Entscheidungsstichwort (Thema)
Amtliche Lebensmittelüberwachung. Recht der Betroffenen auf Einholung eines Gegengutachtens. Begriff des Steuerpflichtigen
Normenkette
EuGH-VerfO Art. 104; Richtlinie 89/397/EWG
Beteiligte
Tenor
Art. 7 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 89/397/EWG des Rates vom 14. Juni 1989 über die amtliche Lebensmittelüberwachung ist dahin auszulegen, dass eine Gesellschaft, die ein Lebensmittel eingeführt und anschließend vermarktet hat und deren Geschäftsführer auf der Grundlage von in einem Einzelhandelsgeschäft entnommenen Proben dieses Produkts für den Zustand und die Etikettierung des Produkts strafrechtlich oder bußgeldrechtlich zur Verantwortung gezogen werden kann, als „Betroffener” im Sinne dieser Vorschrift anzusehen ist.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Amtsgericht Büdingen (Deutschland) mit Entscheidung vom 10. April 2008, beim Gerichtshof eingegangen am 18. April 2008, in dem Strafverfahren gegen
Guido Weber
erlässt
DER GERICHTSHOF (Siebte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Ó Caoimh sowie der Richter A. Arabadjiev und U. Lõhmus (Berichterstatter),
Generalanwalt: J. Mazák,
Kanzler: R. Grass,
gemäß Art. 104 § 3 Abs. 1 der Verfahrensordnung, wonach der Gerichtshof durch mit Gründen versehenen Beschluss entscheiden kann,
nach Anhörung des Generalanwalts
folgenden
Beschluss
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 89/397/EWG des Rates vom 14. Juni 1989 über die amtliche Lebensmittelüberwachung (ABl. L 186, S. 23).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Strafverfahrens gegen Herrn Weber, Geschäftsführer der Routhier Weber GmbH (im Folgenden: Routhier Weber), der angeklagt ist, ein Lebensmittel unter einer irreführenden Bezeichnung in den Verkehr gebracht zu haben.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
Lebensmittelüberwachung
Rz. 3
Die amtliche Lebensmittelüberwachung wurde bis zum 31. Dezember 2005 durch die Richtlinie 89/397 geregelt.
Rz. 4
Der 13. Erwägungsgrund dieser Richtlinie lautet:
„Es ist zwar einerseits nicht angebracht, den Betrieben das Recht zuzugestehen, sich der Überwachung zu widersetzen; andererseits sind ihre legitimen Rechte, insbesondere das Recht auf Betriebsgeheimnis und die Einlegung eines Rechtsmittels, zu schützen.”
Rz. 5
Art. 4 der Richtlinie bestimmt:
„(1) Die Überwachung erfolgt
- regelmäßig,
- bei Verdacht der Nichtübereinstimmung.
(2) Die Überwachung wird unter Wahrung eines angemessenen Verhältnisses zum angestrebten Ziel durchgeführt.
(3) Sie erstreckt sich auf alle Stufen der Erzeugung, der Herstellung, der Einfuhr in die Gemeinschaft, der Behandlung, der Lagerung, der Beförderung, des Vertriebs und des Handels.
…”
Rz. 6
In Art. 5 der Richtlinie 89/397 heißt es:
„Die Überwachung besteht gemäß den in den Artikeln 6 bis 9 genannten Bedingungen und je nach der geplanten Untersuchung aus einer oder mehrerer der nachfolgenden Tätigkeiten:
1. Inspektion
2. Probenahme und Analyse
…”
7 Art. 6 der Richtlinie sieht vor:
„(1)Der Inspektion unterliegen:
…
d) die Enderzeugnisse;
…
h) die Etikettierung und Aufmachung der Lebensmittel;
…”
Rz. 8
Art. 7 der Richtlinie lautet:
„(1) Von den in Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben b) bis f) genannten Erzeugnissen können Proben zu Analysezwecken entnommen werden.
Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Vorkehrungen, damit die Betroffenen gegebenenfalls ein Gegengutachten einholen können.
(2) Die Analysen werden von amtlichen Laboratorien vorgenommen.
Die Mitgliedstaaten können auch andere Laboratorien für diese Analysen zulassen.”
Rz. 9
Art. 10 der Richtlinie sieht vor:
„Stellen die mit der Überwachung beauftragten Personen fest oder haben sie den Verdacht, dass eine Unregelmässigkeit vorliegt, so ergreifen sie die erforderlichen Maßnahmen.”
Rz. 10
In Art. 12 der Richtlinie 89/397 heißt es:
„(1) Die Mitgliedstaaten treffen alle erforderlichen Maßnahmen, damit die von der Überwachung betroffenen natürlichen und juristischen Personen ein Rechtsmittel gegen die Maßnahmen einlegen können, die von der für die Durchführung der Überwachung zuständigen Behörde getroffen worden sind.
…”
Die Ursprungsbezeichnung „Feta”
Rz. 11
Der Begriff „Feta” ist gemeinschaftsrechtlich als Ursprungsbezeichnung geschützt. Er ist mit der Verordnung (EG) Nr. 1829/2002 der Kommission vom 14. Oktober 2002 zur Änderung des Anhangs der Verordnung (EG) Nr. 1107/96 der Kommission in Bezug auf die Bezeichnung „Feta” (ABl. L 277, S. 10) in das in Art. 6 Abs. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 des Rates vom 14. Juli 1992 zum Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel (ABl. L 208, S. 1) vorgesehene Verzeichnis eingetragen worden.
Rz. 12
In Art. 4 der Verordnung Nr. 2081/92 heißt es:
„(1) Um eine geschützte Ursprungsbezeichnung (g.U.) oder eine geschützte geographische Angabe (g.g.A.) führen zu können, müssen die Agrarerzeugnisse oder Lebensmittel einer Spezifikation entsprechen.
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