juden ergeben.
Normenkette
VermG § 2 Abs. 1 S. 3, § 1 Abs. 6, § 30 Abs. 1 S. 1, § 30a Abs. 1 S. 1, § 31 Abs. 1 S. 1, Abs. 1b; AnmVO § 4 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
VG Berlin (Urteil vom 27.09.2002; Aktenzeichen 31 A 371.99) |
Tenor
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 27. September 2002 wird aufgehoben, soweit das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben hat.
Die Sache wird insoweit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen.
Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Tatbestand
I.
Der Kläger wendet sich gegen die Rückübertragung des Grundstücks K. straße 2 (…) in B.… an die Beigeladene und begehrt stattdessen die Rückübertragung des Grundstücks an die Erbengemeinschaft, der er als Miterbe angehört.
Das Grundstück ist eine Teilfläche des früher unter der Lagebezeichnung K. straße 2/Ecke D. straße 11 eingetragenen Grundstücks. Eigentümerin des ungeteilten Grundstücks war M.… F.…, die Jüdin war. Sie veräußerte das Grundstück im Jahr 1936 an R.… Z.…. Der Kläger ist Miterbe der Erbengemeinschaft nach R.… Z.…
Im Jahr 1958 wurde eine Teilfläche von 440 m(2) des ursprünglichen Grundstücks nach der Aufbauverordnung in Volkseigentum überführt; diese Teilfläche ist nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens. Das streitbefangene Grundstück wurde im Jahr 1984 ebenfalls enteignet.
Im September 1990 meldete R.… Z.… Ansprüche auf die Rückübertragung des ursprünglichen Grundstückes an. Im Dezember 1992 reichte die Beigeladene so genannte Globalanmeldungen ein. Die Globalanmeldungen bestanden aus drei verschiedenen Schreiben, die die Beigeladene als “ANM-1” (zukünftig: Anmeldung 1), “ANM-2” (zukünftig: Anmeldung 2) und “ANM-3” (zukünftig: Anmeldung 3) bezeichnete. Die drei Anmeldungen enthielten eingangs folgenden, im Wesentlichen übereinstimmenden Text:
“… die Conference on Jewish Material Claims against Germany Inc. ist Rechtsnachfolger gemäß § 2 Abs. 1 VermG für jüdisches Vermögen. Aufgrund dieser uns kraft Gesetzes verliehenen Eigenschaft beantragen wir hiermit:
1. die Rückgabe und
2. hilfsweise die Entschädigung, wenn die Rückgabe nicht möglich oder aber gesetzlich ausgeschlossen ist, der feststellbaren Vermögenswerte im Sinne des § 2 Abs. 1 und § 2 Abs. 2 VermG, sofern diese nicht bereits bis zum 31.12.1992 von der Claims Conference durch einen Einzelantrag angemeldet worden sind und für die die Ausschlussfrist zum 31.12.1992 gilt …”
Die Vermögenswerte, die von den Anmeldungen umfasst sein sollten, wurden wie folgt beschrieben:
Anmeldung 1:
“Von dieser Anmeldung sind umfasst: alle feststellbaren Vermögenswerte, die sich aus den Claims Conference zur Zeit noch nicht zugänglichen Akten und Unterlagen von Behörden, Archiven, Institutionen, Unternehmen etc. ergeben.”
Anmeldung 2:
“Grundvermögen, Unternehmen, dingliche Rechte und alle anderen Vermögenswerte im Sinne des § 2 Abs. 2 VermG, die durch Dritte beansprucht werden, und bei denen sich im Laufe der Bearbeitung der vermögensrechtlichen Ansprüche herausstellt, dass es sich um einen Vermögensverlust im Sinne des § 1 Abs. 6 VermG handelt und die Claims Conference nach § 2 Abs. 1 VermG Rechtsnachfolger der ursprünglichen jüdischen Berechtigten ist, d.h.
- wenn nichtberechtigte Nacherwerber Ansprüche gestellt haben,
- wenn nur Miterben Ansprüche stellen hinsichtlich des unbeanspruchten Erbteils,
- wenn Ansprüche vermeintlicher Rechtsnachfolger von den jüdischen Berechtigten mangels Nachweis der Rechtsnachfolge zurückgewiesen werden.”
Anmeldung 3:
“
- Vermögenswerte, sofern diese aus den nachfolgend aufgezählten Archiven, deren Bestände und Akten (siehe Anlage) feststellbar sind.
- Feststellbare Vermögenswerte von Juden, deren Namen in den Akten des Reichssippenamtes im Bundesarchiv, Abteilung Potsdam geführt sind, weiterhin Vermögenswerte von Juden, deren Namen sich aus nachfolgend aufgeführten weiteren Quellen (siehe Anlage) ergeben bzw. die in noch vorhandenen Unterlagen der Einwohnermeldeämter als Personen jüdischen Glaubens und Herkunft oder in vorhandenen Adressbüchern aufgeführt worden sind.
- Vermögenswerte, die aufgrund folgender diskriminierender Sondervorschriften des NS-Staates und so erkennbar Juden entzogen worden sind oder deren Verlust im Zusammenhang mit diesen Verordnungen steht: … (im Einzelnen aufgeführt)
- Vermögenswerte, die aufgrund von Entziehungen seitens des deutschen Staates konfisziert und dem Vermögen des Deutschen Reiches, der NSDAP und anderen Organisationen im Sinne des § 1 Bundesrückerstattungsgesetz einverleibt worden sind, insbesondere Beschlagnahmungen aufgrund der 11. Verordnung zum Reichsbürgergesetz (Beteiligungen und Wertpapiere) in der Gesamthöhe von 186 000 000 Reichsmark, Beschlagnahmen aufgrund der 11. Verordnung (ohne Beteiligungen und Wertpapiere) 592 000 000 Reichsmark, diskriminierende Sondersteuern in der Höhe von 900 000 000 Reichsmark, Reichsfluchtsteuer und 1 127 000 000 Reichsmark Vermögenssteuern.
”
Der Anmeldung 3 war eine umfangreiche Anlage unter Angabe von Akten aus Archivbeständen angefügt.
Die Anmeldungen 1 und 3 enthielten ferner die Erklärung der Beigeladenen, dass sie unwiderruflich ihre Zustimmung zu allen Verfügungen im Sinne des § 3 Abs. 3 VermG erkläre, solange die Vermögenswerte, die sich aus der Anmeldung ergäben, nicht präzisiert seien. Ebenso enthalten die Anmeldungen 1 und 3 den Verzicht auf Schadensersatzansprüche gegenüber den Verfügungsberechtigten, sofern im Zeitpunkt der Verfügung noch keine Präzisierung erfolgt war.
Mit Schreiben vom 23. Februar 1994 teilte die Beigeladene mit, dass sie “unter Bezugnahme auf unsere Anmeldung vom 21.12.1992 den Vermögenswert dahin präzisiere, dass von der Anmeldung das Grundvermögen in B.…, D. straße 11, Eigentümer F.… K.…” umfasst sei. Das Schreiben gibt als “Quelle” an: “Grundbesitz jüdischer Bürger aus dem jüdischen Adressbuch”. Es enthält ferner den Hinweis: “Präzisierung zu unserer Anmeldung Ze ANM.1”.
Das Amt zur Regelung offener Vermögensfragen …, das zunächst den Restitutionsantrag der Beigeladenen abgelehnt hatte, hob mit Bescheid vom 22. Oktober 1998 den ablehnenden Bescheid auf und übertrug das Eigentum an dem Grundstück auf die Beigeladene zurück. Für dieses Grundstück wurde ferner festgestellt, dass die Erbengemeinschaft nach R.… Z.… von einer Maßnahme nach § 1 Abs. 1 Buchst. b VermG betroffen gewesen sei. Der Antrag auf Rückübertragung des Eigentums an die Erbengemeinschaft sei jedoch abzulehnen, weil die Rechtsvorgängerin lediglich Zweitbetroffene gewesen sei. Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos.
Mit seiner dagegen erhobenen Klage hat der Kläger beantragt, unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide den Beklagten zu verpflichten, das Eigentum an dem Grundstück an die Erbengemeinschaft nach R.… Z.… zurückzuübertragen. Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 27. September 2002 der Klage stattgegeben, soweit das im Revisionsverfahren noch streitbefangene Grundstück betroffen ist. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die von der Beigeladenen eingereichten Globalanmeldungen hätten nicht die gesetzliche Ausschlussfrist des § 30a Abs. 1 Satz 1 VermG gewahrt. Die Präzisierung im Jahr 1994 sei als neue Anmeldung anzusehen, die erst nach Ablauf der Frist erfolgt sei. Zur Fristwahrung sei es geboten, den geltend gemachten Anspruch durch Angaben zu Art, Umfang und Ort der Belegenheit der Vermögenswerte zu individualisieren. Daran fehle es, wenn Anmeldungen im Grunde nur Blankoformulierungen für eine zukünftig zu leistende Konkretisierung seien und dem Antragsteller eine beliebige spätere Substantiierung ermöglichen sollten. Dies sei bei der Anmeldung 1 der Fall. Ebenso wenig sei die Anmeldung 2 fristwahrend. Die pauschale Verweisung auf Anmeldungen Dritter habe nach dem Willen des Gesetzgebers gerade nicht ausreichend sein sollen. Ob für die Anmeldung 3 etwas anderes gelte, brauche nicht entschieden zu werden, weil weder dargetan noch sonst ersichtlich sei, dass das Grundstück von diesem Text erfasst sei.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beigeladenen und des Beklagten. Die Beigeladene vertritt die Auffassung, dass zur Wirksamkeit einer Anmeldung keine Angaben zum Restitutionsobjekt erforderlich seien. Nach § 4 der Anmeldeverordnung seien Angaben zu Art, Umfang und Ort der Belegenheit der Vermögenswerte nur zu machen, soweit diese bekannt seien. Ferner gehe aus § 31 Abs. 1b VermG hervor, dass die Feststellbarkeit des beantragten Vermögenswertes nicht zu den Mindestanforderungen einer fristwahrenden Anmeldung gehöre. Der vom Verwaltungsgericht vorgenommenen Differenzierung, dass die Möglichkeit einer nachträglichen Präzisierung nur dann bestehe, wenn der ursprüngliche Antrag erkennbar auf einen bestimmten (wenn auch noch nicht genau bezeichneten und ohne weiteres nicht identifizierbaren) Vermögenswert gerichtet sei, fehle es an einer nachvollziehbaren Begründung. Das Verwaltungsgericht habe zudem ihre besondere Situation nicht hinreichend berücksichtigt, die sich daraus ergebe, dass sie im Gegensatz zu den meisten privaten Antragstellern als Nachfolgeorganisation naturgemäß über kein “Familiengedächtnis” verfüge, auf welches sie bei Stellung und Präzisierung der Anträge zurückgreifen könne. Sie sei vielmehr darauf angewiesen, sämtliche ihr zur Verfügung stehenden Archive mit Unterlagen über das während der NS-Herrschaft geraubte jüdische Vermögen auszuwerten und zu sichten. Die erforderlichen Ermittlungsarbeiten hätten bis zum 31. Dezember 1992 nicht abgeschlossen werden können, sodass ohne die Möglichkeit der Globalanmeldung das vom Gesetzgeber mit § 2 Abs. 1 Satz 3 VermG verfolgte Ziel weitgehend verfehlt worden wäre.
Auch der Beklagte hält die Anmeldungen der Beigeladenen für fristgemäß; er schließt sich im Wesentlichen der Begründung der Beigeladenen an.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen. Er verteidigt die Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils zur Unwirksamkeit der Anmeldungen und vertritt darüber hinaus die Auffassung, dass keine Schädigung im Sinne des § 1 Abs. 6 VermG vorliege.
Der Vertreter des Bundesinteresses hält die Revision der Beigeladenen und des Beklagten für begründet. Die Anmeldungen 2 und 3 genügten den Anforderungen an eine wirksame Anmeldung. Die Anmeldung 2 beeinträchtige die Verkehrsfähigkeit der Grundstücke nicht. Sie beziehe sich auf Anmeldungen Dritter, durch die bereits die Verfügungssperre des § 3 Abs. 3 VermG ausgelöst worden sei. Auf Grund der Anmeldung durch die Rechtsvorgängerin des Klägers seien die Voraussetzungen dieser Anmeldung erfüllt. Soweit es die Anmeldung 3 betreffe, seien durch die Bezugnahme auf Urkunden in bestimmten Aktenbeständen ausreichende Hinweise auf die beanspruchten Vermögenswerte gegeben worden.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision der Beigeladenen und des Beklagten ist begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichts verletzt Bundesrecht. Zwar ist das Verwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass der Restitutionsantrag nach § 30 Abs. 1 Satz 1, § 30a Abs. 1 Satz 1 VermG in Bezug auf den oder die begehrten Vermögenswerte zumindest individualisierbar sein muss (1). Es hat aber verkannt, dass eine solche Individualisierung des Vermögenswertes auch durch die Bezugnahme auf Akten und Unterlagen vorgenommen werden kann (2). Ob durch die Anmeldung 3 der Beigeladenen eine wirksame Anmeldung des streitbefangenen Grundstücks erfolgt ist und, wenn ja, ob die Voraussetzungen des Schädigungstatbestandes des § 1 Abs. 6 VermG vorliegen, kann der Senat nicht abschließend beurteilen, da die Vorinstanz die hierzu erforderlichen Tatsachenfeststellungen nicht getroffen hat. Die Sache ist deshalb an das Verwaltungsgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (3).
Nach § 30 Abs. 1 Satz 1 VermG sind Ansprüche nach dem Vermögensgesetz mittels Antrag geltend zu machen. Hierfür bestimmt § 30a Abs. 1 Satz 1 VermG eine materielle Ausschlussfrist. Danach können Rückübertragungsansprüche nach den §§ 3 und 6 VermG sowie Entschädigungsansprüche nach § 6 Abs. 7 und § 8 VermG nach dem 31. Dezember 1992, für bewegliche Sachen nach dem 30. Juni 1993, nicht mehr angemeldet werden. Mit ihren Anmeldungen 1 bis 3 hat die Beigeladene vermögensrechtliche Ansprüche auf Rückgabe oder, falls eine Rückgabe gesetzlich ausgeschlossen ist, auf Entschädigung geltend gemacht und sich auf den Schädigungstatbestand des § 1 Abs. 6 VermG berufen. Sie hat allerdings die beanspruchten Vermögenswerte nur durch Verweisungen auf Akten oder Anmeldungen Dritter umschrieben. Die genaue Angabe des beanspruchten Grundstücks nahm die Beigeladene erst mit Schreiben vom 23. Februar 1994 vor.
a) Über die Mindestanforderungen an den Inhalt einer Anmeldung vermögensrechtlicher Ansprüche sagt zwar das Vermögensgesetz, soweit es den begehrten Vermögenswert betrifft, unmittelbar nichts aus. Es hat ausdrücklich weder die Anforderungen des § 4 Abs. 1 Satz 1 der Anmeldeverordnung (AnmVO), nach dem mit der Anmeldung, soweit bekannt, Angaben zu Art, Umfang und Ort der Belegenheit des Vermögenswertes zu machen waren, noch die der Rückerstattungsgesetze der Alliierten übernommen. Nach den Rückerstattungsgesetzen musste die Anmeldung eine Beschreibung des entzogenen Vermögensgegenstandes enthalten (z.B. Art. 58 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes Nr. 59 in der amerikanischen Zone, zukünftig abgekürzt: USREG). Das Bundesverwaltungsgericht hat aber in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass ein Restitutionsantrag den Vermögensgegenstand, auf den das Restitutionsbegehren zielt, so genau bezeichnen muss, dass zumindest im Wege der Auslegung ermittelt werden kann, was der Antragsteller beansprucht. Der Restitutionsantrag muss danach in Bezug auf den oder die begehrten Vermögensgegenstände zumindest individualisierbar sein (zusammenfassend Urteil vom 5. Oktober 2000 – BVerwG 7 C 8.00 – Buchholz 428 § 30 VermG Nr. 21 m.w.N.).
Diese Anforderung an eine fristwahrende Anmeldung ist mit dem Zweck der Ausschlussfrist begründet worden, im Interesse der wirtschaftlichen Entwicklung in den neuen Bundesländern und damit auch im gesamtstaatlichen Interesse sobald wie möglich Rechtsklarheit und Rechtssicherheit darüber herbeizuführen, ob und in welchem Umfang Vermögenswerte auf Grund von Rückübertragungsansprüchen in ihrer Verkehrsfähigkeit beeinträchtigt sind (Urteil vom 24. Juni 1999 – BVerwG 7 C 20.98 – BVerwGE 109, 169 ≪172≫ m.w.N.). Denn die mit der Anmeldung eines Rückübertragungsanspruchs verbundene Verfügungssperre (§ 3 Abs. 3 VermG) kann den Rechtsverkehr beeinträchtigen und Investitionshemmnisse auslösen. Aus diesem Grund besteht ein besonderes öffentliches Interesse daran, dem Verfügungsberechtigten sobald wie möglich Gewissheit darüber zu verschaffen, ob der in seinem Eigentum stehende Vermögensgegenstand mit einem Restitutionsanspruch “belastet” ist. Dieses Interesse wird durch die Erklärung der Beigeladenen in den Anmeldungen nicht beseitigt, dass sie unwiderruflich ihre Zustimmung zu allen Verfügungen im Sinne des § 3 Abs. 3 VermG erteile und auf Schadensersatzansprüche verzichte, sofern im Zeitpunkt der Verfügung noch keine Präzisierung des Vermögensgegenstandes vorgenommen worden war. Aus der Erklärung geht hervor, dass die Beigeladene zumindest den Anspruch auf den Veräußerungserlös (§ 3 Abs. 4 Satz 3 VermG) erhebt, für dessen Auszahlung der Verfügungsberechtigte mithin Vorsorge treffen muss. Auch lässt die Erklärung das Risiko des Verfügungsberechtigten unberührt, dass Investitionen auf dem eigenen Grundstück, die über den Rahmen des § 3 Abs. 3 VermG hinausgehen, verloren sein können.
Das Erfordernis, dass der Restitutionsantrag in Bezug auf den begehrten Vermögenswert zumindest individualisierbar sein muss, gilt auch für Anmeldungen der Beigeladenen. Weder § 2 Abs. 1 Satz 3 VermG noch die (nur) entsprechende Anwendung des Vermögensgesetzes auf Ansprüche nach § 1 Abs. 6 VermG können eine Ausnahme begründen. Nach § 2 Abs. 1 Satz 3 VermG gilt die Beigeladene als Rechtsnachfolgerin der jüdischen Berechtigten, wenn von diesen oder deren Rechtsnachfolgern keine Ansprüche im Sinne des § 1 Abs. 6 VermG geltend gemacht werden. Die Berechtigung der Beigeladenen als Nachfolgeorganisation ist vor allem deshalb vorgesehen worden, weil es nicht dem Zweck des § 1 Abs. 6 VermG entspreche, in diesen Fällen den Fiskus des Staates zu begünstigen, in dessen jüngster Geschichte sich das wieder gutzumachende Unrecht ereignet hat (vgl. BTDrucks 11/7831, Erl. zu § 2). Nach dem Vorbringen der Beigeladenen war dieser Regelungszweck wie auch das Ziel, entzogenes Eigentum nicht in der Hand des – auch privaten – Ariseurs zu belassen, allein mit einzelfallbezogenen Anmeldungen innerhalb der Ausschlussfrist nicht zu erreichen. Eine Auslegung des § 30 Abs. 1 Satz 1 und § 30a Abs. 1 Satz 1 VermG unter Berücksichtigung des Regelungszusammenhangs mit § 2 Abs. 1 Satz 3 VermG und der besonderen Situation der Beigeladenen als Rechtsnachfolgerin einer Vielzahl unbekannter jüdischer Berechtigter kann zwar dazu führen, dass bei den Anforderungen an die Individualisierbarkeit der Situation der Beigeladenen Rechnung zu tragen ist (dazu unter 2c). Ein genereller Verzicht auf Angaben zum Restitutionsobjekt bei Anmeldungen der Beigeladenen würde dagegen das gesetzgeberische Ziel des § 30a Abs. 1 Satz 1 VermG in einem wesentlichen Punkt verfehlen und damit die Grenzen einer Auslegung – auch einer entsprechenden Anwendung nach § 1 Abs. 6 Satz 1 VermG – überschreiten (zu den Grenzen vgl. BVerfGE 78, 20 ≪24≫; BVerwG, Urteil vom 18. Mai 1995 – BVerwG 7 C 19.94 – Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 44 S. 117). Denn ein solcher Verzicht würde in der Sache die materielle Ausschlussfrist für Anmeldungen der Beigeladen entfallen lassen und dazu führen, dass die Einführung einer Schlussfrist für einen erheblichen Bereich von Anmeldungen leer liefe. Einer solchen Auslegung stünde auch entgegen, dass der Gesetzgeber die Besonderheiten, insbesondere die Nachweisschwierigkeiten bei der Verfolgung von Ansprüchen nach § 1 Abs. 6 VermG, in dem Gesetz an mehreren Stellen berücksichtigt (z.B. § 1 Abs. 6 Satz 2, § 3 Abs. 1 Satz 4 ff., § 31 Abs. 1c VermG), hiervon aber die Ausschlussfrist für die Anmeldung unbeweglichen Vermögens ausgenommen hat. So hat er in § 31 Abs. 1b Satz 2 VermG als Regelbeispiel für die Verlängerung der Frist zur Konkretisierung des Vermögensgegenstandes ausdrücklich die Fälle des § 1 Abs. 6 VermG angeführt und auf Bitte der Beigeladenen die Ausschlussfrist für bewegliche Sachen bis zum 30. Juni 1993 verlängert (BTDrucks 12/2944, S. 55), für unbewegliche Sachen es aber bei der Frist bis zum 31. Dezember 1992 belassen.
Auch auf § 4 Abs. 1 Satz 1 AnmVO kann sich die Auffassung der Beigeladenen, dass ein fristwahrender Antrag keine Angaben zum Vermögensgegenstand voraussetze, nicht stützen. Die Beigeladene beruft sich darauf, dass nach dieser Vorschrift Angaben zu Art, Umfang und Ort der Belegenheit der Vermögenswerte nur erforderlich seien, soweit diese bekannt seien. Dieser Einwand lässt unberücksichtigt, dass die Rechtslage durch die Einführung einer materiellen Ausschlussfrist in § 30a Abs. 1 Satz 1 VermG eine wesentliche Änderung erfahren hat. Die materielle Ausschlussfrist, die die Anmeldeverordnung nicht enthielt (vgl. § 3 Abs. 4 VermG), setzt eine Bestimmbarkeit des Restitutionsobjekts voraus. Sie wäre eine Farce, wenn sich die Anmeldung ohne Angaben, die den beanspruchten Vermögenswert individualisierbar machen, auf die allgemeine, letztlich nur den Gesetzeswortlaut des § 2 Abs. 1 Satz 3 VermG wiederholende Mitteilung beschränken könnte, dass Restitutionsansprüche in der Rechtsnachfolge jüdischer Geschädigter geltend gemacht werden.
b) Die Individualisierbarkeit des begehrten Vermögensgegenstandes und damit eine fristwahrende Anmeldung setzt nicht voraus, dass bereits auf Grund der Angaben in dem Antrag festgestellt werden kann, welcher Vermögenswert Gegenstand der Anmeldung ist. Allerdings muss die Anmeldung, um fristwahrend zu sein, Angaben enthalten, die zu dem bestimmten oder den bestimmten Vermögensgegenständen hinführen und damit deren späteren Austausch oder die Möglichkeit einer späteren Substantiierung durch einen beliebigen Vermögenswert ausschließen. Dies folgt aus dem Zweck der Ausschlussfrist des § 30a Abs. 1 Satz 1 VermG, dass neben den bis zum Fristablauf angemeldeten keine weiteren Ansprüche geltend gemacht werden dürfen, da jede zusätzliche Anmeldung dazu beitragen kann, die Klärung der vermögensrechtlichen Situation zu verzögern (Urteil vom 28. März 1996 – BVerwG 7 C 28.95 – BVerwGE 101, 39 ≪43≫). Diesen Zweck kann die Frist nur erfüllen, wenn der Antrag den Vermögensgegenstand in einer Weise bezeichnet, die es ausschließt, dass später ein beliebiger Vermögenswert als Gegenstand der Anmeldung eingesetzt werden kann. Andererseits ergibt sich aus § 31 Abs. 1b VermG, dass eine wirksame Anmeldung im Sinne des § 30a Abs. 1 Satz 1 VermG vorliegen kann, auch wenn sich auf Grund der Angaben in dem Antrag der Vermögensgegenstand (noch) nicht feststellen lässt. Nach § 31 Abs. 1b VermG hat die Behörde den Antragsteller aufzufordern, innerhalb einer bestimmten Frist nähere Angaben zu machen, wenn sich nicht feststellen lässt, welcher Vermögenswert Gegenstand des Antrags ist. § 31 Abs. 1b VermG setzt eine wirksame Anmeldung im Sinne des § 30a Abs. 1 VermG voraus. Anderenfalls würde es an einer Grundlage für weitere Ermittlungen der Behörde und damit auch für eine Aufforderung zu näheren Angaben über den Vermögensgegenstand fehlen, da ein nicht wirksam angemeldeter Restitutionsanspruch mit Ablauf der Ausschlussfrist erloschen ist (Urteil vom 24. Juni 1999 – BVerwG 7 C 20.98 – BVerwGE 109, 169 ≪172≫).
Nach diesen rechtlichen Maßstäben sind die Anmeldungen 1 und 2 der Beigeladenen nicht wirksam. Dagegen können Anmeldungen nach dem Text der Anmeldung 3 und der beigefügten Anlage wirksam sein.
a) Die Anmeldung 1 erfüllt nicht die Anforderungen an einen fristwahrenden Antrag im Sinne des § 30 Abs. 1 Satz 1 und § 30a Abs. 1 Satz 1 VermG. Sie führt nicht zu bestimmten Vermögenswerten hin. Es fehlt vielmehr an jeder Eingrenzung der beanspruchten Vermögensgegenstände. Die pauschale Bezugnahme auf nicht näher bezeichnete Akten und Unterlagen von Behörden, Archiven, Institutionen, Unternehmen etc. stellt eine Blanko-Anmeldung dar, die der Beigeladenen eine spätere Substantiierung durch jeden beliebigen Vermögenswert ermöglichen würde.
b) Der Anmeldung 2 lässt sich durch die Verweisung auf alle bei dem jeweiligen Amt zur Regelung offener Vermögensfragen angemeldeten Vermögenswerte zwar entnehmen, welche konkreten Vermögenswerte beansprucht werden. Angemeldet sind “Vermögenswerte im Sinne des § 2 Abs. 2 VermG, die durch Dritte beansprucht werden, und bei denen sich im Laufe der Bearbeitung der vermögensrechtlichen Ansprüche herausstellt, dass es sich um einen Vermögensverlust im Sinne des § 1 Abs. 6 VermG handelt”. Erfasst sind danach alle Vermögensgegenstände, für die bereits Anmeldungen Dritter bei den Ämtern vorliegen. Eine solche Drittanmeldung war im vorliegenden Verfahren gegeben.
Gegen die Annahme einer fristwahrenden Anmeldung spricht aber, dass diese ohne jeden Anhaltspunkt für eine Schädigung jüdischer Voreigentümer vorgenommen worden ist. Sie zielt – nach dem Kenntnisstand bei der Anmeldung – auf das Zufallsergebnis, das unter den angemeldeten Grundstücken solche sind, die von Schädigungsmaßnahmen im Sinne des § 1 Abs. 6 VermG betroffen waren. Der Sache nach läuft diese Anmeldung auf eine Verschiebung der Ausschlussfrist hinaus, indem sie die eigentliche Entscheidung des Antragstellers, für welches Grundstück vermögensrechtliche Ansprüche geltend gemacht werden sollen, auf die Zeit verlagert, in der sich – “im Laufe der Bearbeitung” – herausstellt, dass ein Vermögensverlust im Sinne des § 1 Abs. 6 VermG in Betracht kommt. Dass eine solche Anmeldung nicht den Anforderungen des § 30 Abs. 1 Satz 1 und § 30a Abs. 1 Satz 1 VermG genügt, wird durch die Gesetzesmaterialien bestätigt. Der von den Regierungsfraktionen eingebrachte Entwurf eines Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes (BTDrucks 12/2480, S. 11) sah eine Regelung vor, dass auch nach Ablauf der Ausschlussfrist von denjenigen, die gemäß § 31 Abs. 2 VermG an dem Verfahren des rechtzeitigen Anmelders zu beteiligen sind, Restitutionsansprüche in Bezug auf diesen Vermögensgegenstand hätten geltend gemacht werden können. Der in dem Gesetzentwurf vorgesehenen Ausnahme von der Ausschlussfrist, die der Beigeladenen zugute gekommen wäre, liegt ersichtlich die Vorstellung zugrunde, dass dieses Ziel unter Wahrung der Ausschlussfrist nicht erreicht werden kann, mithin die von der Beigeladenen praktizierte Alternative einer pauschalen Anmeldung aller bereits von Dritten angemeldeten Vermögensgegenstände – innerhalb der Ausschlussfrist – nicht zulässig ist. Die Streichung der Entwurfsregelung während der Gesetzesberatungen ist auch nicht wegen des Bestehens einer solchen Alternative, sondern deshalb vorgenommen worden, damit die Ausschlussfrist wirksam greift (BTDrucks 12/2944, S. 55).
c) Dagegen können Anmeldungen nach dem Muster 3 und der dazugehörenden Anlage zu bestimmten Vermögensgegenständen hinführen und damit die Voraussetzungen des § 30 Abs. 1 Satz 1 und § 30a Abs. 1 Satz 1 VermG erfüllen. Eine fristwahrende Anmeldung liegt vor, wenn auf bestimmte Akten und Unterlagen verwiesen worden ist, aus denen das – im Verfahren nach § 31 Abs. 1b VermG präzisierte – Grundstück und das Eigentum eines Juden feststellbar ist. Dies kann für die Nrn. 1 und 2 der Anmeldung 3 in Betracht kommen. Dagegen sind die beanspruchten Vermögenswerte durch die Bezugnahme auf die rechtlichen Grundlagen für die Entziehung jüdischen Eigentums (Nr. 3) oder auf Grund der Angabe der durch die Vermögensverluste in der NS-Zeit entstandenen Schadenssumme (Nr. 4) nicht bestimmbar.
In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung der Rückerstattungsgerichte ist es nicht erforderlich, dass die Anmeldung selbst die erforderlichen Angaben zur Individualisierbarkeit der Vermögenswerte enthält; vielmehr genügt es, wenn diese sich aus Akten und Unterlagen ergeben, auf die in der Anmeldung verwiesen worden ist (vgl. ORG Berlin, RzW 1959, 213 ≪214≫). Anhaltspunkte dafür, dass eine solche Bezugnahme nicht zulässig ist, ergeben sich aus dem Vermögensgesetz nicht. Eine Bezugnahme auf Akten beschränkt die Anmeldung auf diejenigen Vermögenswerte, die aus den angeführten Akten feststellbar sind. Voraussetzung einer Individualisierbarkeit auf Grund der Anmeldung ist allerdings, dass auf bestimmte Akten und Unterlagen verwiesen worden ist, aus denen sich das betroffene Grundstück und das Eigentum eines Juden ergeben. Diese Anforderungen werden jedenfalls durch die Bezugnahme auf Akten erfüllt, aus denen sich die Entziehung oder der Zwangsverkauf eines konkreten jüdischen Grundstücks ergibt. Zu derartigen Fallakten gehören etwa auch Akten, die Aufschluss über (vergebliche) Wiedergutmachungsanträge jüdischer Geschädigter oder deren Rechtsnachfolger nach 1945 geben.
Die Beigeladene hat sich darauf berufen, dass das streitbefangene Grundstück durch einen Abgleich des jüdischen Adressbuchs mit den im (allgemeinen) Adressbuch eingetragenen Grundstückseigentümern habe festgestellt werden können. Sie habe auf diese Hilfsmittel zurückgegriffen, da es eine Auflistung jüdischen Grundbesitzes nicht gebe. Die Anforderungen an eine wirksame Anmeldung können auch durch eine Verweisung auf Adressbücher in Nr. 2 der Anmeldung 3 gewahrt werden. Mit der Bezugnahme auf Adressbücher sind ersichtlich nicht nur jüdische Adressbücher, sondern auch allgemeine Adressbücher gemeint, aus denen sich ergibt, wer Eigentümer der entsprechenden Grundstücke war. Der Sache nach unterscheidet sich die Verweisung auf die Adressbücher nicht wesentlich von der Geltendmachung vermögensrechtlicher Ansprüche unter Beifügung einer Aufstellung jüdischen Grundbesitzes, die die Voraussetzung einer wirksamen Anmeldung erfüllen würde. Denn weiterer Angaben bedarf es hierfür nicht. So sind insbesondere Angaben zum konkreten Schädigungsvorgang nicht notwendiger Bestandteil einer wirksamen Anmeldung. Auch nach den Rückerstattungsgesetzen der Alliierten sollte eine Beschreibung von “Zeit, Ort und Umständen der Entziehung” nur erfolgen, soweit dies nach den Umständen möglich war (z.B. Art. 58 Abs. 1 Satz 2 USREG).
Sofern sich aus der rückerstattungsrechtlichen Rechtsprechung weitergehende Anforderungen an die Bezugnahme auf Akten ergeben, sind diese für das Vermögensgesetz nicht zu übernehmen. Nach der Rechtsprechung der Rückerstattungsgerichte kann fraglich sein, ob eine Bezugnahme auf Adressbücher und die Feststellbarkeit der Vermögensgegenstände erst durch einen Abgleich von Unterlagen als ausreichend angesehen worden wären. Denn Voraussetzung einer wirksamen Anmeldung war, dass die Bezugnahme auf öffentliche Urkunden “unmittelbar” zu einer Identifizierung des Vermögens führt (vgl. ORG Berlin, RzW 1959, 213 ≪214≫). Die Rückerstattungsgesetze der Alliierten sahen aber insofern strengere Anforderungen als das Vermögensgesetz vor, als sie verlangten, dass die Anmeldung eine Beschreibung des entzogenen Vermögensgegenstandes enthalten muss (z.B. Art. 58 Abs. 1 Satz 1 USREG). Die strengeren Anforderungen erklären sich aus der größeren zeitlichen Nähe zu den Verfolgungsmaßnahmen und vor allem daraus, dass die Rückerstattungsgesetze (strafbewehrte) Anzeigepflichten für diejenigen bestimmten, die Vermögensgegenstände im Besitz haben oder hatten, von denen sie wissen oder den Umständen nach annehmen mussten, dass sie Gegenstand einer Schädigungsmaßnahme waren (vgl. Art. 73 bis 75 USREG). Demgegenüber war die Beigeladene nach dem Vermögensgesetz darauf angewiesen, sich die erforderlichen Kenntnisse über die jüdischen Geschädigten und die von Verfolgungsmaßnahmen betroffenen Vermögensgegenstände weitgehend aus Akten zu verschaffen. Sie befand sich als Rechtsnachfolgerin einer Vielzahl unbekannter jüdischer Berechtigter in Bezug auf die fristwahrende Anmeldung in einer anderen Situation als sonstige Anmelder, die in aller Regel ihre Rechtsvorgänger und deren von Maßnahmen nach § 1 VermG betroffenen Vermögenswerte kennen oder jedenfalls mit überschaubarem Aufwand relativ kurzfristig ermitteln können (Beschluss vom 20. Dezember 2000 – BVerwG 7 B 113.00 –). Diese besondere Situation der Beigeladenen rechtfertigt es, Möglichkeiten der Individualisierbarkeit der Vermögensgegenstände zuzulassen, auch wenn diese auf der Grundlage der Rückerstattungsgesetze verschlossen waren. Einen für die Beigeladene zumutbaren Weg, der die Anforderungen des Vermögensgesetzes an die Individualisierbarkeit wahrt, aber auch dem Zweck des § 2 Abs. 1 Satz 3 VermG zu größerer Wirksamkeit verhilft, stellt die Zulässigkeit der Bezugnahme auf Adressbücher und der Feststellbarkeit des beanspruchten Grundstücks durch einen Abgleich der Unterlagen dar.
Das Verwaltungsgericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat danach zu prüfen, ob sich das streitbefangene Grundstück und das Eigentum der Frau M.… F.… durch einen Abgleich der entsprechenden Unterlagen ergibt oder ob es sich um eine neue Anmeldung nach Ablauf der Ausschlussfrist handelt. Wenn das Verwaltungsgericht eine wirksame Anmeldung bejaht, bedarf es der Klärung, ob die Voraussetzungen des § 1 Abs. 6 VermG erfüllt sind. Letzteres hat das Verwaltungsgericht bisher – von seinem Standpunkt aus folgerichtig – nicht geprüft, da es die Wirksamkeit der Anmeldung verneint hat.
Die Prüfung, ob das betroffene Grundstück von der Anmeldung umfasst ist, ist nicht deshalb entbehrlich, weil das Schreiben der Beigeladenen vom 23. Februar 1994, mit dem sie das Grundstück bezeichnet hat, auf die Anmeldung 1 Bezug genommen hat. Für die Beigeladene bestand zu diesem Zeitpunkt keine Notwendigkeit zu einer Differenzierung, da sie von der Zulässigkeit der Anmeldung 1 ausgegangen ist und gegenteilige Gerichtsentscheidungen nicht vorlagen. Zudem ist Zweck der Erklärung des Antragstellers im Verfahren nach § 31 Abs. 1b VermG unmittelbar nur die Bezeichnung des beanspruchten Vermögensgegenstandes. Ob der bezeichnete Vermögensgegenstand von der Anmeldung umfasst ist oder ob es sich um eine neue Anmeldung nach Fristablauf handelt, ist eine davon zu trennende, gleichsam vorgelagerte Fragestellung. Dementsprechend sind auch keine rechtlichen Gründe dafür ersichtlich, dass die Beigeladene an ihre in diesem Verfahren abgegebene Erklärung, aus welchen Akten oder Unterlagen sich der Vermögenswert ergibt, gebunden wäre. Wenn sich herausstellen sollte, dass die frühere jüdische Eigentümerin nicht in dem jüdischen Adressbuch von B.… aufgeführt ist, wäre die Beigeladene nicht gehindert, auf andere in dem Text der Anmeldung 3 oder der Anlage genannte Unterlagen und Akten zurückzugreifen, um darzulegen, dass das Grundstück Gegenstand der Anmeldung ist.
Die notwendige Prüfung, ob das bezeichnete Grundstück Gegenstand der Anmeldung ist, kann im Verwaltungsverfahren und im Verwaltungsprozess mit zusätzlichem Ermittlungsaufwand verbunden sein. Es liegt aber auf der Hand, dass ein zusätzlicher Ermittlungsaufwand es nicht rechtfertigen kann, einer solchen Anmeldung von vornherein die Wirksamkeit zu verwehren. Die Schwierigkeiten sind auch überwindbar. Angaben dazu, anhand welcher Akten und Unterlagen der Vermögenswert feststellbar ist, obliegen dem Antragsteller, mithin der Beigeladenen. Für das Verwaltungsverfahren folgt dies aus der gesetzlichen Mitwirkungspflicht gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 VermG, für das gerichtliche Verfahren aus § 86 Abs. 1 VwGO (vgl. auch § 82 Abs. 1 Satz 3 VwGO). Es handelt sich um ergänzende Angaben zu der von dem Antragsteller vorzunehmenden Anmeldung. Auch wenn die Angaben dazu, aus welchen Akten und Unterlagen der Vermögenswert feststellbar ist, – wie dargelegt – nicht unmittelbar zum Verfahren nach § 31 Abs. 1b VermG gehören, zeigt die dieser Vorschrift zugrunde liegende Wertung des Gesetzgebers, dass diese Angaben dem Antragsteller obliegen. Nach § 31 Abs. 1b VermG soll die Präzisierung der Anträge im Interesse der Beschleunigung der Restitutionsverfahren nicht durch unter Umständen aufwändige und langwierige Ermittlungen der Behörde, sondern durch denjenigen erfolgen, von dem regelmäßig erwartet werden kann, dass er als Antragsteller über nähere Informationen zu dem beanspruchten Vermögenswert verfügt (Beschluss vom 11. November 2002 – BVerwG 7 B 129.02 –). Es handelt sich auch um keine unzumutbaren Anforderungen an die Beigeladene. Die inzwischen vorgenommenen Präzisierungen der beanspruchten Vermögensgegenstände werden regelmäßig unter Auswertung der benannten Akten und Unterlagen erfolgt sein, sodass sie über die entsprechenden Informationen verfügen wird. Wenn die Beigeladene keine substantiierten Angaben dazu macht, aus welchen Akten und Unterlagen sich der Vermögenswert ergibt, besteht regelmäßig auch für das Verwaltungsgericht kein Anlass für weitergehende Ermittlungen. Ohne ausreichende Angaben der Beigeladenen fällt eine maßgebliche Erkenntnisquelle aus. Insofern werden sich auch keine weiteren Ermittlungen dazu aufdrängen, ob sich nicht doch in irgendeiner der benannten Akten und Unterlagen Hinweise auf den Vermögenswert finden lassen.
Unterschriften
Sailer, Gödel, Kley, Herbert, Neumann
Fundstellen
BVerwGE 2004, 145 |
ZAP 2004, 66 |