Entscheidungsstichwort (Thema)
Richtlinie 85/337/EWG. Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten Projekten. Projekt ‚Crystal Palace’. Projekte des Anhangs II der Richtlinie 85/337. Mehrstufige Genehmigung
Beteiligte
London Borough of Bromley |
Tenor
1. Die Qualifizierung einer Entscheidung als „Genehmigung” im Sinne von Artikel 1 Absatz 2 der Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten hat nach dem nationalen Recht im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht zu erfolgen.
2. Die Artikel 2 Absatz 1 und 4 Absatz 2 der Richtlinie 85/337 sind dahin auszulegen, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden muss, wenn sich bei einem mehrstufigen Genehmigungsverfahren während der zweiten Stufe herausstellt, dass das Projekt u. a. aufgrund seiner Art, seiner Größe oder seines Standortes erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben kann.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom House of Lords (Vereinigtes Königreich) mit Entscheidung vom 30. Juni 2003, beim Gerichtshof eingegangen am 3. Juli 2003, in dem Verfahren
The Queen, auf Antrag von
Diane Barker,
gegen
London Borough of Bromley,
Beteiligter:
First Secretary of State,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann (Berichterstatter), des Richters K. Schiemann, der Richterin N. Colneric sowie der Richter E. Juhász und E. Levits,
Generalanwalt: P. Léger,
Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 22. Juni 2005,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- von Diane Barker, vertreten durch R. McCracken, QC, sowie G. Jones und J. Pereira, Barristers, beauftragt durch R. M. Buxton, Solicitor,
- des London Borough of Bromley, vertreten durch T. Straker, QC, und J. Strachan, Barrister, beauftragt durch Sharpe Pritchard, Solicitors,
- der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch K. Manji als Bevollmächtigten im Beistand von D. Elvin, QC, und J. Maurici, Barrister,
- der französischen Regierung, vertreten durch G. de Bergues und D. Petrausch als Bevollmächtigte,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch F. Simonetti und X. Lewis als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Artikel 1 Absatz 2, 2 Absatz 1 und 4 Absatz 2 der Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. L 175, S. 40).
2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Diane Barker und dem London Borough of Bromley (im Folgenden: Bromley LBC), der zuständigen Planungsbehörde, über die Erteilung einer Baugenehmigung für ein Freizeitzentrum im Crystal Palace Park in London ohne vorherige Umweltverträglichkeitsprüfung.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
3 Mit der Richtlinie 85/337 sollen nach ihrer fünften Begründungserwägung zur Ergänzung und Koordinierung der Genehmigungsverfahren für öffentliche und private Projekte, die möglicherweise Auswirkungen auf die Umwelt haben, allgemeine Grundsätze für Umweltverträglichkeitsprüfungen aufgestellt werden.
4 Artikel 1 Absatz 2 der Richtlinie definiert den Begriff „Genehmigung” als „Entscheidung der zuständigen Behörde oder der zuständigen Behörden, aufgrund deren der Projektträger das Recht zur Durchführung des Projekts erhält”.
5 Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie lautet:
„Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit vor der Erteilung der Genehmigung die Projekte, bei denen insbesondere aufgrund ihrer Art, ihrer Größe oder ihres Standortes mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, einer Prüfung in Bezug auf ihre Auswirkungen unterzogen werden.
Diese Projekte sind in Artikel 4 definiert.”
6 Artikel 4 der Richtlinie bestimmt:
„(1) Projekte der in Anhang I aufgeführten Klassen werden vorbehaltlich des Artikels 2 Absatz 3 einer Prüfung gemäß den Artikeln 5 bis 10 unterzogen.
(2) Projekte der in Anhang II aufgezählten Klassen werden einer Prüfung gemäß den Artikeln 5 bis 10 unterzogen, wenn ihre Merkmale nach Auffassung der Mitgliedstaaten dies erfordern.
Zu diesem Zweck können die Mitgliedstaaten insbesondere bestimmte Arten von Projekten, die einer Prüfung zu unterziehen sind, bestimmen oder Kriterien und/oder Schwellenwerte aufstellen, anhand deren bestimmt werden kann, welche von den Projekten der in Anhang II aufgezählten Klassen einer Prüfung gemäß den Artikeln 5 bis 10 unterzogen werden sollen.”
7 In Punkt 10 Buchstabe b des Anhangs II dieser Richtlinie sind „Städtebauprojekte” erwähnt.
8 Die Richtlinie 85/337, insbesondere die Vorschriften über die Projekte, die unter ihren Anhang II fallen, sind durch die Richtli...