Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union. Art. 3 Abs. 1. Verjährungsfrist. Integriertes Verwaltungs- und Kontrollsystem für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen. Rückforderung zu Unrecht gezahlter Beträge. Anwendung der milderen Verjährungsregelungen

 

Normenkette

Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95; EGV Nr. 2419/2001; EWGV Nr. 3887/92

 

Beteiligte

Westphal

Landwirtschaftskammer Niedersachsen

Reinhard Westphal

 

Tenor

Art. 49 Abs. 6 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 der Kommission vom 11. Dezember 2001 mit Durchführungsbestimmungen zum mit der Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 des Rates eingeführten integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/2004 der Kommission vom 23. Januar 2004 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass der Beginn der dort vorgesehenen Verjährungsfrist gemäß Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 des Rates vom 18. Dezember 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften zu bestimmen ist und bei andauernden oder wiederholten Unregelmäßigkeiten dem Tag entspricht, an dem die Unregelmäßigkeit beendet wird.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundesverwaltungsgericht (Deutschland) mit Entscheidung vom 9. Mai 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 8. Juni 2018, in dem Verfahren

Landwirtschaftskammer Niedersachsen

gegen

Reinhard Westphal

erlässt

DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten F. Biltgen (Berichterstatter), der Richter J. Malenovský und C. G. Fernlund,

Generalanwalt: M. Campos Sánchez-Bordona,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, vertreten durch P. Averbeck als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch B. Hofstötter und D. Triantafyllou als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 15. Mai 2019

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von zum einen Art. 49 Abs. 5 und 6 sowie Art. 52a der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 der Kommission vom 11. Dezember 2001 mit Durchführungsbestimmungen zum mit der Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 des Rates eingeführten integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen (ABl. 2001, L 327, S. 11) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/2004 der Kommission vom 23. Januar 2004 (ABl. 2004, L 17, S. 7) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 2419/2001) und zum anderen Art. 2 Abs. 2 und Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 des Rates vom 18. Dezember 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften (ABl. 1995, L 312, S. 1).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Reinhard Westphal und der Landwirtschaftskammer Niedersachsen (Deutschland) (im Folgenden: Landwirtschaftskammer) über eine Rückforderung von Flächenzahlungen im Rahmen einer Stützungsregelung für Erzeuger bestimmter landwirtschaftlicher Kulturpflanzen.

Rechtlicher Rahmen

Verordnungen (EWG) Nr. 3887/92 und (EG) Nr. 2419/2001

Rz. 3

Art. 9 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 der Kommission vom 23. Dezember 1992 mit Durchführungsbestimmungen zum integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen (ABl. 1992, L 391, S. 36) sah verschiedene Kürzungen der gewährten Beihilfen vor, wenn festgestellt wurde, dass die angegebene Fläche über der tatsächlich ermittelten Fläche lag. So wurde keinerlei Beihilfe für Flächen gewährt, wenn die festgestellte Differenz über 20 % der ermittelten Fläche lag.

Rz. 4

Art. 14 dieser Verordnung sah Regelungen für den Fall zu Unrecht gezahlter Beträge vor, enthielt jedoch keine Verjährungsregelung für die Rückzahlung der betreffenden Beträge.

Rz. 5

Die Verordnung Nr. 3887/92 wurde mit Wirkung vom 12. Dezember 2001 durch die Verordnung Nr. 2419/2001 aufgehoben.

Rz. 6

Die in Art. 9 Abs. 2 der Verordnung Nr. 3887/92 vorgesehenen Bestimmungen wurden im Wesentlichen in Art. 32 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2419/2001 übernommen.

Rz. 7

Mit Art. 49 der Verordnung Nr. 2419/2001 wurden Verjährungsregelungen für die Rückzahlung der betreffenden zu Unrecht gezahlten Beträge eingeführt:

„(1) Bei zu Unrecht gezahlten Beträgen ist der Betriebsinhaber zur Rückzahlung dieser Beträge zuzüglich der gemäß Absatz 3 berechneten Zinsen verpflichtet.

(5) Die Verpflichtung zur Rückzahlung gemäß Absatz 1 gilt nicht, wenn zwischen dem Tag der Zahlung der Beihilfe und dem Tag, an dem der Begünstigte von der zuständigen Behörde erfahren hat, dass die Beihilfe zu Unrecht gewährt wurde, mehr als zehn Jahre vergangen sind.

Der in Unterabsatz 1 genannte Zeitraum wird jedoch auf vier Jahre verkürzt, wenn der Begünstigte in gutem Glauben g...

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