Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung einer Empfehlung der Kommission im Rahmen einer telekommunikationsrechtlichen Entgeltgenehmigung
Leitsatz (amtlich)
1. Die auf Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie 2002/21/EG (Rahmenrichtlinie) gestützte Empfehlung der Kommission vom 11. September 2013 über einheitliche Nichtdiskriminierungsverpflichtungen und Kostenrechnungsmethoden zur Förderung des Wettbewerbs und zur Verbesserung des Umfelds für Breitbandinvestitionen (2013/466/EU) schränkt nicht den Beurteilungsspielraum ein, über den die Bundesnetzagentur bei der Auswahl der Methode für die Berechnung des Anlagevermögens als Grundlage für die Ermittlung von Zinsen und Abschreibungen verfügt, wenn sie Entgelte anhand des in § 31 Abs. 1 Satz 2, § 32 Abs. 1 Satz 1 TKG a. F. geregelten Maßstabs der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung genehmigt.
2. Mit Blick auf die Vorgabe in Art. 19 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 der Rahmenrichtlinie, den gemäß Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie erlassenen Empfehlungen weitestgehend Rechnung zu tragen, hat die Regulierungsbehörde die darin enthaltenen Grundsätze regelmäßig als Belange mit besonderem Gewicht in die im Rahmen des regulierungsbehördlichen Beurteilungsspielraums vorzunehmende Abwägung einzustellen.
3. Das Ergebnis der Auslegung der Empfehlung durch die Bundesnetzagentur kann nur dann als Fehler bei der Ausfüllung des regulierungsbehördlichen Beurteilungsspielraums beanstandet werden, wenn sich die gewählte Auslegungsvariante als nicht mehr vertretbar erweist.
Verfahrensgang
VG Köln (Urteil vom 10.11.2021; Aktenzeichen 21 K 4396/19) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 10. November 2021 geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge trägt die Klägerin.
Tatbestand
Rz. 1
Die Klägerin betreibt ein bundesweites Telekommunikationsnetz. Sie ist aufgrund einer Regulierungsverfügung unter anderem verpflichtet, anderen Unternehmen vollständig entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss am Hauptverteiler bzw. Verteilerknoten oder einem näher an der Teilnehmeranschlusseinheit gelegenen Punkt zu gewähren, soweit sie den Zugang nicht unter bestimmten Voraussetzungen verweigern darf oder muss. Ferner hat sie lokal virtuell entbündelten Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung am Hauptverteiler oder einem näher an der Teilnehmeranschlusseinheit gelegenen Punkt in Form des Zugangs zum ersten Konzentrationspunkt in den näher definierten Gebieten des Hauptverteiler-Nahbereichs zu gewähren, soweit die Klägerin den Teilnehmeranschluss unter Einsatz von VDSL2-Vectoring-Technologie oder auf Basis reiner Glasfaser realisiert. Außerdem ist die Klägerin verpflichtet, zum Zweck des Zugangs zum Teilnehmeranschluss am Kabelverzweiger den Zugang zu ihren Kabelkanälen zwischen dem Kabelverzweiger und dem Hauptverteiler zu gewähren, soweit hierfür die erforderlichen Leerkapazitäten vorhanden sind, und für den Fall, dass aus technischen Gründen oder aus Kapazitätsgründen die Gewährung des Zugangs zu Kabelkanälen nicht möglich ist, den Zugang zu unbeschalteter Glasfaser zu gewähren. Die Entgelte für die Zugangsgewährung unterliegen der Genehmigungspflicht.
Rz. 2
Am 18. Januar 2019 stellte die Klägerin bei der Bundesnetzagentur einen Antrag auf Genehmigung von Entgelten für den Zugang im Multifunktionsgehäuse, zu Kabelkanalanlagen und zur unbeschalteten Glasfaser. Unter anderem beantragte sie für die Überlassung eines Viertels eines Kabelkanalrohrs die Genehmigung eines Entgelts in Höhe von monatlich 0,35 € je Rohrmeter und für die Überlassung von zwei unbeschalteten Glasfasern in Höhe von monatlich 151,40 €. Parallel beantragte die Klägerin die Genehmigung der Entgelte für den Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung. Nach Durchführung der Konsultationsverfahren notifizierte die Bundesnetzagentur die Entscheidungsentwürfe jeweils gegenüber der Kommission. Diese teilte hierzu mit Schreiben vom 21. Juni 2019 mit, dass sie die Notifizierung geprüft und dazu keine weiteren Anmerkungen habe.
Rz. 3
Mit zwei Beschlüssen vom 26. Juni 2019 genehmigte die Bundesnetzagentur anschließend zum einen die Entgelte für den Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung und zum anderen die Entgelte für den Zugang im Multifunktionsgehäuse, zu Kabelkanalanlagen sowie zu unbeschalteten Glasfasern. Gegen den die Genehmigung der Entgelte für den Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung betreffenden Beschluss der Bundesnetzagentur (TAL-Entgelte-Beschluss) erhoben mehrere Wettbewerber der Klägerin Anfechtungsklagen. Mit Urteilen vom 16. Juni 2021 - 21 K 4368/19 u. a. - hob das Verwaltungsgericht diesen Beschluss jeweils im Verhältnis zwischen den Beteiligten auf. Diese Urteile, gegen die sowohl die Beklagte als auch die dortige Beigeladene - die hiesige Klägerin - Revision eingelegt hatten, sind wirkungslos, nachdem die jeweiligen Klägerinnen und die Beklagte in den Revisionsverfahren übereinstimmende Erledigungserklärungen abgegeben haben (BVerwG, Beschlüsse vom 5. September 2022 - 6 C 12.21, 13.21, 14.21, 15.21, 16.21 und 17.21 -).
Rz. 4
Mit dem im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen weiteren Beschluss vom 26. Juni 2019, der die Entgelte für den Zugang im Multifunktionsgehäuse, zu Kabelkanalanlagen sowie zu unbeschalteten Glasfasern betrifft, genehmigte die Bundesnetzagentur für den Zeitraum bis zum 30. Juni 2022 unter anderem ein Entgelt in Höhe von monatlich 0,06 € je Rohrmeter für die Überlassung eines Viertels eines Kabelkanalrohrs in einem Mehrfachrohr und in Höhe von monatlich 13,61 € für die Überlassung von zwei unbeschalteten Glasfasern.
Rz. 5
In den Gründen des Beschlusses führte die Beschlusskammer der Bundesnetzagentur im Wesentlichen aus, in Bezug auf die Investitionskalkulation der Kabelkanalanlagen sowie der unbeschalteten Glasfasern hätten die Kostenunterlagen der Klägerin nicht als Entscheidungsgrundlage herangezogen werden können. Denn um dem Maßstab der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung zu genügen, sei die konkrete Führung der Kabeltrassen und die Bündelung der Nachfrage auf den Trassensegmenten dergestalt vorzunehmen, dass unter Beachtung der von der Klägerin angegebenen Hauptverteiler- und Endverzweigerstandorte sowie bestimmter netztechnischer Nebenbedingungen Distanzen und Investitionen minimiert würden. Eine Optimierung der zugrunde zu legenden Netzinfrastruktur anhand effizienter Modellparameter sei jedoch auf der Grundlage der Antragsunterlagen nicht möglich. Aus diesem Grund zog die Beschlusskammer ein von der WIK-Consult erstelltes Kostenmodell ("Analytisches Kostenmodell für das Anschlussnetz", Version 3.0) heran. Da das WIK-Modell Variationen unter Beachtung von Effizienzkriterien ermögliche, könnten die Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung abschließend ermittelt werden. Der Entgeltantrag sei daher mit Blick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht insgesamt abzulehnen.
Rz. 6
Bei der Berechnung der den Entgelten zugrundeliegenden Investitionswerte für Kabelkanalanlagen und unbeschaltete Glasfasern nahm die Beschlusskammer - dem WIK-Modell folgend sowie auf ihre Ausführungen in dem TAL-Entgelte-Beschluss Bezug nehmend - eine nachfragegetriebene Bottom-up-Modellierung unter Berücksichtigung der bestehenden Hauptverteilerstandorte (sog. Scorched-Node-Ansatz) vor. Dabei stellte sie auf einen Referenznetzbetreiber ab, der unter Nutzung vorhandener Kabelschächte und Kabelkanäle ein durchgängig neues Glasfasernetz erstellt. Im Rahmen der Kostenrechnung und Netzmodellierung seien allerdings die neuen Glasfaserelemente gemäß den Vorgaben der Empfehlung 2013/466/EU der Kommission vom 11. September 2013 über einheitliche Nichtdiskriminierungsverpflichtungen und Kostenrechnungsmethoden zur Förderung des Wettbewerbs und zur Verbesserung des Umfelds für Breitbandinvestitionen jeweils "kupferanalog" zu bewerten. Der Empfehlung entsprechend seien die Investitionswerte zwar auf der Basis von Bruttowiederbeschaffungswerten zu ermitteln, für wiederverwendbare bauliche Anlagen - wie insbesondere Kabelkanäle und Kabelschächte - jedoch um die auf diese erfolgten Abschreibungen zu vermindern. Dabei ging die Beschlusskammer davon aus, dass Kabelkanalanlagen nach Ablauf von 35 Jahren und Kabelschächte nach Ablauf von 15 Jahren vollständig abgeschrieben seien und daher nicht mehr in die Ermittlung des Investitionswerts einflössen. Diese Dauer ergebe sich im Einklang mit der Empfehlung aus der Buchführung der Klägerin. Da bei den betreffenden Anlagen die Kosten für entsprechende Reinvestitionen bereits verdient seien, dürften entsprechende hypothetische Kostenbestandteile dem Zugangsinteressenten nicht auferlegt werden. Der Auffassung der Klägerin, kumulierte Abschreibungen seien nur bei baulichen Anlagen zu berücksichtigen, die nach Lage, Dimension und Ausführung ihrem real existierenden Netz entsprächen, folgte die Beschlusskammer nicht. Zur Ermittlung der Kapitalkosten für die Kabelkanalanlagen und die Kabelschächte multiplizierte die Beschlusskammer die zu berücksichtigenden Investitionswerte mit Annuitätenfaktoren, deren Höhe durch den kalkulatorischen Zinssatz und ferner durch die Abschreibungsdauern bestimmt wurde. Die Abschreibungsdauer setzte sie hierbei abweichend vom Antrag nicht auf 35 bzw. 15 Jahre, sondern auf 40 Jahre fest.
Rz. 7
Auf die Klage der Klägerin hat das Verwaltungsgericht die Beklagte unter teilweiser - soweit sie den weitergehenden Antrag der Klägerin abgelehnt hat - Aufhebung von I.2.3.2. und I.3.2. ihres Bescheides vom 26. Juni 2019 verpflichtet, den Genehmigungsantrag der Klägerin bezüglich des Entgelts für die Überlassung eines Viertels eines Kabelkanalrohrs in einem Mehrfachrohr und bezüglich des Entgelts für die Überlassung zweier unbeschalteter Glasfasern unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.
Rz. 8
Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt: Die auf der Grundlage des § 35 Abs. 3 i. V. m. § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. § 32 TKG erteilte Genehmigung sei rechtswidrig. Der von § 31 Abs. 1 Satz 1 TKG vorgegebene Maßstab, dass genehmigungsbedürftige Entgelte genehmigungsfähig sind, wenn sie die Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung nicht überschreiten, sei im Hinblick auf Art. 13 der Richtlinie 2002/19/EG (Zugangsrichtlinie - ZRL) dahingehend auszulegen, dass der Regulierungsbehörde bei der Auswahl der Methode für die Berechnung des Anlagevermögens als Grundlage für die Ermittlung von Zinsen und Abschreibungen ein (auf der Nahtstelle zum Regulierungsermessen stehender) Beurteilungsspielraum zukomme.
Rz. 9
Die Ausübung eines der Beklagten zustehenden Regulierungsermessens bzw. Beurteilungsspielraumes könne im Einzelfall durch Empfehlungen von Unionsorganen eingegrenzt sein. Auch die auf Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie 2002/21/EG (Rahmenrichtlinie - RRL) gestützte Nichtdiskriminierungsempfehlung entfalte gegenüber der nationalen Regulierungsbehörde grundsätzlich eine gewisse Bindungswirkung. Soweit gemäß Art. 19 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 RRL die Mitgliedstaaten sicherzustellen hätten, dass die nationalen Regulierungsbehörden den von der Kommission nach Art. 19 Abs. 1 RRL erlassenen Empfehlungen bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben weitestgehend Rechnung tragen, sei damit zwar nicht eine strikte Bindung an die Empfehlung verbunden. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) müsse die nationale Regulierungsbehörde aber grundsätzlich den in der Empfehlung gegebenen Hinweisen folgen. Nur wenn sie im Rahmen ihrer Beurteilung einer konkreten Situation, insbesondere der Besonderheiten des Marktes des betreffenden Mitgliedstaates, den Eindruck habe, dass die Empfehlung den Umständen nach nicht angemessen sei, könne sie unter Angabe ihrer Gründe von ihr abweichen. Weiter habe die nationale Regulierungsbehörde zu prüfen, ob der Betroffene hinreichende Anhaltspunkte dargetan habe, um glaubhaft zu machen, dass die Anwendung der Empfehlung gegebenenfalls angesichts der Besonderheiten des betreffenden Marktes im Hinblick auf die in Art. 8 RRL und Art. 13 ZRL genannten Ziele unverhältnismäßig sei. Schließlich sei zu prüfen, ob gegenläufige öffentliche oder private Belange zu berücksichtigen seien, denen nach der besonders zu begründenden Einschätzung der Bundesnetzagentur ein so hohes Gewicht zukomme, dass ihr Zurücktreten nicht gerechtfertigt erscheine. Der Bundesnetzagentur stehe mithin kein allgemeiner regulierungsbehördlicher Beurteilungsspielraum dahingehend zu, ob sie der Nichtdiskriminierungsempfehlung folge oder nicht; vielmehr werde ihr Beurteilungsspielraum durch diese Empfehlung dirigiert.
Rz. 10
Anhaltspunkte dafür, dass die Voraussetzungen für eine Nichtanwendbarkeit der Nichtdiskriminierungsempfehlung erfüllt seien, lägen nicht vor. Die Beklagte sei implizit davon ausgegangen, dass keine Besonderheiten des deutschen Marktes bestünden, die eine Anwendung der Empfehlung hinderten oder deren Anwendung unverhältnismäßig erscheinen ließen. Auch seien im Verwaltungsverfahren zunächst keine gegenläufigen öffentlichen oder privaten Belange ersichtlich geworden, aufgrund derer ein Zurücktreten der Empfehlung gerechtfertigt gewesen wäre. Die Beklagte sei daher grundsätzlich gehalten gewesen, die Berechnung der streitgegenständlichen Zugangsentgelte anhand der Vorgaben der Empfehlung vorzunehmen. Auch im Rahmen der Anwendung der Empfehlung stünden der Bundesnetzagentur allerdings Spielräume zu. Schließlich lebe der regulierungsbehördliche Beurteilungsspielraum wieder auf, soweit die Empfehlung keine abschließenden Handlungsanweisungen gebe.
Rz. 11
Hiervon ausgehend sei festzustellen, dass die Beklagte das zugrunde zu legende Referenznetz fehlerhaft modelliert habe. Obwohl nach der Nichtdiskriminierungsempfehlung für die Bemessung der regulatorischen Anlagebasis ein Zugangsnetz der nächsten Generation (NGA-Netz) zu modellieren sei, habe die Beklagte von vorneherein nur solche Referenznetze in den Blick genommen, bei denen eine "Kupferrückrechnung" bereits erfolgt sei. Zudem sei sie bei der Modellierung des NGA-Netzes fehlerhaft davon ausgegangen, dass die Anzahl der Hauptverteilerstandorte vorgegeben sei. Das Verwaltungsgericht verweist in diesem Zusammenhang auf seine Urteile vom 16. Juni 2021 - 21 K 4486/19 und 21 K 4368/19 - und führt aus, dieser Mangel aus dem TAL-Entgelte-Beschluss schlage auf den vorliegenden Beschluss durch, da dieser durchgängig auf jenen Beschluss Bezug genommen habe. Ferner sei die Beklagte zu Unrecht davon ausgegangen, dass auch diejenigen realen baulichen Anlagen der Klägerin, die sich nicht in dem Netzmodell der Beklagten wiederfänden, nach Nr. 34 der Nichtdiskriminierungsempfehlung zu bewerten seien. Aus Nr. 30 ff. der Empfehlung folge, dass die Art des ermittelten NGA-Netzes auch darüber entscheide, welche Anlagen konkret als replizierbar bzw. nicht replizierbar anzusehen seien. Dementsprechend hätte die Beklagte den Anteil der abgeschriebenen Anlagen aus dem Ist-Netz der Klägerin nicht auf das von ihr modellierte Netz übertragen dürfen. Schließlich sei die Beklagte bei den wiederverwendbaren baulichen Anlagen fehlerhaft davon ausgegangen, dass die Kabelkanalanlagen bereits nach 35 Jahren und die Kabelschächte bereits nach 15 Jahren bei der Ermittlung der regulatorischen Anlagebasis nicht mehr zu berücksichtigen seien. Die Angaben der Klägerin zu den Abschreibungsdauern seien nicht so zu verstehen, dass sich danach die Anlagen in den genannten Zeiträumen bereits "gerechnet" hätten. Aus dem Verweis auf die "geprüfte" regulatorische Buchhaltung in der Empfehlung folge, dass die nationale Regulierungsbehörde die Buchhaltung des Unternehmens auf die Einhaltung dieser Maßstäbe zu prüfen und gegebenenfalls zu korrigieren habe. Nach Nr. 36 Satz 1 der Empfehlung setzten die nationalen Regulierungsbehörden für den besonderen Fall "baulicher" Anlagen die Lebensdauer so an, dass sie der erwarteten Nutzungsdauer der Anlage und dem Nachfrageprofil entspreche; bei Kabelschächten betrage sie nach Nr. 36 Satz 2 in der Regel mindestens 40 Jahre. Die Annahme, dies betreffe allein den jährlichen "Verteilungsmaßstab", sei systematisch unplausibel und regulatorisch inkonsequent. Der Ansatz unterschiedlicher Nutzungszeiten führe im Ergebnis zu Kostenunterdeckungen, die nach der Empfehlung zu vermeiden seien. Die genannten Fehler seien nicht deshalb unerheblich, weil die Kommission im Verfahren nach Art. 7 RRL erklärt habe, dass sie die Notifizierung und die von der Bundesnetzagentur übermittelten Informationen geprüft und hierzu keine Anmerkungen habe. Die Klägerin werde durch die Rechtswidrigkeit der Genehmigung in ihren Rechten verletzt. Denn eine Entscheidung der Beklagten, die die aufgezeigten Ermessens- bzw. Beurteilungsfehler vermeide, könne zur Genehmigung höherer Entgelte führen.
Rz. 12
Mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Abweisung der Klage. Entgegen der Ansicht der Vorinstanz verlange die Nichtdiskriminierungsempfehlung nach erfolgter Modellierung eines NGA-Netzes keine Festlegung und Benennung der Zugangsentgelte zu diesem NGA-Netz. Da die Entgelte für den Zugang zu dem fiktiven NGA-Referenznetz nicht genehmigt werden müssten und nicht der Kostenorientierung unterlägen, könnten sie auch nicht Grundlage für die Abwägungsentscheidung sein. Der ausgewiesene Preis hätte keine Marktrelevanz. Die im Rückrechnungsverfahren ermittelten und festgelegten Entgelte für den Zugang zur Kupfer-Teilnehmeranschlussleitung sollten nach der Empfehlung vielmehr einen preisbeschränkenden Effekt für die nicht regulierten NGA-Entgelte haben. Die Berücksichtigung der vorhandenen Hauptverteilerstandorte bei der Modellierung eines NGA-Netzes widerspreche ebenfalls nicht der Empfehlung. Diese verlange keine rein hypothetische Modellierung des NGA-Netzes mit der Folge, dass die Hauptverteiler als Zugangspunkte nicht mit einbezogen werden dürften. Ein vollkommen optimiertes, neu modelliertes Netz ohne Rücksicht auf die bestehende Hauptverteilerstruktur würde vielmehr die von der Empfehlung geforderte Anpassung an das Kupfernetz bei der Kupferrückrechnung kaum ermöglichen. Die Forderung eines Abgleichs des modellierten mit dem Ist-Netz bei der Berücksichtigung der wiederverwendbaren baulichen Anlagen stünde in Widerspruch zu der vorgesehenen Bottom-up-Modellierung eines hypothetischen NGA-Netzes. Die besondere Bewertung dieser Anlagen solle eine Kostenüberdeckung vermeiden. Diesem Ziel würde es widersprechen, weniger Anlagen aus der regulatorischen Anlagenbasis herauszunehmen als dies bei Zugrundelegung der realen Verhältnisse der Fall wäre. Die Vorgehensweise der Beschlusskammer lasse die optimierte Trassenführung unangetastet und gewährleiste gleichzeitig, dass Kosteneinsparungen durch die Wiederverwendung nicht replizierbarer baulicher Anlagen in dem Umfang berücksichtigt würden, wie sie von der Klägerin beim Ausbau ihrer eigenen NGA-Netze realisiert werden könnten. Ein Abgleich der tatsächlichen baulichen Anlagen mit dem modellierten Netz sei auf der Grundlage der vorgelegten Kostenunterlagen nicht möglich gewesen. Schließlich sei auch nicht zu beanstanden, dass die Kabelkanalanlagen bereits nach 35 Jahren und die Kabelschächte bereits nach 15 Jahren bei der Ermittlung der regulatorischen Anlagenbasis nicht mehr berücksichtigt worden seien. Es entspreche der Empfehlung, die Dauer, nach der Anlagen als vollständig abgeschrieben nicht mehr in die regulatorische Anlagenbasis einfließen, aufgrund der Kostenunterlagen der Klägerin festzulegen, bei der Annualisierung der Investitionen hingegen eine Nutzungsdauer von 40 Jahren für bauliche Anlagen anzusetzen. Bei der Verwendung von Nutzungsdauern sei grundsätzlich danach zu unterscheiden, ob es um die Ermittlung der abgeschriebenen Anlagen gehe oder ob die relevanten Investitions- bzw. Infrastrukturwerte lediglich auf die geschätzte ökonomische Nutzungsdauer zu verteilen seien. Bei Zugrundelegung der regulatorischen Nutzungsdauer von 40 Jahren würden entgegen dem Ziel der Empfehlung, eine Kostenüberdeckung zu verhindern, auch bereits amortisierte Anlagen in die Ermittlung der Investitionen einbezogen und auf diese Weise den Vorleistungsnachfragern letztlich rein hypothetische Kostenbestandteile auferlegt.
Rz. 13
Die Klägerin tritt der Revision entgegen. Hinsichtlich der ersten beiden vom Verwaltungsgericht angenommenen Rechtsfehler sei dessen Rechtsauffassung zwar nicht zu folgen. Soweit die Beklagte nur solche Referenznetze berücksichtigt habe, die eine Rückrechnung auf die Kosten der kupferbasierten Vorleistungsprodukte zuließen, und von der Zahl der vorhandenen Hauptverteilerstandorte ausgegangen sei, habe sie ein vertretbares Verständnis der Nichtdiskriminierungsempfehlung zugrunde gelegt. Die Empfehlung sei kein quasi-gesetzliches Regelungswerk, sondern ein ausfüllungsfähiger und ausfüllungsbedürftiger Rahmen, der die Ausübung von Beurteilungsspielräumen mit Leitlinien und Grundsätzen strukturiere. Sie enthalte Gesichtspunkte, die bei der Kostenmodellierung berücksichtigt werden sollten. Hierzu gehöre auch die Orientierung an den konkreten Gegebenheiten und damit teilweise auch die Ausrichtung an demjenigen Kupfernetz, dessen Zugangsentgelte bestimmt würden. Durch die Heranziehung der realen Hauptverteilerstandorte aus dem Netz der Klägerin habe die Beklagte die Vergleichbarkeit mit den Ergebnissen aus den vorangegangenen Entgeltgenehmigungsverfahren gewahrt. Die Wahl eines solchen Scorched-Node-Ansatzes sei im Rahmen der Bestimmung kostenorientierter Entgelte auch gemäß der Empfehlung zulässig und beurteilungsfehlerfrei.
Rz. 14
Unbegründet sei die Revision der Beklagten jedoch hinsichtlich der beiden anderen vom Verwaltungsgericht angenommenen Rechtsfehler. Die Vorgehensweise der Bundesnetzagentur, den Anteil der wiederverwendbaren baulichen Anlagen in dem modellierten fiktiven Netz dadurch zu bestimmen, dass die anhand der Kostenunterlagen der Klägerin ermittelte Quote der bereits abgeschriebenen Kabelkanäle und -rohre bzw. Kabelschächte unabhängig davon auf das fiktive Netz übertragen werde, ob und inwieweit die Klägerin diese Anlagen bei der Realisierung dieses Netzes tatsächlich wiederverwenden könnte, stehe nicht im Einklang mit der Nichtdiskriminierungsempfehlung. Die "doppelte" Effizienzkorrektur der Beklagten führe zu nicht sachgerechten Kostenkürzungen. Denn zum einen komme es durch das Zugrundelegen eines hypothetischen, effizienten Netzes mit einer neuen Streckenführung zu Kostensenkungen gegenüber dem realen Netz. Zum anderen werde von der Annahme ausgegangen, dass die wiederverwendbaren baulichen Anlagen zu 100 % in diesem hypothetischen Netz wiederverwendet und insoweit Kosten von Null angesetzt werden könnten, obwohl sie nicht dem angenommenen Trassenverlauf entsprächen. Richtigerweise hätte die Beklagte ein Netz modellieren müssen, in dem die Vorteile durch die Nutzung vorhandener Anlagen und die Vorteile einer effizienten Trassenführung gegeneinander abgewogen würden und für jedes Teilstück entweder eine neue kürzere Trasse oder eine längere Trasse unter Nutzung vorhandener Anlagen zugrunde gelegt werde. Zu Recht sei das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die Beklagte bei der Ermittlung der Quote der vollständig abgeschriebenen, wiederverwendbaren baulichen Anlagen eine einheitliche Abschreibungsdauer von 40 Jahren hätte zugrunde legen müssen. Die von der Beschlusskammer herangezogenen abweichenden Angaben im Rechnungswesen der Klägerin seien mit den Steuerbehörden in Anlehnung an die amtlichen Abschreibungstabellen abgestimmt. Die Vorgehensweise der Beklagten, zur Ermittlung der Quote der vollständig abgeschriebenen, wiederverwendbaren baulichen Anlagen auf diese Angaben zurückzugreifen, die so ermittelten Investitionskosten dann jedoch auf Basis einer regulatorischen Abschreibungsdauer von 40 Jahren zu annualisieren, habe zur Folge, dass die regulatorischen Kosten von Kabelkanälen und -rohren und Kabelschächten unter den handelsrechtlichen Kosten lägen. Aus dem steuerrechtlich und bilanzrechtlich zutreffenden Ansatz kürzerer Abschreibungsdauern könne nicht geschlossen werden, dass diese Abschreibungen auch im Rahmen der regulatorischen Kapitalbasis anzusetzen seien. Aus der Nichtdiskriminierungsempfehlung ergebe sich, dass gerade nicht die Buchwerte der Klägerin aus ihrem steuerlichen Jahresabschluss maßgeblich seien, sondern die Werte einer regulatorischen Schattenrechnung. Gemäß Nr. 36 der Empfehlung sei für den regulatorischen Buchwert von Kabelkanalanlagen, Kabelrohren und Kabelschächten eine Abschreibungsdauer von 40 Jahren anzusetzen.
Entscheidungsgründe
Rz. 15
Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Das der Bescheidungsklage stattgebende Urteil des Verwaltungsgerichts beruht, soweit es noch nicht rechtskräftig ist, auf der Verletzung revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) und stellt sich insoweit auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO).
Rz. 16
Gegenstand der - unbeschränkt eingelegten - Revision der Beklagten ist neben der in dem vorinstanzlichen Urteil ausgesprochenen Verpflichtung der Beklagten zur Neubescheidung des Genehmigungsantrags der Klägerin bezüglich der genannten Entgelte auch die hierbei zu beachtende Rechtsauffassung des Gerichts, so wie sie in den Entscheidungsgründen des Bescheidungsurteils niedergelegt ist; denn auch insoweit erwächst das Urteil gegebenenfalls in Rechtskraft (vgl. BVerwG, Urteile vom 3. November 1994 - 3 C 30.93 - NVwZ 1996, 66 und vom 20. Oktober 2016 - 7 C 27.15 - Buchholz 404 IFG Nr. 22 Rn. 12). Dies umfasst die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu den von ihm angenommenen vier Rechtsfehlern der Entgeltgenehmigung. Grundsätzlich nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens sind hingegen die übrigen im erstinstanzlichen Verfahren erhobenen Rügen der Klägerin, welche nach Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht durchgreifen. Da die durch die Ausführungen in diesem Teil des Urteils beschwerte Klägerin ihrerseits keine Revision eingelegt hat, ist der Bescheidungsausspruch insoweit zu ihrem Nachteil rechtskräftig geworden. Eine ihr günstigere Rechtsauffassung, als sie das verwaltungsgerichtliche Bescheidungsurteil zum Ausdruck bringt, kann die Klägerin nicht mehr erreichen (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. November 1994 - 3 C 30.93 - NVwZ 1996, 66 f.).
Rz. 17
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Neubescheidung ihres Genehmigungsantrags bezüglich der Entgelte für die Überlassung eines Viertels eines Kabelkanalrohrs in einem Mehrfachrohr und für die Überlassung zweier unbeschalteter Glasfasern. Denn die Bundesnetzagentur hat - soweit dies im Revisionsverfahren noch zu prüfen ist - rechtsfehlerfrei über den Genehmigungsantrag der Klägerin entschieden und hierbei insbesondere auch die Empfehlung der Kommission vom 11. September 2013 über einheitliche Nichtdiskriminierungsverpflichtungen und Kostenrechnungsmethoden zur Förderung des Wettbewerbs und zur Verbesserung des Umfelds für Breitbandinvestitionen (2013/466/EU) in rechtlich nicht zu beanstandender Weise berücksichtigt.
Rz. 18
1. Rechtsgrundlage für die von der Klägerin erstrebte Genehmigung höherer Entgelte sind die Vorschriften der § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2, § 32 Abs. 1 Satz 1 sowie § 35 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 des Telekommunikationsgesetzes (TKG a. F.) vom 22. Juni 2004 (BGBl. I S. 1190) in der zuletzt durch Gesetz vom 29. November 2018 (BGBl. I S. 2230) geänderten Fassung. Die Vorschriften der am 1. Dezember 2021 in Kraft getretenen Neufassung des Telekommunikationsgesetzes sind hier noch nicht anzuwenden, da für die gerichtliche Prüfung telekommunikationsrechtlicher Entgeltgenehmigungen die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung maßgebend ist (BVerwG, Beschluss vom 16. Januar 2019 - 6 B 136.18 - juris Rn. 20).
Rz. 19
Nach § 35 Abs. 3 Satz 1 TKG a. F. ist die Genehmigung von Entgelten, die nach § 30 Abs. 1 Satz 1 oder Abs. 2 Satz 2 TKG a. F. genehmigungspflichtig sind, ganz oder teilweise zu erteilen, soweit die Entgelte den Anforderungen der §§ 28 und 31 Abs. 1 Satz 2 TKG a. F. nach Maßgabe des § 35 Abs. 2 TKG a. F. entsprechen und keine Versagungsgründe nach § 35 Abs. 3 Satz 2 oder 3 TKG a. F. vorliegen. § 35 Abs. 3 Satz 2 TKG a. F. zufolge ist die Genehmigung der Entgelte zu versagen, soweit die Entgelte mit diesem Gesetz, insbesondere mit § 28 TKG a. F., oder anderen Rechtsvorschriften nicht in Einklang stehen. Nach § 35 Abs. 3 Satz 3 TKG a. F. kann die Regulierungsbehörde eine Genehmigung der Entgelte auch versagen, wenn das Unternehmen die in § 34 TKG a. F. genannten Unterlagen nicht vollständig vorgelegt hat. Gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 TKG a. F. genehmigt die Bundesnetzagentur Entgelte nach § 30 Abs. 1 Satz 1 oder § 30 Abs. 2 Satz 2 TKG a. F. auf der Grundlage der auf die einzelnen Dienste entfallenden Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung nach § 32 TKG a. F. (sog. Einzelgenehmigungsverfahren, § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 TKG a. F.) oder auf der Grundlage der von ihr vorgegebenen Maßgrößen für die durchschnittlichen Änderungsraten der Entgelte für einen Korb zusammengefasster Dienste (Price-Cap-Verfahren) nach Maßgabe des § 33 TKG a. F. (§ 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 TKG a. F.). § 31 Abs. 1 Satz 2 TKG a. F. bestimmt, dass genehmigte Entgelte die Summe der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung und der Aufwendungen nach § 32 Abs. 2 TKG a. F. nicht überschreiten dürfen. Abweichend von § 31 Abs. 1 TKG a. F. genehmigt die Bundesnetzagentur Entgelte gemäß § 31 Abs. 2 Nr. 2 TKG a. F. auf der Grundlage anderer Vorgehensweisen, sofern diese besser als die in § 31 Abs. 1 TKG a. F. genannten Vorgehensweisen geeignet sind, die Regulierungsziele nach § 2 TKG a. F. zu erreichen. Neben den der Bundesnetzagentur vorliegenden Kosteninformationen kann sie gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 TKG a. F. zusätzlich Preise solcher Unternehmen als Vergleich heranziehen, die entsprechende Leistungen auf vergleichbaren, dem Wettbewerb geöffneten Märkten anbieten; dabei sind die Besonderheiten der Vergleichsmärkte zu berücksichtigen. Nach § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 TKG a. F. kann die Bundesnetzagentur zur Ermittlung der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung auch eine von der Kostenberechnung des Unternehmens unabhängige Kostenrechnung anstellen und hierfür Kostenmodelle heranziehen. § 35 Abs. 1 Satz 2 TKG a. F. sieht schließlich vor, dass die Entscheidung der Bundesnetzagentur auf einer Prüfung nach § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder 2 TKG a. F. beruhen kann, soweit die der Bundesnetzagentur vorliegenden Kosteninformationen für eine Prüfung der genehmigungspflichtigen Entgelte nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 TKG a. F. in Verbindung mit § 34 TKG a. F. nicht ausreichen.
Rz. 20
a) Die Genehmigung höherer Entgelte für den Zugang zu Kabelkanalanlagen sowie zu unbeschalteten Glasfasern ist nicht schon deshalb zu versagen, weil die Entgelte dann gemäß § 35 Abs. 3 Satz 2 TKG a. F. mit diesem Gesetz, insbesondere mit § 28 TKG a. F., oder anderen Rechtsvorschriften nicht in Einklang stünden. Insbesondere besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass die Forderung der sich im Fall einer Neubescheidung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts ergebenden Entgelte zwangsläufig zu einem Preishöhen-, Behinderungs- oder Diskriminierungsmissbrauch im Sinne von § 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 3 TKG a. F. oder in sonstiger Weise zu einer missbräuchlichen Ausnutzung beträchtlicher Marktmacht führen würde (§ 28 Abs. 1 Satz 1 TKG a. F.).
Rz. 21
b) Der in § 35 Abs. 3 Satz 3 TKG a. F. geregelte Versagungsgrund steht der Genehmigung höherer Entgelte ebenfalls nicht entgegen. Nach dieser Ermessensvorschrift kann die Bundesnetzagentur eine Genehmigung der Entgelte auch versagen, wenn das Unternehmen die in § 34 TKG a. F. genannten Unterlagen nicht vollständig vorgelegt hat. Die Entscheidung hat einen lediglich formellen Regelungsgehalt (BVerwG, Beschluss vom 19. Januar 2021 - 6 B 23.20 - NVwZ 2021, 1873 Rn. 11). Geht die Behörde zu Unrecht von der Unvollständigkeit der Kostenunterlagen aus, ist die auf § 35 Abs. 3 Satz 3 TKG a. F. gestützte Genehmigungsversagung regelmäßig ermessensfehlerhaft. Übt die Beschlusskammer hingegen ihr auf der Rechtsfolgenseite des § 35 Abs. 3 Satz 3 TKG a. F. zustehendes Ermessen in der Weise aus, dass sie mit Blick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gleichwohl eine Entgeltgenehmigung erteilt, weil sie sich die erforderlichen Informationen - etwa durch Marktdaten, durch Kostenunterlagen aus anderen Genehmigungsverfahren oder durch Kostennachweise von dritter Seite (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. November 2009 - 6 C 34.08 - Buchholz 442.066 § 31 TKG Nr. 1 Rn. 29) bzw. mithilfe der in § 35 Abs. 1 Satz 1 TKG a. F. genannten Methoden der Vergleichsmarktbetrachtung (Nr. 1) oder des Kostenmodells (Nr. 2) - selbst verschaffen kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Januar 2021 - 6 B 23.20 - NVwZ 2021, 1873 Rn. 11), hat es hierbei grundsätzlich sein Bewenden. Insbesondere hat das Gericht keinen Anlass, zu überprüfen, ob die vorgelegten Kostenunterlagen nach Maßgabe des § 34 TKG a. F. vollständig vorgelegt worden sind, wenn die Bundesnetzagentur selbst sich zu einer inhaltlichen Entscheidung über den Entgeltgenehmigungsantrag in der Lage gesehen hat.
Rz. 22
So verhält es sich hier. Die Beschlusskammer hat zwar anhand der Kostenunterlagen der Klägerin nicht zu einer abschließenden Quantifizierung der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung gemäß § 32 Abs. 1 TKG a. F. bezüglich der Netzinfrastrukturkosten gelangen können. Die Kalkulationen der Investitionswerte für den Zugang zu Kabelkanalanlagen und zu unbeschalteten Glasfasern ließen keine abschließenden effizienzbezogenen Korrekturen der Netzinfrastruktur zu. Ihr auf der Rechtsfolgenseite des § 35 Abs. 3 Satz 3 TKG a. F. zustehendes Ermessen hat die Beschlusskammer jedoch dahingehend ausgeübt, dass sie von der (vollständigen) Versagung der Genehmigung abgesehen hat.
Rz. 23
Da sich die Bundesnetzagentur zu einer inhaltlichen Entscheidung über den Entgeltgenehmigungsantrag in der Lage gesehen hat, kann im Ergebnis auch offen bleiben, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen das regulierte Unternehmen verpflichtet ist, für die Anwendung eines von der Bundesnetzagentur herangezogenen Kostenmodells erforderliche Unterlagen nach § 34 TKG a. F. bereits mit dem Entgeltgenehmigungsantrag vorzulegen, oder ob die Bundesnetzagentur darauf verwiesen ist, das regulierte Unternehmen gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 TKG a. F. im Rahmen oder zur Vorbereitung von Verfahren der Entgeltregulierung zur Vorlage derjenigen Unterlagen zu verpflichten, die sie für erforderlich hält, um das Kostenmodell anwenden zu können.
Rz. 24
c) Von der in § 31 Abs. 2 Nr. 2 TKG a. F. geregelten Möglichkeit, Entgelte abweichend von § 31 Abs. 1 TKG a. F. auf der Grundlage anderer Vorgehensweisen zu genehmigen, sofern diese besser als die in § 31 Abs. 1 TKG a. F. genannten Vorgehensweisen zur Erreichung der Regulierungsziele nach § 2 TKG a. F. geeignet sind, hat die Bundesnetzagentur für die genannten Investitionswerte keinen Gebrauch gemacht. Sie hat sich vielmehr ausdrücklich für das "gesetzliche Regelmodell" des § 31 Abs. 1 TKG a. F. entschieden. Diese Entscheidung ist rechtlich nicht zu beanstanden. Nach der Rechtsprechung des Senats steht der Bundesnetzagentur in Bezug auf die Auslegung des in § 31 Abs. 2 Nr. 2 TKG a. F. genannten Tatbestandsmerkmals der besseren Eignung zur Erreichung der Regulierungsziele nach § 2 TKG a. F. als Voraussetzung für die Auswahl einer anderen Vorgehensweise ein Beurteilungsspielraum zu, wobei allerdings eine Vorprägung im Hinblick auf den Maßstab der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung besteht (BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2018 - 6 C 4.17 - BVerwGE 162, 202 Rn. 31). Eine besondere Begründung fordert § 31 Abs. 2 Nr. 2 Satz 3 TKG a. F. nur in den Fällen, in denen sich die Bundesnetzagentur für ein Vorgehen nach § 31 Abs. 2 Nr. 2 TKG a. F. entscheidet. Genehmigt die Bundesnetzagentur die Entgelte hingegen auf der Grundlage der in § 31 Abs. 1 TKG a. F. genannten Vorgehensweisen, muss dies in der Regel nicht besonderes begründet werden.
Rz. 25
d) Die Entscheidung der Beschlusskammer, im Rahmen der nach § 31 Abs. 1 Satz 2 TKG a. F. erforderlichen Prüfung, ob die genehmigten Entgelte die Summe der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung und der Aufwendungen nach § 32 Abs. 2 TKG a. F. nicht überschreiten, nicht gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 TKG a. F. das Price-Cap-Verfahren nach Maßgabe des § 33 TKG a. F. anzuwenden, da ein Entgeltkorb für die betreffenden Dienste bislang nicht festgelegt worden sei, ist ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden.
Rz. 26
e) Die Bundesnetzagentur hat im Rahmen der Ermittlung der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung in Bezug auf die in Rede stehenden Investitionswerte das um eine spezielle Studie ergänzte WIK-Kostenmodell für das Anschlussnetz herangezogen. Dies ist nicht zu beanstanden.
Rz. 27
Ob sich die Beschlusskammer dabei auf § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 TKG a. F. oder - wofür der Verweis auf den parallel erteilten TAL-Entgelte-Beschluss spricht - auf § 35 Abs. 1 Satz 2 TKG a. F. gestützt hat, bedarf keiner Entscheidung, da eine ausreichende rechtliche Grundlage jedenfalls vorliegt. § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 TKG a. F. räumt der Bundesnetzagentur die Befugnis ein, neben den ihr vorliegenden Kosteninformationen zusätzlich zur Ermittlung der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung auch eine von der Kostenberechnung des Unternehmens unabhängige Kostenrechnung anzustellen und hierfür Kostenmodelle heranzuziehen. § 35 Abs. 1 Satz 2 TKG a. F. bestimmt, dass die Entscheidung der Bundesnetzagentur auf einer Prüfung nach § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 TKG a. F. beruhen kann, soweit die der Bundesnetzagentur vorliegenden Kosteninformationen für eine Prüfung der genehmigungspflichtigen Entgelte nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 TKG a. F. in Verbindung mit § 34 TKG a. F. nicht ausreichen. Geht die Regulierungsbehörde im Ansatz von den Kostenunterlagen des regulierten Unternehmens aus und zieht nur in Bezug auf einzelne abgrenzbare Elemente der Kostenermittlung ein Kostenmodell heran, weil sie sich insoweit zu einer Effizienzprüfung anhand der vorgelegten Unterlagen nicht in der Lage sieht, kommen grundsätzlich sowohl § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 TKG a. F. als auch § 35 Abs. 1 Satz 2 TKG a. F. als gesetzliche Grundlage für diese Vorgehensweise in Betracht.
Rz. 28
So verhält es sich hier. Für die Annahme einer lediglich ergänzenden Heranziehung des Kostenmodells gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 TKG a. F. spricht, dass die Bundesnetzagentur nicht nur in Bezug auf das - hier nicht streitgegenständliche - Überlassungsentgelt für den Einbauplatz im Multifunktionsgehäuse sowie die Einmalentgelte für Bereitstellung und Kündigung die Unterlagen der Klägerin für aussagekräftig gehalten und ihrer Effizienzüberprüfung zugrunde gelegt hat, sondern auch bei der Ermittlung der den Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung entsprechenden Überlassungsentgelte für den Zugang zu Kabelkanalanlagen sowie zu unbeschalteten Glasfasern jedenfalls im Ansatz von den Unterlagen der Klägerin ausgegangen ist. So hat sie etwa die Betriebs- und Mietkosten sowie die Gemeinkosten allein auf dieser Grundlage berechnet. Lediglich bei der Bestimmung des Investitionswerts hat die Beschlusskammer im Rahmen der Kostenkalkulation für die genannten Überlassungsentgelte das erwähnte WIK-Modell herangezogen, um die Effizienz überprüfen zu können. Andererseits betrifft das Kostenmodell hier den mit Abstand größten Kostenbestandteil. Deshalb könnte zu erwägen sein, dass die Entscheidung der Bundesnetzagentur im Ergebnis auf der Anwendung des Kostenmodells "beruht" mit der Folge, dass nicht § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 TKG a. F., sondern § 35 Abs. 1 Satz 2 TKG a. F. maßgeblich wäre.
Rz. 29
Dass die Beschlusskammer keine isolierte Vergleichsmarktbetrachtung im Sinne des § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 TKG a. F. statt eines Kostenmodells zugrunde gelegt hat, ist nicht rechtsfehlerhaft. Nach der Rechtsprechung des Senats wird der Bundesnetzagentur durch § 35 Abs. 1 Satz 2 TKG a. F. ein Auswahlermessen zwischen den zur Verfügung stehenden Erkenntnisgrundlagen eingeräumt, wobei Vergleichsmarktbetrachtung und Kostenmodell als Methoden der Entgeltüberprüfung prinzipiell als im Verhältnis zueinander gleichrangig anzusehen sind (BVerwG, Beschlüsse vom 10. Dezember 2014 - 6 C 16.13 - N&R 2015, 173 Rn. 33 und - 6 C 18.13 - BVerwGE 151, 56 Rn. 28). Die Beschlusskammer hat im Wesentlichen auf ihre bisherige Praxis verwiesen, Überlassungsentgelte für die Teilnehmeranschlussleitung regelmäßig auf der Grundlage der jeweils weiterentwickelten Version des WIK-Kostenmodells für das Anschlussnetz zu genehmigen. Anhand dieses Modells seien Variationen unter Beachtung von Effizienzkriterien auch in Bezug auf die Netzgestaltung durchführbar. Weitere Ausführungen waren entbehrlich, da die Beibehaltung einer bewährten Methode der Entgeltüberprüfung grundsätzlich dem in § 27 Abs. 2 TKG a. F. niedergelegten Konsistenzgebot entspricht, solange - wie hier - keine Gründe erkennbar sind, die für die Vorzugswürdigkeit einer anderen Methode sprechen.
Rz. 30
2. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf erneute Bescheidung ihres Entgeltgenehmigungsantrags besteht auch nicht deshalb, weil die Beschlusskammer einen ihr bei der Entscheidung zustehenden regulierungsbehördlichen Beurteilungsspielraum in rechtlich zu beanstandender Weise ausgefüllt hätte.
Rz. 31
a) Nach gefestigter Rechtsprechung des Senats handelt es sich bei der auf §§ 31 ff. TKG a. F. gestützten Erteilung einer Entgeltgenehmigung zwar im Wesentlichen um eine gebundene Entscheidung. Insbesondere kommt der Bundesnetzagentur kein auf das Merkmal der Ermittlung der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung bezogener umfassender Beurteilungsspielraum zu (BVerwG, Urteil vom 17. August 2016 - 6 C 50.15 - BVerwGE 156, 75 Rn. 13). Auch die Einzelheiten der Effizienzprüfung unterliegen grundsätzlich uneingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Als Ausnahme von dem Grundsatz vollständiger gerichtlicher Kontrolle hat der Senat jedoch für einzelne abgrenzbare Teilaspekte der Entgeltprüfung gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbare Entscheidungsspielräume der Bundesnetzagentur anerkannt, die er im Hinblick auf ihren begrenzten Umfang als "punktuelle" Beurteilungsspielräume bezeichnet hat. Der Anknüpfungspunkt für die eingeschränkte gerichtliche Überprüfung findet sich dabei entweder im Unionsrecht oder in der jeweiligen gesetzlichen Maßstabsnorm, sofern diese einen Gesetzesbegriff enthält, der in besonderer Weise durch das Erfordernis einer Abwägung insbesondere der gegenläufigen Regulierungsziele bzw. durch ökonomische Wertungen und Prognosen geprägt ist (BVerwG, Urteile vom 25. September 2013 - 6 C 13.12 - BVerwGE 148, 48 Rn. 31, vom 25. November 2015 - 6 C 39.14 - BVerwGE 153, 265 Rn. 15, vom 17. August 2016 - 6 C 50.15 - BVerwGE 156, 75 Rn. 12 f. und vom 29. März 2017 - 6 C 1.16 - BVerwGE 158, 301 Rn. 14).
Rz. 32
Über einen derartigen punktuellen Beurteilungsspielraum verfügt die Bundesnetzagentur insbesondere auch bei der Entscheidung über die Auswahl der Methode für die Berechnung des Anlagevermögens als Grundlage für die Ermittlung von Zinsen und Abschreibungen (BVerwG, Urteile vom 25. September 2013 - 6 C 13.12 - BVerwGE 148, 48 Rn. 18, vom 25. November 2015 - 6 C 39.14 - BVerwGE 153, 265 Rn. 28, vom 17. August 2016 - 6 C 50.15 - BVerwGE 156, 75 Rn. 22 f. und vom 29. März 2017 - 6 C 1.16 - BVerwGE 158, 301 Rn. 14). Dies folgt aus den in dem Urteil des EuGH vom 24. April 2008 - C-55/06 [ECLI:EU:C:2008:244], Arcor - (Rn. 70 ff., insbesondere Rn. 109, 116 f.) enthaltenen Vorgaben für das Verständnis des Merkmals der Kostenorientierung in Art. 3 Abs. 3 der früheren Verordnung (EG) Nr. 2887/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 über den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss - TAL-VO -, die auf die Auslegung des Begriffs der kostenorientierten Preise in Art. 13 Abs. 1 Satz 1 ZRL übertragen werden können. Nach den Vorgaben des EuGH liegt die Auswahl der Methode für die Berechnung des Anlagevermögens als Grundlage für die Ermittlung von Zinsen und Abschreibungen im Ermessen - nach deutscher Rechtsterminologie im Beurteilungsspielraum - der nationalen Regulierungsbehörde, weil sich jede der in Betracht kommenden Methoden, sei sie auf Herstellungs- bzw. Anschaffungskosten oder auf Wiederbeschaffungskosten ausgerichtet, durch eine spezifische Beeinflussung der Entgelthöhe negativ auf die Ziele der Wettbewerbsförderung, der Investitionsförderung und des Verbraucherinteresses, die der Sache nach sowohl der TAL-VO als auch Art. 13 ZRL zugrunde liegen, auswirken kann. Da Art. 13 Abs. 1 Satz 1 ZRL wiederum durch § 31 Abs. 1 Satz 2, § 32 Abs. 1 Satz 1 TKG a. F. mit dem Maßstab der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung in nationales Recht umgesetzt worden ist, müssen die genannten Vorgaben die Anwendung auch dieses Maßstabs leiten (vgl. zusammenfassend: BVerwG, Urteil vom 17. August 2016 - 6 C 50.15 - BVerwGE 156, 75 Rn. 23; zum Ganzen ausführlich BVerwG, Urteil vom 25. September 2013 - 6 C 13.12 - BVerwGE 148, 48 Rn. 18 ff.).
Rz. 33
Die Ausfüllung eines regulierungsbehördlichen Beurteilungsspielraums ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats zunächst - wie bei derartigen behördlichen Letztentscheidungsrechten generell - daraufhin zu überprüfen, ob die Behörde die gültigen Verfahrensbestimmungen eingehalten hat, von einem richtigen Verständnis des anzuwendenden Gesetzesbegriffs ausgegangen ist, den erheblichen Sachverhalt vollständig und zutreffend ermittelt hat und sich bei der eigentlichen Beurteilung an allgemeingültige Wertungsmaßstäbe gehalten, insbesondere das Willkürverbot nicht verletzt hat. Muss die Bundesnetzagentur nach dem Gesetzesbegriff, für den ein Beurteilungsspielraum besteht, bei ihrer Entscheidung eine Abwägung widerstreitender Ziele und sonstiger Belange der Regulierung vornehmen, ist zu prüfen, ob eine Abwägung überhaupt stattgefunden hat (Abwägungsausfall), in die Abwägung an Belangen eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden musste (Abwägungsdefizit), die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt worden ist (Abwägungsfehleinschätzung) oder der Ausgleich zwischen ihnen zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (Abwägungsdisproportionalität). Da maßgeblich für die gerichtliche Kontrolle des regulierungsrechtlichen Beurteilungsspielraums allein die Begründung der Behördenentscheidung ist, prüft das Gericht, ob die Bundesnetzagentur im Hinblick auf die Kriterien, die in den relevanten Rechtsnormen ausdrücklich hervorgehoben oder doch angelegt sind, plausibel und erschöpfend argumentiert hat (BVerwG, Urteile vom 25. September 2013 - 6 C 13.12 - BVerwGE 148, 48 Rn. 33 ff., vom 17. August 2016 - 6 C 50.15 - BVerwGE 156, 75 Rn. 24 und vom 29. März 2017 - 6 C 1.16 - BVerwGE 158, 301 Rn. 32; Beschluss vom 10. Dezember 2014 - 6 C 18.13 - BVerwGE 151, 56 Rn. 38).
Rz. 34
b) Der punktuelle Beurteilungsspielraum, über den die Bundesnetzagentur bei der Entscheidung über die Auswahl der Methode für die Berechnung des Anlagevermögens als Grundlage für die Ermittlung von Zinsen und Abschreibungen verfügt, wird entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht durch die Empfehlung der Kommission vom 11. September 2013 über einheitliche Nichtdiskriminierungsverpflichtungen und Kostenrechnungsmethoden zur Förderung des Wettbewerbs und zur Verbesserung des Umfelds für Breitbandinvestitionen (2013/466/EU) eingeschränkt. Da der Empfehlung keine normähnliche Verbindlichkeit zukommt (aa), ist sie im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen, die die Bundesnetzagentur im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums vornehmen muss und die einer nur eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung unterliegt (bb).
Rz. 35
aa) Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass der Beurteilungsspielraum der Bundesnetzagentur durch die Vorgaben der Nichtdiskriminierungsempfehlung von vorneherein begrenzt und die Bundesnetzagentur von der Beachtung dieser Vorgaben nur unter bestimmten Voraussetzungen befreit sei, führt im Ergebnis dazu, dass der Empfehlung eine normähnliche Wirkung beigemessen wird. Dementsprechend geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass es die Auslegung und Anwendung der Empfehlung in vollem Umfang zu überprüfen hat. Dieser rechtliche Ansatz verstößt gegen die im Sinne von § 137 Abs. 1 VwGO revisiblen unionsrechtlichen Bestimmungen des Art. 288 Abs. 5 AEUV und Art. 13 ZRL und lässt sich insbesondere auch nicht auf die hierzu ergangene Rechtsprechung des EuGH stützen.
Rz. 36
(1) Art. 288 Abs. 5 AEUV bestimmt allgemein, dass Empfehlungen und Stellungnahmen nicht verbindlich sind. Nach der Rechtsprechung des EuGH sollte durch die Schaffung von Empfehlungen als besondere Kategorie von Unionshandlungen, die ausdrücklich als "nicht verbindlich" bezeichnet werden, in Art. 288 AEUV den zu ihrer Annahme berechtigten Organen die Befugnis verliehen werden, Anstöße zu geben und Überzeugungsarbeit zu leisten, die sich von der Befugnis zum Erlass verbindlicher Handlungen unterscheidet (EuGH, Urteil vom 20. Februar 2018 - C-16/16 P [ECLI:EU:C:2018:79], Belgien/Kommission - Rn. 26). Der EuGH hat dementsprechend mehrfach klargestellt, dass Empfehlungen nicht dazu bestimmt sind, Bindungswirkung zu entfalten, und keine Rechte zu begründen vermögen, auf die sich Einzelpersonen vor einem nationalen Gericht berufen könnten (EuGH, Urteil vom 26. Januar 2021 - C-422/19 und C-423/19 [ECLI:EU:C:2021:63], Hessischer Rundfunk - Rn. 48; vgl. auch bereits Urteil vom 13. Dezember 1989 - C-322/88 [ECLI:EU:C:1989:646], Grimaldi - Rn. 16). Diesem Mangel verbindlicher Rechtswirkungen entspricht es, dass Empfehlungen von der in Art. 263 AEUV vorgesehenen gerichtlichen Kontrolle ausgenommen sind (EuGH, Urteile vom 12. September 2006 - C-131/03 P [ECLI:EU:C:2006:541], Reynolds Tobacco u. a. /Kommission - Rn. 55 und vom 20. Februar 2018 - C-16/16 P - Rn. 27; EuG, Beschluss vom 27. Oktober 2015 - T-721/14 [ECLI:EU:T:2015:829], Belgien/Kommission - Rn. 17). Zwar sind die innerstaatlichen Gerichte nach ständiger Rechtsprechung des EuGH verpflichtet, die Empfehlungen bei der Entscheidung der bei ihnen anhängigen Rechtsstreitigkeiten zu berücksichtigen, insbesondere dann, wenn sie Aufschluss über die Auslegung zu ihrer Durchführung erlassener nationaler Vorschriften geben oder wenn sie verbindliche Vorschriften der Europäischen Union ergänzen sollen (EuGH, Urteile vom 13. Dezember 1989 - C-322/88 - Rn. 18, vom 21. Januar 1993 - C-188/91 [ECLI:EU:C:1993:24], Deutsche Shell AG - Rn. 18, vom 11. September 2003 - C-207/01 [ECLI:EU:C:2003:451], Altair Chimica - Rn. 41 und vom 18. März 2010 - verb. Rs. C-317/08 bis C-320/08 [ECLI:EU:C:2010:146], Alassini u. a. - Rn. 40). Der in Art. 288 Abs. 5 AEUV geregelte Grundsatz, dass Empfehlungen keine verbindlichen Rechtswirkungen entfalten, bleibt durch diese indirekten rechtlichen Wirkungen jedoch unberührt.
Rz. 37
(2) Im Bereich des Telekommunikationsrechts gilt ungeachtet der besonderen Regelungen für den Erlass von Empfehlungen grundsätzlich nichts Anderes. Art. 19 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2002/21/EG sieht in der durch die Richtlinie 2009/140/EG geänderten Fassung (im Folgenden: Rahmenrichtlinie - RRL) vor, dass die Kommission, wenn sie der Ansicht ist, dass aufgrund der unterschiedlichen Umsetzung der in dieser Richtlinie und den Einzelrichtlinien vorgesehenen Regulierungsaufgaben durch die nationalen Regulierungsbehörden Hindernisse für den Binnenmarkt entstehen können, im Hinblick auf die Verwirklichung der in Art. 8 RRL genannten Ziele eine Empfehlung oder eine Entscheidung über die harmonisierte Anwendung dieser Richtlinie und der Einzelrichtlinien erlassen kann. Dabei hat sie weitestgehend die Stellungnahme des GEREK (Gremium Europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation) zu berücksichtigen. Nach Art. 19 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 RRL stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die nationalen Regulierungsbehörden diesen Empfehlungen bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben weitestgehend Rechnung tragen. Beschließt eine nationale Regulierungsbehörde, sich nicht an eine Empfehlung zu halten, so teilt sie dies unter Angabe ihrer Gründe der Kommission mit (Art. 19 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 2 RRL).
Rz. 38
Der EuGH hat in dem vom Verwaltungsgericht zitierten Urteil vom 15. September 2016 in der Rechtssache - C-28/15 [ECLI:EU:C:2016:692] - (Koninklijke KPN u. a.), das die auf Art. 19 RRL gestützte Empfehlung 2009/396/EG der Kommission vom 7. Mai 2009 über die Regulierung der Festnetz- und Mobilfunk-Zustellungsentgelte in der EU betraf, aus Art. 19 Abs. 2 Unterabs. 2 RRL zwar geschlossen, dass die nationale Regulierungsbehörde grundsätzlich den in der Empfehlung gegebenen Hinweisen zu folgen habe, wenn sie Preiskontroll- und Kostenrechnungsverpflichtungen im Sinne von Art. 13 ZRL auferlegt. Nur wenn sie im Rahmen ihrer Beurteilung einer konkreten Situation den Eindruck habe, dass das in dieser Empfehlung empfohlene "reine Bulric"-Modell den Umständen nicht angemessen sei, könne sie unter Angabe ihrer Gründe von ihr abweichen (EuGH, Urteil vom 15. September 2016 - C-28/15 - Rn. 37 f.). Allerdings hat der EuGH in derselben Entscheidung hervorgehoben, dass gemäß Art. 288 AEUV eine solche Empfehlung grundsätzlich nicht verbindlich ist und Art. 19 Abs. 2 Unterabs. 2 RRL es den nationalen Regulierungsbehörden ausdrücklich gestattet, von den nach Art. 19 Abs. 1 RRL erlassenen Empfehlungen der Kommission abzuweichen, sofern sie ihr dies unter Angabe ihrer Gründe mitteilen. Demnach ist die nationale Regulierungsbehörde beim Erlass einer Entscheidung, mit der sie den Betreibern aufgrund der Art. 8 und 13 ZRL Preisverpflichtungen auferlegt, nicht an die Empfehlung gebunden (EuGH, Urteil vom 15. September 2016 - C-28/15 - Rn. 34 f.). Ferner hat der EuGH auf seine Rechtsprechung hingewiesen, nach der die nationalen Regulierungsbehörden bei der Wahrnehmung dieser hoheitlichen Funktionen über eine weitreichende Befugnis verfügen, um die Regulierungsbedürftigkeit eines Marktes in jedem Einzelfall beurteilen zu können, und ergänzt, dass es sich so bei der Preiskontrolle verhalte (EuGH, Urteil vom 15. September 2016 - C-28/15 - Rn. 36 unter Bezugnahme auf Urteil vom 3. Dezember 2009 - C-424/07 [ECLI:EU:C:2009:749], Kommission/Deutschland - Rn. 61).
Rz. 39
Die in dem Urteil des EuGH vom 15. September 2016 auf die dort in Rede stehende Empfehlung 2009/396/EG bezogenen Aussagen, die nationale Regulierungsbehörde sei einerseits nicht an die Empfehlung gebunden, habe aber andererseits grundsätzlich den darin gegebenen Hinweisen zu folgen und könne nur dann von diesen abweichen, wenn sie Gründe dafür angebe, dass die Hinweise der Empfehlung den Umständen nicht angemessen seien, zielen nicht auf eine Begrenzung des der nationalen Regulierungsbehörde unionsrechtlich eingeräumten Entscheidungsspielraums, sondern setzen diesen vielmehr voraus. Denn der EuGH nennt keine abschließenden materiellen Voraussetzungen, unter denen eine Abweichung von der Empfehlung zulässig ist, sondern stellt allein darauf ab, ob die nationale Regulierungsbehörde im Rahmen ihrer Beurteilung einer konkreten Situation den Eindruck hat, dass das Modell den Umständen nicht angemessen ist (EuGH, Urteil vom 15. September 2016 - C-28/15 - Rn. 38). Letztlich entscheidend ist die Einzelfallwürdigung der Regulierungsbehörde am Maßstab der Angemessenheit. Die vom EuGH im Fall einer Abweichung geforderte Angabe von Gründen steht der Annahme eines Beurteilungsspielraums der Regulierungsbehörde demnach nicht entgegen, sondern bestätigt diese.
Rz. 40
In einer späteren Entscheidung hat der EuGH ausdrücklich klargestellt, aus dem Urteil vom 15. September 2016 in der Rechtssache - C-28/15 - ergebe sich nicht, dass der Umstand, einer Handlung der Kommission "weitestgehend Rechnung tragen" zu müssen, eine Verpflichtung für die nationale Regulierungsbehörde bedeute, dem Inhalt dieser Handlung nachzukommen, weil Rn. 38 des Urteils - C-28/15 - ausdrücklich das Gegenteil besage (EuGH, Urteil vom 25. Februar 2021 - C-689/19 P [ECLI:EU:C:2021:142], VodafoneZiggo Group/Kommission - Rn. 37 f.; in diesem Sinne auch bereits die Vorinstanz: EuG, Beschluss vom 9. Juli 2019 - T-660/18 [ECLI:EU:T:2019:546], VodafoneZiggo Group/Kommission - Rn. 42 f.). Darüber hinaus hat der EuGH in diesem Zusammenhang erneut darauf hingewiesen, dass durch die Schaffung von Empfehlungen als besondere Kategorie von Unionshandlungen, die ausdrücklich als "nicht verbindlich" bezeichnet werden, in Art. 288 AEUV den zu ihrer Annahme berechtigten Organen die Befugnis verliehen werden sollte, Anstöße zu geben und Überzeugungsarbeit zu leisten, sich von der Befugnis zum Erlass verbindlicher Handlungen unterscheide (EuGH, Urteil vom 25. Februar 2021 - C-689/19 P - Rn. 40 unter Bezugnahme auf EuGH, Urteil vom 20. Februar 2018 - C-16/16 P - Rn. 26).
Rz. 41
Im Einklang mit der Klarstellung einer fehlenden Bindung der nationalen Regulierungsbehörde an die Empfehlungen der Kommission hat der EuGH mit Blick auf den in Art. 4 Abs. 1 RRL konkretisierten Grundsatz eines effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes hervorgehoben, dass ein nationales Gericht, wenn es mit einem Rechtsstreit über die Rechtmäßigkeit einer von der nationalen Regulierungsbehörde nach den Art. 8 und 13 ZRL auferlegten Preisverpflichtung befasst sei, von der Empfehlung 2009/396/EG abweichen könne. Zwar hat der EuGH zugleich ausgeführt, ein nationales Gericht könne im Rahmen seiner gerichtlichen Kontrolle einer aufgrund der Art. 8 und 13 ZRL erlassenen Entscheidung der nationalen Regulierungsbehörden nur dann von der Empfehlung 2009/396/EG abweichen, wenn es dies aufgrund der tatsächlichen Umstände des konkreten Falles, insbesondere der Besonderheiten des Marktes des betreffenden Mitgliedstaats, für geboten erachte (EuGH, Urteil vom 15. September 2016 - C-28/15 - Rn. 39 ff.). Dass dies nicht im Sinne einer normähnlichen Verbindlichkeit der Empfehlung verstanden werden kann, folgt jedoch zum einen schon aus den wiederholten ausdrücklichen Klarstellungen des EuGH und zum anderen auch aus dessen Bezugnahme auf seine ständige Rechtsprechung, nach der die nationalen Gerichte lediglich verpflichtet sind, die Empfehlungen bei der Entscheidung der bei ihnen anhängigen Rechtsstreitigkeiten zu berücksichtigen.
Rz. 42
(3) Der in der Rechtsprechung des EuGH geklärte Grundsatz, dass Empfehlungen, auch wenn sie auf der Grundlage von Art. 19 Abs. 1 RRL erlassen worden sind, keine rechtliche Bindungswirkung entfalten, findet auch auf die hier in Rede stehende Empfehlung 2013/466/EU der Kommission Anwendung.
Rz. 43
Zwar hält es der EuGH für möglich, gegen eine Empfehlung ausnahmsweise mit einer Nichtigkeitsklage gemäß Art. 263 AEUV vorzugehen, wenn die angefochtene Handlung aufgrund ihres Inhalts keine echte Empfehlung ist (EuGH, Urteil vom 20. Februar 2018 - C-16/16 P - Rn. 29; vgl. auch Gundel, EuR 2018, 593). Um festzustellen, ob die angefochtene Handlung verbindliche Rechtswirkungen erzeugt, ist auf ihr Wesen abzustellen und es sind ihre Wirkungen anhand objektiver Kriterien wie z. B. des Inhalts der Handlung zu beurteilen, wobei gegebenenfalls der Zusammenhang ihres Erlasses und die Befugnisse des die Handlung vornehmenden Organs zu berücksichtigen sind (EuGH, Urteil vom 20. Februar 2018 - C-16/16 P - Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Rz. 44
Nach diesen Maßgaben kann jedoch nicht festgestellt werden, dass die Empfehlung 2013/466/EU ausnahmsweise eine rechtliche Bindungswirkung entfaltet. Die Empfehlung ist im Wesentlichen nicht verbindlich formuliert (vgl. zu diesem Gesichtspunkt: EuGH, Urteil vom 20. Februar 2018 - C-16/16 P - Rn. 34 sowie zuvor bereits ausführlich EuG, Beschluss vom 27. Oktober 2015 - T-721/14 - Rn. 21 ff.), sondern in der Möglichkeitsform abgefasst. Dies kommt insbesondere in der nahezu durchgehenden Verwendung der Begriffe "sollte/sollten" bzw. "könnte(n)" oder "kann/können" (im Englischen "should" bzw. "could", im Französischen "devrait/devraient" bzw. "pourraient") zum Ausdruck. Der Text der Empfehlung enthält auch sonst keine Anhaltspunkte dafür, dass die nationalen Regulierungsbehörden verpflichtet wären, die von ihr aufgestellten Grundsätze nicht nur im Rahmen ihres Entscheidungsspielraums zu berücksichtigen, sondern wie eine Rechtsnorm anzuwenden. Dies wird durch den Kontext bestätigt (vgl. hierzu allgemein: EuG, Beschluss vom 27. Oktober 2015 - T-721/14 - Rn. 36 sowie EuGH, Urteil vom 20. Februar 2018 - C-16/16 P - Rn. 36). Die Empfehlung wurde von einem Vorschlag für eine Verordnung begleitet, dessen Ziel der nächste Schritt hin zur Schaffung eines europäischen Telekommunikationsbinnenmarktes sein und der zusammen mit der Empfehlung ein Paket ausgewogener Maßnahmen zur Schaffung eines Telekommunikationsbinnenmarktes und zur Förderung von Investitionen bilden sollte (vgl. COM ≪2013≫ 627 final vom 11. September 2013, S. 3 und 6 der Begründung). Zwar wurde die Verordnung in der vorgeschlagenen Form nicht erlassen. Das beabsichtigte Vorgehen der Kommission, einen förmlichen Gesetzgebungsakt mit einer bloßen Empfehlung zu verbinden, bestätigt jedoch, dass die in der Empfehlung enthaltenen Hinweise gerade keine rechtsverbindliche Wirkung haben sollten. Durch den Umstand der Veröffentlichung der Empfehlung in der Reihe L statt in der Reihe C des Amtsblatts der Europäischen Union wird dies nicht widerlegt (vgl. EuG, Beschluss vom 27. Oktober 2015 - T-721/14 - Rn. 38).
Rz. 45
bb) Kommt der Empfehlung 2013/466/EU der Kommission nach alledem entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts keine normähnliche Verbindlichkeit zu, sind die in ihr enthaltenen Hinweise im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen, die die Bundesnetzagentur im Rahmen des Beurteilungsspielraums vornehmen muss, über den sie nach der bereits erwähnten Rechtsprechung des Senats bei der Auswahl der Methode für die Berechnung des Anlagevermögens als Grundlage für die Ermittlung von Zinsen und Abschreibungen verfügt. Mit Blick auf die in § 123a Abs. 3 TKG a. F. umgesetzte Vorgabe in Art. 19 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 RRL, einer auf Art. 19 Abs. 1 RRL gestützten Empfehlung der Kommission "weitestgehend" Rechnung zu tragen, werden die darin enthaltenen Grundsätze regelmäßig als Belange mit besonderem Gewicht in die Abwägung der Regulierungsbehörde einzustellen sein. Die unzureichende oder fehlerhafte Berücksichtigung der Hinweise der Empfehlung kann daher gegebenenfalls im Rahmen der Abwägungskontrolle beanstandet werden, die Bestandteil der gerichtlichen Überprüfung der Ausfüllung des regulierungsbehördlichen Beurteilungsspielraums ist.
Rz. 46
Lässt die Bundesnetzagentur eine einschlägige Empfehlung der Kommission vollständig oder teilweise außer Betracht, ohne dies plausibel zu begründen, wird regelmäßig ein Abwägungsdefizit vorliegen, weil in die Abwägung nicht an Belangen eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden musste. Geht die Bundesnetzagentur von einem objektiv unzutreffenden Verständnis des Inhalts der Empfehlung aus, kann dies ebenfalls zur Nichtberücksichtigung abwägungserheblicher Belange und damit zu einem Abwägungsdefizit führen. Hat ein Fehler bei der Auslegung der Empfehlung zur Folge, dass die Bedeutung eines betroffenen Belanges verkannt wird, ist dies in der Regel als Abwägungsfehleinschätzung zu beanstanden. Dies gilt allerdings nur mit der Maßgabe, dass sich der Beurteilungsspielraum der Bundesnetzagentur mangels einer rechtlichen Bindungswirkung der Empfehlung grundsätzlich auch auf deren Auslegung und Anwendung erstreckt, sodass insoweit nur eine eingeschränkte gerichtliche Überprüfung erfolgt. Dementsprechend darf das Gericht das Ergebnis der Auslegung einer Empfehlung der Kommission durch die Bundesnetzagentur nur dann als Fehler bei der Ausfüllung des regulierungsbehördlichen Beurteilungsspielraums beanstanden, wenn sich die gewählte Auslegungsvariante als nicht mehr vertretbar erweist. Denn anderenfalls würde der Empfehlung im Ergebnis gerade diejenige normähnliche Verbindlichkeit zuerkannt, die ihr nach den erwähnten unionsrechtlichen Vorgaben nicht zukommt.
Rz. 47
c) Nach den vorstehend dargelegten Maßstäben hat die Bundesnetzagentur den ihr bei der Auswahl der Methode für die Berechnung des Anlagevermögens als Grundlage für die Ermittlung von Zinsen und Abschreibungen grundsätzlich zustehenden punktuellen Beurteilungsspielraum unter Berücksichtigung der die Kostenrechnungsmethoden betreffenden Empfehlung 2013/466/EU der Kommission sowie der im Konsolidierungsverfahren nach Art. 7 Abs. 3 RRL ergangenen Stellungnahme der Kommission fehlerfrei ausgefüllt. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf erneute Bescheidung ihres Entgeltgenehmigungsantrags besteht daher nicht.
Rz. 48
aa) Dass die angefochtene Entscheidung der Bundesnetzagentur an einem Verfahrensfehler leidet, ist weder geltend gemacht worden noch sonst ersichtlich. Die Zuständigkeit der Beschlusskammer folgt aus § 132 Abs. 1 Satz 1 TKG a. F. Die nach § 135 Abs. 3 Satz 1 TKG a. F. im Regelfall erforderliche mündliche Verhandlung ist am 26. Februar 2019 durchgeführt und den von dem Verfahren berührten Wirtschaftskreisen im Anschluss hieran gemäß § 135 Abs. 2 TKG a. F. Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Ferner hat die Bundesnetzagentur entsprechend § 15 Satz 1 i. V. m. § 12 Abs. 1 TKG a. F. ein am 10. April 2019 mit der Veröffentlichung des Entwurfs der Entgeltgenehmigung im Internet eingeleitetes Konsultationsverfahren durchgeführt. Im Rahmen des unionsweiten Konsolidierungsverfahrens im Sinne von § 12 Abs. 2 TKG a. F., das gemäß Art. 7 Abs. 3 RRL in Verbindung mit einer richtlinienkonformen analogen Anwendung von § 13 Abs. 1 Satz 2 TKG a. F. wegen der Auswirkungen der Genehmigung auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten ebenfalls durchzuführen war (vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2017 - 6 C 2.16 - BVerwGE 157, 249 Rn. 26 ff.), hat die Bundesnetzagentur unter dem 23. Mai 2019 ihren Entscheidungsentwurf der Kommission, dem GEREK und den nationalen Regulierungsbehörden der anderen Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellt und diese davon unterrichtet. Mit Schreiben vom 21. Juni 2019 hat die Kommission mitgeteilt, dass sie die Notifizierung geprüft und dazu keine weiteren Anmerkungen habe.
Rz. 49
bb) Die Beschlusskammer hat ihren Beurteilungsspielraum nicht deshalb fehlerhaft ausgefüllt, weil sie über die Genehmigung der von der Klägerin beantragten Entgelte für den Zugang im Multifunktionsgehäuse, zu Kabelkanalanlagen sowie zu unbeschalteten Glasfasern auf der Grundlage eines unvollständigen oder unzutreffenden Sachverhalts entschieden hätte. Anhaltspunkte für Ermittlungsdefizite sind weder geltend gemacht worden noch ersichtlich.
Rz. 50
cc) Die Beschlusskammer hat ihrer Entscheidung auch kein unzutreffendes Verständnis der maßgeblichen rechtlichen Bestimmungen, hier insbesondere der die Entgeltregulierung betreffenden Regelungen der §§ 31 ff. TKG a. F., der in Art. 19 RRL enthaltenen Rechtsgrundlage für die Empfehlung 2013/466/EU der Kommission sowie des in Art. 13 Abs. 1 Satz 1 ZRL genannten Grundsatzes der Kostenorientierung zugrunde gelegt. Insbesondere ist sie zutreffend davon ausgegangen, dass die Empfehlung keine rechtliche Verbindlichkeit beansprucht, dass der Regulierungsbehörde bei der Auswahl der Methode zur Berechnung des Anlagevermögens als Grundlage für die Ermittlung von Zinsen und Abschreibungen im Rahmen der Bestimmungen des Maßstabes der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung ein Beurteilungsspielraum zukommt, und dass dessen Ausfüllung die Prüfung verlangt, welcher Kostenmaßstab unter Beachtung des Anbieterinteresses den Regulierungszielen und -grundsätzen am ehesten gerecht wird.
Rz. 51
dd) Ein Verstoß der angegriffenen Entscheidung der Bundesnetzagentur gegen allgemeingültige Wertungsmaßstäbe - insbesondere das Willkürverbot - ist ebenfalls nicht erkennbar. Die Begründung der Entgeltgenehmigung weist keine offensichtlichen Wertungswidersprüche oder logischen Brüche auf. Dies gilt auch in Bezug auf das von der Klägerin als nicht sachgerecht gerügte Vorgehen der Beschlusskammer bei der Bestimmung und Behandlung der vollständig abgeschriebenen wiederverwendbaren baulichen Anlagen im Rahmen des herangezogenen Kostenmodells. Den hierauf bezogenen Einwänden ist im Rahmen der Überprüfung der Abwägung nachzugehen.
Rz. 52
ee) Aus der Begründung der angefochtenen Entgeltgenehmigung ergibt sich zweifelsfrei, dass die Beschlusskammer im Rahmen des Beurteilungsspielraums, über den sie bei der Konkretisierung des Begriffs der kostenorientierten Preise in Art. 13 Abs. 1 Satz 1 ZRL verfügt, eine umfassende Abwägung der relevanten Regulierungsziele und sonstigen erheblichen Belange vorgenommen hat. Der vom Verwaltungsgericht beanstandete Abwägungsausfall liegt daher nicht vor. Dem steht nicht entgegen, dass die Beschlusskammer ausgeführt hat, hinsichtlich der Auswahl der Kalkulationsbasis für die den Entgelten zugrundeliegenden Investitionswerte für Kabelkanalanlagen und unbeschaltete Glasfasern bedürfe es ausnahmsweise keiner eigenständigen Abwägung, die über diejenige in dem parallel ergangenen TAL-Entgelte-Beschluss vom 26. Juni 2019 hinausgehe, sodass auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden könne. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass zur ergänzenden Begründung einer Entgeltgenehmigung ein ausdrücklicher Verweis auf die Gründe eines anderen Beschlusses, zu dem die Wettbewerber des regulierten Unternehmens Zugang haben, grundsätzlich zulässig ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 25. September 2013 - 6 C 13.12 - BVerwGE 148, 48 Rn. 45 und vom 17. August 2016 - 6 C 50.15 - BVerwGE 156, 75 Rn. 11). Soweit die Beschlusskammer die Empfehlung 2013/466/EU der Kommission herangezogen hat, ist sie nicht von einer zwingenden rechtlichen Vorgabe des Entscheidungsergebnisses ausgegangen, was als Abwägungsausfall hätte gewertet werden können (vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 28. Januar 2009 - 6 C 39.07 - Buchholz 442.066 § 10 TKG Nr. 3 Rn. 40), sondern hat sich - wie den beiden Beschlüssen vom 26. Juni 2019 zu entnehmen ist - zu einer ergebnisoffenen Abwägung auf der Grundlage ihres Verständnisses der Empfehlung veranlasst gesehen.
Rz. 53
ff) Ein Abwägungsdefizit oder eine Abwägungsfehleinschätzung können ebenfalls nicht festgestellt werden. Die Beschlusskammer hat die für die Entscheidung erheblichen Belange rechtlich zutreffend, vollständig und mit der ihnen zukommenden Bedeutung berücksichtigt.
Rz. 54
(1) Die Beschlusskammer hat bei der Auswahl der Methode zur Berechnung des Anlagevermögens als Grundlage für die Ermittlung von Zinsen und Abschreibungen rechtsfehlerfrei vorausgesetzt, dass die Empfehlung 2013/466/EU der Kommission im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen ist. Sie wollte von der Empfehlung weder insgesamt noch partiell abweichen, sondern ist bei ihrer Abwägung vielmehr davon ausgegangen, dass ihre Vorgehensweise bei der Heranziehung eines Kostenmodells zur Ermittlung der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung vollständig im Einklang mit den Hinweisen der Empfehlung steht. Soweit das Verwaltungsgericht hervorgehoben hat, dass die nationale Regulierungsbehörde nach der Rechtsprechung des EuGH nur dann unter Angabe ihrer Gründe von der Empfehlung abweichen könne, wenn sie im Rahmen ihrer Beurteilung einer konkreten Situation, insbesondere der Besonderheiten des Marktes des betreffenden Mitgliedstaates, den Eindruck habe, dass die Empfehlung den Umständen nach nicht angemessen ist, betrifft dies daher nicht den hier vorliegenden Fall.
Rz. 55
(2) Die Entscheidung der Bundesnetzagentur beruht auch nicht deshalb auf einem Abwägungsdefizit oder einer Abwägungsfehleinschätzung, weil sie von einem objektiv unzutreffenden, nicht mehr vertretbaren Verständnis des Inhalts der Empfehlung ausgegangen wäre und deshalb abwägungserhebliche Belange nicht oder jedenfalls nicht mit dem ihnen zukommenden Gewicht berücksichtigt hätte. Insoweit ist zwischen den vier Komplexen zu unterscheiden, auf die das Verwaltungsgericht in den Gründen seines Urteils eingegangen ist: Die Berücksichtigung nur solcher NGA-Referenznetze durch die Beschlusskammer, bei denen eine "Kupferrückrechnung" bereits erfolgt sei (a), die Annahme, bei der Modellierung des NGA-Netzes seien die Hauptverteilerstandorte vorgegeben (b), die Übertragung des Anteils der abgeschriebenen Anlagen aus dem Ist-Netz der Klägerin auf das modellierte Netz (c) sowie die Nichtberücksichtigung von Kabelkanalanlagen und Kabelschächten bei der Ermittlung der regulatorischen Anlagebasis bereits nach 35 bzw. 15 Jahren (d).
Rz. 56
(a) Das Verwaltungsgericht beanstandet zu Unrecht, dass die Beklagte das zugrunde zu legende Referenznetz fehlerhaft modelliert habe, weil sie von vorneherein nur solche Referenznetze in den Blick genommen habe, bei denen eine "Kupferrückrechnung" bereits erfolgt sei. Zur Begründung verweist das Verwaltungsgericht auf seine Urteile vom 16. Juni 2021 - 21 K 4486/19 und 21 K 4368/19 -, die die parallel ergangene TAL-Entgelte-Genehmigung betrafen. Danach soll sich aus der Empfehlung 2013/466/EU der Kommission ergeben, dass die nationalen Regulierungsbehörden in einem ersten Schritt ein hypothetisches effizientes NGA-Netz zu modellieren und zu bewerten haben. Das Ergebnis dieses vom Verwaltungsgericht so bezeichneten Referenznetzbepreisungsverfahrens sei mitzuteilen. Soweit es um die Festsetzung der Zugangsentgelte für ganz auf Kupferleitungstechnik beruhende Dienste gehe, sei dann in einem zweiten Schritt ein so genanntes Kupferrückrechnungsverfahren durchzuführen. Dieses bestehe darin, die Kostenkalkulation für das modellierte NGA-Netz so anzupassen, dass diese den unterschiedlichen Merkmalen der ganz auf Kupferleitungstechnik beruhenden Vorleistungszugangsdienste Rechnung trage.
Rz. 57
Ob die vom Verwaltungsgericht im Einzelnen genannten Nummern der Empfehlung 2013/466/EU der Kommission überhaupt geeignet sind, die vom Verwaltungsgericht für richtig gehaltene Auslegung zu tragen, kann dahingestellt bleiben. Denn bei seiner Annahme, das beschriebene zweistufige Vorgehen sei durch die Empfehlung vorgegeben, handelt es sich allenfalls um eine von mehreren möglichen Auslegungsvarianten. Dass die Beschlusskammer von einem anderen Verständnis der Empfehlung ausgegangen ist, begründet daher keinen Abwägungsfehler.
Rz. 58
Das Verwaltungsgericht hat bei der Auslegung der die Kostenrechnungsmethode betreffenden Teile der Empfehlung 2013/466/EU der Kommission schon nicht hinreichend berücksichtigt, dass die Empfehlung zwischen übergeordneten Aussagen, die in eindeutiger Weise die anzustrebenden Ziele und wesentlichen Merkmale der empfohlenen Kostenrechnungsmethode hervorheben, und eher technischen Hinweisen unterscheidet, in denen zum Teil divergierende Gesichtspunkte zum Ausdruck kommen, die bei der Ermittlung der im jeweiligen Einzelfall anzusetzenden Kosten miteinander in Ausgleich gebracht werden müssen. Mit dieser Grundstruktur setzt die Empfehlung voraus, dass den nationalen Regulierungsbehörden ein Spielraum bei der Beurteilung verbleibt, inwieweit die einzelnen Hinweise unter Berücksichtigung der jeweiligen nationalen Gegebenheiten im Einzelfall geeignet sind, die Ziele und wesentlichen Merkmale der empfohlenen Kostenrechnungsmethode zu erreichen.
Rz. 59
Vor allem in Nr. 41 sowie insbesondere in dem hierauf bezogenen Erwägungsgrund 25 der Empfehlung kommt zum Ausdruck, dass die Kommission selbst nicht von einer Gleichrangigkeit aller Aussagen der Empfehlung ausgeht, sondern dass die empfohlene Kostenrechnungsmethode bestimmte "Hauptmerkmale" aufweist. Danach sollte die Kostenrechnungsmethode von einem modernen effizienten Netz ausgehen und zur Vermeidung erheblicher Schwankungen und Schocks die Notwendigkeit dauerhaft stabiler und vorhersehbarer Kupferleitungspreise auf der Vorleistungsebene widerspiegeln, um eine gute Investitionsgrundlage zu bilden und auf der Vorleistungsebene kostenorientierte Kupferleitungspreise als Kupferanker für NGA-Dienste generieren zu können. Ferner sollte die Methode in geeigneter und konsequenter Weise die Auswirkungen der infolge des Übergangs von Kupferleitungs- zu NGA-Netzen rückläufigen Nutzung der Kupferleitungsnetze berücksichtigen, indem sie einen künstlichen Anstieg der Vorleistungsentgelte für den Zugang zu Kupferleitungsnetzen vermeidet, zu dem es aufgrund der Umstellung von Kunden auf das NGA-Netz des Betreibers mit beträchtlicher Marktmacht sonst käme. Die Notwendigkeit einer Stabilitätssicherung ohne erhebliche Schwankungen bei der Festsetzung kostenorientierter Zugangsentgelte wird - neben dem Grundsatz der Transparenz und Vorhersehbarkeit der Regulierung - auch in Nr. 38 der Empfehlung hervorgehoben. In Bezug auf die Umsetzung dieser Hauptmerkmale enthält Nr. 30 der Empfehlung die grundsätzliche Vorgabe einer "BU-LRIC+"-Kostenrechnungsmethode (Bottom-up Long-run Incremental Costs Plus, erweiterter Bottom-up-Ansatz der langfristigen Zusatzkosten) in Bezug auf Vorleistungsentgelte, und zwar sowohl für den Zugang zu Kupferleitungs- als auch für den Zugang zu NGA-Netzen. Dieser Grundsatz soll immer dann zur Anwendung kommen, wenn die Kostenorientierung als Abhilfemaßnahme auferlegt worden ist, sofern dies gemäß Art. 16 Abs. 4 RRL und Art. 8 Abs. 4 ZRL verhältnismäßig und gerechtfertigt ist. Bei den insbesondere in Nr. 32, 34 und 37 der Empfehlung enthaltenen detaillierteren Aussagen handelt es sich demgegenüber um eher technische Hinweise, die als Orientierungshilfen für das methodische Vorgehen der nationalen Regulierungsbehörde bei der Festsetzung kostenorientierter Zugangsentgelte dienen und den genannten Hauptzielen und -merkmalen der Empfehlung untergeordnet sind. Diese Hinweise lassen deutlich erkennen, dass in das zu modellierende NGA-Netz, auf das die genannte Kostenrechnungsmethode Anwendung finden soll, in näher umschriebenem Umfang nach den nationalen Gegebenheiten vorhandene Strukturen aus einem tatsächlich bestehenden kupferbasierten Netz Eingang finden können.
Rz. 60
Keine der vom Verwaltungsgericht im Einzelnen in den Blick genommenen Aussagen der Empfehlung 2013/466/EU der Kommission ist geeignet, die Annahme zu stützen, dass zunächst das NGA-Netz modelliert und bepreist werden muss und sich erst nach Mitteilung des Ergebnisses des Referenznetzbepreisungsverfahrens das Kupferrückrechnungsverfahren anschließt. Nr. 30 der Empfehlung hat die Beschlusskammer zu Recht lediglich die grundsätzliche Vorgabe entnommen, dass eine Bottom-up-Modellierung vorzunehmen ist. Als "Bottom-up-Modellierung" definiert Nr. 6 Buchst. a) der Empfehlung einen Ansatz, bei dem ausgehend von der erwarteten Nachfrage in Bezug auf Teilnehmer und Verkehr ein Kostenmodell entwickelt wird. Zu diesem wird dann das effiziente Netz modelliert, das erforderlich ist, um die erwartete Nachfrage zu decken, wobei die entsprechenden Kosten nach einem theoretischen Netzmodell abgeschätzt werden, um die Kosten zu berechnen, die in einem effizienten Netz entstehen, in dem die neueste, in großen Netzen eingesetzte Technik verwendet wird. Zu der methodischen Detailfrage, ob bei der Berechnung der Vorleistungsentgelte für den Zugang zu Kupferleitungsnetzen ein mehrstufiges Vorgehen erforderlich und insbesondere zwischen einem Referenznetzbepreisungsverfahren und einem sich hieran gegebenenfalls anschließenden Kupferrückrechnungsverfahren zu unterscheiden ist, verhält sich Nr. 30 der Empfehlung offensichtlich nicht. Die Einzelheiten der Modellierung des NGA-Netzes und dessen Bewertung werden vielmehr erst in den Nr. 32 ff. der Empfehlung behandelt.
Rz. 61
Auch auf Nr. 32 der Kommissionsempfehlung lässt sich die Annahme des Verwaltungsgerichts nicht stützen, dass die Regulierungsbehörde zunächst ein NGA-Netz modellieren und bewerten und auf der Grundlage des mitzuteilenden Ergebnisses anschließend in einem weiteren Schritt gegebenenfalls ein "Kupferrückrechnungsverfahren" durchführen muss. In Satz 1 dieser Nummer wird lediglich ausgeführt, dass die nationalen Regulierungsbehörden bei der Modellierung eines NGA-Netzes von einem hypothetischen effizienten NGA-Netz ausgehen sollten, das die Ziele der Digitalen Agenda für Europa in Bezug auf Bandbreite, Versorgungsgrad und Verbreitungsgrad erfüllt und vollständig oder teilweise aus optischen Komponenten besteht. Wie das zu modellierende hypothetische Netz im Einzelnen ausgestaltet ist, insbesondere ob und gegebenenfalls in welchem Umfang bereits bei der Modellierung vorhandene Strukturen aus einem tatsächlich bestehenden (kupferbasierten) Netz berücksichtigt werden können, lässt die Empfehlung offen. Hieran wird erkennbar, dass die Empfehlung einen Spielraum der nationalen Regulierungsbehörden bei der Modellierung des effizienten Referenznetzes voraussetzt. Zur Eingrenzung dieses Spielraums werden zugleich Mindestanforderungen genannt, die sich einerseits auf die Leistungsfähigkeit und andererseits auf die Architektur der Referenznetze beziehen. Hinsichtlich der Netzarchitektur wird in Erwägungsgrund 41 der Empfehlung hervorgehoben, dass als modernes und effizientes NGA-Netz ein FTTH-Netz, ein FTTC-Netz oder eine Kombination aus beiden gelten können. Da ein FTTC-Netz lediglich bis zum Kabelverzweiger aus Glasfasern besteht, setzt die Empfehlung die Möglichkeit der Berücksichtigung vorhandener Kupfernetzstrukturen bei der Referenznetzmodellierung voraus. Hieraus folgt, dass die Berücksichtigung vorhandener Strukturen eines tatsächlich bestehenden (kupferbasierten) Netzes im Rahmen eines auf der Grundlage der erwarteten Nachfrage und mit Blick auf deren Deckung zu modellierenden effizienten Referenznetzes, das zumindest teilweise aus optischen Komponenten - d. h. Glasfasern - besteht, nach der Empfehlung erst dann als von vorneherein ausgeschlossen anzusehen ist, wenn durch den Anteil der Kupferelemente die Leistungsfähigkeit des Referenznetzes in solchem Maße reduziert werden würde, dass die genannten Ziele der Digitalen Agenda für Europa in Bezug auf Bandbreite, Versorgungsgrad und Verbreitungsgrad nicht erreicht werden können. Handelt es sich bei der Modellierung eines vollständig aus Glasfasern bestehenden hypothetischen NGA-Netzes jedoch lediglich um eine mögliche Variante der Referenznetzmodellierung, neben der auch die Modellierung von Referenznetzen in Betracht kommt, die teilweise (noch) aus Kupferelementen bestehen, fehlt eine Grundlage für die Annahme, die nationalen Regulierungsbehörden müssten unabhängig von den konkreten Umständen stets ein völlig hypothetisches effizientes NGA-Netz modellieren, das sodann gegebenenfalls als Ausgangspunkt für eine "Kupferrückrechnung" dient.
Rz. 62
Gegen das Verständnis des Verwaltungsgerichts, bei der Berechnung der Vorleistungsentgelte für den Zugang zu Kupferleitungsnetzen bedürfe es zwingend eines zweistufigen Vorgehens und die vorhandenen Kupferbestandteile dürften erst auf der zweiten Stufe berücksichtigt werden, sprechen vor allem die beiden weiteren Sätze der Nr. 32 der Empfehlung. Gemäß Nr. 32 Satz 2 sollten die nationalen Regulierungsbehörden bei der Modellierung eines NGA-Netzes berücksichtigen, welche bestehenden baulichen Anlagen im Allgemeinen auch ein NGA-Netz aufnehmen können und welche baulichen Anlagen für den Ausbau eines NGA-Netzes neu errichtet werden müssen. Deshalb sollten die nationalen Regulierungsbehörden bei der Entwicklung des BU-LRIC+-Modells nicht davon ausgehen, dass für den Aufbau eines NGA-Netzes eine völlig neue bauliche Infrastruktur errichtet werden muss (Nr. 32 Satz 3). Die Empfehlung geht mithin davon aus, dass die Berücksichtigung der vorhandenen baulichen Infrastruktur bereits "bei" der Modellierung eines NGA-Netzes bzw. der Entwicklung des BU-LRIC+-Modells erfolgt und gerade nicht erst in einem getrennten Verfahrensschritt nach Abschluss der Modellierung eines NGA-Netzes.
Rz. 63
Nr. 37 der Empfehlung zwingt ebenfalls nicht zu der Annahme, dass die sich aus der vorhandenen Kupferleitungstechnik ergebenden Besonderheiten ausschließlich auf der Grundlage einer abgeschlossenen Kostenkalkulation für ein vollständig hypothetisches Referenznetz berücksichtigt werden dürften. Nr. 37 Satz 1, wonach die nationalen Regulierungsbehörden nach dem Grundsatz der Technologieneutralität verschiedene Ansätze für die Modellierung des hypothetischen effizienten NGA-Netzes in Abhängigkeit von der den nationalen Gegebenheiten am besten entsprechenden Zugangstechnik und Netztopologie in Erwägung ziehen sollten, spricht vielmehr deutlich dagegen, vorhandene Anlagen und Netzstrukturen erst und ausschließlich auf einer zweiten, von der Modellierung des hypothetischen Netzes getrennten Stufe in den Blick zu nehmen. Aus den Sätzen 2 und 3 der Nr. 37 folgt nichts Anderes. Danach sollten die nationalen Regulierungsbehörden bei der Festsetzung der Zugangsentgelte für ganz auf Kupferleitungstechnik beruhende Dienste die Kostenkalkulation für das modellierte NGA-Netz so anpassen, dass diese den unterschiedlichen Merkmalen der ganz auf Kupferleitungstechnik beruhenden Vorleistungszugangsdienste Rechnung trägt. Zu diesem Zweck sollten sie in ihrem NGA-Modell gegebenenfalls die Kostendifferenz zwischen beispielsweise einem FTTC-/FTTH-Zugangsprodukt und einem ganz auf Kupferleitungstechnik beruhenden Zugangsprodukt schätzen, indem sie die optischen Komponenten durch effizient bepreiste Kupferleitungstechnik ersetzen. Dass diese Hinweise nicht als Vorgabe einer verfahrensmäßigen Trennung zwischen der Kostenkalkulation für das modellierte NGA-Netz einerseits und der im Hinblick auf die besonderen Merkmale der kupfergestützten Vorleistungszugangsdienste vorzunehmenden Anpassung dieser Kostenkalkulation andererseits verstanden werden müssen, folgt unter anderem aus dem auf Nr. 37 bezogenen Satz 3 des Erwägungsgrundes 41. Danach kann die Schätzung der Kostendifferenz zwischen einem NGA-Zugangsprodukt und einem reinen Kupferleitungszugangsprodukt auch dadurch erfolgen, dass für das NGA-Modell die entsprechenden netztechnischen Anpassungen vorgenommen werden, um das Entgelt für den Zugang zu den Kupferleitungen auf der Vorleistungsebene festlegen zu können. Die Empfehlung geht folglich davon aus, dass den besonderen Merkmalen der kupferleitungsgestützten Vorleistungszugangsdienste auch bereits durch Anpassungen bei der Modellierung und nicht erst nach deren Abschluss auf einer nachgelagerten Ebene Rechnung getragen werden kann. Noch deutlicher als in der deutschen Fassung wird dies in der englischen und der französischen Fassung, die jeweils im Sinne von "Anpassungen an dem Modell" zu verstehen sind ("adjustments to the NGA model" bzw. "adaptations... au modèle NGA"). Gegen das Verständnis des Verwaltungsgerichts spricht schließlich auch Satz 4 der Nr. 37. Danach könnten die nationalen Regulierungsbehörden ansonsten, soweit angemessen, die Kosten der Kupferleitungstechnik durch Modellierung eines überlagernden NGA-Netzes ermitteln, sofern beide Netze (Kupferleitungs- und FTTH-/FTTC-Glasfasernetz) in gewissem Umfang die gleiche bauliche Infrastruktur teilen. In diesem Hinweis kommt erneut zum Ausdruck, dass die Regulierungsbehörde einen Spielraum hat, ob und inwieweit sie einzelne Elemente einer bestehenden Kupferinfrastruktur in dem von der Empfehlung zugelassenen Umfang bereits im Rahmen der Modellierung des NGA-Referenznetzes berücksichtigt.
Rz. 64
Auch den sonstigen Aussagen der Empfehlung sind keine Gesichtspunkte zu entnehmen, die die Auslegung des Verwaltungsgerichts nahelegen könnten. Der Grundsatz der Transparenz, auf den das Verwaltungsgericht unter Bezugnahme auf Nr. 38 und Erwägungsgrund 28 der Empfehlung verweist, fordert nicht, dass Preise für hypothetische Netze ermittelt und in die Abwägung eingestellt werden, die von vorneherein nicht als Grundlage der Kostenkalkulation in Betracht kommen. Das in Nr. 3 der Empfehlung erwähnte gemeinsame Konzept für die Förderung der einheitlichen und wirksamen Umsetzung der in Nr. 2 genannten, gemäß Art. 13 ZRL auferlegten Verpflichtungen zur Preiskontrolle und Kostenrechnung in Bezug auf herkömmliche Netze und NGA-Netze, soweit diese die Bereitstellung von Breitbanddiensten erlauben, bezieht sich naturgemäß nur auf solche Zugangsleistungen, für die einem regulierten Unternehmen Verpflichtungen zur Preiskontrolle und Kostenrechnung auferlegt worden sind, die also der Entgeltregulierung unterfallen. Dies ist hinsichtlich der Entgelte für den Zugang zu einem NGA-Netz jedoch gerade nicht der Fall.
Rz. 65
Das Erfordernis der strikten Trennung zwischen einem "Referenznetzbepreisungsverfahren" und einem sich hieran gegebenenfalls anschließenden "Kupferrückrechnungsverfahren" ergibt sich entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts schließlich auch nicht aus dem in Nr. 6 Buchst. c) und Nr. 49 der Empfehlung erwähnten Gesichtspunkt des "Kupferankers". Gemäß Nr. 49 sollten die nationalen Regulierungsbehörden unter näher geregelten Voraussetzungen keine regulierten Vorleistungszugangsentgelte für passive NGA-Vorleistungen oder nichtphysische oder virtuelle Vorleistungen mit einem gleichwertigen Funktionsumfang gemäß Art. 13 ZRL auferlegen oder aufrechterhalten. Eine dieser Voraussetzungen besteht gemäß Nr. 49 Buchst. d) darin, dass die nationale Regulierungsbehörde belegen kann, dass das herkömmliche Zugangsnetzprodukt des Betreibers mit beträchtlicher Marktmacht, der einer Kostenorientierungsverpflichtung nach der in den Nr. 30 bis 37 oder 40 angegebenen Kostenrechnungsmethode unterliegt, einen Kupferanker darstellt und damit einen nachweisbaren Wettbewerbsdruck auf den Endkundenpreis ausübt. Als "Kupferanker" wird in Nr. 6 Buchst. c) der Empfehlung ein kostenorientiertes Kupferleitungszugangsprodukt auf der Vorleistungsebene definiert, das die NGA-Preise insofern beschränkt, als die Preisbildung bei NGA-Diensten von der Bereitschaft der Verbraucher abhängt, für die zusätzlichen Kapazitäten oder Funktionen zu bezahlen, die ein NGA-gestütztes Endkundenprodukt im Vergleich zu einem kupferleitungsgestützten Endkundenprodukt bietet. Die Funktion des "Kupferankers" besteht nach der Konzeption der Empfehlung mithin darin, über die Marktkräfte begrenzend zu wirken und dadurch sicherzustellen, dass die Preise für den Zugang zu den NGA-Netzen nicht zu stark steigen, sodass von einer kostenorientierten Festlegung der Entgelte weiterhin abgesehen werden kann. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Funktion der genehmigten Entgelte für den Zugang zum Kupfernetz als "Kupferanker" setze voraus, dass auch die Entgelte für den Zugang zum NGA-Referenznetz durch die Regulierungsbehörde ermittelt werden, missversteht diesen marktorientierten Ansatz der Empfehlung.
Rz. 66
(b) Bei ihrer Annahme, dass der Referenznetzmodellierung die im Ist-Netz der Klägerin bestehenden Hauptverteilerstandorte zugrunde gelegt werden können, ist die Beschlusskammer von einer vertretbaren Auslegung der Empfehlung 2013/466/EU der Kommission ausgegangen, sodass die angegriffene Entgeltgenehmigung auch nicht aus diesem Grund auf einem Abwägungsdefizit oder einer Abwägungsfehleinschätzung beruht.
Rz. 67
Die Beschlusskammer musste die Nr. 30 ff. der Empfehlung nicht dahingehend auslegen, dass die nationalen Regulierungsbehörden bei der im Rahmen der Genehmigung von Entgelten erforderlichen Ermittlung der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung zwingend ein Referenznetz zu modellieren haben, bei dem auch die Hauptverteilerstandorte variabel sind. Der vom Verwaltungsgericht in seinen Urteilen vom 16. Juni 2021 - 21 K 4486/19 und 21 K 4368/19 - näher dargelegten Auffassung, dass die Regulierungsbehörde eine Änderung der Hauptverteilerstruktur jedenfalls hätte in Erwägung ziehen müssen, vermag der Senat nicht zu folgen.
Rz. 68
Gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Kostenermittlung im Rahmen der Nichtdiskriminierungsempfehlung beruhe auf einem so genannten Greenfield-Ansatz und schließe daher den von der Beschlusskammer gewählten so genannten Scorched-Node-Ansatz aus, der zumindest teilweise von einer tatsächlich bestehenden Netztopologie mit bestehenden Knoten ausgeht, sprechen die bereits unter (a) dargelegten Erwägungen. Insbesondere trägt das Verwaltungsgericht dem Umstand nicht hinreichend Rechnung, dass die Empfehlung den nationalen Regulierungsbehörden bei der Modellierung der Referenznetze einen Spielraum belässt und in diesem Rahmen auch der Berücksichtigung vorhandener Strukturen eines tatsächlich bestehenden (kupferbasierten) Netzes nicht entgegensteht (vgl. Nr. 37 Satz 1 sowie Erwägungsgrund 41 Satz 1), sofern die Bedingungen erfüllt sind, dass - erstens - die Modellierung auf der Grundlage der erwarteten Nachfrage und mit Blick auf deren Deckung erfolgt (Bottom-up-Modellierung, vgl. Nr. 6 Buchst. a)), die zu modellierenden effizienten Referenznetze - zweitens - zumindest teilweise aus optischen Komponenten - d. h. Glasfasern - bestehen (vgl. Nr. 32 Satz 1) und - drittens - so leistungsfähig sind, dass die (oben näher erläuterten) Ziele der Digitalen Agenda für Europa in Bezug auf Bandbreite, Versorgungsgrad und Verbreitungsgrad erreicht werden können (vgl. Nr. 32 Satz 1). Sofern diese Bedingungen erfüllt sind, woran in Bezug auf die von der Bundesnetzagentur in die Abwägung eingestellten Referenznetze keine Zweifel erkennbar sind, kann die Regulierungsbehörde bei der Modellierung grundsätzlich auch von Netzknoten ausgehen, die durch das Ist-Netz vorgegeben sind. Dies gilt jedenfalls dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - der gewählte Scorched-Node-Ansatz in der Weise eingeschränkt ist, dass die bestehenden Netzknoten nicht generell, sondern lediglich auf der Hauptverteilerebene als vorgegeben angesehen, die Standorte der Kabelverzweiger im Rahmen der Modellierung jedoch als variabel behandelt werden.
Rz. 69
(c) Zu einer fehlerhaften Ausfüllung des regulierungsbehördlichen Beurteilungsspielraums aufgrund eines Abwägungsdefizits oder einer Abwägungsfehleinschätzung führt nicht die Annahme der Beschlusskammer, auch diejenigen wiederverwendbaren baulichen Anlagen der Klägerin, die sich nicht in dem Netzmodell der Beklagten "wiederfinden", seien nach Nr. 34 der Empfehlung zu bewerten und der Anteil der abgeschriebenen Anlagen könne deshalb aus dem Ist-Netz der Klägerin auf das modellierte Netz übertragen werden.
Rz. 70
Die Empfehlung unterscheidet in den Nr. 6 Buchst. r), 33, 34 zwischen wiederverwendbaren baulichen Anlagen, das heißt solchen für Kupferleitungsnetze genutzten baulichen Anlagen, die für den Ausbau eines NGA-Netzes weitergenutzt werden können, und sonstigen Anlagen. Dementsprechend hat die Beschlusskammer die Kapitalkosten nach einem so genannten gemischten Ansatz bewertet, nach dem nicht replizierbare, aber wiederverwendbare bauliche Anlagen auf der Grundlage von Nettowiederbeschaffungswerten und die sonstigen Investitionsgüter auf der Basis von Bruttowiederbeschaffungswerten kalkuliert werden. Während es sich bei den Bruttowiederbeschaffungswerten um die aktuellen Investitionskosten für die maßgeblichen Investitionsgüter handelt, werden die Nettowiederbeschaffungswerte auf der Grundlage der aktuellen Investitionskosten abzüglich Abschreibungen ermittelt. Dass die der Entgeltermittlung zugrundeliegenden Investitionswerte für wiederverwendbare bauliche Anlagen - zu denen die Beschlusskammer insbesondere die Kabelkanäle und Kabelschächte zählt - um die auf diese erfolgten Abschreibungen vermindert werden, bedeutet nach dem Ansatz der Beschlusskammer, dass für die genannten Anlageklassen vollständig abgeschriebene Anlagen nicht mehr in die Ermittlung des Investitionswerts einfließen. Da die Beschlusskammer auf der Grundlage des WIK-Gutachtens ein modernes FTTH-Netz modelliert hat, das - mit Ausnahme der Hauptverteilerstandorte - von der Topologie des Ist-Netzes der Klägerin abweicht, kann dieses modellierte Referenznetz naturgemäß keine bereits vollständig abgeschriebenen Netzbestandteile enthalten. Die Beschlusskammer hat deshalb den Anteil der wiederverwendbaren baulichen Anlagen in diesem fiktiven Netz in der Weise bestimmt, dass sie anhand der Kostenunterlagen der Klägerin die Quote der bereits abgeschriebenen Kabelkanäle und -rohre bzw. der bereits abgeschriebenen Kabelschächte ermittelt und diese Quote auf das fiktive Netz übertragen hat.
Rz. 71
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts widerspricht die Vorgehensweise der Beschlusskammer, den Anteil der abgeschriebenen wiederverwendbaren baulichen Anlagen aus dem Ist-Netz der Klägerin auf das modellierte Netz zu übertragen, nicht den Aussagen der Empfehlung. Das Verständnis des Verwaltungsgerichts, die Art des ermittelten NGA-Netzes entscheide auch darüber, welche Anlagen konkret als replizierbar bzw. nicht replizierbar anzusehen seien und daher seien diejenigen baulichen Anlagen, die sich nicht konkret in dem modellierten Netz wiederfänden, keine wiederverwendbaren baulichen Anlagen, mag sich zwar ebenfalls im Rahmen einer vertretbaren Auslegung der Empfehlung halten. Es ist jedoch - worauf es im vorliegenden Zusammenhang allein ankommt - nicht alternativlos. Vielmehr hat die Beschlusskammer insoweit ein zumindest vertretbares Verständnis des Inhalts der Empfehlung zugrunde gelegt. Sie musste die Empfehlung nicht dahingehend auslegen, dass vollständig abgeschriebene wiederverwendbare bauliche Anlagen nur dann nicht bei der Berechnung des Investitionswerts zu berücksichtigen sind, wenn sie konkret in dem modellierten Netz vorhanden sind.
Rz. 72
Gemäß den bereits erwähnten Sätzen 2 und 3 der Nr. 32 der Empfehlung sollten die nationalen Regulierungsbehörden bei der Modellierung des NGA-Netzes berücksichtigen, welche bestehenden baulichen Anlagen im Allgemeinen auch ein NGA-Netz aufnehmen können und welche baulichen Anlagen für den Ausbau eines NGA-Netzes neu errichtet werden müssen. Deshalb sollten sie bei der Entwicklung des BU-LRIC+-Modells nicht davon ausgehen, dass für den Aufbau eines NGA-Netzes eine völlig neue bauliche Infrastruktur errichtet werden muss. Eine Einschränkung, dass dieser Grundsatz nur insoweit gelten soll, als die Kostenberechnung auf dem realen Netz des regulierten Unternehmens basiert, kann dem Wortlaut der Empfehlung - wie die Beschlusskammer zutreffend hervorgehoben hat - nicht entnommen werden. Die Formulierung in Nr. 32 Satz 2, dass die nationalen Regulierungsbehörden bei der Modellierung eines NGA-Netzes berücksichtigen sollten, welche bestehenden baulichen Anlagen "im Allgemeinen" auch ein NGA-Netz aufnehmen können und welche baulichen Anlagen für den Ausbau eines NGA-Netzes neu errichtet werden müssen, deutet zudem darauf hin, dass die Empfehlung keinen exakten Abgleich mit konkreten baulichen Anlagen in dem vorhandenen Netz fordert, sondern - der abstrakten Natur eines Modells entsprechend - auch eine pauschalierende Bestimmung des Anteils der vollständig abgeschriebenen wiederverwendbaren baulichen Anlagen zulässt.
Rz. 73
Die Beschlusskammer hat ferner zu Recht auf den Sinn und Zweck des in Nr. 32 Satz 3 der Empfehlung enthaltenen Grundsatzes hingewiesen. Durch die Nichtberücksichtigung vollständig abgeschriebener wiederverwendbarer Anlagen solle kostenmäßig abgebildet werden, dass bei dem Neuaufbau eines Anschlussnetzes vorhandene Kabelkanalanlagen und Kabelschächte genutzt werden könnten und deshalb eben nicht neu zu errichten seien. Wenn von vorneherein nur solche wiederverwendbaren Anlagen bei der Berechnung des Investitionswerts unberücksichtigt bleiben dürften, die nach Lage, Dimension und Ausführung dem real existierenden Netz der Klägerin entsprächen, würde dies dem in Satz 2 des Erwägungsgrundes 35 der Empfehlung zum Ausdruck kommenden Ziel zuwiderlaufen, die Gefahr einer Kostenüberdeckung für die bereits vorhandene, wiederverwendbare bauliche Infrastruktur zu vermeiden und Signale für Bau- bzw. Kaufentscheidungen für den Markteintritt eines effizienten Betreibers zu geben. In Satz 3 des Erwägungsgrundes 35 geht die Empfehlung zudem davon aus, dass sich eine Kostenüberdeckung im Hinblick auf einen effizienten Markteintritt und die Aufrechterhaltung von Investitionsanreizen nicht rechtfertigen ließe, da die Bau-Option für diese Anlagenkategorie wirtschaftlich nicht tragfähig wäre. Dass die Empfehlung in dem Erwägungsgrund 26 als einen wesentlichen Grundsatz einer Kostenrechnungsmethode die Kostendeckung hervorhebt (Satz 1), die sicherstelle, dass ein effizienter Betreiber die ihm entstandenen Kosten decken und eine angemessene Rendite auf das investierte Kapital erzielen könne (Satz 2), steht dem Ansatz, gerade bei der Berücksichtigung vorhandener, wiederverwendbarer baulicher Infrastruktur die Gefahr einer Kostenüberdeckung möglichst wirksam auszuschließen, nicht entgegen.
Rz. 74
Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Empfehlung der Kommission es den nationalen Regulierungsbehörden überlässt, die teilweise gegensätzlich wirkenden Grundsätze der Modellierung eines hypothetischen effizienten NGA-Netzes einerseits (Nr. 32 Satz 1 der Empfehlung) und der kostenmindernden Möglichkeit der Wiederverwendung bereits bestehender baulicher Infrastrukturen für den Aufbau eines solchen Netzes andererseits im Rahmen ihres Spielraums zu einem Ausgleich zu bringen. Der Ansatz der Beschlusskammer, einerseits ein modernes FTTH-Netz zu modellieren, andererseits aber auch die im Ist-Netz der Klägerin vorhandenen wiederverwendbaren baulichen Anlagen kostenmindernd zu berücksichtigen, indem anhand der Kostenunterlagen der Klägerin die Quote der bereits abgeschriebenen Kabelkanäle und Kabelschächte ermittelt und diese Quote auf das modellierte hypothetische Netz übertragen wird, stellt sich vor diesem Hintergrund als ein zwar nicht alternativloses, jedoch von der Empfehlung grundsätzlich gedecktes Vorgehen dar.
Rz. 75
(d) Die angegriffene Entgeltgenehmigung beruht schließlich nicht deshalb auf einem Abwägungsdefizit oder einer Abwägungsfehleinschätzung und damit auf einer fehlerhaften Ausfüllung des der Regulierungsbehörde bei der Auswahl der Methode für die Berechnung des Anlagevermögens als Grundlage für die Ermittlung von Zinsen und Abschreibungen eingeräumten Beurteilungsspielraums, weil die Beschlusskammer bei ihrer Entscheidung, Kabelkanalanlagen und Kabelschächte bereits nach 35 bzw. 15 Jahren bei der Ermittlung der regulatorischen Anlagebasis nicht mehr zu berücksichtigen, von einem objektiv unzutreffenden, nicht mehr vertretbaren Verständnis des Inhalts der Empfehlung ausgegangen wäre. Die Beschlusskammer war nicht gehalten, Nr. 30 ff. der Empfehlung in der vom Verwaltungsgericht für zutreffend gehaltenen Weise dahingehend auszulegen, dass die Dauer, ab der davon auszugehen ist, dass noch genutzte wiederverwendbare bauliche Anlagen vollständig abgeschrieben und deshalb nicht mehr bei der regulatorischen Anlagebasis zu berücksichtigen sind, zwingend identisch mit der bei dem jährlichen "Verteilungsmaßstab" anzusetzenden Dauer ist. Denn auch insoweit enthält die Empfehlung keine eindeutigen Vorgaben, sondern überlässt es den nationalen Regulierungsbehörden, im Rahmen ihres Spielraums die unterschiedlichen Hinweise der Empfehlung zu einem sachgerechten Ausgleich zu bringen. Dies hat die Beschlusskammer in einer im Ergebnis vertretbaren Weise getan.
Rz. 76
Nach welcher Zeit wiederverwendbare bauliche Anlagen, d. h. für Kupferleitungsnetze genutzte bauliche Anlagen, die für den Ausbau eines NGA-Netzes weitergenutzt werden können (Nr. 6 Buchst. r) der Empfehlung) und zu denen grundsätzlich z. B. auch Schächte und Gräben zu zählen sind (vgl. Erwägungsgrund 34 Satz 1), bei der Ermittlung der regulatorischen Anlagebasis nicht mehr zu berücksichtigen sind, wird in der insoweit einschlägigen Nr. 34 der Empfehlung nicht eindeutig bestimmt. Gemäß Nr. 34 Satz 1 sollten die nationalen Regulierungsbehörden bestehende wiederverwendbare bauliche Anlagen und deren regulatorische Kapitalbasis (RAB, vgl. die Definition in Nr. 6 Buchst. q)) anhand der Indexierungsmethode bewerten. Insbesondere sollten die nationalen Regulierungsbehörden die RAB bei dieser Art von Anlagen mit dem regulatorischen Buchwert abzüglich der kumulierten Abschreibungen zum Berechnungszeitpunkt und indexiert mit einem geeigneten Preisindex wie dem Einzelhandelspreisindex ansetzen (Nr. 34 Satz 2). Nr. 34 Satz 5 bestimmt, dass die nationalen Regulierungsbehörden bestehende wiederverwendbare bauliche Anlagen, die vollständig abgeschrieben sind, aber noch genutzt werden, dabei nicht berücksichtigen sollten. In Nr. 6 Buchst. e) wird ferner der Begriff der "Abschreibungsmethoden" definiert. Danach handelt es sich um Methoden, mit denen der Wert einer Anlage auf deren gesamte Lebensdauer verteilt wird, wodurch für deren Eigentümer das Profil der zu berücksichtigenden Erträge im jeweiligen Zeitraum beeinflusst wird. Eine bestimmte Abschreibungsmethode sieht die Empfehlung nicht vor. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass sich der der nationalen Regulierungsbehörde zustehende Beurteilungsspielraum grundsätzlich auch auf die Entscheidung erstreckt, welche Abschreibungsmethode sie bei der Ermittlung der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung zugrunde legt. Dabei erscheint es nicht sachwidrig, in erster Linie von der geschätzten wirtschaftlichen Nutzungsdauer eines Vermögensgegenstandes auszugehen, die das regulierte Unternehmen in seinen Kostenunterlagen selbst zugrunde gelegt hat. Im vorliegenden Fall sind dies nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts 35 Jahre für Kabelkanalanlagen und 15 Jahre für Kabelschächte. Aus der in Nr. 6 Buchst. p) der Empfehlung enthaltenen Definition des in Nr. 34 Satz 2 erwähnten Begriffs des "regulatorischen Buchwerts" folgt nichts Anderes. Danach handelt es sich um den in der geprüften regulatorischen Buchführung eines Unternehmens verzeichneten Wert einer Anlage, der deren tatsächliche Nutzung und Lebensdauer berücksichtigt, die üblicherweise die im gesetzlichen Jahresabschluss angegebene Dauer übersteigt und der technischen Lebensdauer eher entspricht. Dass die nationale Regulierungsbehörde bei der Bestimmung des regulatorischen Buchwerts nicht an die in der Buchhaltung des regulierten Unternehmens enthaltenen Angaben gebunden ist, sondern diese gemäß Nr. 6 Buchst. p) der Empfehlung zu "prüfen" hat und dementsprechend gegebenenfalls auch korrigieren kann, bedeutet nicht, dass sie zu einer solchen Korrektur der Angaben des Unternehmens zu dessen Gunsten verpflichtet ist und - in den Worten der Klägerin - eine "regulatorische Schattenrechnung" vornehmen muss, ohne dass hierfür ein konkreter Anlass besteht. Ein solcher Anlass kann insbesondere nicht darin gesehen werden, dass sich das regulierte Unternehmen - wie hier - darauf beruft, die von der Regulierungsbehörde herangezogenen Angaben in seinem Rechnungswesen dienten (nur) den Zwecken des handelsrechtlichen und steuerlichen Jahresabschlusses und seien mit den Steuerbehörden in Anlehnung an die amtlichen Abschreibungstabellen abgestimmt.
Rz. 77
Der Entscheidung der Beschlusskammer, Kabelkanalanlagen und Kabelschächte bereits nach 35 bzw. 15 Jahren bei der Ermittlung der regulatorischen Anlagebasis nicht mehr zu berücksichtigen, liegt auch kein objektiv unzutreffendes, nicht mehr vertretbares Verständnis des Inhalts der Nr. 36 der Empfehlung zugrunde. Gemäß Nr. 36 Satz 1 sollten die nationalen Regulierungsbehörden die Lebensdauer der baulichen Anlagen so ansetzen, dass sie der erwarteten Nutzungsdauer der Anlage und dem Nachfrageprofil entspricht. Diese beträgt nach Nr. 36 Satz 2 bei Kabelschächten in der Regel mindestens 40 Jahre. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts ist es nicht systematisch unplausibel, dass die Beschlusskammer die in Nr. 36 genannte Nutzungsdauer lediglich für den jährlichen "Verteilungsmaßstab" herangezogen hat. Denn die Empfehlung sieht in den bereits erwähnten Nr. 34 Satz 1, 2 und 5 i. V. m Nr. 6 Buchst. p) eine besondere Vorgehensweise für die Berücksichtigung der bestehenden wiederverwendbaren baulichen Anlagen im Rahmen der Festlegung der regulatorischen Kapitalbasis vor. Hinsichtlich der hierbei maßgeblichen Lebensdauer soll in erster Linie auf die in der Buchführung des regulierten Unternehmens enthaltenen Angaben abgestellt werden. Diesem Ansatz liegt erkennbar die Annahme zugrunde, dass sich wiederverwendbare baulichen Anlagen nach einer von dem regulierten Unternehmen selbst zugrunde gelegten Abschreibungsdauer regelmäßig amortisiert haben werden. Der Gedanke der Amortisierung kommt insbesondere auch in dem bereits erwähnten Erwägungsgrund 35 der Empfehlung zum Ausdruck. In der empfohlenen Kostenrechnungsmethode wird nach Satz 1 dieses Erwägungsgrundes die RAB, die den wiederverwendbaren baulichen Altanlagen entspricht, mit den aktuellen Kosten veranschlagt, unter Berücksichtigung der bereits abgelaufenen Nutzungsdauer, also der Kosten, die vom regulierten Betreiber mit beträchtlicher Marktmacht bereits wieder hereingeholt wurden. Da die Empfehlung, wie sich aus den Sätzen 2 und 3 des Erwägungsgrundes 35 ergibt, der Gefahr einer aus regulatorischen Gründen unerwünschten Kostenüberdeckung für die bereits vorhandene, wiederverwendbare bauliche Infrastruktur entgegenwirken will und in Satz 1 des Erwägungsgrundes 35 maßgeblich auf den Umstand abstellt, dass Kosten "wieder hereingeholt wurden", ist die Feststellung des Verwaltungsgerichts, der Nichtdiskriminierungsempfehlung liege eine "Abschreibungslogik" zugrunde und keine "Amortisationslogik", nicht verständlich.
Rz. 78
Das Verständnis der Beschlusskammer, den in Nr. 36 der Empfehlung enthaltenen Grundsatz lediglich auf die Ermittlung der Kapitalkosten zu beziehen, die auf der Grundlage des Investitionswerts anhand des kalkulatorischen Zinssatzes und der geschätzten ökonomischen Abschreibungsdauer erfolgt, hingegen auf der vorgelagerten Ebene der Bestimmung des zugrunde zu legenden Investitionswerts und im Zusammenhang mit der hierbei relevanten Frage, welche wiederverwendbaren baulichen Anlagen im Rahmen der regulatorischen Kapitalbasis überhaupt zu berücksichtigen sind, an die in der Buchführung des regulierten Unternehmens enthaltenen Angaben anzuknüpfen (Nr. 34 Satz 1, 2 und 5 i. V. m Nr. 6 Buchst. p) der Empfehlung), überschreitet auch nicht deshalb den Rahmen einer vertretbaren Auslegung der Empfehlung, weil es im Ergebnis zu relevanten Kostenunterdeckungen führen und damit dem Erwägungsgrund 26 zuwiderlaufen würde. Da die unterschiedlichen Nutzungsdauern jeweils in einem völlig anderen Zusammenhang stehen - zum einen der Ermittlung des Investitionswerts unter Ausschluss vollständig abgeschriebener Anlagen und zum anderen der Verteilung des ermittelten Investitionswerts auf eine bestimmte Dauer im Rahmen der Kapitalkostenberechnung -, können die wirtschaftlichen Auswirkungen der unterschiedlichen Nutzungsdauern im Rahmen des zugrunde gelegten Kostenmodells nicht unmittelbar beziffert und verglichen werden. Bei der Heranziehung eines Kostenmodells sind weitreichende Typisierungen unvermeidlich, die nicht jeweils isoliert betrachtet werden dürfen, sondern in ihrer Gesamtheit in den Blick genommen werden müssen. Dass der Ansatz der Beschlusskammer, Kabelkanalanlagen und Kabelschächte nach 35 bzw. 15 Jahren bei der Ermittlung der regulatorischen Anlagebasis nicht mehr zu berücksichtigen, tatsächlich zu einer Unterdeckung der - den Effizienzanforderungen entsprechenden - Kosten führt, hat die Klägerin mit ihrem pauschalen Vorbringen letztlich nicht dargelegt.
Rz. 79
Soweit das Verwaltungsgericht auf den Erwägungsgrund 187 Satz 4 der Richtlinie (EU) 2018/1972 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation (TK-Kodex) verweist, ist dies für die Auslegung der Empfehlung 2013/466/EU der Kommission nicht relevant. Selbst wenn sich daraus ergibt, dass der Unionsgesetzgeber bei Erlass des TK-Kodex im Jahr 2018 - ebenso wie nachfolgend der nationale Gesetzgeber (vgl. die Gesetzesbegründung zu § 38 Abs. 5 Nr. 3 TKG n. F. ≪vgl. BT-Drs. 19/26108 S. 276≫) - davon ausgegangen ist, dass die nationalen Regulierungsbehörden bestehende wiederverwendbare bauliche Anlagen unter Ausschluss jener Anlagen bewerten sollten, die über einen Zeitraum von mindestens 40 Jahren vollständig abgeschrieben sind, aber weiter genutzt werden, ist eine hiervon abweichende Auslegung der Kommissionsempfehlung deshalb nicht ausgeschlossen. Ebenso wenig ist in diesem Zusammenhang der Hinweis der Klägerin relevant, dass die Beklagte ihre Position zwischenzeitlich aufgegeben und in der am 28. Juni 2022 erlassenen Nachfolgegenehmigung (BK 3a-22-003) zu der streitgegenständlichen Entgeltgenehmigung sowohl für die Ermittlung der Quote der vollständig abgeschriebenen wiederverwendbaren Anlagen als auch für die Annualisierung des ermittelten Invests eine einheitliche Abschreibungsdauer von 40 Jahren zugrunde gelegt habe. Dass die Beschlusskammer im Rahmen der hier angegriffenen Entgeltgenehmigung noch von einer begrenzten Reichweite des Inhalts von Nr. 36 der Empfehlung ausgegangen ist und bei den angesetzten Nutzungsdauern danach unterschieden hat, ob es um die erste Stufe der Ermittlung der abgeschriebenen Anlagen im Rahmen der Bestimmung des Investitionswerts geht oder um die zweite Stufe der Verteilung der Investitionswerte auf die Nutzungsdauer, kann ungeachtet der späteren Änderung der Praxis nicht als unvertretbar beanstandet werden.
Rz. 80
(3) Die Feststellung, dass die Beschlusskammer bei ihrer Auslegung der Empfehlung 2013/466/EU der Kommission hinsichtlich keines der vier vom Verwaltungsgericht beanstandeten Punkte die im vorliegenden Zusammenhang maßgeblichen Grenzen der Vertretbarkeit überschritten hat, steht im Einklang mit dem Umstand, dass die Kommission in ihrer im Konsolidierungsverfahren nach Art. 7 Abs. 3 RRL abgegebenen Stellungnahme dieser Auslegung nicht entgegengetreten ist. Der Senat muss daher aus Anlass des vorliegenden Falles nicht die vom Verwaltungsgericht aufgeworfene und von ihm im Ergebnis verneinte Frage entscheiden, ob eine Erklärung der Kommission im Verfahren nach Art. 7 RRL, nach der sie die Notifizierung und die von der Bundesnetzagentur übermittelten Informationen geprüft und hierzu keine Anmerkungen habe, als authentische Interpretation zu behandeln ist oder gar eine "Legalisierungswirkung" entfaltet. Einer Vorlage an den EuGH im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 Abs. 3 AEUV mit dem Ziel einer Klärung der aufgeworfenen Fragen der Auslegung der Kommissionsempfehlung bedarf es ebenfalls nicht. Dass sich das von der Beschlusskammer zugrunde gelegte Verständnis der Hinweise der Empfehlung - wie ausgeführt - jedenfalls in dem Rahmen vertretbarer Auslegungsvarianten hält und die Beschlusskammer daher nicht durch eine unrichtige Auslegung der Empfehlung den ihr auch nach der Rechtsprechung des EuGH zustehenden Beurteilungsspielraum fehlerhaft ausgefüllt hat, ist im Sinne der "acte-clair-Doktrin" (vgl. hierzu allgemein: EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - C-283/81 [ECLI:EU:C:1982:335], CILFIT - Rn. 16) derart offenkundig, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt.
Rz. 81
(4) Die Beschlusskammer ist nicht nur von einem vertretbaren Verständnis des Inhalts der Empfehlung 2013/466/EU der Kommission ausgegangen, sondern hat auch die einschlägigen Regulierungsziele und -grundsätze sowie sonstigen relevanten privaten oder öffentlichen Belange vollständig und mit rechtlich nicht zu beanstandender Gewichtung in ihre Abwägung eingestellt. Die Begründung der in dem angegriffenen Beschluss in Bezug genommenen TAL-Entgelte-Genehmigung enthält im Anschluss an eine Übersicht der sich unter Zugrundelegung der fünf näher in den Blick genommenen Varianten annäherungsweise berechneten monatlichen Entgelte für die Überlassung der Teilnehmeranschlussleitung einen umfangreichen Abschnitt zur Abwägung. Daraus ergibt sich, dass die Beschlusskammer sowohl das subjektive Anbieterinteresse der Klägerin als auch die in § 2 Abs. 2 Nr. 1 TKG a. F. genannten Interessen der Nutzer und Verbraucher, das in § 2 Abs. 2 Nr. 2 TKG a. F. genannte Regulierungsziel der Sicherstellung eines chancengleichen Wettbewerbs und der Förderung nachhaltig wettbewerbsorientierter Märkte der Telekommunikation im Bereich der Telekommunikationsdienste und -netze sowie der zugehörigen Einrichtungen und Dienste, das in § 2 Abs. 2 Nr. 3 TKG a. F. zur Umsetzung von Art. 8 Abs. 3 RRL niedergelegte Regulierungsziel der Förderung des Binnenmarktes in der Europäischen Union mit dem Unterziel der Entwicklung einer einheitlichen Regulierungspraxis (Art. 8 Abs. 3 Buchst. d) RRL) sowie das in § 2 Abs. 2 Nr. 5 TKG a. F. genannte Regulierungsziel der Beschleunigung des Ausbaus von hochleistungsfähigen öffentlichen Telekommunikationsnetzen der nächsten Generation in den Blick genommen und ihr methodisches Vorgehen plausibel begründet hat.
Rz. 82
gg) Die Entscheidung über die Auswahl der Methode für die Berechnung des Anlagevermögens als Grundlage für die Ermittlung von Zinsen und Abschreibungen lässt keine Abwägungsdisproportionalität erkennen und ist somit auch im Ergebnis nicht zu beanstanden. Die Beschlusskammer hat den Ausgleich zwischen den betroffenen Belangen in einer Weise vorgenommen, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange nicht außer Verhältnis steht. Dies gilt insbesondere auch für die von der Klägerin im Zusammenhang mit der von der Beschlusskammer vorgenommenen Übertragung des Anteils abgeschriebener Anlagen auf das modellierte Netz beanstandete "doppelte Optimierung". Denn es ist nicht erkennbar, wie den in der Empfehlung zum Ausdruck kommenden Belangen, einerseits bei der Modellierung von einem "hypothetischen" effizienten NGA-Netz auszugehen (Nr. 32 Satz 1), und andererseits die Gefahr einer Kostenüberdeckung für die bereits vorhandene, wiederverwendbare bauliche Infrastruktur zu vermeiden (Erwägungsgrund 35 Satz 2), auf andere Weise eindeutig besser hätte Rechnung getragen werden können. In Bezug auf die Nichtberücksichtigung der Kabelkanalanlagen und Kabelschächte nach Ablauf von 35 bzw. 15 Jahren bei der Ermittlung der regulatorischen Anlagebasis ist ebenfalls kein unangemessenes Abwägungsergebnis festzustellen. Eine eindeutig vorzugswürdige Weise, die gegenläufigen Hinweise der Nichtdiskriminierungsempfehlung, einerseits bei Kabelschächten in der Regel von einer Lebensdauer von mindestens 40 Jahren auszugehen (Nr. 36 Satz 2), andererseits aber bei der Berücksichtigung noch genutzter wiederverwendbarer baulicher Anlagen im Rahmen der regulatorischen Kapitalbasis durch Anknüpfung an die in der Buchführung des regulierten Unternehmens enthaltenen Angaben eine Kostenüberdeckung zu vermeiden (Nr. 34 Satz 1, 2 und 5 i. V. m Nr. 6 Buchst. p)), in Ausgleich zu bringen, ist nicht erkennbar.
Rz. 83
3. Da sich das der Klage stattgebende Urteil des Verwaltungsgerichts auch nicht aus anderen Gründen als richtig erweist (§ 144 Abs. 4 VwGO), ist es zu ändern und die Klage gegen den Beschluss der Bundesnetzagentur vom 26. Juni 2019 - BK 3a-19/002 - abzuweisen.
Rz. 84
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Fundstellen
Haufe-Index 15760836 |
BVerwGE 2024, 126 |
NVwZ 2024, 1174 |
DÖV 2023, 825 |
DVBl. 2023, 3 |
MMR 2023, 872 |
N&R 2023, 251 |