Entscheidungsstichwort (Thema)
Telekommunikationsdienste. Richtlinie 2002/22/EG. Art. 30 Abs. 2. Übertragbarkeit von Telefonnummern. Befugnis der nationalen Regulierungsbehörden. Direkte Gebühr für die Verbraucher. Abschreckende Wirkung. Berücksichtigung der Kosten
Beteiligte
Polska Telefonia Cyfrowa sp. z o.o |
Prezes Urzędu Komunikacji Elektronicznej |
Tenor
Art. 30 Abs. 2 der Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten (Universaldienstrichtlinie) ist dahin auszulegen, dass die nationale Regulierungsbehörde die Kosten berücksichtigen muss, die den Betreibern von Mobilfunknetzen im Zusammenhang mit der Erbringung der Dienstleistung der Nummernübertragung entstehen, wenn sie beurteilt, ob die von den Verbrauchern für die Inanspruchnahme dieser Dienstleistung zu zahlende direkte Gebühr abschreckend wirkt. Sie bleibt aber befugt, den Höchstbetrag der Gebühr, die die Betreiber verlangen können, unterhalb der diesen entstehenden Kosten festzusetzen, wenn eine allein anhand dieser Kosten berechnete Gebühr die Nutzer davon abschrecken könnte, von der Möglichkeit der Übertragung Gebrauch zu machen.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Sąd Najwyzszy (Polen) mit Entscheidung vom 19. Dezember 2008, beim Gerichtshof eingegangen am 11. März 2009, in dem Verfahren
Polska Telefonia Cyfrowa sp. z o.o.
gegen
Prezes Urzędu Komunikacji Elektronicznej
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot, der Richterin C. Toader sowie der Richter K. Schiemann, P. Kūris (Berichterstatter) und L. Bay Larsen,
Generalanwalt: Y. Bot,
Kanzler: K. Malacek, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 25. März 2010,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Polska Telefonia Cyfrowa sp. z o.o., vertreten durch S. Dudzik und M. Korcz, radcy prawni,
- des Prezes Urzędu Komunikacji Elektronicznej, vertreten durch M. Kołtoński und M. Chmielewska, radcy prawni,
- der polnischen Regierung, zunächst vertreten durch M. Dowgielewicz, dann durch K. Zawisza und S. Sala als Bevollmächtigte,
- der slowakischen Regierung, vertreten durch B. Ricziová als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch K. Mojzesowicz und C. Vrignon als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 15. April 2010
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 30 Abs. 2 der Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten (Universaldienstrichtlinie) (ABl. L 108, S. 51).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Polska Telefonia Cyfrowa sp. z o.o. (im Folgenden: PTC) und dem Prezes Urzedu Komunikacji Elektronicznej (Präsident des Amtes für elektronische Kommunikation, im Folgenden: Präsident des UKE) wegen der Entscheidung vom 1. August 2006, mit dem dieser gegen PTC eine Geldbuße in Höhe von 100 000 PLN (ungefähr 24 350 Euro) verhängt hat.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Die Erwägungsgründe 40 und 41 der Universaldienstrichtlinie lauten:
„(40) Die Nummernübertragbarkeit ist einer der Hauptfaktoren für die Wahlmöglichkeiten der Verbraucher und einen wirksamen Wettbewerb in einem wettbewerbsorientierten Telekommunikationsumfeld, so dass Endnutzer, die dies beantragen, ihre Nummer(n) im öffentlichen Telefonnetz unabhängig vom Unternehmen, das den Dienst erbringt, behalten können sollten. Die Bereitstellung der Nummernübertragung zwischen Anschlüssen von festen Standorten und nicht festen Standorten wird von dieser Richtlinie nicht abgedeckt. Die Mitgliedstaaten können jedoch Bestimmungen über die Übertragung von Nummern zwischen Netzen, die Dienste an festen Standorten erbringen, und Mobilfunknetzen anwenden.
(41) Der Nutzen der Nummernübertragbarkeit lässt sich dadurch erheblich steigern, dass transparente Tarifinformationen vorliegen, und zwar sowohl für Endnutzer, die ihre Nummern mitnehmen, als auch für Endnutzer, die Teilnehmer anrufen, die die Möglichkeit zur Nummernübertragung genutzt haben. Die nationalen Regulierungsbehörden sollten, soweit dies machbar ist, eine angemessene Tariftransparenz als Teil der Verwirklichung der Nummernübertragbarkeit erleichtern.”
Rz. 4
Art. 30 der Universaldienstrichtlinie sieht vor:
„(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass alle Teilnehmer öffentlich zugänglicher Telefondienste, einschließlich mobiler Dienste, die dies beantragen, ihre Nummer(n) unabhängig von dem Unternehmen, das den Dienst anbietet, wie folgt beibehalten können:
- im Fall geografisch gebundener Nummern an einem bestimmten Standort und
- im Fall geografisch nicht gebundener Nummern an jedem Standort.
Dieser Absatz gilt nicht für die ...