Entscheidungsstichwort (Thema)
Festsetzung des Wertausgleichs. Berechnungsmethode. Freibetrag. jährliche Abschreibung. Bezugspunkt der Durchschnittsbildung
Leitsatz (amtlich)
Die in § 7 Abs. 1 Satz 1 VermG geforderte Durchschnittsbildung bezieht sich nicht auf die Kalenderjahre nach Fertigstellung der baulichen Maßnahme oder die Kalenderjahre der Nutzung durch den Verfügungsberechtigten. Es ist deshalb unzulässig, für die Berechnung des Wertausgleichs die Gesamtkosten für Modernisierungs- oder Instandsetzungsmaßnahmen auf die Jahre der Nutzung durch den Verfügungsberechtigten aufzuteilen und dann diesen Mittelungswert um den Freibetrag sowie die Abschreibungen nach § 7 Abs. 1 Satz 3 VermG zu vermindern (wie Urteil vom 28. November 2001 – BVerwG 8 C 14.01 –).
Normenkette
VermG § 7 Abs. 1 Sätze 1, 3
Verfahrensgang
VG Halle (Saale) (Entscheidung vom 29.06.2000; Aktenzeichen 4 A 179/99) |
Tenor
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Halle vom 29. Juni 2000 wird aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen.
Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Tatbestand
I.
Der Kläger wendet sich gegen die Festsetzung eines Wertausgleichs gemäß § 7 VermG.
Das dem Kläger zurückübertragene 324 qm große Grundstück in W., L.-Straße 50 ist mit einem um 1925 errichteten dreigeschossigen Mietwohnhaus mit acht Wohneinheiten bebaut. Im Jahre 1985 nahm der damalige Rechtsträger zur „Komplettsanierung” des Gebäudes bei der Staatsbank der DDR einen am 1. Juli 1990 noch mit 147 552 DM valutierenden, grundbuchlich nicht gesicherten Kredit in Höhe von ursprünglich 314 857,62 M der DDR auf. Im Verwaltungsvorgang befinden sich mehrere an den damaligen Rechtsträger gerichtete Rechnungen des VEB Kreisbaubetrieb W. bzw. des VE Dienstleistungsbetrieb W. über Baumaßnahmen, die offenbar im Wesentlichen 1986 durchgeführt worden waren und insgesamt einen Betrag von 338 589,21 M ergeben.
Mit Bescheid vom 24. Mai 1995 übertrug das Amt zur Regelung offener Vermögensfragen dem Kläger antragsgemäß das Eigentum an dem bebauten Grundstück zurück. Unter Ziff. 2 stellte es fest, dass Verpflichtungen des Berechtigten im Sinne von § 7 VermG nicht bestünden. Mit Änderungsbescheid vom 29. August 1996 nahm es diese „Nichtfestsetzung eines Wertausgleichs” zurück und setzte in Ziff. 2 unter Hinweis auf den für Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen 1985 ausgezahlten Kredit einen Wertausgleich zugunsten des Entschädigungsfonds in Höhe von 14 091,46 DM fest. Zur Begründung führte das Vermögensamt aus, von der Kreditsumme in Höhe von 314 857,62 M sei bei acht Wohneinheiten ein Freibetrag in Höhe von 8 × 10 000 M = 80 000 M abzuziehen; es verbleibe mithin ein Bemessungsansatz von 234 857,62 M, wovon bis zur Rückgabe im Jahre 1995 jährlich – also achtmal – jeweils 8 % abzuziehen seien. Daraus resultiere ein Wertausgleichsbetrag in Höhe von 28 182,92 M, der 14 091,46 DM entspreche.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein, soweit ein Wertausgleich von über 8 842,03 DM festgesetzt worden war. Zur Begründung führte er aus, es sei nur ein Gesamtaufwand von 168 420,35 M belegt; der Mehraufwand sei nicht – wie gemäß § 7 Abs. 1 VermG erforderlich – nachgewiesen bzw. beruhe teilweise auf Doppelbuchungen. Der belegte Betrag sei um 80 000 DM und dann nochmals um 10 × 8 % zu mindern, so dass insgesamt ein Wertausgleichsbetrag in Höhe von 17 684,07 M, der 8 842,03 DM entspreche, übrig bleibe.
Mit der am 11. Februar 1998 erhobenen Untätigkeitsklage, die sich allein gegen die den Betrag von 8 842,03 DM übersteigende Festsetzung des Wertausgleichs richtete, hat der Kläger weiter ausgeführt, dass der Verfügungsberechtigte die Kosten im Einzelnen nachweisen müsse; bei Unerweislichkeit der Kostenzuordnung sehe das Vermögensgesetz ausdrücklich und ausschließlich die Schätzung des Wertzuflusses vor. Mit Urteil vom 29. Juni 2000 hat das Verwaltungsgericht Halle der Klage stattgegeben und den angefochtenen Bescheid aufgehoben, soweit darin ein Wertausgleich von mehr als 8 842,03 DM festgesetzt ist. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt: Die vom Beklagten zugrunde gelegten Instandsetzungskosten in Höhe von 314 857,62 M führten bei richtiger Berechnung nicht zu dem festgesetzten Ausgleichsbetrag. Da § 7 Abs. 1 VermG keinen systematischen Bezug aufweise, die Gesetzesmaterialien keine Begründung enthielten und Sinn und Zweck der Regelung „im Dunkeln” blieben, gehe die Kammer allein von dem Wortlaut der Norm aus. Deren Formulierung, die Kosten müssten im Kalenderjahr im Durchschnitt 10 000 M der DDR je Einheit überschritten haben, sei dahin gehend auszulegen, dass sich die Worte „im Durchschnitt” auch auf die Worte „im Kalenderjahr” und der genannte Betrag auf die Wohnungseinheit bezögen. Die Summe der von dem Verfügungsberechtigten über die Jahre aufgewandten Kosten müsse also durch die Anzahl dieser Jahre – zumindest der der Baumaßnahme nachfolgenden Kalenderjahre – geteilt werden und dieser Durchschnittsbetrag dann den Betrag von 80 000 M (= 10 000 M × 8 Wohneinheiten) übersteigen, um eine Wertausgleichsforderung zu begründen. Bei 10 Nutzungsjahren ergebe sich hier ein Betrag in Höhe von durchschnittlich 31 485,76 M, der unter dem Betrag von 80 000 M liege, so dass berücksichtigungsfähige Kosten nicht bestünden. Es sei nämlich kein Grund dafür ersichtlich, eine einzelne größere Instandsetzungsmaßnahme anders zu behandeln als mehrere kleine Instandsetzungen. Die gegenteilige Auffassung des Bundesministeriums der Finanzen in dessen Erlass vom 4. September 1992 werde dem maßgeblichen Wortlaut der Norm nicht gerecht.
Mit der von dem Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision rügt der Beklagte unter Hinweis auf den seiner Ansicht nach zutreffenden Erlass vom 4. September 1992 die Verletzung materiellen Rechts.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Halle vom 29. Juni 2000 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil.
Der Oberbundesanwalt tritt der Revision zur Seite.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist mit dem Ergebnis der Zurückverweisung der Sache an das Verwaltungsgericht begründet (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Das angefochtene Urteil verletzt Bundesrecht, weil die darin vertretene Berechnungsmethode des Wertausgleichs gegen § 7 Abs. 1 VermG verstößt. Da zur Berechnung der rechtmäßigen Höhe des Wertausgleichsbetrags keine ausreichenden tatsächlichen Feststellungen getroffen worden sind, kann der Senat nicht selbst in der Sache entscheiden.
1. Die Methode des Verwaltungsgerichts zur Berechnung des Wertausgleichs verstößt gegen § 7 Abs. 1 VermG.
Seine Annahme, bei § 7 Abs. 1 Satz 1 VermG sei schon vor Abzug des Freibetrags durch die Verteilung der Gesamtkosten auf alle Jahre der Nutzung durch den Verfügungsberechtigten – also unter Einbeziehung auch der vor der Baumaßnahme liegenden Nutzungsjahre – ein Durchschnittswert zu ermitteln und ggf. nach Abzug des Freibetrags der Restbetrag danach um jährlich 8 % abzuschreiben, ist mit § 7 Abs. 1 Sätze 1 und 3 VermG nicht zu vereinbaren. Diese entscheidungstragende Begründung des angefochtenen Urteils widerspricht der gesetzlichen Systematik des § 7 Abs. 1 VermG und dessen erkennbarem Zweck, ohne vom Wortlaut zwingend geboten zu sein.
a) § 7 Abs. 1 Satz 1 VermG erlegt dem Berechtigten die Pflicht auf, „die Kosten für vom Verfügungsberechtigten bis zum 2. Oktober 1990 durchgeführte Maßnahmen für eine Bebauung, Modernisierung oder Instandsetzung des Vermögenswertes zu ersetzen, soweit … diese Kosten im Kalenderjahr im Durchschnitt 10 000 M der Deutschen Demokratischen Republik je Einheit im Sinne des § 18 Abs. 2 Satz 3 überschritten haben”. Von dem danach ermittelten Betrag sind gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 VermG in einem zweiten Schritt „jährliche Abschläge von 8 vom Hundert bis zur Entscheidung über die Rückgabe vorzunehmen”. Das Ergebnis ist im Verhältnis 2 zu 1 in Deutsche Mark (§ 7 Abs. 1 Satz 4 VermG) umzurechnen und ergibt den zu ersetzenden Wertausgleich.
Dem Vermögensgesetz liegt damit erkennbar ein zweistufiges Berechnungssystem zugrunde. Zunächst sind die für den Wertausgleich berücksichtigungsfähigen Investitionen zu ermitteln, also zu prüfen, ob es sich um dem Vermögenswert des Berechtigten zuzuordnende, ausgleichsfähige Maßnahmen der Bebauung, Modernisierung oder Instandsetzung und nicht um bloße Instandhaltungsarbeiten handelt (vgl. zur Abgrenzung: BMF-Erlass vom 4. September 1992, Ziffer 2, abgedruckt bei Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, VermG, Band 2, Anhang II.13 sowie BTDrucks 12/2695 Seite 8 f. und Anlage 2 der Durchführungsbestimmung vom 30. Juni 1972 ≪GBl DDR II, 499≫). Das danach festgestellte Gesamtkostenvolumen wird auf dieser ersten Stufe nur insoweit als für den Ausgleich maßgeblich erachtet, als es bei bebauten Grundstücken einen bestimmten Schwellenwert je Einheit im Sinne von § 18 Abs. 2 Satz 3 VermG, also je abgeschlossener Wohnungseinheit, überschritten hat. Mit der Feststellung des danach in das Rechenwerk einzustellenden, die Bagatellgrenze überschreitenden und damit berücksichtigungsfähigen Kostenbetrags ist die erste Stufe der Ermittlung der maßgeblichen Investitionskosten abgeschlossen. Konsequenterweise sind deshalb in diesem Zusammenhang auch nur Maßnahmen bis zum 2. Oktober 1990 von Bedeutung. Auf der zweiten Stufe des § 7 Abs. 1 Satz 3 VermG hat der Gesetzgeber hingegen zugunsten des Berechtigten der nach Durchführung der Baumaßnahmen eingetretenen Abnutzung durch jährliche Abschreibungen von dem maßgeblichen, für das Objekt aufgewandten Kostenbetrag Rechnung getragen und in diesem Zusammenhang folgerichtig den Zeitraum bis zur Entscheidung über die Rückübertragung einbezogen.
Demgegenüber hat das Verwaltungsgericht bereits auf der Stufe der Ermittlung des berücksichtigungsfähigen Kostenaufwands durch die Aufteilung der Gesamtinvestitionskosten auf die Nutzungsdauer bis zur Rückübertragung einen abschreibungsähnlichen Effekt in die Ausgleichsberechnung eingeführt, der durch die zusätzliche Abschreibung nach § 7 Abs. 1 Satz 3 VermG ein zweites Mal berücksichtigt wird. Im wirtschaftlichen Ergebnis wird der Werteverzehr durch Abnutzung damit in dem Rechenvorgang in systemwidriger Weise doppelt wirksam.
b) Dass die Formulierung „im Durchschnitt” entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht auf die Jahre der Nutzung bezogen ist und deshalb nicht die von ihm vorgenommene Mittelung der Kosten rechtfertigt, legt schon die Wortlautauslegung nahe. Denn das Gesetz spricht nicht von dem Durchschnitt der Nutzungsjahre, sondern stellt auf den Kostenbetrag von „im Kalenderjahr im Durchschnitt 10 000 Mark der DDR je Einheit …” ab und berücksichtigt nur Kosten bis zum 2. Oktober 1990. Die Nutzungsdauer wird damit erkennbar nicht angesprochen. Vielmehr bezieht sich der Durchschnittswert – wie schon die Stellung im Satzgefüge nahe legt – auf den genannten Betrag je Wohneinheit. Mit dieser Pauschalierung sollen die praktischen Schwierigkeiten der sonst erforderlichen konkreten Zuordnung einzelner Arbeiten zu bestimmten Wohnungseinheiten aus dem Weg geräumt werden. Dies wird bestätigt durch die sprachlich eindeutigere Wendung in § 7 Abs. 1 Satz 3 VermG („10 000 Mark der DDR im Durchschnitt je Einheit …”), die sich bei der Gesetzesnovellierung ursprünglich als Satz 2 der vom Verwaltungsgericht missverstandenen Formulierung unmittelbar anschließen sollte (vgl. Protokoll der 46. Sitzung des Rechtsausschusses des Bundestages vom 24. Juni 1992, Seite 29 – modifizierte Bundesratsversion –).
c) Der Zweck der Regelung spricht ebenfalls gegen die Auffassung des Verwaltungsgerichts. Er besteht in dem Ziel, den durch Baumaßnahmen jenseits des nicht unbeträchtlichen Schwellenwertes von 10 000 Mark je Wohnungseinheit bewirkten Wertzuwachs abzuschöpfen. Dessen Verbleib bei dem Restitutionsberechtigten wäre durch den Wiedergutmachungszweck des Vermögensgesetzes nicht gedeckt (Urteil vom 18. Januar 1996 – BVerwG 7 C 45.94 – Buchholz 428 § 6 VermG Nr. 17 S. 29 ≪36≫). Dem bereicherungsrechtlichen Charakter der Vorschrift entspricht es, dass auf der Ermittlungsstufe nur Kosten jenseits eines bestimmten Schwellenwertes – gleichsam als Kriterium für die Zufuhr objektiver Werte – Berücksichtigung finden und auf der zweiten Stufe dem Werteverzehr durch Abnutzung mit Hilfe von jährlichen Abschreibungen Rechnung getragen wird. Diesem durch das dargelegte Berechnungssystem gewährleisteten Zweck wird die im Ergebnis zu einer doppelten Abschreibung führende Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht gerecht. Denn sie hat zur Folge, dass ein Wertausgleich in nennenswertem Umfang und typischerweise nicht zu leisten wäre, die Vorschrift also weitgehend ins Leere ginge, obwohl die Abschreibungsregelung des § 7 Abs. 1 Satz 3 VermG zum Ausdruck bringt, dass der Gesetzgeber bauliche Maßnahmen, die weniger als 12,5 Jahre – danach sind die Investitionen zu 100 % abgeschrieben – zurückliegen, als grundsätzlich ausgleichungswürdig ansieht. Nach der Berechnungsmethode des Verwaltungsgerichts wären nämlich selbst für DDR-Verhältnisse aufwändige Investitionen ausgleichsfrei. So würde nach der Auffassung des Verwaltungsgerichts ein Modernisierungsaufwand in Höhe von 800 000 Mark bei acht Wohnungseinheiten und zehn Nutzungsjahren bis zur Rückübertragung im Jahre 1995 den Schwellenwert des § 7 Abs. 1 Satz 1 VermG nicht überschreiten, also keinerlei Verpflichtung zum Wertausgleich begründen; bei einem Investitionsvolumen von 880 000 Mark und im Übrigen gleich bleibenden Annahmen würde ein Betrag von (88 000 – 80 000 =) 8 000 M mit jährlich 8 % abgeschrieben werden, was bei zehn berücksichtigungsfähigen Jahren (= – 80 %) einen Ausgleichsbetrag von 1 600 M, also 800 DM ergäbe. Da noch höhere Gesamtinvestitionskosten zu DDR-Zeiten außergewöhnlich waren und die daraus resultierenden „Ausgleichsbeträge” – wie gezeigt – selbst dann völlig unerheblich wären, ließe die Auffassung des Verwaltungsgerichts einen Wertausgleich in den typischen Fällen regelmäßig entfallen. Sie wird damit weder der Lebenswirklichkeit der DDR noch dem erkennbaren Ziel des Gesetzes gerecht und findet deshalb zu Recht auch in der Kommentarliteratur keinen Rückhalt (vgl. Meyer-Seitz in: Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, VermG, § 7 Rn. 24; Wasmuth, RVI § 7 VermG Rn. 55, 58; Budde-Hermann in: Kimme, VermG, § 7 Rn. 12; Kuhlmey/Wittmer in: Rädler/Raupach/Bezzenberger, Vermögen in der ehemaligen DDR, § 7 VermG Rn. 22).
d) Bei richtigem Verständnis des § 7 Abs. 1 VermG bezieht sich die geforderte Durchschnittsbildung somit auf den Schwellenwert von 10 000 Mark je Wohneinheit. Der diesen Betrag überschreitende Kostenanteil ist mit jährlich 8 % abzuschreiben. Ein danach verbleibender Restbetrag ist nach Umrechnung in DM auszugleichen. Dies entspricht der Berechnungsmethode, die dem Erlass des Bundesministers der Finanzen vom 4. September 1992 (a.a.O.) zutreffenderweise zugrunde liegt. Die Bezugnahme des Gesetzes auf das „Kalenderjahr” hat nach Ansicht des Senats erstens Bedeutung für die Frage, wie bei Modernisierungs- oder Instandsetzungsmaßnahmen zu verfahren ist, die sich über mehr als ein Jahr erstrecken, und wirkt sich zweitens auf die Beantwortung der Frage aus, wie zu verfahren ist, wenn in einem Kalenderjahr mehrere getrennte Maßnahmen bzw. in mehreren Jahren wiederholt eine bestimmte Modernisierungs- oder Instandsetzungsmaßnahme durchgeführt werden. Durch die Formulierung, es seien die den Schwellenwert überschreitenden Kosten für bestimmte Maßnahmen „im Kalenderjahr” zu berücksichtigen und der Abschreibung zuzuführen, bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass bei wiederholt durchgeführten Maßnahmen der Schwellenwert in jedem von Bauarbeiten betroffenen Kalenderjahr – also mehrfach – in Abzug gebracht werden muss (ebenso BMF-Erlass, Ziffer 3 und 9 Buchst. c, a.a.O.). Die Hervorhebung des Kalenderjahres hat ferner zur Folge, dass bei mehreren separaten Maßnahmen innerhalb eines Kalenderjahres – also zum Beispiel Modernisierungsmaßnahmen an Wohnungen und Instandsetzungsmaßnahmen am Gebäude – der Freibetrag insgesamt nur einmal angerechnet wird (ebenso: BMF-Erlass Ziffer 9 Buchst. a, a.a.O.; Kuhlmey/Wittmer, a.a.O., § 7 Rn. 22; Wasmuth, a.a.O., § 7 Rn. 58). Dem entspricht es, bei Modernisierungs- oder Instandsetzungsmaßnahmen, die mehr als ein Jahr in Anspruch nahmen, „im Kalenderjahr” – d.h. in jedem Jahr mit Bauarbeiten in nicht völlig unerheblichem Umfang – den Schwellenwert als Freibetrag abzuziehen (a.A.: Meyer-Seitz, a.a.O., § 7 Rn. 24; Kuhlmey/Wittmer, a.a.O., § 7 Rn. 22; Wasmuth, a.a.O., § 7 Rn. 58). Dass der Schwellenwert eine Bagatell- oder Erheblichkeitsgrenze kennzeichnen soll, steht dieser Betrachtung nicht entgegen. Zwar ist eine einheitliche Maßnahme, die sich über mehr als ein Jahr erstreckt, schon dann als erheblich anzusehen, wenn sie insgesamt den Schwellenwert von 10 000 Mark je Einheit überschreitet; andererseits macht es nach der auf das Kalenderjahr der Bauarbeiten abstellenden Konzeption des Gesetzes auch Sinn, die Erheblichkeit mit Blick auf jedes Kalenderjahr der Bauarbeiten gesondert zu prüfen und zugunsten des Berechtigten gegebenenfalls den Schwellenwert mehrfach abzusetzen. Dieses am Wortlaut orientierte Verständnis der Vorschrift hat überdies den Vorzug, dass es auf die gegebenenfalls schwierige tatsächliche Frage, ob Instandsetzungsmaßnahmen, die in zwei aufeinander folgenden Jahren stattgefunden haben, eine einheitliche oder jeweils getrennte Maßnahmen darstellen, insoweit nicht ankommt.
2. Die Sache ist nicht spruchreif. Das Verwaltungsgericht hat von seinem Standpunkt aus konsequenterweise keine Feststellungen getroffen, die es dem Senat erlauben würden, den richtigen Wertausgleichsbetrag selbst zu errechnen. Der Kläger hat die Rechnungen im Einzelnen bestritten, insbesondere die Zuordnung verschiedener in Rechnung gestellter Arbeiten zu dem ihm gehörenden Vermögenswert in Zweifel gezogen bzw. Doppelbuchungen behauptet. Aus diesen Gründen ist die Zurückverweisung unumgänglich. Das Verwaltungsgericht wird unter Berücksichtigung der dargelegten rechtlichen Kriterien (s.o. zu II. 1.) prüfen müssen, ob es sich – woran allerdings nach der Art der Rechnungen keine Zweifel bestehen dürften – bei den durchgeführten Arbeiten um Modernisierungs- oder Instandsetzungsmaßnahmen und nicht um bloße Instandhaltungsarbeiten handelte (vgl. zur Abgrenzung: BMF-Erlass vom 4. September 1992, a.a.O., Ziff. 2). Unabhängig davon, ob es sich bei den Arbeiten um ein einheitliches Projekt handelte oder nicht, darf im Kalenderjahr nur insgesamt einmal der Freibetrag abgezogen werden (s.o. zu II. 1.). Dabei ist es unerheblich, ob die in Ansatz gebrachten baulichen Maßnahmen zu einer objektiven Wertsteigerung geführt haben. § 7 Abs. 1 VermG macht den Wertausgleich nicht von einer objektiven Werterhöhung abhängig, sondern lässt für den Wertausgleich allein den Nachweis der Durchführung bestimmter Instandsetzungsarbeiten genügen. Dies ergibt sich aus dem Vergleich mit § 7 Abs. 2 VermG, der – anders als Abs. 1 – für die dort geregelten Sachverhalte auf den „objektiven Wert” zum Zeitpunkt der Rückübertragungsentscheidung abstellt. Hat das Verwaltungsgericht auf diese Weise den Betrag der maßgeblichen Gesamtinvestitionen ermittelt, so ist im nächsten Schritt für jedes Kalenderjahr, in dem abgerechnete Baumaßnahmen in einem nicht völlig unerheblichen Umfang stattgefunden haben, der „Freibetrag” gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 VermG – hier also 8 × 10 000 M – abzuziehen und der Restbetrag gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 VermG um jährlich 8 % abzuschreiben. Dabei ist aus Praktikabilitätsgründen das Jahr der Beendigung der Baumaßnahmen und das Jahr der Rückübertragung jeweils zugunsten des Berechtigten voll anzusetzen (vgl. BMF-Erlass vom 4. September 1992, a.a.O., Ziff. 3).
Unterschriften
Dr. Müller, Dr. Pagenkopf, Sailer, Golze, Postier
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 28.11.2001 durch Jesert Justizsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen