Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. Verkehr. Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn. Entgelterhebung. Wegeentgelte. Unabhängigkeit des Betreibers der Infrastruktur

 

Normenkette

Richtlinie 2001/14/EG Art. 4 Abs. 1, Art. 30 Abs. 3

 

Beteiligte

Kommission / Italien

Europäische Kommission

Italienische Republik

 

Tenor

1. Die Italienische Republik hat dadurch, dass sie die Unabhängigkeit des Infrastrukturbetreibers bei der Festsetzung von Entgelten für den Zugang zur Infrastruktur und der Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn nicht sichergestellt hat, gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 4 Abs. 1 und Art. 30 Abs. 3 der Richtlinie 2001/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2001 über die Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn und die Erhebung von Entgelten für die Nutzung von Eisenbahninfrastruktur in der durch die Richtlinie 2007/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 geänderten Fassung verstoßen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Europäische Kommission, die Italienische Republik und die Tschechische Republik tragen ihre eigenen Kosten.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 258 AEUV, eingereicht am 12. Juli 2011,

Europäische Kommission, vertreten durch E. Montaguti und H. Støvlbæk als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Italienische Republik, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von S. Fiorentino, avvocato dello Stato,

Beklagte,

unterstützt durch

Tschechische Republik, vertreten durch M. Smolek als Bevollmächtigten,

Streithelferin,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Tizzano, der Richterin M. Berger sowie der Richter A. Borg Barthet (Berichterstatter), E. Levits und J.-J. Kasel,

Generalanwalt: N. Jääskinen,

Kanzler: A. Impellizzeri, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 11. April 2013,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Mit ihrer Klageschrift beantragt die Europäische Kommission, festzustellen, dass die Italienische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 3 und Anhang II der Richtlinie 91/440/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft (ABl. L 237, S. 25) in der durch die Richtlinie 2006/103/EG des Rates vom 20. November 2006 (ABl. L 363, S. 344) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 91/440) sowie aus Art. 4 Abs. 1 und 2, Art. 14 Abs. 2 und Art. 30 Abs. 1 und 3 der Richtlinie 2001/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2001 über die Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn und die Erhebung von Entgelten für die Nutzung von Eisenbahninfrastruktur (ABl. L 75, S. 29) in der durch die Richtlinie 2007/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 (ABl. L 315, S. 44) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 2001/14) verstoßen hat, dass sie die Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die erforderlich sind, um diesen Vorschriften nachzukommen, nicht erlassen hat.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 2

Art. 4 der Richtlinie 91/440, der in deren Abschnitt II („Unabhängigkeit der Geschäftsführung”) steht, lautet:

„(1) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Eisenbahnunternehmen in Bezug auf die Geschäftsführung, die Verwaltung und die innerbetriebliche Verwaltungs-, Wirtschafts- und Rechnungsführungskontrolle eine unabhängige Stellung haben, kraft deren sie insbesondere über ein Vermögen, einen Haushaltsplan und eine Rechnungsführung verfügen, die von Vermögen, Haushaltsplan und Rechnungsführung des Staates getrennt sind.

(2) Der Betreiber der Infrastruktur ist unter Beachtung der von den Mitgliedstaaten festgelegten Rahmenvorschriften sowie der Einzelvorschriften betreffend die Entgelterhebung und die Kapazitätszuweisung für seine eigene Geschäftsführung, Verwaltung und innerbetriebliche Kontrolle verantwortlich.”

Rz. 3

Die Erwägungsgründe 11 und 16 der Richtlinie 2001/14 lauten:

„(11) Bei den Entgelt- und Kapazitätszuweisungsregelungen sollte allen Unternehmen ein gleicher und nichtdiskriminierender Zugang geboten werden und so weit wie möglich angestrebt werden, den Bedürfnissen aller Nutzer und Verkehrsarten gerecht und in nichtdiskriminierender Weise zu entsprechen.

(16) Entgelt- und Kapazitätszuweisungsregelungen sollten einen fairen Wettbewerb bei der Erbringung von Eisenbahnverkehrsleistungen ermöglichen.”

Rz. 4

Art. 4 („Festsetzung, Berechnung und Erhebung von Entgelten”) der Richtlinie 2001/14 bestimmt in seinen Abs. 1 und 2:

„(1) Die Mitgliedstaaten schaffen eine Entgeltrahmenregelung, wobei die Unabhängigkeit der Geschäftsführung gemäß Artikel 4 der Richtlinie 91/440/EWG zu wahren ist.

Vorbehaltlich der genannten Bedingung der Unabhängigkei...

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