Mit Erfolg! Die Durchführung einer Eigentümerversammlung als "Vollmachtversammlung" sei unzulässig. § 23 WEG kenne lediglich die Möglichkeit der Beschlussfassung in einer Versammlung, ggf. unter Verwendung elektronischer Kommunikationsmittel, oder die Beschlussfassung als Umlaufbeschluss gem. § 23 Abs. 3 WEG a. F. Es sei daher nicht zulässig, die Wohnungseigentümer direkt oder indirekt zu zwingen, einen Vertreter zu bevollmächtigen. Jedenfalls dürften die Wohnungseigentümer nicht explizit dazu aufgerufen werden, der Versammlung fernzubleiben und stattdessen dem Verwalter bzw. den Verwaltungsbeiräten Vollmachten zu erteilen, verbunden mit dem Hinweis, dass bei der Teilnahme gesundheitliche Risiken bestünden. Zu beanstanden sei auch, dass diese Vorgehensweise in der Einladung so dargestellt werde, als ob eine Vertreterversammlung eine anerkannte Form der Eigentümerversammlung sei. Hätte der Gesetzgeber eine solche Form der Versammlung gewollt, so hätte dies bei der Reform des Wohnungseigentumsrechts zum 1.12.2020 oder im Rahmen des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19 Pandemie angeordnet werden müssen.

Hinweis

  1. Die Entscheidung ist im Kern falsch. Eine Vertreterversammlung ist – wie bei der vorherigen Entscheidung dargestellt – als praxisorientierte Alternative absolut anerkannt (siehe nur Zehelein/Elzer, COVID-19, Miete in Zeiten von Corona, 1. Aufl. 2020, § 5 Rn. 44) und entspricht BGB und WEG. Jeder Wohnungseigentümer war schon immer berechtigt, sich einen Vertreter zu nehmen. Richtig ist hingegen, dass sich jeder Wohnungseigentümer frei entscheiden kann, ob er sich einen Vertreter nimmt. Es darf den Wohnungseigentümern daher nicht suggeriert werden, sie müssten sich einen Vertreter nehmen und dürften/sollten nicht persönlich an einer Versammlung teilnehmen.
  2. Der Kläger rügte im Übrigen auch, die Einladungsfrist von 3 Wochen gem. § 24 Abs. 4 Satz 2 WEG sei nicht eingehalten worden. Dies sah das AG auch so. Zwar heiße es in der Gemeinschaftsordnung, die Einladung müsse 8 Tage vor der Eigentümerversammlung zur Post gegeben werden. Die Gemeinschaftsordnung habe nach einer Auslegung aber nur die bestehende gesetzliche Regelung wiedergeben wollen und sei daher nach § 47 WEG nicht anwendbar. Im süddeutschen Sprachraum sei es üblich für "in einer Woche" auch "in 8 Tagen" zu sagen. Soweit das Gericht auslegt, ist das Ergebnis diskussionswürdig. Weicht eine Gemeinschaftsordnung für die Ladungsfrist vom geltenden Recht hingegen ab, dürfte sie in der Regel anwendbar sein (näher BeckOK WEG/Elzer, 43. Ed. 1.1.2021, WEG § 47 Rn. 9).
  3. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer meinte schließlich, der Antrag müsse sich gegen den Verwalter richten. Dies sah das AG nicht so. Der Antrag sei nach §§ 9a, 9b, 18 Abs. 1 WEG gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu richten. Dem ist zuzustimmen (Elzer, IMR 2020, S. 509)! Dies kann aber anders sein, wenn sich die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gegen die Ladung des Beiratsvorsitzenden wehren könnte (dazu näher Dötsch, IMR 2021, S. 169).

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge