Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsmittel. Wettbewerb. Entscheidung der Kommission in einem Verfahren nach Art. 81 EG. Nichtigkeitsklage. Frist. Verspätete Klage. Gründe, die ein Abweichen von der Klagefrist rechtfertigen können. Recht auf Zugang zu einem Gericht. Grundsätze der Gesetzmäßigkeit und der Verhältnismäßigkeit. Offensichtlich unbegründetes Rechtsmittel
Beteiligte
Internationale Fruchtimport Gesellschaft Weichert / Kommission |
Internationale Fruchtimport Gesellschaft Weichert GmbH & Co. KG |
Tenor
1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.
2. Die Internationale Fruchtimport Gesellschaft Weichert GmbH & Co. KG trägt die Kosten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingereicht am 8. Februar 2010,
Internationale Fruchtimport Gesellschaft Weichert GmbH & Co. KG mit Sitz in Hamburg (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwalt A. Rinne, S. Kon und C. Humpe, Solicitors, sowie C. Vajda, QC,
Rechtsmittelführerin,
andere Verfahrensbeteiligte:
Europäische Kommission, vertreten durch M. Kellerbauer und A. Biolan als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Beklagte im ersten Rechtszug,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Schiemann sowie der Richterinnen C. Toader und A. Prechal (Berichterstatterin),
Generalanwältin: E. Sharpston,
Kanzler: A. Calot Escobar,
nach Anhörung der Generalanwältin
folgenden
Beschluss
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Internationale Fruchtimport Gesellschaft Weichert GmbH & Co. KG die Aufhebung des Beschlusses des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 30. November 2009, Internationale Fruchtimport Gesellschaft Weichert/Kommission (T-2/09, im Folgenden: angefochtener Beschluss), mit dem ihre Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung K(2008) 5955 endg. der Kommission vom 15. Oktober 2008 in einem Verfahren nach Art. 81 EG (Sache COMP/39.188 – Bananen) (im Folgenden: streitige Entscheidung) als offensichtlich unzulässig abgewiesen worden ist, weil sie nicht fristgerecht erhoben worden sei.
Vorgeschichte des Rechtsstreits und Verfahren vor dem Gericht
Rz. 2
Die Rechtsmittelführerin ist eine Kommanditgesellschaft nach deutschem Recht.
Rz. 3
Am 21. Oktober 2008 wurde ihr die streitige Entscheidung zugestellt, mit der die Kommission der Europäischen Gemeinschaften feststellte, dass mehrere Unternehmen, darunter die Rechtsmittelführerin, durch die Teilnahme an einer abgestimmten Verhaltensweise zur Koordinierung der Referenzpreise für Bananen auf einem Teil des gemeinsamen Marktes gegen Art. 81 EG verstoßen hätten, und gegen diese Unternehmen Geldbußen verhängte.
Rz. 4
Die Fresh Del Monte Produce Inc. (im Folgenden: Del Monte) wurde gesamtschuldnerisch mit der Rechtsmittelführerin zur Zahlung der gegen Letztere verhängten Geldbuße verurteilt, da Del Monte in dem Zeitraum, in dem die Rechtsmittelführerin an der Zuwiderhandlung beteiligt gewesen sei, entscheidenden Einfluss auf sie ausgeübt habe. Mit Klageschrift, die am 31. Dezember 2008 einging, erhob Del Monte beim Gericht Nichtigkeitsklage gegen die streitige Entscheidung. In dieser derzeit anhängigen Rechtssache wurde die Rechtsmittelführerin mit Beschluss vom 17. Februar 2010, Fresh Del Monte Produce/Kommission (T-587/08), als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge von Del Monte zugelassen.
Rz. 5
Mit Fax, das am 2. Januar 2009 bei der Kanzlei des Gerichts einging, übermittelte die Rechtsmittelführerin die Kopie einer auf die Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung gerichteten Klageschrift, deren Original am 9. Januar 2009 bei der Kanzlei des Gerichts einging.
Rz. 6
Nachdem der Rechtsmittelführerin mit Schreiben des Kanzlers des Gerichts vom 4. Februar 2009 mitgeteilt worden war, dass ihre Klage nicht innerhalb der in Art. 230 EG vorgesehenen Frist erhoben worden sei, nahm sie mit Schreiben vom 20. Februar 2009 zur verspäteten Einreichung ihrer Klageschrift Stellung und beantragte, von der Einhaltung dieser Frist abzusehen.
Rz. 7
Die Rechtsmittelführerin machte dazu geltend, dass die verspätete Einreichung der Klageschrift die Folge einer fehlerhaften Auslegung der Verfahrensordnung des Gerichts durch ihre Rechtsvertreter sei. Konkret übermittelte sie als Anlage zu ihrer Stellungnahme die Aussage eines ihrer Rechtsvertreter, wonach drei seiner Mitarbeiter gutgläubig angenommen hätten, dass die Klagefrist nach Art. 101 § 1 Buchst. a und § 2 in Verbindung mit Art. 102 § 2 der Verfahrensordnung am 2. Januar 2009 ende.
Rz. 8
Die Rechtsmittelführerin brachte ferner mehrere Argumente dafür vor, dass es gerechtfertigt sei, dass das Gericht die Klage trotz der verspäteten Einreichung der Klageschrift für zulässig erkläre.
Rz. 9
So machte sie zunächst geltend, dass sie im Fall der Unzulässigkeit der Klage ungerecht behandelt würde und einen schweren Schaden erleiden würde.
Rz. 10
Sodann berief sie sich darauf, dass die Frist kaum überschritten worden sei...