Entscheidungsstichwort (Thema)
Sportwette. Oddset-Wette. Berufswahl. Berufsausübung;. repressives Verbot. Repressivverbot. Erlaubnisvorbehalt. Gefahren. Spielleidenschaft;. Ausnutzung der Spielleidenschaft. Finanzmonopol
Leitsatz (amtlich)
Abschluss und Vermittlung von Oddset-Wetten durch Private fallen in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG.
§ 284 StGB verbietet Abschluss und Vermittlung von Oddset-Wetten, wenn diese Betätigungen nicht behördlich erlaubt sind. Dies gilt auch, wenn es – wie derzeit in Bayern – an einem normativen Erlaubnistatbestand fehlt.
Die Fernhaltung privater Veranstalter von Oddset-Wetten in Bayern verstößt nicht gegen das Grundgesetz.
Normenkette
GG Art. 12 Abs. 1, Art. 70 Abs. 1, Art. 72, 74 Abs. 1 Nr. 11, Art. 105 Abs. 1; StGB §§ 9, 27, 284; GewO § 33h; Gesetz über die vom Freistaat Bayern veranstalteten Lotterien und Wetten vom 29. April 1999
Nachgehend
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 30. August 2000 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
I.
Die Klägerin besitzt eine Konzession als Buchmacherin und betreibt ein Wettbüro für Pferdewetten. Sie möchte darüber hinaus Sportwetten zu festen Gewinnquoten veranstalten oder ihren Abschluss vermitteln.
Die Klägerin meldete im Juli 1997 bei der Beklagten eine Gewerbeerweiterung durch Vermittlung von Sportwetten in das EU-Ausland an. Das von der Klägerin und bereits vorher von der Beklagten eingeschaltete Bayerische Staatsministerium des Innern teilte mit, angesichts ihres umfassenden strafbewehrten Verbots könnten öffentliche Glücksspiele nicht durch Gewerbeanmeldung legalisiert werden. Dem schloss sich die Beklagte mit an die Klägerin gerichtetem Schreiben vom 6. November 1997 mit dem Hinweis auf ein zwangsläufiges Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen Strafrecht und die daraus folgende Unzuverlässigkeit an.
Die Klägerin hat Klage erhoben. Während des Klageverfahrens beantragte sie mit Schreiben vom 10. November 1999 die Genehmigung zur Veranstaltung von Sportwetten, hilfsweise zu deren Vermittlung in das EU-Ausland. Sie hat vor dem Verwaltungsgericht die Feststellung beantragt, dass die Annahme und Vermittlung, hilfsweise die Vermittlung in das EU-Ausland, von Sportwetten mit fester Gewinnquote (insbesondere Fußball, Tennis, Formel 1), mit Ausnahme von Pferdewetten, keiner, insbesondere keiner gewerberechtlichen Erlaubnis bedarf, hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, über den Antrag vom 10. November 1999 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Das Verwaltungsgericht hat die Feststellungsanträge für unzulässig erachtet, die Beklagte jedoch verpflichtet, über den Antrag vom 10. November 1999 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, in Ermangelung einer landesrechtlichen Rechtsgrundlage sei über den Antrag auf der Grundlage des Art. 12 Abs. 1 GG nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, da es an einem zur Regelung des Berufs des Sportwettunternehmers notwendigen Gesetz fehle. Es sei eine Unbedenklichkeitsbescheinigung zu erteilen, wenn die Zuverlässigkeit der Klägerin und die Gefahrlosigkeit der Betätigung feststünden.
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin auf die Berufung des Vertreters des öffentlichen Interesses mit Urteil vom 30. August 2000 (GewArch 2001, 65) das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Er hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
Der als Hauptantrag gestellte Feststellungsantrag sei zulässig, aber unbegründet. Die Veranstaltung von Sportwetten mit fester Gewinnquote sei in Bayern verboten. Es sei der Wille des Landesgesetzgebers erkennbar, es bei dem grundsätzlichen Verbot des § 284 StGB zu belassen. Bundesrechtliche Vorschriften über Verbot und Genehmigung solcher Veranstaltungen bestünden nicht. Landesrechtliche Bestimmungen über ein eigenständiges Verbot oder eine Erlaubnis für derartige Veranstaltungen, welche Glücksspiele seien, seien ebenfalls nicht vorhanden. Die als Landesrecht fortgeltende Lotterieverordnung vom 6. März 1937 regele nicht die Veranstaltung von Sportwetten. Das Staatslotteriegesetz vom 29. April 1999 (GVBl S. 226) enthalte zwar ebenfalls keine Regelung über ein eigenständiges Verbot oder eine Erlaubnis für Sportwetten. Es lasse aber erkennen, dass der Gesetzgeber es bei dem Verbot des § 284 Abs. 1 StGB habe belassen wollen. § 284 Abs. 1 StGB verbiete die Veranstaltung von Glücksspielen auch dann, wenn die darin angesprochene behördliche Erlaubnis in verwaltungsrechtlichen Vorschriften des Bundes oder des Landes nicht geregelt sei. § 284 Abs. 1 StGB enthalte selbst ein repressives Verbot von Glücksspielen. Nur wenn eine behördliche Erlaubnis den Rechtskreis des Betroffenen erweitere, solle das Verbot ausnahmsweise nicht gelten. Könne diese nicht erteilt werden, bleibe es bei dem Verbot. Die damit verbundene Berufszugangssperre sei verfassungsrechtlich unbedenklich, weil sie zum Schutz überragender Gemeinschaftsgüter zwingend erforderlich sei, nämlich der Abwehr von Gefahren durch Ausnutzung der Spielleidenschaft der Bevölkerung.
Aus den dargelegten Gründen sei auch der hilfsweise gestellte Feststellungsantrag unbegründet, weil auch die Vermittlung von Sportwetten in das EU-Ausland dem Straftatbestand des § 284 Abs. 1 StGB in Verbindung mit § 27 StGB und § 284 Abs. 4 StGB unterliege. Dem stehe das Gemeinschaftsrecht nicht entgegen, das dem nationalen Recht Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs aus Gründen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung erlaube. Das gelte namentlich auch für Sportwetten.
Der Bescheidungsantrag bleibe ebenfalls ohne Erfolg. Die einfachgesetzliche Rechtslage in Bayern sei zwar am Rande des verfassungsrechtlich Hinnehmbaren, ein zwingendes verfassungsrechtliches Handlungsgebot lasse sich jedoch nicht begründen. Es müsse davon ausgegangen werden, dass die Belange der öffentlichen Sicherheit zumeist ein ausschlaggebendes Gewicht hätten. Gleichwohl sei ihr ausnahmsloser Vorrang vor den privaten Interessen an der Wahl des Berufs des Wettunternehmers nicht zwingend erforderlich. Das zeige sich auch darin, dass der Bundesgesetzgeber mit der Änderung des Rennwett- und Lotteriegesetzes öffentlich veranstaltete Oddset-Wetten einer Besteuerung unterworfen habe. Ein Anspruch auf Genehmigung aus Art. 12 Abs. 1 GG komme jedoch nicht in Betracht, wenn durch die ausschließliche Konzessionierung des Staates das Ziel, die Bevölkerung vor den mit der Spielleidenschaft verbundenen Gefahren zu bewahren und die natürliche Spielleidenschaft vor strafbarer Ausbeutung zu schützen, besser erreicht und gewährleistet werden könne als durch staatliche Kontrollmechanismen gegenüber privaten Betrieben. So lägen die Verhältnisse zurzeit in Bayern. Die glücksspieltypischen Gefahren seien bei der Veranstaltung von Sportwetten größer als bei Lotterien. Es fehle der Schutz des Publikums durch einen umfassenden Spielplan; der Spieler stehe dem Wettunternehmer allein gegenüber; bei den Sportwetten zu festen Gewinnquoten sei das Konkursrisiko größer; damit steige der Anreiz zur Begehung von Straftaten. Diese Risiken könnten bei Veranstaltungen durch den Staat weitgehend vermieden werden. Dem trage das Staatslotteriegesetz Rechnung, dessen Regelungskonzept auch tatsächlich umgesetzt werde. Angesichts des Regelungskonzepts des Staatslotteriegesetzes, das auf bestmögliche Gefahrenabwehr abziele, sei es durch die mit § 284 Abs. 1 StGB verfolgten Zwecke zu rechtfertigen, die Veranstaltung der Sportwetten durch Private auszuschließen; die Verfolgung fiskalischer Interessen stehe hingegen nicht im Vordergrund der Konzeption des Staatslotteriegesetzes. Die Länder müssten zudem respektieren, dass der Bundesgesetzgeber durch §§ 284 ff. StGB und §§ 762 ff. BGB seine grundsätzlich restriktive Haltung gegenüber Glücksspielen zum Ausdruck gebracht habe.
Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerin, mit der sie ihre Anträge aus der Berufungsinstanz weiterverfolgt und die Verletzung des Art. 12 Abs. 1 GG und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Zusammenhang mit § 284 StGB sowie die Verletzung des § 284 StGB selbst rügt. Dazu führt sie im Wesentlichen Folgendes aus:
Wetten zu festen Odds seien nicht als Glücksspiele anzusehen, sondern Geschicklichkeitsspiele, deren Veranstaltung allenfalls nach Maßgabe der Gewerbeordnung einem Erlaubnisverfahren zur Prüfung der Zuverlässigkeit des Veranstalters unterzogen werden dürfe.
Die von ihr beabsichtigte Berufswahl sei zulässig, weil es weder ein Landesgesetz noch ein Bundesgesetz gebe, welches die Unternehmung verbiete. § 284 StGB könne als strafrechtliche Vorschrift die Freiheit der Berufswahl nicht beschränken, zumal diese Vorschrift von der Möglichkeit einer behördlichen Zulassung von Glücksspielen ausgehe. Fehle es an einer Norm, welche die Erteilung einer Glücksspielerlaubnis ermögliche, müsse entweder von der uneingeschränkten Zulässigkeit der Veranstaltung des Glücksspiels ausgegangen werden oder es müsse im Wege richterlicher Lückenschließung bei Zuverlässigkeit des Veranstalters eine Befreiung erteilt werden. Die Kompetenz des Bundesgesetzgebers für das Strafrecht erstrecke sich nicht auf ein vollständiges Verbot des Berufs des Wettunternehmers. Das Glücksspielrecht gehöre nämlich kompetenzmäßig zum Polizei- und Sicherheitsrecht, für welches ausschließlich die Länder zuständig seien. Das Bundesrecht dürfe kein Verbot von Glücksspielen aussprechen.
Wenn jedoch davon ausgegangen werde, § 284 StGB sei ein das Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG einschränkendes Gesetz, müsse der vollständige Ausschluss der Bürger vom Beruf des Oddset-Wettveranstalters zur Abwehr nachweisbarer oder höchstwahrscheinlicher schwerer Gefahren für ein überragendes Gemeinschaftsgut zwingend geboten sein. Außerdem müsse die Regelung dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügen. Dabei müsse berücksichtigt werden, dass die Einsätze bei Oddset-Wetten um ein Vielfaches geringer seien als in Spielbanken und die Gewinnerwartung der Veranstalter sich auf eine normale Rendite beschränke. Ein Grund für eine Monopolisierung von Oddset-Wetten beim Staat bestehe nicht. Nichts spreche dafür, dass staatliche Unternehmen „sauberer” arbeiteten als private.
Das Gemeinschaftsrecht erlaube Beschränkungen des Betriebs von Wettunternehmen nur zur Verfolgung wirklicher Ziele der Gefahrenabwehr. Feststellungen über das Bestehen von Gefahren durch Veranstaltung oder Vermittlung von Oddset-Wetten fehlten. Es müsse beachtet werden, dass Pferdewetten seit langem beanstandungsfrei, auch von der Klägerin, veranstaltet würden. In fast allen Bundesländern würden inzwischen Oddset-Wetten veranstaltet, allerdings monopolisiert auf Unternehmen der öffentlichen Hand, die darauf bedacht seien, die Spielleidenschaft anzufachen.
Das Berufungsgericht hätte den tatsächlichen Grundlagen für die dem § 284 StGB zugrunde liegende Gefahrenprognose nachgehen müssen. Eine Beweisaufnahme werde ergeben, dass es an hinreichenden Anhaltspunkten für auch nur höchstwahrscheinliche Gefahren für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut fehle.
Wenn es wirklich rechtfertigende Ziele für eine grundrechtseinschränkende Regelung gebe, müsse diese Einschränkung zur Erreichung des Ziels erforderlich und geeignet und für die Betroffenen zumutbar sein. Das sei fraglich, weil es seit 80 Jahren Buchmacher gebe, die sich einwandfrei betätigten. Es lasse sich nicht sagen, dass die Kontrolle bei Unternehmen in staatlicher Hand besser gelinge als bei privaten Veranstaltern. Oddset-Wetten seien mit Pferdewetten zu festen Odds vergleichbar; die dort bestehenden Kontrollmöglichkeiten hätten sich als ausreichend erwiesen. Der Ausschluss jeglicher privater Sportwetttätigkeit überschreite für die Klägerin die Grenze der Zumutbarkeit, weil sie seit langem beanstandungsfrei Pferdewetten abschließe.
Die Klägerin bezieht sich auf Rechtsgutachten des Prof. Dr. D. und des Prof. Dr. V.
Die Beklagte und die Landesanwaltschaft Bayern treten der Revision entgegen.
Der Oberbundesanwalt unterstützt die Beklagte und die Landesanwaltschaft.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Revision ist unbegründet.
1. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Feststellungsanträge mit Recht für zulässig erachtet. Sie sind ebenso wie die Bescheidungsanträge unbegründet. Die Klägerin darf die erstrebte Betätigung nicht ohne behördliche Genehmigung ausüben. Eine Rechtsgrundlage für die begehrte Gestattung besteht in Bayern nicht. Dies verstößt nicht gegen Bundesrecht.
2. Veranstaltung und Vermittlung von Oddset-Wetten ohne behördliche Erlaubnis sind nach Bundesrecht verboten. Es handelt sich dabei um Wetten auf den Ausgang von Sportereignissen, bei denen die Bedingungen weitgehend frei vereinbart werden können und der Veranstalter für den Fall der richtigen Voraussage der Ergebnisse feste Gewinnquoten verspricht. Gesetzliche Vorschriften über die Zulassung von Wettunternehmen für die Veranstaltung oder Vermittlung von Sportwetten der vorgesehenen Art bestehen nicht.
a) Aus § 284 Abs. 1, § 9 Abs. 1 und 2, § 27, §284 Abs. 4 StGB folgt, dass die Veranstaltung und Vermittlung eines nicht genehmigten Glücksspiels, die Teilnahme daran und die Werbung dafür verboten sind.
aa) Die Oddset-Wette, wie sie die Klägerin veranstalten oder vermitteln will, ist ein Glücksspiel im Sinne dieser Strafnormen. Im Gegensatz zum Geschicklichkeitsspiel, bei dem die Entscheidung über Gewinn und Verlust des Spiels nach den Spielbedingungen wesentlich von den geistigen und körperlichen Fähigkeiten, den Kenntnissen, der Übung und der Aufmerksamkeit des Spielers abhängt, ist das Glücksspiel dadurch geprägt, dass der Erfolg allein oder überwiegend vom Zufall abhängt (Urteil vom 23. August 1994 – BVerwG 1 C 18.91 – BVerwGE 96, 293 ≪295≫). Ein Glücksspiel liegt auch dann vor, wenn der Spielerfolg zwar nicht allein vom Zufall abhängt, dem Zufallselement aber ein deutliches Übergewicht gegenüber den vom Spieler zu beeinflussenden Umständen zukommt. Dies ist hier der Fall.
Das Berufungsgericht hat zu Recht festgestellt, dass niemand die Fähigkeit hat, vor Beginn eines sportlichen Wettkampfes mit dem Anspruch auf objektive Richtigkeit das Ergebnis vorherzusagen, solange keine unzulässige Manipulation vorliegt. Unter diesen Umständen hängt die Richtigkeit der Vorhersage sowohl aus der Sicht des Spielers als auch objektiv von einer Vielzahl nicht sicher abzuschätzender Einflussfaktoren und damit vom Zufall ab. Das Zufallsprinzip wird erst recht deutlich, wenn nicht auf bestimmte Sportereignisse abgestellt wird, sondern auf mehrere aus einer Vielzahl von Ereignissen. Auch wenn, wie die Klägerin ausführt, Kenntnisse und Erfahrungen auf dem Gebiet des Sportwesens die Chance, einzelne Ergebnisse richtig vorherzusagen, verbessern, schließt dies die Zufälligkeit des Erfolgs nicht aus. Das Sportgeschehen, soweit es wettkampforientiert ist, gewinnt seinen Reiz für Dritte gerade durch die Ergebnisoffenheit. Außerdem darf das Wettangebot nicht aus der Sicht einzelner, mit den jeweiligen Verhältnissen besonders vertrauter Spieler bewertet werden. Es richtet sich nicht an spezifische Interessentenkreise, sondern an einen unbestimmten Personenkreis mit unterschiedlichen Kenntnissen und Erfahrungen. Das Konzept der Oddset-Wette beruht im Kern auf der Unkalkulierbarkeit der Ergebnisse und kann auch nur dadurch eine Gewinnerwartung des Veranstalters begründen.
bb) § 284 StGB ist eine Verbotsnorm für unerwünschtes, weil sozial schädliches Verhalten. Der Vorbehalt einer behördlichen Erlaubnis dient ebenfalls der Abwehr von Gefahren des Glücksspiels.
Zweck der Strafandrohung des § 284 StGB ist es u.a., eine übermäßige Anregung der Nachfrage von Glücksspielen zu verhindern, durch staatliche Kontrolle einen ordnungsgemäßen Spielablauf zu gewährleisten und eine Ausnutzung des natürlichen Spieltriebs zu privaten oder gewerblichen Gewinnzwecken zu verhindern. Mit dieser Zielsetzung hat der Gesetzgeber im Rahmen einer Strafrechtsreform eine Verschärfung des § 284 StGB vorgenommen (vgl. BTDrucks 13/8587, S. 67). Dem liegt die Einschätzung zugrunde, dass das Glücksspiel grundsätzlich wegen seiner möglichen Auswirkungen auf die psychische (Spielsucht) und wirtschaftliche Situation der Spieler (Vermögensverlust) und seiner Eignung, Kriminalität namentlich im Bereich der Geldwäsche zu befördern, unerwünscht und schädlich ist. Andererseits ist dem Gesetzgeber bewusst, dass der Spieltrieb nicht gänzlich unterbunden werden kann. § 284 Abs. 1 StGB bietet deshalb mit der die Strafbewehrung aufhebenden behördlichen Erlaubnis ein Instrument zur Kanalisierung des Spieltriebs in geordnete Bahnen. Es obliegt dem für das Strafrecht zuständigen Bundesgesetzgeber, im Rahmen der Verhältnismäßigkeit zu entscheiden, welches Verhalten er für so gefährlich einschätzt, dass er es unter Androhung von Strafe verbietet. Ist ein Verhalten grundsätzlich mit Strafe bedroht, liegt darin die Einschätzung begründet, dass es generell für die geschützten Rechtsgüter gefährlich ist. Diese Einschätzung gebietet es, in § 284 Abs. 1 StGB eine Verbotsnorm für unerwünschtes Verhalten zu sehen, das lediglich im Einzelfall aus den dargelegten Gründen gestattet werden kann. Die gesetzliche Einschätzung der Gefährlichkeit der Glücksspielveranstaltung steht einem Verständnis des § 284 Abs. 1 StGB dahin gehend entgegen, dass die Norm nur eingreift, wenn Glücksspiele unter Verletzung bestehender Vorschriften über die Erlaubnisbedürftigkeit von Glücksspielen ohne Gestattung veranstaltet oder vermittelt werden. Wenn das Strafgesetz von der Gefährlichkeit des Glücksspiels ausgeht und diese Grund der Strafandrohung ist, besteht kein Anhalt für die Annahme, die Strafbarkeit setze die Möglichkeit eines legalen Glücksspiels notwendig voraus. Das Gesetz schließt die Zulassung des Glücksspiels durch den Gesetzgeber und die Behörde lediglich nicht aus.
Das Verständnis des § 284 Abs. 1 StGB als Repressivverbot liegt auch der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zugrunde, das im Beschluss vom 19. Juli 2000 – 1 BvR 539/96 – (GewArch 2001, 61 ≪65≫) die Fortführung des Betriebs einer Spielbank nach Ablauf der Geltungsdauer der dafür bestehenden Erlaubnis unter Hinweis auf § 284 StGB für verboten erachtet hat.
b) Das Bundesrecht lässt für die hier in Rede stehenden Glücksspiele eine Befreiung von dem Repressivverbot des § 284 Abs. 1 StGB nicht zu. Wie aus § 33 h GewO folgt, kann ein Glücksspiel im Sinne von § 284 Abs. 1 StGB nicht nach Gewerberecht gestattet werden (Urteil vom 23. August 1994 – BVerwG 1 C 18.91 – BVerwGE 96, 293 ≪295≫). Die steuerrechtliche Bestimmung des § 17 des Rennwett- und Lotteriegesetzes in der Fassung des Gesetzes vom 17. Mai 2000 (BGBl I S. 715) besagt nichts über Zulässigkeit oder Erlaubnisfähigkeit von Oddset-Wetten. Dieser Bestimmung liegen allein fiskalische und steuersystematische Erwägungen zugrunde (vgl. BRDrucks 518/99 und BTDrucks 14/2271 und 14/2762). In Ermangelung von Regelungen über Voraussetzungen und Inhalt von Glücksspielerlaubnissen kann § 284 Abs. 1 StGB nicht selbst Rechtsgrundlage für die in der Vorschrift angesprochene behördliche Erlaubnis sein (vgl. v. Bubnoff in Leipziger Kommentar zum Strafgesetzbuch, Stand 1. Januar 1998, § 284 Rn. 22).
Nach den irrevisiblen Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs bestehen auch keine landesrechtlichen Vorschriften über die Zulassung der Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten mit fester Gewinnquote durch Private.
Die als Landesrecht fortgeltende (Beschluss vom 25. Februar 1957 – BVerwG 1 B 121.56 – BVerwGE 4, 294 ≪295≫) Verordnung über die Genehmigung öffentlicher Lotterien und Ausspielungen vom 6. März 1937 (RGBl 1937, I S. 283; BayRS 2187-3-I) regelt nicht die hier umstrittenen Sportwetten, weil es sich in Ermangelung eines Spielplans und einer Festlegung der Wetteinsätze nicht um eine Lotterie oder Ausspielung handelt. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts werden die Wettbedingungen, namentlich der Einsatz des Wettveranstalters und die Gewinnquote, individuell und auch unter Berücksichtigung des Zeitpunkts des Wettabschlusses, vereinbart.
Ferner enthält das Gesetz über die vom Freistaat Bayern veranstalteten Lotterien und Wetten (Staatslotteriegesetz) vom 29. April 1999 (GVBl S. 226) keine Regelung über privat veranstaltete Sportwetten; es behält vielmehr die Veranstaltung solcher Wetten der Staatlichen Lotterieverwaltung vor (§ 2).
c) Das danach in Bayern bestehende uneingeschränkte Verbot der privaten Veranstaltung und Vermittlung von Oddset-Wetten verstößt nicht gegen das Grundgesetz, namentlich nicht gegen den im vorliegenden Zusammenhang vorrangig anzuwendenden Art. 12 Abs. 1 GG.
aa) Die gewerbliche Veranstaltung und Vermittlung von Oddset-Wetten unterfällt dem Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG. Nach Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG haben alle Deutschen das Recht, u.a. ihren Beruf frei zu wählen. Die Berufsausübung kann nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. Art. 12 Abs. 1 GG schützt jede auf Erwerb gerichtete Tätigkeit, die auf Dauer angelegt ist und der Schaffung und Aufrechterhaltung einer Lebensgrundlage dient. Veranstaltung und Vermittlung von Oddset-Wetten unterfallen diesem Begriff. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinen Entscheidungen zum Sportwettenrecht (Urteil vom 23. August 1994, a.a.O., S. 296), zum Spielbankenrecht (Urteil vom 23. August 1994 – BVerwG 1 C 19.91 – BVerwGE 96, 302 ≪306 ff.≫), zur Pferdewette (Urteil vom 4. Oktober 1994 – BVerwG 1 C 13.93 – BVerwGE 97, 12 ≪22≫) und zur Lotterie (Urteil vom 29. Juni 2000 – BVerwG 1 C 26.99 – GewArch 2000, 386) ausgeführt, dass die genannten Betätigungen dem Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG unterfallen können. Für die hier zu beurteilende Veranstaltung oder Vermittlung von Oddset-Wetten gilt nichts Anderes (vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 19. Juli 2000 – 1 BvR 539/96 – GewArch 2001, 61).
Die Klägerin möchte sich in einer dem dargestellten Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG unterfallenden Weise betätigen. Allerdings will sie dies nur in Ergänzung zu ihrem Buchmachergewerbe tun. Unter den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG fällt aber auch die Erweiterung des Betätigungsfeldes (vgl. BVerfG, Urteil vom 23. März 1960 – 1 BvR 216/51 – BVerfGE 11, 30 ≪41≫ und Beschluss vom 28. November 1984 – 1 BvL 13/81 – BVerfGE 68, 272 ≪281≫).
bb) Sind Veranstaltung und Vermittlung von Oddset-Wetten verboten und können sie auch nicht erlaubt werden, so liegt ein Eingriff in das Grundrecht auf freie Ausübung des Berufs eines Sportwettunternehmers vor.
cc) Dieser Eingriff ist jedoch gerechtfertigt, weil der Ausschluss Privater von den beabsichtigten Betätigungen den Anforderungen an grundrechtsbeschränkende Normen genügt. Dies ist der Fall, wenn die einschränkende Rechtsvorschrift formell ordnungsgemäß erlassen worden ist, durch hinreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt wird und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht. So liegt es hier.
aaa) Der Ausschluss privater Veranstalter oder Vermittler von Oddset-Wetten beruht in Bayern darauf, dass der Landesgesetzgeber keine Norm erlassen hat, nach der eine behördliche Erlaubnis erteilt werden kann. Damit hat der Landesgesetzgeber von der ihm in Ermangelung einer bundesrechtlichen Vorschrift aus Art. 72 in Verbindung mit Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG oder aus Art. 70 Abs. 1 GG zustehenden Gesetzgebungsbefugnis für das Recht der Wirtschaft oder das Sicherheits- und Ordnungsrecht dahin gehend Gebrauch gemacht, dass er keine Konzession ermöglicht. Infolge dessen ist die Veranstaltung oder Vermittlung der in Rede stehenden Glücksspiele gemäß § 284 StGB, der seinerseits auf der Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Strafrecht (Art. 74 Nr. 1 GG) beruht, verboten und mit Strafe bedroht. Das Strafrecht trifft selbst keine Entscheidung darüber, ob und inwieweit Glücksspiele abweichend von ihrer grundsätzlichen Unerlaubtheit zugelassen werden können oder nicht. Die Veranstaltung von Oddset-Wetten allein durch den Staat stellt auch kein der Gesetzgebungskompetenz des Landes entzogenes Finanzmonopol im Sinne des Art. 105 Abs. 1 GG dar. Denn dadurch sollen nicht vorrangig Finanzmittel beschafft, sondern es soll ein den Strafzwecken des § 284 StGB entsprechender Schutz vor den Gefahren des Glücksspiels gewährleistet werden.
bbb) Beschränkungen des Grundrechts der Berufswahlfreiheit durch objektive Bedingungen für die Berufszulassung sind im Allgemeinen nur zulässig, wenn sie zur Abwehr nachweisbarer oder höchstwahrscheinlicher schwerer Gefahren für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut zwingend geboten sind (BVerfG, Urteil vom 11. Juni 1958 – 1 BvR 596/56 – BVerfGE 7, 377 ≪408≫). Reine Ausübungsregelungen sind hingegen zulässig, soweit vernünftige Gründe des Gemeinwohls sie als zweckmäßig erscheinen lassen (BVerfG, a.a.O., S. 405). Kommt eine Berufsausübungsregelung – wie im Falle der Klägerin – einer objektiven Berufszugangsregelung nahe, muss sie mit Allgemeininteressen gerechtfertigt werden, die so schwer wiegen, dass sie „den Vorrang vor der Berufsbehinderung” verdienen (Urteil vom 5. Dezember 2000 – BVerwG 1 C 11.00 – GewArch 2001, 164 – 167; BVerfG, Beschluss vom 6. Oktober 1987 – 1 BvR 1086/82 – BVerfGE 77, 84 ≪106≫). In dem Beschluss vom 19. Juli 2000 (a.a.O., S. 62) hat das Bundesverfassungsgericht die Anforderungen an das Gewicht der Gründe, welche eine objektive Zugangsbeschränkung zu einem Beruf haben müssen, für den Fall des Zugangs zum Beruf des Spielbankunternehmers reduziert. Aus den Besonderheiten des Spielbankbetriebs, der eine an sich unerwünschte Tätigkeit sei, und der zahlenmäßigen Begrenzung von Spielbanken hat das Gericht abgeleitet, dass insoweit ein Eingriff in das Recht auf freie Berufswahl schon dann gerechtfertigt sei, wenn mit der im Einzelfall beabsichtigten Beschränkung „wichtige Gemeinwohlbelange verfolgt werden”. Ob dieser für das Spielbankenrecht aufgestellte Grundsatz generell für das Glücksspielrecht Geltung beanspruchen soll, kann auf sich beruhen.
Der Gesichtspunkt der Abwehr von Gefahren, die der Bevölkerung und den Spielteilnehmern durch das öffentliche Glücksspiel drohen, erlaubt selbst dann Berufszugangsbeschränkungen, wenn es zu ihrer Rechtfertigung des Schutzes überragend wichtiger Gemeinschaftsgüter bedarf. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Durch das öffentliche Glücksspiel drohen der Bevölkerung Gefahren. Diese betreffen das Vermögen des einzelnen Spielers und seiner Angehörigen sowie in Fällen des Vermögensverlustes mittelbar die Leistungsfähigkeit der öffentlichen Haushalte sowie bei Spielsucht die Gesundheit des Spielers. Die Bewertung der genannten Rechtsgüter als überragend wichtiger Gemeinschaftsgüter liegt der Strafgesetzgebung zugrunde, wie die Verschärfung der §§ 284 ff. StGB durch das Sechste Strafrechtsreformgesetz belegt. Die gesetzgeberische Einschätzung, zur Abwehr oder doch Reduzierung der von ihm der Teilnahme am Glücksspiel beigemessenen Gefahren ein Repressivverbot zu erlassen, beruht auf seiner Bewertung dieser Gefahren. Damit hat der Bundesgesetzgeber von der ihm zukommenden Einschätzungsprärogative Gebrauch gemacht.
Von derselben Bewertung ist der bayerische Landesgesetzgeber beim Erlass des Staatslotteriegesetzes ausgegangen, das die Veranstaltung von Sportwetten auf staatliche Einrichtungen beschränkt. Mit diesem Gesetz sollte einerseits dem Wunsch der Bevölkerung nach Spielmöglichkeiten nachgegeben, gleichzeitig aber sollten die damit verbundenen Gefahren „Spielsucht und ihre negativen Auswirkungen wie Zerstörung der Lebensgrundlage und Beschaffungskriminalität, Manipulation, Betrug, Geldwäsche und nicht ordnungsgemäße Gewinnauszahlung durch unlautere private Glücksspielveranstalter etc.” möglichst gering gehalten werden (LTDrucks 14/219, S. 5).
Die gesetzgeberische Einschätzung, dass mit der Teilnahme an Glücksspielen der in Rede stehenden Art die aufgezeigten Gefahren verbunden sind, ist nicht widerlegt. Insbesondere führen die als positiv dargestellten Erfahrungen mit Pferdewetten, die auf der Grundlage des Rennwett- und Lotteriegesetzes veranstaltet werden, nicht dazu, die gesetzgeberische Einschätzung der Gefahren durch sonstige Sportwetten für erschüttert zu halten. Denn Pferdewetten beziehen sich nur auf ein enges und deshalb leichter überschaubares Sportgeschehen und sind in einer besonderen wirtschaftlichen Situation zur Bekämpfung des „Winkelbuchmachertums” der privaten Veranstaltung zugänglich gemacht worden (vgl. Urteil vom 4. Oktober 1994, a.a.O., S. 15). Erfahrungen auf diesem speziellen Sektor lassen nicht ohne weiteres Prognosen für andere Glücksspiele mit ähnlichem Ablauf zu. Das verbietet zugleich die Annahme einer unzulässigen Ungleichbehandlung von Oddset-Wett-Unternehmen und Buchmachern.
In Anbetracht des ihm zustehenden Beurteilungs- und Prognosespielraums (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Juli 2000, a.a.O., S. 63) durfte der Landesgesetzgeber insbesondere die alleinige Veranstaltung von Oddset-Wetten durch die Staatliche Lotterieverwaltung unter strafbewehrter Fernhaltung privater Anbieter als zur Abwehr der von ihm angenommenen Gefahren des Glücksspiels geeignet und erforderlich ansehen. Namentlich im Hinblick auf in Deutschland angesichts der Neuartigkeit der Oddset-Wetten fehlenden Erfahrungen mit diesem Glücksspiel und das große Publikumsinteresse bestand kein hinreichend gesicherter Anhalt dafür, dass eine private Veranstaltung oder Vermittlung bei einem strengen Konzessions- und Kontrollsystem ebenso gut wie die Veranstaltung in staatlicher Regie die Gefahren des Glücksspiels beherrschbar machen könnte. Das unterscheidet die Situation von der dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 19. Juli 2000 (a.a.O.) insoweit zugrunde liegenden, die durch langjährige und positive Erfahrung mit privaten Haltern der Spielbanken gekennzeichnet war. Immerhin hat das Bundesverfassungsgericht auch in dieser Entscheidung die Einschätzung des baden-württembergischen Landesgesetzgebers, dass bei staatlicher Trägerschaft der Spielbanken die Kontrolle des Spielbetriebs und die Eindämmung der Spielleidenschaft besser gewährleistet sei als im Falle der Zulassung privater Veranstalter, im Grundsatz unbeanstandet gelassen. In Übereinstimmung hiermit ist im Verfahren zum Erlass des Bayerischen Staatslotteriegesetzes betont worden, dass die Staatliche Lotterieverwaltung eine manipulationssichere und zuverlässige Durchführung der Glücksspiele ohne eigenes Gewinnstreben gewährleiste. Das Fehlen eines eigenen Gewinnstrebens des Veranstalters, das durch die staatliche Aufsicht gewährleistet werden muss, kann zur Eindämmung des Spieltriebs beitragen. Der Verwaltungsgerichtshof hat außerdem mit Recht darauf hingewiesen, dass die Eigentümlichkeit der Oddset-Wette einen besonderen Schutz des einzelnen Spielers nicht nur vor den allgemeinen Gefahren des Glücksspiels erforderlich macht, sondern auch in Bezug auf die einzelvertragliche Abwicklung, da ein für alle Spieler verbindlicher Spielplan nicht besteht. Unter diesen Umständen kann das Verbot von Oddset-Wetten den privaten Veranstaltern oder Vermittlern aus überwiegenden Allgemeinwohlgründen auch zugemutet werden.
ccc) Ist die Einschätzung des Gefahrenpotentials des Glücksspiels durch die Gesetzgeber nicht erschüttert und erweist sich die Zugangssperre für private Veranstalter oder Vermittler auch nicht als unverhältnismäßig, besteht keine verfassungsrechtliche Pflicht, eine die private Veranstaltung oder Vermittlung von Oddset-Wetten ermöglichende Rechtsvorschrift zu erlassen. Wenn das Glücksspiel an sich unerwünscht und gefährlich ist, wovon der Bundes- und der Landesgesetzgeber ausgehen dürfen, braucht dafür kein zusätzliches Betätigungsfeld eröffnet zu werden.
Allerdings wird der Gesetzgeber nach Ablauf einer gewissen Zeitspanne, in der weitere Erfahrungen mit Oddset-Wetten, auch hinsichtlich ihrer privaten Veranstaltung im Ausland, gewonnen werden können und müssen, zu überprüfen haben, ob seine Einschätzung über das Erfordernis der Fernhaltung privater Veranstalter und Vermittler von derartigen Glücksspielen noch durch sachgerechte Erwägungen, die namentlich auch die Grundrechtsposition potentieller privater Interessenten einbeziehen, gerechtfertigt werden kann. Zudem wird der kritischen Überprüfung durch den Gesetzgeber bedürfen, ob die Veranstaltung von Sportwetten in staatlicher Monopolregie wirklich geeignet ist, die mit der Veranstaltung von Glücksspielen verbundenen Gefahren einzudämmen. Davon wird bei mit aggressiver Werbung einhergehender extremer Ausweitung des Spielangebots keine Rede mehr sein können. Namentlich wird darauf Bedacht zu nehmen sein, dass die in § 284 StGB vorausgesetzte Unerwünschtheit des Glücksspiels nicht in unauflösbaren Widerspruch gerät zum staatlichen Veranstalterverhalten. Gegenwärtig ist die gesetzgeberische Bewertung der Gefahren des Glücksspiels und ihrer Eindämmung jedoch aus den genannten Gründen nicht zu beanstanden.
d) Gemeinschaftsrecht führt zu keiner anderen Beurteilung. Allerdings unterfällt die Vermittlung von Oddset-Wetten in das zur Europäischen Gemeinschaft gehörende Ausland der Regelung des Art. 49 EG-Vertrag (neu) über den freien Dienstleistungsverkehr (EuGH, Urteile vom 21. September 1999 – Rs. C-124/97 – „Läärä” – GewArch 1999, 476, Rn. 27 und vom 21. Oktober 1999 – Rs. C-67/98 – „Zenatti” – GewArch 2000, 19, Rn. 24). Die Bestimmungen des EG-Vertrags über den freien Dienstleistungsverkehr stehen indessen nationalen Rechtsvorschriften über den Vorbehalt staatlicher Veranstaltung von Wetten nicht entgegen, wenn diese tatsächlich durch Ziele der „Sozialpolitik”, nämlich der Beschränkung der schädlichen Wirkung solcher Aktivitäten, gerechtfertigt und verhältnismäßig sind (vgl. EuGH, Urteil vom 21. September 1999, a.a.O., Rn. 31 ff., Urteil vom 21. Oktober 1999, a.a.O., Rn. 31, 35). Das ist hier, wie dargelegt, der Fall. Allein der Umstand, dass der Staat sich die Veranstaltung von Wetten vorbehält, reicht nicht aus, die tatsächliche Verfolgung von „sozialpolitischen” Zielen im vorstehenden Sinn zu verneinen (EuGH, Urteil vom 21. Oktober 1999, a.a.O., Rn. 35). Die Verfolgung der dargestellten Ziele verbietet zugleich die Annahme eines Art. 86 Abs. 2 EG-Vertrag unterfallenden Monopols.
3. Die Anträge auf Verpflichtung der Beklagten, über den Antrag auf Genehmigung der Veranstaltung oder Vermittlung von Oddset-Wetten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden, sind ebenfalls unbegründet. Wie dargelegt, sind Veranstaltung und Vermittlung von Oddset-Wetten durch Private in Bayern verboten und nicht erlaubnisfähig, ohne dass dies vorrangigem Recht widerspricht. Unter diesen Umständen kann die nachgesuchte Erlaubnis nicht erteilt werden.
4. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Unterschriften
Bardenhewer, Hahn, Gerhardt, Büge, Graulich
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 28.03.2001 durch Heider Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
BVerwGE, 92 |
NVwZ 2001, 782 |
DÖV 2001, 960 |
GewArch 2001, 334 |
JA 2002, 116 |
BayVBl. 2002, 185 |
DVBl. 2001, 1364 |
NPA 2001, 0 |
JAR 2001, 128 |