Entscheidungsstichwort (Thema)
Landwirtschaft. Gemeinsame Marktorganisation. Ausfuhrerstattungen. Unrichtige Anmeldung. Auswirkungen auf die Gültigkeit der Anmeldung
Normenkette
EuGH-VerfO Art. 104
Beteiligte
Hauptzollamt Hamburg-Jonas |
Verfahrensgang
Tenor
1. Für vor dem 1. April 1995 beantragte Erstattungen sind Artikel 78 Absatz 3 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften und Artikel 3 Absatz 5 Buchstabe a der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 der Kommission vom 27. November 1987 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen dahin auszulegen, dass ein Anspruch auf Zahlung der Ausfuhrerstattung wenigstens nach dem für das tatsächlich ausgeführte Erzeugnis anwendbaren Erstattungssatz besteht, wenn im Rahmen einer zollamtlichen Überprüfung festgestellt wird, dass die angemeldete und ausgeführte Sendung nicht vollständig aus dem angemeldeten Erzeugnis bestand, sondern zu einem Teil ein anderes Erzeugnis enthielt, für das ein niedrigerer Erstattungssatz galt, und die Zollbehörden die Anmeldung gemäß Artikel 78 Absatz 3 des Zollkodex der Gemeinschaften berichtigt haben.
2. Es ist nicht entscheidungserheblich, ob es sich bei der unzutreffend angemeldeten Ware um eine ähnliche Ware wie die tatsächlich angemeldete handelt.
3. Für ab dem 1. April 1995 beantragte Erstattungen gilt in einem solchen Fall Artikel 11 der Verordnung Nr. 3665/87 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2945/94 der Kommission vom 2. Dezember 1994 zur Änderung der Verordnung Nr. 3665/87 hinsichtlich Sanktionen und der Rückforderung zu Unrecht gezahlter Beträge.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 234 EG vom Bundesfinanzhof (Deutschland) in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit
Hauptzollamt Hamburg-Jonas
gegen
Gouralnik & Partner GmbH
vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung der für die Ausfuhrerstattungen geltenden Regelung
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas (Berichterstatter) sowie des Richters R. Schintgen und der Richterin N. Colneric,
Generalanwalt: D. Ruiz-Jarabo Colomer,
Kanzler: R. Grass,
nach Unterrichtung des vorlegenden Gerichts von der Absicht des Gerichtshofes, gemäß Artikel 104 § 3 seiner Verfahrensordnung durch mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden,
nachdem den in Artikel 23 der Satzung des Gerichtshofes bezeichneten Beteiligten Gelegenheit zur Äußerung hierzu gegeben worden ist,
nach Anhörung des Generalanwalts
folgenden
Beschluss
Entscheidungsgründe
1
Der Bundesfinanzhof hat mit Beschluss vom 29. Oktober 2002, beim Gerichtshof eingegangen am 10. Dezember 2002, gemäß Artikel 234 EG mehrere Fragen nach der Auslegung der für die Ausfuhrerstattungen geltenden Regelung zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2
Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen dem Hauptzollamt Hamburg-Jonas und der Gouralnik & Partner GmbH über den Anspruch auf Ausfuhrerstattungen für unter einer falschen Tarifstelle angemeldetes Kasseler-Fleisch.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
Die Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. L 302, S. 1, nachfolgend: Zollkodex der Gemeinschaften)
3
Artikel 65 des Zollkodex der Gemeinschaften lautet:
„Dem Anmelder wird auf Antrag bewilligt, eine oder mehrere Angaben in der Anmeldung zu berichtigen, nachdem diese von den Zollbehörden angenommen worden ist. Die Berichtigung darf nicht zur Folge haben, dass sich die Anmeldung auf andere als die ursprünglich angemeldeten Waren bezieht.
Eine Berichtigung wird jedoch nicht mehr zugelassen, wenn der Antrag gestellt wird, nachdem die Zollbehörden
- den Anmelder davon unterrichtet haben, dass sie eine Beschau der Waren vornehmen wollen,
- festgestellt haben, dass die betreffenden Angaben unrichtig sind oder
- die Waren dem Anmelder bereits überlassen haben.”
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Artikel 78 Absätze 1 und 3 dieses Kodex bestimmt:
„(1) Die Zollbehörden können nach der Überlassung der Waren von Amts wegen oder auf Antrag des Anmelders eine Überprüfung der Anmeldung vornehmen.
…
(3) Ergibt die nachträgliche Prüfung der Anmeldung, dass bei der Anwendung der Vorschriften über das betreffende Zollverfahren von unrichtigen oder unvollständigen Grundlagen ausgegangen worden ist, so treffen die Zollbehörden unter Beachtung der gegebenenfalls erlassenen Vorschriften die erforderlichen Maßnahmen, um den Fall unter Berücksichtigung der ihnen bekannten neuen Umstände zu regeln.”
Die Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 der Kommission vom 27. November 1987 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen (ABl. L 351, S. 1)
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In Artikel 3 Absätze 2, 5 und 6 der Verordnung Nr. 3665/87 heißt es:
„(2)
Der Tag der Annahme der Ausfuhranmeldung ist maßgebend für
a)
den anzuwendenden Erstattun...