Alexander C. Blankenstein
Maßnahmen zur Herstellung eines plangerechten Zustands des Gemeinschaftseigentums werden unter den Begriff der Erhaltung subsumiert und nicht als bauliche Veränderungen qualifiziert. Gemäß § 18 Abs. 2 Nr. 1 WEG in Verbindung mit § 19 Abs. 2 Nr. 2 WEG kann jeder Wohnungseigentümer verlangen, dass das gemeinschaftliche Eigentum plangerecht hergestellt wird. Vergleichsmaßstab für den planmäßigen Zustand sind die Teilungserklärung, die Gemeinschaftsordnung, der Aufteilungsplan und die Baupläne.
Zur erstmaligen Herstellung zählen dabei insbesondere Maßnahmen, die ein mangelhaftes Bauwerk in einen erstmals planmäßigen Zustand versetzen. Zur Beurteilung der Mangelhaftigkeit ist auf den Stand der anerkannten Regeln der Technik zum Zeitpunkt der Abnahme des Bauwerks abzustellen, wobei auf Qualitätsstandards vergleichbarer und in etwa zeitgleich hergestellter Bauwerke abzustellen ist. Auch die erstmalige Herstellung von Kfz-Stellplätzen, an denen nach der Teilungserklärung Sondernutzungsrechte bestehen, entspricht ordnungsmäßiger Verwaltung.
Alle Eigentümer stehen in der Pflicht
Zur erstmaligen Herstellung des gemeinschaftlichen Eigentums ist mangels abweichender Vereinbarung stets die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verpflichtet.
So ist z. B. die erstmalige plangerechte Herstellung einer Wand, die 2 Sondereigentumseinheiten voneinander abgrenzt, unabhängig von der dinglichen Zuordnung der herzustellenden Wand, Aufgabe der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und nicht nur der benachbarten Sondereigentümer.
Erstmalige Herstellung vs. fehlerhafte Errichtung
Auch ein Fall der erstmaligen Herstellung liegt vor, wenn Gemeinschaftseigentum entgegen des Aufteilungsplans vom Bauträger fehlerhaft errichtet wird. Wird z. B. an einer Wohnung entgegen des Aufteilungsplans kein Balkon errichtet, handelt es sich um einen Ausführungsmangel des Bauvorhabens, der im Rahmen der erstmaligen Herstellung behoben werden kann.
Eine erstmalige plangemäße Erstellung muss nicht sämtliche von der Teilungserklärung oder dem Aufteilungsplan abweichenden Bereiche umfassen. Sind im Teilungsplan z. B. 2 Türen vorgesehen und wird die Wohnanlage stattdessen an dieser Stelle mit einem Fenster errichtet, handelt es sich auch dann um eine Maßnahme der erstmaligen Herstellung des Gemeinschaftseigentums, wenn das Fenster lediglich durch eine Tür ersetzt wird.
Treu und Glauben
Der Anspruch auf erstmalige Herstellung eines den Plänen entsprechenden Zustands wird durch den Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB begrenzt. Er entfällt also, wenn seine Erfüllung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nach den Umständen des Einzelfalls nicht zuzumuten ist. Das kann etwa der Fall sein, wenn
- die plangerechte Herstellung tiefgreifende Eingriffe in das Bauwerk erfordert oder
- Kosten verursacht, die auch unter Berücksichtigung der berechtigten Belange der von der abweichenden Bauausführung unmittelbar betroffenen Wohnungseigentümer unverhältnismäßig sind, also außer Verhältnis zu dem Nutzen stehen.
In einem solchen Fall sind die Wohnungseigentümer verpflichtet, Teilungsvertrag und Aufteilungsplan so zu ändern, dass diese der tatsächlichen Bauausführung entsprechen. Die Interessen der hiervon nachteilig betroffenen Wohnungseigentümer werden dadurch gewahrt, dass sie jedenfalls gravierende Abweichungen zulasten ihres Sondereigentums unter Umständen nur gegen eine Ausgleichszahlung hinnehmen müssen.
Keine Verjährung
Der Anspruch auf erstmalige Herstellung der Wohnungseigentumsanlage unterliegt insoweit nicht der Verjährung, als die planwidrige Errichtung den Bestand des Gemeinschaftseigentums beeinträchtigt und gerade die Maßnahmen der Erhaltung diesen sichern sollen.
Exklusive Verpflichtung durch Vereinbarung?
Umstritten ist, ob eine Bestimmung in der Gemeinschaftsordnung, die die Erhaltung bzw. Instandhaltung und Instandsetzung bestimmter Bereiche des Gemeinschaftseigentums dem jeweiligen Sondereigentümer auferlegt, auch so auszulegen ist, dass von ihr auch eine erstmalige Herstellung eines ordnungsgemäßen Zustands erfasst wird, jedenfalls soweit es um die Behebung anfänglicher Baumängel geht. Die herrschende Meinung verneint dies.
Bedarf es etwa einer erstmaligen ordnungsmäßigen Herstellung in einer Mehrhausanlage, dürfte nicht nach § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG beschlossen werden können, dass diese Herstellung nur die Wohnungseigentümer des betreffenden Hauses bezahlen müssen.
Beschluss nach § 20 Abs. 1 WEG
Einem Anspruch auf Erstherstellung kann entgegenstehen, dass die Wohnungseigentümer zuvor einen Beschluss nach § 20 Abs. 1 WEG über eine abweichende Bauausführung gefasst haben.
Da die Wohnungseigentümer einfach-mehrheitlich innerhalb der Grenzen von § 20 Abs. 4 WEG einen Beschluss über eine Maßnahme der baulichen Veränderung fassen können, könnten sie also eine planwidrige Errichtung mehrheitlich genehmigen oder eine vom Plan abweichende Errichtung beschließen.