Entscheidungsstichwort (Thema)
Vermittlung von Versicherungsverträgen, Steuerbefreiung bei der Untervermittlung von Versicherungsverhältnissen
Leitsatz (amtlich)
Art. 13 Teil B Buchst. a der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage ist dahin auszulegen, dass der Umstand, dass ein Versicherungsmakler oder -vertreter zu den Parteien des Versicherungs- oder Rückversicherungsvertrags, zu dessen Abschluss er beiträgt, keine unmittelbare Verbindung, sondern nur eine mittelbare Verbindung über einen anderen Steuerpflichtigen unterhält, der selbst in unmittelbarer Verbindung zu einer dieser Parteien steht und mit dem der Versicherungsmakler oder -vertreter vertraglich verbunden ist, es nicht ausschließt, dass die von dem Letztgenannten erbrachte Leistung nach dieser Bestimmung von der Mehrwertsteuer befreit wird.
Normenkette
EWGRL 388/77 Art. 13 Teil B Buchst. a
Beteiligte
Staatssecretaris van Financiën |
Verfahrensgang
Hoge Raad (Niederlande) (Urteil vom 09.02.2007; Abl.EU 2007, Nr. C 95/33) |
Tatbestand
„Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie ‐ Dienstleistungen im Zusammenhang mit Versicherungsumsätzen ‐ Versicherungsmakler und -vertreter“
In der Rechtssache C-124/07
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Hoge Raad der Nederlanden (Niederlande) mit Entscheidung vom 9. Februar 2007, beim Gerichtshof eingegangen am 2. März 2007, in dem Verfahren
J.C.M. Beheer BV
gegen
Staatssecretaris van Financiën
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann sowie der Richter A. Tizzano, A. Borg Barthet, M. Ilešič und E. Levits (Berichterstatter),
Generalanwältin: E. Sharpston,
Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 10. Januar 2008,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ der niederländischen Regierung, vertreten durch C. Wissels und M. de Mol als Bevollmächtigte,
‐ der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch Z. Bryanston-Cross und P. Harris als Bevollmächtigte,
‐ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch R. Lyal, A. Weimar und W. Roels als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 13 Teil B Buchst. a der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1, im Folgenden: Sechste Richtlinie).
2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der J.C.M. Beheer BV, einer Gesellschaft des niederländischen Rechts, und dem Staatssecretaris van Financiën (Staatssekretär der Finanzen) über einen Bescheid über die Nacherhebung von Umsatzsteuern für die Zeit vom 1. Januar 1997 bis zum 31. Dezember 1998 in Höhe von 55 561 NLG (25 244 Euro).
Rechtlicher Rahmen
Die Sechste Richtlinie
3
Nach Art. 2 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie unterliegen der Mehrwertsteuer Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt.
4
Art. 13 der Sechsten Richtlinie („Steuerbefreiungen im Inland“) sieht vor:
„…
B. Sonstige Steuerbefreiungen
Unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsvorschriften befreien die Mitgliedstaaten unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen festsetzen, von der Steuer:
a) die Versicherungs- und Rückversicherungsumsätze einschließlich der dazugehörigen Dienstleistungen, die von Versicherungsmaklern und -vertretern erbracht werden;
…“
Die nationale Regelung
5
Art. 1 des Umsatzsteuergesetzes 1968 (Wet op de omzetbelasting 1968, im Folgenden: Wet OB) lautet in der auf das Ausgangsverfahren anwendbaren Fassung:
„Eine als ‘Umsatzsteuer‘ bezeichnete Steuer wird erhoben auf:
a. Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die Wirtschaftsteilnehmer in den Niederlanden im Rahmen des Unternehmens ausführen;
…“
6
Art. 11 Abs. 1 Buchst. k der Wet OB, der Art. 13 Teil B Buchst. a der Sechsten Richtlinie in das niederländische Recht umsetzt, bestimmt:
„1. Vorbehaltlich von durch Verordnung festzusetzenden Bedingungen sind von der Steuer befreit:
…
k. Versicherungen und Dienstleistungen, die von Vermittlern bei Versicherungsumsätzen erbracht werden;
…“
Ausgangsverfahren und Vorlagefrage
7
Die Klägerin des Ausgangsverfahrens ist als Untervertreterin der VDL Polisassuradeuren BV (im Folgenden: VDL) tätig, bei der es sich um eine Gesellschaft niederländischen Rechts handelt, die selb...