1 Leitsatz
Die Erklärung, die Hauptsache habe sich erledigt, kann beim BGH schriftlich und auch von einem bloß zweitinstanzlichen Anwalt abgegeben werden.
2 Normenkette
§§ 78 Abs. 1 Satz 3, 91a ZPO
3 Das Problem
In einer vom LG zugelassenen Revision erklären die Parteien das Verfahren in der Hauptsache außerhalb der mündlichen Verhandlung übereinstimmend für erledigt. Die von Wohnungseigentümer K für die zweite Instanz bevollmächtigten Rechtsanwälte P sind allerdings mangels Zulassung vor dem BGH nicht postulationsfähig (= sie dürfen beim BGH nicht als Rechtsanwalt auftreten). Es ist daher zu fragen, ob ihre Erklärung dennoch wirksam ist.
4 Die Entscheidung
Die Erklärung ist wirksam! Die Prozessbevollmächtigten des K seien zwar ohne Zulassung vor dem BGH nicht postulationsfähig (§ 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO). Die Entscheidung ergehe aber im Verfahren außerhalb der mündlichen Verhandlung und unterliege daher nicht dem Anwaltszwang (§§ 91a Abs. 1, 78 Abs. 3 ZPO).
5 Hinweis
Problemüberblick
Durch die Vollstreckung eines Entziehungsurteils wird ein Wohnungseigentum beschlagnahmt. Im Fall streiten die Wohnungseigentümer, ob es aus diesem Grund nicht mehr wirksam freihändig veräußert werden kann oder ob § 23 Abs. 1 Satz 1 ZVG teleologisch zu reduzieren bzw. in der Antragstellung bei dem Vollstreckungsgericht die Zustimmung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu einer freihändigen Veräußerung zu sehen ist.
Prozessuale Erledigung
Da die Parteien aus Gründen, die der BGH nicht mitteilt, an der Lösung der Fallfrage kein Interesse mehr hatten, erklärten sie das Verfahren in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt. Der BGH klärt, dass diese Erklärung auch von Rechtsanwälten abgegeben werden kann, die beim BGH nicht zugelassen sind. In der Sache gibt er leider keine Hinweise. Er argumentiert wie folgt: Es sei nicht Zweck einer Kostenentscheidung nach § 91a ZPO, Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu klären oder das Recht fortzubilden. Grundlage der Entscheidung sei lediglich eine summarische Prüfung, bei der das Gericht grundsätzlich davon absehen könne, in einer rechtlich schwierigen Sache nur wegen der Verteilung der Kosten alle für den hypothetischen Ausgang bedeutsamen Rechtsfragen zu klären.
Freihändiger Verkauf
Es ist streitig, ob der zur Veräußerung seines Wohnungseigentums verurteilte Wohnungseigentümer sein Wohnungseigentum nach der in Vollstreckung eines Entziehungsurteils erfolgten Beschlagnahme im Verhältnis zu der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nicht mehr wirksam freihändig veräußern kann oder ob § 23 Abs. 1 Satz 1 ZVG teleologisch zu reduzieren ist bzw. in der Antragstellung bei dem Vollstreckungsgericht die Zustimmung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu einer freihändigen Veräußerung zu sehen ist. Ich selbst meine, eine freihändige Veräußerung wäre nicht mehr möglich.
Was ist für die Verwaltungen besonders wichtig?
Hat die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ein Entziehungsurteil erstritten, erfolgt die Vollstreckung nach den allgemeinen Regeln des ZVG über die Zwangsversteigerung durch das für den Ort der Liegenschaft zuständige Vollstreckungsgericht aus der Rangklasse des § 10 Abs. 1 Nr. 5 ZVG.
6 Entscheidung
BGH, Beschluss v. 11.1.2024, V ZR 163/22