Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Verbraucherverträge. ‚Telefonische Kommunikation’. Von einem Unternehmer zu dem Zweck eingerichtete Telefonleitung, Verbrauchern im Zusammenhang mit einem geschlossenen Vertrag die Kontaktaufnahme mit ihm zu ermöglichen. Einrichtung von zwei Telefonleitungen, einer kostenpflichtigen Festnetzleitung und einer kostenlosen Mobilfunkleitung, durch ein Unternehmen im Rahmen seines Kundendiensts bezüglich geschlossener Verträge. Inhalt von Kommunikationsmaterialien für Kunden. Zulässigkeit einer Service-Rufnummer, für die Kunden ein höherer Tarif berechnet wird als der Grundtarif. Begriff ‚Grundtarif’
Normenkette
Verfahrensordnung des Gerichtshofs Art. 99; Richtlinie 2011/83/EU Art. 21
Beteiligte
Tenor
Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates ist dahin auszulegen, dass er dem entgegensteht, dass ein Unternehmer seinen Kunden zusätzlich zur Angabe einer Telefonnummer, die höchstens zum Grundtarif abgerechnet wird, eine Telefonnummer angibt, für deren Gebrauch ein den Grundtarif übersteigender Tarif gilt und die möglicherweise von Verbrauchern genutzt wird, die einen Vertrag mit dem Unternehmer geschlossen haben.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Markkinaoikeus (Gericht für Wirtschaftssachen, Finnland) mit Entscheidung vom 11. November 2020, beim Gerichtshof eingegangen am 12. November 2020, in dem Verfahren
Kuluttaja-asiamies
gegen
MiGame Oy
erlässt
DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten L. Bay Larsen, der Richterin C. Toader (Berichterstatterin) und des Richters N. Jääskinen,
Generalanwalt: G. Pitruzzella,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund der nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Entscheidung, gemäß Art. 99 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs durch mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden,
folgenden
Beschluss
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 21 der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. 2011, L 304, S. 64).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Kuluttaja-asiamies (Verbraucherombudsmann, Finnland) (im Folgenden: Ombudsmann) und der MiGame Oy, einem Unternehmen mit Sitz in Finnland, über den Inhalt der für die Kunden dieses Unternehmens bestimmten Kommunikationsmaterialien, die für Verbraucher, mit denen bereits ein Vertrag besteht, Service-Rufnummern zu einem höheren Tarif als dem Grundtarif angeben.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Art. 1 der Richtlinie 2011/83 legt deren Gegenstand wie folgt fest:
„Zweck dieser Richtlinie ist es, durch Angleichung bestimmter Aspekte der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten in Bezug auf Verträge, die zwischen Verbrauchern und Unternehmern geschlossen werden, ein hohes Verbraucherschutzniveau zu erreichen und damit zum ordnungsgemäßen Funktionieren des Binnenmarkts beizutragen.”
Rz. 4
Art. 4 („Grad der Harmonisierung”) der Richtlinie lautet:
„Sofern diese Richtlinie nichts anderes bestimmt, erhalten die Mitgliedstaaten weder von den Bestimmungen dieser Richtlinie abweichende innerstaatliche Rechtsvorschriften aufrecht noch führen sie solche ein; dies gilt auch für strengere oder weniger strenge Rechtsvorschriften zur Gewährleistung eines anderen Verbraucherschutzniveaus.”
Rz. 5
Art. 21 („Telefonische Kommunikation”) der Richtlinie sieht vor:
„Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass der Verbraucher nicht verpflichtet ist, bei einer telefonischen Kontaktaufnahme mit dem Unternehmer mehr als den Grundtarif zu zahlen, wenn der Unternehmer eine Telefonleitung eingerichtet hat, um mit ihm im Zusammenhang mit dem geschlossenen Vertrag telefonisch Kontakt aufzunehmen.
Das Recht von Anbietern von Telekommunikationsdiensten, Entgelte für solche Anrufe zu berechnen, bleibt von Unterabsatz 1 unberührt.”
Finnisches Recht
Rz. 6
Art. 21 der Richtlinie 2011/83 wurde durch § 14 des 2. Kapitels des Kuluttajansuojalaki (38/1978) (Verbraucherschutzgesetz [38/1978]) vom 20. Januar 1978 in der durch das Laki kuluttajansuojalain muuttamisesta (1211/2013) (Gesetz zur Änderung des Verbraucherschutzgesetzes [1211/2013] vom 30. Dezember 2013) geänderten Fassung (im Folgenden: Gesetz 38/1978) in finnisches Recht umgesetzt.
Rz. 7
§ 14 des 2. Kapitels des Gesetzes 3...