Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückgabe eines teilweise zu Verwaltungszwecken genutzten Gebäudegrundstücks. Restituierungsausschluss. Ausschlussgrund. Änderung der Nutzungsart. Umwandlung einer Wohnnutzung in eine etagenweise Büronutzung. erheblicher baulicher Aufwand. öffentliches Interesse an dem Fortbestand der weiteren Nutzung. Restitution von Wohnungseigentum und Teileigentum nach dem WEG
Leitsatz (amtlich)
Ist die Nutzungsart des Teils eines Gebäudes- hier eines ersten und zweiten Obergeschosses – mit erheblichem baulichen Aufwand verändert worden, während das übrige Gebäude davon unberührt blieb, so erfasst der Ausschlussgrund des § 5 Abs. 1 Buchst. a VermG die Rückübertragung des gesamten Hausgrundstücks nur dann, wenn eine Aufteilung nach dem Wohnungseigentumsgesetz – u.a. mangels Abgeschlossenheit – nicht in Betracht kommt oder ohne Beeinträchtigung der im öffentlichen Interesse liegenden Nutzung des baulich veränderten Teils nicht verwirklicht werden kann. Derartige privat genutzte, abtrennbare und übertragungsfähige Gebäudeteile unterfallen damit nicht dem Restitutionsausschlussgrund.
Der Restitutionsausschlussgrund des § 5 Abs. 1 Buchst. a VermG bleibt bestehen, wenn die Nutzung eines Gebäudes der öffentlichen Verwaltung auf eine andere Behörde übergeht.
Normenkette
VermG § 5 Abs. 1 Buchst. a
Verfahrensgang
VG Halle (Saale) (Urteil vom 23.11.2000; Aktenzeichen 1 A 1926/97 HAL) |
Tenor
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Halle vom 23. November 2000 wird aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen.
Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Tatbestand
I.
Die Kläger begehren die Rückübertragung des 423 m(2); großen Hausgrundstücks in …, Große S.…straße 13 (Gemarkung …, Flur 28, Flurstück 12/1).
Die Rechtsvorgängerin des Klägers zu 1 und ihre Schwester E. B., deren Alleinerbe der Kläger zu 2 ist, waren seit dem 9. Mai 1951 je zur Hälfte als Miteigentümerinnen des streitbefangenen Grundstücks im Grundbuch eingetragen. Beide Schwestern verließen ohne Beachtung der polizeilichen Meldevorschriften das Gebiet der DDR. Die jeweiligen hälftigen Miteigentumsanteile sind nach vorausgegangener entschädigungsloser Enteignung bzw. Veräußerung durch den staatlichen Verwalter in Eigentum des Volkes übergegangen. Laut Rechtsträgernachweis vom 29. Dezember 1971 wurde der VEB Gebäudewirtschaft … Rechtsträger. Die entsprechende Grundbucheintragung erfolgte am 16. Mai 1972.
Der Einheitswert wurde 1958 für das Grundstück auf 86 400 M festgesetzt. Das Grundstück war mit einem Vorder-, Seiten- und Hinterhaus bebaut. Im Erdgeschoss des Vorderhauses befanden sich zwei Ladengeschäfte, zu denen auch Lagerräume im Hof gehörten. Die 1. und 2. Etage des Vorderhauses wurde zunächst zu Wohnzwecken genutzt. Das Seiten- und Hinterhaus blieb wegen Baufälligkeit ungenutzt. 1979 und 1980 wurden in drei Ausbaustufen Baumaßnahmen zum Ausbau des 1. und 2. Obergeschosses zu Bürozwecken durchgeführt. Dazu wurden im 1. Oberschoss ein Büroraum sowie Toiletten, im 2. Obergeschoss ein Kulturraum, eine Kaltküche und ein Lagerraum errichtet. Zusätzlich wurde das gesamte Treppenhaus renoviert. Die Gesamtkosten betrugen 70 848,43 M bei einer Eigenleistung in Höhe von 49 995,81 M; darin war der Aufwand für die Renovierung des Treppenhauses und verschiedener Fenster in Höhe von ca. 3 000 M enthalten. Die beiden Ladengeschäfte im Erdgeschoss blieben nach wie vor vermietet. Zwischen den Laden- und Büroräumen bestand eine räumliche Trennung. Infolge des “Ausbaus für betriebliche Zwecke” wurde mit Wirkung vom 1. Januar 1982 der staatliche Straßenunterhaltungsbetrieb (SSUB-Autobahnen) … neuer Rechtsträger des Grundstücks, später umbenannt in VEB Autobahndirektion. Im Juli 1990 ging der VEB Autobahndirektion in die Verwaltungsstelle “Autobahndirektion” über, die später vom Land Sachsen-Anhalt übernommen wurde. Die beiden Obergeschosse des Gebäudes wurden in der Folgezeit durch das Autobahnamt … zu Verwaltungszwecken genutzt. Ende 1991 wurde das streitbefangene Gebäude für insgesamt 191 026,11 DM saniert. Mit Vermögenszuordnungsbescheid des Oberfinanzpräsidenten der Oberfinanzdirektion Magdeburg vom 7. Januar 1993 wurde das Hausgrundstück dem Land Sachsen-Anhalt als Verwaltungsvermögen zugeordnet. Aufgrund einer Verwaltungsvereinbarung vom 17. Oktober 1995 übertrug das Ministerium der Finanzen des Landes Sachsen-Anhalt der Beigeladenen das streitbefangene Grundstück schließlich zur Nutzung durch die Universität … In der Vereinbarung ist die derzeitige Nutzung mit “Bürogebäude ungenutzt, zwei Ladengeschäfte” angegeben.
Den Antrag der Kläger auf Rückübertragung des Grundstücks lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 24. August 1993 im Wesentlichen mit der Begründung ab, die Kläger seien zwar berechtigt im Sinne des Vermögensgesetzes und ihnen stehe ein Anspruch auf Entschädigung zu, die Rückübertragung selbst sei aber nach § 5 Abs. 1 Buchst. a i.V.m. Buchst. b VermG ausgeschlossen. Der Widerspruch der Kläger blieb aus den Gründen des Ausgangsbescheides erfolglos.
Ihre 1997 erhobene Klage haben die Kläger im Wesentlichen damit begründet, dass die Voraussetzungen eines Restitutionsausschlusses nicht vorlägen. Im Hinblick auf das über 100 Jahre alte Gebäude fehle es an einer Veränderung der Nutzungsart mit erheblichem baulichem Aufwand. Die durchgeführten baulichen Maßnahmen hätten weitgehend der Renovierung bzw. der Sanierung des äußerst baufälligen Gebäudes gedient, so dass die entstandenen Baukosten im Wesentlichen nicht für den Umbau der Räumlichkeiten in eine Büronutzung angefallen seien. Der Grundriss des Gebäudes selber sei nicht verändert worden. Im Übrigen sei das öffentliche Interesse an der veränderten Nutzung zwischenzeitlich weggefallen und bestehe jedenfalls für die Zukunft nicht unverändert fort, denn das Autobahnamt … habe einen Großteil der im 1. und 2. Obergeschoss befindlichen Räume auch nach 1990 nicht mehr genutzt. Deshalb sei die Verwaltungsvereinbarung zu Gunsten der Universität … geschlossen worden, die nunmehr das Gebäude nutze. Im Übrigen könne der Ausschluss der Rückübertragung nur so weit gehen, wie die Umnutzung tatsächlich auch vorliege. Ein vollständiger Ausschluss der Rückübertragung sei daher zumindest bezogen auf die unveränderte Ladennutzung im Erdgeschoss nicht gerechtfertigt.
Dem ist die Beklagte entgegengetreten: Die Veränderung der Nutzungsart des Gebäudes sei mit erheblichem baulichen Aufwand verbunden gewesen. Durch die Entfernung von Zwischenwänden und Einziehen von Wänden seien die Räume zu Büroräumen für Verwaltungszwecke hergerichtet worden. Im Hinblick auf den Einheitswert von 86 400 M handele es sich bei den Umbaukosten von über 70 000 M um einen erheblichen Aufwand, da die Kosten der baulichen Baumaßnahmen zur Änderung der Nutzungsart 50 % des Einheitswertes überschritten hätten. Die gegenwärtige Nutzung des Gebäudes zu Verwaltungszwecken durch die Universität sei für den Restitutionsausschluss unerheblich, da der Verwaltungsträger, nämlich das Land Sachsen-Anhalt, derselbe geblieben sei.
Mit Urteil vom 23. November 2000 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zwar stehe die Berechtigtenstellung der Kläger im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 VermG bestandskräftig fest, aber der Rückübertragungsausschlusstatbestand des § 5 Abs. 1 Buchst. a VermG greife ein. Das Gebäude sei nach dem Umbau nicht mehr dasselbe, wie zuvor. Beim Eintritt des Eigentumsverlusts habe es sich um ein gemischt genutztes Grundstück gehandelt, da teilweise eine Wohnnutzung und teilweise eine Nutzung als Verkaufsstelle bestanden habe. Nach dem Umbau zu Verwaltungszwecken sei aber die Wohnnutzung und die dafür vorgesehene Raumaufteilung “verschwunden”. Die ursprüngliche Mischnutzung habe sich damit in eine gemischte Nutzung von Ladengeschäften und Büroräumen verwandelt. Der Umbau habe auch einen erheblichen baulichen Aufwand erfordert. 1980 seien über 70 000 M verbaut worden. Von dieser Summe sei kein Posten in Abzug zu bringen, selbst wenn zu Gunsten der Kläger unterstellt würde, dass auch bei einer Fortsetzung der ursprünglichen Wohnnutzung Sanierungsarbeiten erforderlich gewesen wären. Dies stelle aber lediglich eine unbeachtliche hypothetische Betrachtung dar, da die Instandsetzung des Gebäudes tatsächlich nicht vorgenommen worden sei, um die Wohnnutzung erneut zu ermöglichen, sondern um Büroräume zu schaffen. An der Nutzung als Verwaltungsgebäude bestehe außerdem ein öffentliches Interesse. Der Wechsel der Nutzung zu Gunsten der Universität … sei unerheblich, da diese ebenfalls Verwaltungsaufgaben des Landes Sachsen-Anhalt wahrnehme, so dass weder die öffentliche Nutzung noch der öffentliche Zweck entfallen sei.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts.
Die Kläger beantragen,
unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Halle vom 23. November 2000, des Bescheides der Beklagten vom 24. August 1993 und des Widerspruchsbescheides des Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen (Sachsen-Anhalt) vom 28. Juli 1997, soweit es nicht um die Berechtigtenfeststellung geht, die Beklagte zu verpflichten, das Grundstück Große S.…straße 13 in … (Gemarkung …, Flur 28, Flurstück 12/1) an sie als Miteigentümer zu je 1/2 zurückzuübertragen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angegriffene Urteil.
Der Beigeladene stellt keinen Antrag.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision der Kläger hat mit dem Ergebnis der Zurückverweisung der Sache an das Verwaltungsgericht Erfolg (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat durch seine Annahme, die Rückübertragung des Eigentums an dem Hausgrundstück sei vollständig ausgeschlossen, gegen § 5 Abs. 1 Buchst. a VermG verstoßen.
Zwar hat das Verwaltungsgericht die Voraussetzungen des im gerichtlichen Verfahren nach der bestandskräftigen Feststellung der Berechtigung der Kläger allein strittigen Restitutionsausschlussgrundes gemäß § 5 Abs. 1 Buchst. a VermG ohne Verstoß gegen Bundesrecht angenommen (1). Es hat aber die Prüfung unterlassen, ob der Rückübertragungsausschluss unter den gegebenen Umständen die Rückgabe des gesamten Gebäudegrundstücks erfasst oder auf die Restitution eines Gebäudeteils – Teileigentum im Sinne des § 1 Abs. 3 WEG – beschränkt ist (2). Das Urteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (3). Für eine abschließende Entscheidung durch den Senat fehlt es an ausreichenden Tatsachenfeststellungen, so dass die Sache zurückzuverweisen ist (4).
1. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Voraussetzungen des Ausschlussgrundes gemäß § 5 Abs. 1 Buchst. a VermG lägen vor, steht mit Bundesrecht in Einklang. Danach ist die Rückübertragung des Eigentums an einem Grundstück dann ausgeschlossen, wenn Grundstücke und Gebäude unter erheblichem baulichem Aufwand in ihrer Nutzungsart oder Zweckbestimmung verändert wurden und ein öffentliches Interesse an dieser Nutzung besteht. Der Vorschrift liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteile vom 20. Dezember 1999 – BVerwG 7 C 34.98 – Buchholz 428 § 3 VermG Nr. 32 und vom 15. November 2000 – BVerwG 8 C 27.99 – Buchholz 428 § 3b VermG Nr. 4) ebenso wie den nachfolgenden Restitutionsausschlusstatbeständen in § 5 Abs. 1 VermG die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, bestimmte tatsächliche oder rechtliche Veränderungen der Nutzungsart oder Zweckbestimmung eines entzogenen Grundstücks oder Gebäudes, an deren Aufrechterhaltung ein überwiegendes öffentliches Interesse besteht, nicht durch die Wiederbegründung der früheren Eigentumsverhältnisse infrage zu stellen. § 5 Abs. 1 Buchst. a VermG erfasst nach Art eines Auffangtatbestandes solche Grundstücke oder Gebäude, an deren geänderter Nutzung gerade im Hinblick auf dafür getätigte bauliche Investitionen ein gesteigertes öffentliches Interesse besteht (Urteil vom 30. November 1995 – BVerwG 7 C 55.94 – BVerwGE 100, 70 ≪75 f.≫ = Buchholz 428 § 5 VermG Nr. 5 S. 3 ≪8≫). Geschützt ist mithin nicht die geänderte Nutzung um ihrer selbst willen, sondern im Hinblick auf den dafür betriebenen Aufwand, der nicht wegen der Rückgabe nutzlos werden soll.
In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 30. November 1995, a.a.O., S. 72 f. bzw. S. 5 f. und Beschluss vom 14. August 2000 – BVerwG 7 B 82.00 – RÜ BARoV 2000 Nr. 14, S. 59 f.) ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass das streitbefangene Hausgrundstück mit erheblichem baulichen Aufwand verändert worden ist.
a) “Baulicher Aufwand” im Sinne des dargelegten Gesetzeszwecks sind nur Maßnahmen zur baulichen Umgestaltung gerade im Hinblick auf die neue Zweckbestimmung, nicht jedoch Investitionen in das Gebäude in seiner bisherigen Zweckbestimmung, also insbesondere nicht Renovierungs- und Erhaltungsmaßnahmen (Urteil vom 30. November 1995, a.a.O., S. 72 bzw. S. 5). Deshalb dürfen nur solche Baumaßnahmen restitutionshindernd berücksichtigt werden, mit denen die Immobilie ihrem neuen Zweck angepasst wurde. Davon geht das angefochtene Urteil zutreffend aus. Nach seinen Feststellungen standen die Baumaßnahmen eindeutig im Zusammenhang mit der Umnutzung des bisherigen Wohn- und Geschäftsgebäudes zur büromäßigen Nutzung in den beiden Obergeschossen anstelle der bisherigen Wohnnutzung daselbst. Die Baumaßnahmen hatten nicht lediglich Renovierungen und Schönheitsreparaturen oder ohnehin notwendige Instandsetzungsmaßnahmen zur Erhaltung der bestehenden Bausubstanz – auch nicht lediglich zur Erhaltung der früheren Zweckbestimmung – zum Gegenstand. Das Verwaltungsgericht stellt dabei zu Recht auf die Art der Aufwendungen in den beiden Obergeschossen ab; in den drei Ausbaustufen sind die beiden Obergeschosse jeweils zur Errichtung von Räumen zu Zwecken einer verwaltungsmäßigen Nutzung (u.a. Büro- und Besprechungsraum, Kulturraum, “Kaltküche”) umgebaut worden.
b) Auch die Erheblichkeit des baulichen Aufwands hat das Verwaltungsgericht im Ergebnis rechtsfehlerfrei bejaht. Es kommt zwar, wie offenbar das Verwaltungsgericht meint, nicht entscheidend auf die Höhe der Umbaukosten an. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 30. November 1995, a.a.O., S. 73 bzw. S. 5 f.) sind nämlich weder ausschließlich die Kosten im Verhältnis zum Einheitswert noch allein die Änderung des Erscheinungsbildes maßgeblich; vielmehr ist eine vergleichende Betrachtung des früheren und des veränderten Zustands unter dem Blickwinkel geboten, ob die beanspruchte Sache noch dieselbe ist wie vor den Baumaßnahmen. Dabei haben die Kosten, der Umfang und die Art der Baumaßnahmen ebenso indizielle Bedeutung wie die Veränderungen im Erscheinungsbild des Gebäudes, ohne dass einer dieser Faktoren für sich gesehen ausschlaggebend sein müsste. Anhand der vom Verwaltungsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen und der Verwaltungsvorgänge ist davon auszugehen, dass das Gebäude wegen der umfangreichen baulichen Veränderungen in den Obergeschossen und infolge des Abrisses des Neben- und Seitenbaus nicht mehr dasselbe ist wie vorher. Das wird indiziell durch die Höhe der entstandenen Baukosten von über 70 000 M bestätigt, die in die Nähe des Einheitswerts von 86 400 M gelangen. Soweit sonstige Arbeiten am Treppenhaus, am übrigen Mauerwerk und Fenstern des gesamten Gebäudes vorgenommen wurden, fallen sie im Hinblick auf ihre geringe Höhe (unter 3 000 M) nicht ins Gewicht.
c) Ohne Rechtsfehler hat das Verwaltungsgericht ferner angenommen, dass das Grundstück durch die baulichen Maßnahmen in seiner Nutzungsart oder Zweckbestimmung verändert worden ist. Das frühere privat genutzte Wohn- und Geschäftsgebäude ist in den beiden Obergeschossen zu einem Verwaltungsgebäude unter Beibehaltung der geschäftlichen Nutzung im Erdgeschoss umgewandelt worden. Dass die Nutzung zu Zwecken der öffentlichen Verwaltung gegenüber der früheren privaten Wohnnutzung eine wesentliche Änderung der Nutzungsart darstellt, liegt auf der Hand. Der Gesetzgeber hatte bei § 5 Abs. 1 Buchst. a VermG öffentliche Einrichtungen vor Augen (vgl. BTDrucks 11/7831 S. 7; Urteil vom 30. November 1995, a.a.O., S. 75 bzw. S. 8). Die Nachhaltigkeit dieser Nutzungsänderung wird durch die verschiedenen Umbauten und Beseitigung von Gebäudeteilen sowie den Erweiterungsbau auf dem Hof belegt. Diese Veränderungen lagen sowohl bereits am Stichtag des 29. September 1990 (§ 5 Abs. 2 VermG) als auch zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz vor.
d) An dem Fortbestand der so geänderten Nutzung besteht nach den revisionsgerichtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen des Verwaltungsgerichts auch ein öffentliches Interesse im Sinne von § 5 Abs. 1 Buchst. a VermG. Dieses ist grundsätzlich anzuerkennen bei Einrichtungen und Nutzungen für das Gemeinwohl (Urteil vom 28. Februar 2001 – BVerwG 8 C 32.99 – Buchholz 428 § 5 VermG Nr. 27). Davon ist bei Umbauten zu Zwecken der öffentlichen Verwaltung auszugehen. Sowohl die Straßenbauverwaltung als auch die Universitätsverwaltung weist den erforderlichen Gemeinwohlbezug auf. Dieses öffentliche Interesse bestand auch über den Zeitpunkt des § 5 Abs. 2 VermG hinaus bis zur gerichtlichen Entscheidung in der Tatsacheninstanz. Der eingetretene Nutzerwechsel zwischen Autobahn- und Universitätsverwaltung wirkt sich dabei nicht zu Gunsten der Kläger aus. Darin liegt keine Aufgabe der unter Investitionen geänderten Nutzungsart oder Zweckbestimmung. Es ist vielmehr von einer ununterbrochenen Nutzung der beiden Obergeschosse zu Zwecken der Verwaltung durch verschiedene Verwaltungsstellen auszugehen. Die in dem Gebäude durchgeführte öffentliche Verwaltungstätigkeit in den Diensträumen der beiden Obergeschosse diente jeweils diesen Verwaltungsstellen.
2. Das Verwaltungsgericht hat jedoch Bundesrecht dadurch verletzt, dass es nicht geprüft hat, ob der Restitutionsausschlussgrund des § 5 Abs. 1 Buchst. a VermG die Rückgabe des gesamten Hausgrundstücks erfasst oder wenigstens die Rückgabe von Teileigentum nach § 1 Abs. 3 WEG gestattet. Diese Prüfungspflicht ergibt sich aus § 3 Abs. 1 und § 5 Abs. 1 Buchst. a VermG. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 VermG sind geschädigte Vermögenswerte zurückzuübertragen, soweit dies nicht nach dem Vermögensgesetz ausgeschlossen ist. So wenig danach die Rückgabe ausgeschlossen ist, wenn der öffentliche Zweck nicht mehr aufrechterhalten wird oder werden soll, so wenig steht der Ausschlussgrund der Rückgabe von Teilflächen entgegen, die dem durch § 5 Abs. 1 Buchst. a VermG geschützten öffentlichen Interesse nicht dienen, also von der geänderten Nutzung nicht erfasst oder für sie nicht benötigt werden (Urteil vom 28. Februar 2001 – BVerwG 8 C 32.99 – a.a.O.).
a) Für die Rückgabe von Grundstücken ist entschieden, dass sich ein Restitutionsausschlussgrund deshalb auch auf einen Teil des betreffenden Grundstücks beschränken kann (vgl. Urteile vom 15. Juni 2000 – BVerwG 7 C 20.99 – ZOV 2000, 417, vom 14. Dezember 1995 – BVerwG 7 C 63.94 – Buchholz 428 § 17 VermG Nr. 1, vom 30. November 1995 – BVerwG 7 C 55.94 – BVerwGE 100, 70 ≪73≫ = Buchholz 428 § 5 VermG Nr. 5 S. 3 ≪6≫, vom 20. März 1997 – BVerwG 7 C 55.96 – BVerwGE 104, 193 ≪199≫ = Buchholz 428 § 5 VermG Nr. 13 S. 28 ≪32 f.≫; Beschluss vom 22. September 1997 – BVerwG 7 B 157.97 – Buchholz 428 § 4 VermG Nr. 47). Dies setzt die Teilbarkeit der Fläche in einen von der restitutionsausschließenden Verwendung betroffenen und einen der herkömmlichen Grundstücksnutzung dienenden Bereich voraus (Urteil vom 15. Juni 2000, a.a.O.).
Diese Rechtsprechung erfasst zum einen Sachverhalte, bei denen von vornherein nur ein Teil des Grundstücks für die im öffentlichen Interesse liegende veränderte Nutzungsart herangezogen worden ist, der übrige Teil jedoch weiterhin dem ursprünglichen Zweck diente. Sie gilt jedoch auch für Fälle, in denen selbständig nutzbare Teilflächen des streitigen Grundstücks abgetrennt werden können, ohne dass die im öffentlichen Interesse liegende geschützte Nutzung beeinträchtigt wird (vgl. Urteil vom 14. Dezember 1995, a.a.O.). Unter diesen Umständen kann der Ausschlussgrund des § 5 Abs. 1 Buchst. a VermG der Rückgabe solcher Teilflächen nicht entgegengehalten werden.
b) Diese Grundsätze finden auch für die Rückgabe von abtrennbarem Gebäudeeigentum – Wohnungseigentum oder Teileigentum nach dem WEG – Anwendung. Die Gründe für die Rückübertragung von Grundstücksteilflächen gelten vom gesetzlichen Schutzzweck her auch für abtrennbare Gebäudeteile, sofern die Voraussetzungen für die Bildung von Wohnungseigentum oder Teileigentum am Gebäude vorliegen. Nach dem in § 3 Abs. 1 Satz 1 VermG enthaltenen Grundprinzip sind die geschädigten Vermögenswerte immer zurückzuübertragen, soweit dies nicht nach dem Vermögensgesetz ausgeschlossen ist.
Dieses Prinzip beherrscht auch den Ausschlussgrund des § 5 Abs. 1 Buchst. a VermG. Sind Gebäudeteile rechtlich und tatsächlich teilbar und bezieht sich die mit erheblichem Bauaufwand verwirklichte Umnutzung nur auf einen derartigen Gebäudeteil, so ist die Rückübertragung des anderen Gebäudeteils, der dem durch § 5 Abs. 1 Buchst. a VermG geschützten öffentlichen Interesse nicht dient, also von der geänderten Nutzung nicht erfasst oder nicht für sie benötigt wird, nicht ausgeschlossen (vgl. Urteil vom 28. Februar 2001 – BVerwG 8 C 32.99 – Buchholz 428 § 5 VermG Nr. 27 ≪“Kindergartenfall”≫ – unter Hinweis auf die Urteile vom 15. Juni 2000 – BVerwG 7 C 20.99 – Buchholz 428 § 4 Abs. 1 VermG Nr. 3 und vom 14. Dezember 1995 – BVerwG 7 C 63.94 – Buchholz 428 § 17 VermG Nr. 1 sowie vom 30. November 1995 – BVerwG 7 C 55.94 – BVerwGE 100, 70 ≪73≫ = Buchholz 428 § 5 VermG Nr. 5).
Eine solche restitutionsfreundliche Auslegung des § 5 Abs. 1 Buchst. a VermG, die im Übrigen einhellig in der Literatur vertreten wird (Wasmuth in: Rechtshandbuch Vermögen und Investitionen Bd. II, 1995, § 5 VermG Rn. 12 f; Spielmann in: Rädler/Raupach/Bezzenberger, Vermögen der ehemaligen DDR, 1995, § 5 VermG Rn. 10; Säcker/Busche, Vermögensrecht, Kommentar, 1995, § 5 VermG Rn. 7; Schmidt in: Kimme, Offene Vermögensfragen, 1996, § 5 VermG Rn. 16), trägt nicht nur dem Ausnahmecharakter dieses Ausschlussgrundes Rechnung, sie verhindert auch die willkürliche Zurücksetzung von dinglichen Berechtigten, denen nach dem WEG Teil- oder Wohnungseigentum zustehen kann, im Verhältnis zu “normalem” Grundstückseigentum. Die Rückübertragung von Teileigentum an den vom Ausschlussgrund nicht erfassten Gebäudeteilen setzt allerdings neben der Abgeschlossenheit i.S. des Wohnungseigentumsgesetzes voraus, dass die Aufteilung und Teilrückgabe die im öffentlichen Interesse liegende Nutzung des anderen Teils nicht beeinträchtigt.
3. Das Urteil des Verwaltungsgerichts erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Das wäre der Fall, wenn bereits jetzt feststünde, dass eine Teilbarkeit der Gebäudeteile in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht von vornherein ausgeschlossen wäre. Die Begründung von Teileigentum ist aber nach § 1 Abs. 1 und Abs. 3 WEG auch für nicht zu Wohnzwecken dienende Räume möglich. Sie kann durch Teilung nach § 8 WEG erfolgen. Teileigentum kann für Büros, Läden etc. bestellt werden. Die Voraussetzungen für die grundsätzliche Begründung von Teileigentum liegen nach dem festgestellten Sachverhalt damit sowohl für die Büronutzung der beiden Obergeschosse als auch für die gewerbliche Nutzung des Erdgeschosses vor.
Dem Vermögensamt ist zudem nach den allgemeinen Rückgabegrundsätzen des Vermögensgesetzes die Befugnis zu privatrechtsgestaltenden Maßnahmen eingeräumt. Wenn das Vermögensamt kraft der vermögensrechtlichen Bestimmungen unbeschränkt Eigentum an Grundstücken oder Sachen übertragen kann, so wird dadurch auch die Befugnis vermittelt, beschränkte dingliche Rechte am Eigentum oder auch dingliche Rechtspositionen, die aufgrund des Wohnungseigentumsgesetzes begründet sind, an den Restitutionsberechtigten zu übertragen (vgl. § 3 Abs. 1a VermG). Dem Vermögensamt steht damit eine Teilungs- und Zuweisungsbefugnis bezüglich abtrennbarer Gebäudeteile zu. Ebenso wie es die Realteilung eines Grundstücks und die Teilrückgabe anordnen kann, ist es auch befugt, die rechtlichen Schritte zur Begründung von Teileigentum nach dem Wohnungseigentumsgesetz herbeizuführen.
Eine offensichtliche rechtliche Unmöglichkeit für die Begründung von Teileigentum ergibt sich auch nicht aus dem Wohnungseigentumsgesetz selbst. Zu den materiellrechtlichen Voraussetzungen für die Begründung von Teileigentum gehören zwar die Abgeschlossenheit des Teileigentums nach § 3 Abs. 2 WEG und ihr Nachweis durch eine behördliche Bescheinigung gemäß § 7 Abs. 4 WEG. Die Einhaltung dieser Voraussetzungen ist im vorliegenden Fall jedoch keineswegs ausgeschlossen, so dass eine rechtliche Unmöglichkeit zur Begründung von Teileigentum ausscheidet. Ob die tatsächlichen Voraussetzungen für eine solche Rechtsbegründung vorliegen, lässt sich den Feststellungen der Vorinstanz nicht entnehmen.
4. Die Zurückverweisung der Sache an das Verwaltungsgericht ist mangels hinreichender tatsächlicher Feststellungen notwendig. Das Verwaltungsgericht wird zu ermitteln haben, ob das Erdgeschoss einerseits und die beiden Obergeschosse andererseits im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes abgeschlossen sind, ob sie damit rechtlich abteilbare, ohne Beeinträchtigung der verwaltungsmäßigen Nutzung der beiden Obergeschosse selbständig nutzbare Gebäudeteile darstellen und ob die Beteiligten hierfür eine behördliche Abgeschlossenheitsbescheinigung gemäß § 7 Abs. 4 WEG vorlegen können. Diese Voraussetzungen müssen zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatsachengericht vorliegen.
Unterschriften
Dr. Müller, Dr. Pagenkopf, Sailer, Krauß
Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze ist wegen Urlaubs an der Beifügung seiner Unterschrift verhindert.
Dr. Müller
Fundstellen
Haufe-Index 879783 |
BVerwGE 2003, 60 |
ZfIR 2003, 438 |