1 Leitsatz

Ein Wohnungseigentümer ist berechtigt, seine Mieter zu ermächtigen, sein aus § 18 Abs. 4 WEG folgendes Einsichtsrecht in die Betriebskostenbelege auszuüben, um auf diese Weise den Anspruch der Mieter auf Belegeinsicht aus §§ 556, 259 BGB zu erfüllen. Die Regelungen der DSGVO stehen dem nicht entgegen; insbesondere ist die Darlegung eines besonderen Interesses des Mieters nicht erforderlich, denn das allgemeine Interesse der Berechtigten, die Tätigkeit des Abrechnungspflichtigen zu kontrollieren, genügt.

2 Normenkette

§ 18 Abs. 4 WEG

3 Das Problem

Der vermietende Wohnungseigentümer K erstellt auf Grundlage der Einzeljahresabrechnung 2020 die Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2019. Mieter M fordert vor einer Zahlung von K eine Belegeinsicht. Da K die entsprechenden Belege nicht hat, ermächtigt er M, in die Verwaltungsunterlagen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Einsicht zu nehmen. Die Verwaltung verweigert M die Einsichtnahme. Die Verwaltung ist nur bereit, die benötigten Belege zu kopieren und zu versenden, wobei Kopierkosten in Höhe von 75 EUR pro Stunde berechnet werden würden. Dies sieht K nicht ein und verklagt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer B. Er ist der Auffassung, dass er seine Mieter und ehemaligen Mieter zur Einsicht in die Originalbelege ermächtigen könne. Er sei nicht darin gebunden, wie und durch wen er sein Einsichtsrecht ausübe. Insbesondere sei eine Einschränkung auf Berufsgeheimnisträger nicht vorgesehen. Ferner könne die Einsicht durch Mieter nicht aus Gründen des Datenschutzes verweigert werden, da jeweils ein berechtigtes Interesse vorliege. Des Weiteren sei die Einsicht am Ort der Liegenschaft zu gewähren (insoweit verlangt K eine Feststellung). Auch sei eine Beschränkung des Antrags auf die üblichen Bürozeiten nicht richtig.

4 Die Entscheidung

Die Leistungsklage hat Erfolg! K sei berechtigt, Einsicht zu nehmen. Er sei ferner berechtigt, seine gegenwärtigen und ehemaligen Mieter zur Ausübung seines Rechtes zu ermächtigen. Der Anspruch aus § 18 Abs. 4 WEG sei kein höchstpersönliches Recht, sodass es grundsätzlich durch Dritte ausgeübt werden könne. Bei der Delegation sei ein Wohnungseigentümer nicht verpflichtet, lediglich eine von Berufs wegen zur Verschwiegenheit verpflichtete Person mit der Ausübung der Einsicht zu ermächtigen. Vielmehr sei zu berücksichtigen, dass der Wohnungseigentümer genauso wenig verpflichtet sei, lediglich einen Berufsgeheimnisträger als Vertreter in die Wohnungseigentümerversammlung zu entsenden, wo gleichsam empfindliche Interna der Gemeinschaft besprochen werden mögen. Ein besonderes Geheimhaltungs- und Integritätsinteresse könne daher nicht angenommen werden. Ferner sei es nicht erforderlich, dass der ermächtigte Vertreter lediglich im Interesse des Wohnungseigentümers handele. Der Dritte könne mit der Einsicht auch eigene Interessen verfolgen. So liege der Fall insbesondere bei ehemaligen und gegenwärtigen Mietern des betroffenen Wohnungseigentümers. Der vermietende Wohnungseigentümer müsse zur Erfüllung des Anspruchs dem Mieter die Einsicht in die Verwaltungsunterlagen gewähren, wobei sich die Einsicht auf die dafür notwendigen Unterlagen beschränken müsse. Dieser Einschränkung komme K nach, da M nicht die Einsicht in alle Verwaltungsunterlagen erlaubt worden sei. Der Einsicht durch ehemalige und gegenwärtige Mieter stünden auch die zwingenden Vorgaben der DSGVO nicht entgegen. Denn die Einsicht des Mieters in die Verwaltungsunterlagen verstoße nicht gegen den Datenschutz. In entsprechender Anwendung der Rechtsprechung des BGH zum Mietrecht in Mehrparteienhäusern sei auch die Darlegung eines besonderen Interesses des Mieters an der Belegeinsicht nicht erforderlich. Es genüge hierfür bereits das allgemeine Interesse des Berechtigten, die Tätigkeit des Abrechnungspflichtigen zu kontrollieren. Der Anspruch sei nicht auf die üblichen Bürozeiten des Verwalters zu begrenzen. Eine solche Vorgabe lasse sich dem Gesetz nicht entnehmen. Aus § 271 Abs. 1 BGB folge mangels anderweitiger Anhaltspunkte vielmehr, dass der Wohnungseigentümer die Einsicht sofort verlangen und die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer diese sofort zu bewirken habe. Allerdings handele die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nicht pflichtwidrig, wenn sie einen kurzen Vorlauf benötige, um die Einsicht durch den Verwalter vorzubereiten. Auch könne verlangt werden, die Einsichtnahme eine angemessene Zeit vorher anzukündigen. Die Feststellungsklage sei unzulässig. Lediglich zur Vermeidung weiterer zukünftiger Streitigkeiten solle darauf hingewiesen werden, dass sich der Anspruch nach § 18 Abs. 4 WEG gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer richte und sich die Bestimmung des Leistungsortes aus § 269 Abs. 1 BGB ergebe, welcher grundsätzlich auf den Belegenheitsort des Grundstückes verweisen dürfte. Die Belegeinsicht dürfte kostenlos zu gewähren sein, dies gelte jedoch nicht für die Fertigung von Kopien.

5 Hinweis

Problemüberblick

Im Fall streiten die Verwaltung und ein Wohnungseigentümer, ob, wie und wann dem Mieter des Wohnungseigentümers...

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