Alexander C. Blankenstein
Kurzbeschreibung
Gem. § 17 Abs. 1 WEG können nicht nur Pflichtverletzungen gegenüber den anderen Wohnungseigentümern, sondern auch solche gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ein Entziehungsverlangen rechtfertigen. Die hier verfügbaren Vorlagen behandeln zum einen die Abmahnung eines Wohnungseigentümers vor dem endgültigen Entziehungsbeschluss und zum anderen die Entscheidung über die Entziehung des Wohnungseigentums.
Vorbemerkung
Bei der Entziehung des Wohnungseigentums handelt es sich um den schwersten aller möglichen Eingriffe in das Eigentum. Voraussetzung ist, dass sich ein Wohnungseigentümer einer so schweren Pflichtverletzung der ihm gegenüber den anderen Wohnungseigentümern und der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bestehenden Verpflichtungen schuldig gemacht hat, dass diesen die Fortsetzung der Gemeinschaft mit dem störenden Eigentümer nicht mehr zugemutet werden kann. Die Entziehung des Wohnungseigentums verstößt jedenfalls nicht gegen Art. 14 GG.
WEMoG
Das Regelbeispiel des Zahlungsverzugs in § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG a. F. ist seit Inkrafttreten des WEMoG entfallen. Der neue § 17 WEG konnte modifiziert werden, weil im Zuge des WEMoG auch der für das Zwangsversteigerungsverfahren einschlägige § 10 ZVG entsprechend geändert wurde. Durch Aufhebung von § 10 Abs. 3 Satz 1 ZVG a. F. existiert keine betragsmäßige Mindestgrenze mehr, sodass aus jedem Zahlungstitel unmittelbar die Zwangsversteigerung beantragt werden kann.
Fortlaufend unpünktliche Zahlung von Hausgeld
Auch eine fortlaufend unpünktliche Erfüllung von Hausgeld- und anderen Zahlungsansprüchen der Gemeinschaft kann den Wohnungseigentümern die Fortsetzung der Gemeinschaft mit dem säumigen Wohnungseigentümer unzumutbar machen. Bei einer Entziehung aus diesem Grund muss der säumige Wohnungseigentümer vor Beschlussfassung über die Entziehung abgemahnt werden. Fraglich ist insoweit, ob eine "Vorratsbeschlussfassung" in Form eines "Orga"-Beschlusses möglich ist, der grundsätzlich und generell festlegt, unter welchen näher definierten Voraussetzungen die Entziehung des Wohnungseigentums erfolgt, ohne dass es einer (nochmaligen) konkreten Beschlussfassung hierzu bedarf. Da eine Entziehung des Wohnungseigentums im Fall fortlaufend unpünktlicher Erfüllung von Hausgeld- und anderen Zahlungsansprüchen jedoch maßgeblich auf das Kriterium einer "Beeinträchtigung der ordnungsmäßigen Verwaltung" abstellt und eine solche jeweils abhängig vom konkreten Einzelfall ist, dürfte eine "Orga"-Beschlussfassung wohl nicht möglich sein.
Abmahnung vor Entziehung
Vor der Einleitung des Entziehungsverfahrens muss der betreffende Wohnungseigentümer abgemahnt werden – und zwar unerheblich, aus welchem Grund die Entziehung erfolgen soll. Eine Abmahnung ist nur im Ausnahmefall dann entbehrlich, wenn sie unzumutbar ist oder offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg bietet.
Da das Entziehungsrecht selbst nach § 17 Abs. 1 WEG der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zugeordnet ist, hat in erster Linie auch sie die Abmahnung zu erteilen und zwar durch den Verwalter als deren Vertretungsorgan. Seit Inkrafttreten des WEMoG am 1.12.2020 wird uneinheitlich beurteilt, ob der Verwalter ohne entsprechende Beschlussfassung der Wohnungseigentümer eine Abmahnung erteilen kann, da diesem nur das Recht obliegt, Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung von untergeordneter Bedeutung für die Wohnungseigentümer zu treffen. Da die Abmahnung letztlich eine Vorstufe des Entziehungsverfahrens darstellt, könnte dies zweifelhaft sein. Nach diesseits vertretener Auffassung würde die Einleitung des Entziehungsverfahrens selbst sicherlich keine unbedeutende Maßnahme für die übrigen Wohnungseigentümer darstellen, was allerdings nicht für die Abmahnung gilt. Würde der Verwalter jedoch eine fehlerhafte Abmahnung erteilen, weshalb ein anschließendes Entziehungsverfahren erfolglos bliebe, könnte die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ihn wegen der Verfahrenskosten in Regress nehmen. Möchte man also auf der ganz sicheren Seite stehen, sollte sich der Verwalter beschlussweise zur Abmahnung ermächtigen lassen.
Ob eine Abmahnung durch Beschluss erfolgen kann, wird seit Inkrafttreten des WEMoG unterschiedlich beurteilt, wobei sich eine herrschende Meinung herauskristallisiert, die dies nach wie vor für möglich hält.
Beschlussfassung über Eigentumsentziehung
Bis zum Inkrafttreten des WEMoG hatte § 18 Abs. 3 WEG a. F. noch die Formalien eines Entziehungsbeschlusses geregelt. Der neue § 17 WEG verzichtet hierauf. Das Gesetz ordnet auch die Notwendigkeit einer Beschlussfassung über die Entziehung des Wohnungseigentums nicht an. Derzeit unterschiedlich beurteilt wird, ob es daher überhaupt einer Beschlussfassung bedarf oder nicht. Nach einer sich als herrschende Meinung abzeichnenden Auffassung besteht allerdings richtigerweise ein Erfordernis entsprechender Beschlussfassung. Denn die Einleitung eines Entziehungsverfahrens stellt in aller Regel keine Angelegenheit von untergeordneter Bedeutung im Sinne von § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG dar.
Besondere F...