Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. Richtlinie 92/43/EWG. Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen. Umweltverträglichkeitsprüfung
Beteiligte
Kommission der Europäischen Gemeinschaften |
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften trägt die Kosten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 226 EG, eingereicht am 5. April 2006,
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch D. Recchia als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Klägerin,
gegen
Italienische Republik, vertreten durch I. M. Braguglia als Bevollmächtigten im Beistand von G. Fiengo, avvocato dello Stato, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Beklagte,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts, des Richters E. Juhász, der Richterin R. Silva de Lapuerta (Berichterstatterin) sowie der Richter G. Arestis und J. Malenovský,
Generalanwältin: J. Kokott,
Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 21 Juni 2007,
aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
1 Mit ihrer Klage beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, festzustellen, dass die Italienische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 7 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. L 206, S. 7) verstoßen hat, dass die Gemeinde von Altamura und die Regione Puglia ab Dezember 2000 eine Änderung des Bebauungsplans genehmigt haben, die eine Reihe von industriellen Bauvorhaben betrifft, die erhebliche Auswirkungen auf das besondere Schutzgebiet (im Folgenden: BSG) und Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung (im Folgenden: GGB) IT 9120007 Murgia Alta haben können, ohne vorher zumindest in Bezug auf die Auswirkungen auf das besondere Schutzgebiet eine Verträglichkeitsprüfung durchgeführt zu haben.
Gemeinschaftsrechtlicher Rahmen
2 Die Richtlinie 92/43 hat zum Ziel, zur Sicherung der Artenvielfalt durch die Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen im europäischen Gebiet der Mitgliedstaaten, für das der EG-Vertrag Geltung hat, beizutragen.
3 In Art. 4 der Richtlinie 92/43 sind das Verfahren zur Schaffung des in ihrem Art. 3 vorgesehenen Netzes „Natura 2000” und die Ausweisung der besonderen Schutzgebiete durch die Mitgliedstaaten geregelt.
4 Art. 6 der Richtlinie 92/43 nennt die Erhaltungsmaßnahmen für die genannten Gebiete:
„…
(2) Die Mitgliedstaaten treffen die geeigneten Maßnahmen, um in den besonderen Schutzgebieten die Verschlechterung der natürlichen Lebensräume und der Habitate der Arten sowie Störungen von Arten, für die die Gebiete ausgewiesen worden sind, zu vermeiden, sofern solche Störungen sich im Hinblick auf die Ziele dieser Richtlinie erheblich auswirken könnten.
(3) Pläne oder Projekte, die nicht unmittelbar mit der Verwaltung des Gebietes in Verbindung stehen oder hierfür nicht notwendig sind, die ein solches Gebiet jedoch einzeln oder in Zusammenwirkung mit anderen Plänen und Projekten erheblich beeinträchtigen könnten, erfordern eine Prüfung auf Verträglichkeit mit den für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungszielen. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Verträglichkeitsprüfung und vorbehaltlich des Absatzes 4 stimmen die zuständigen einzelstaatlichen Behörden dem Plan bzw. Projekt nur zu, wenn sie festgestellt haben, dass das Gebiet als solches nicht beeinträchtigt wird, und nachdem sie gegebenenfalls die Öffentlichkeit angehört haben.
…”
5 Art. 7 der Richtlinie 92/43 bestimmt, dass die Verpflichtungen nach ihrem Art. 6 Abs. 2 bis 4, was die nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (ABl. L 103, S. 1) zu besonderen Schutzgebieten erklärten oder nach Art. 4 Abs. 2 derselben Richtlinie als solche anerkannten Gebiete anbelangt, ab dem Datum für die Anwendung der Richtlinie 92/43 bzw. danach ab dem Datum, zu dem das betreffende Gebiet von einem Mitgliedstaat entsprechend der Richtlinie 79/409 zum besonderen Schutzgebiet erklärt oder als solches anerkannt wird, an die Stelle der Pflichten treten, die sich aus Art. 4 Abs. 4 Satz 1 der Richtlinie 79/409 ergeben.
Das Gebiet von Murgia Alta
6 1998 wurde das Gebiet von Murgia Alta als BSG im Sinne von Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 79/409 (Code IT 9120007) eingestuft. Es gehört zur biogeografischen mediterranen Region und hat eine Fläche von 143 152 ha.
7 In diesem BSG leben viele in Anhang I der Richtlinie 79/409 aufgeführte Vögel, insbesondere die größte Population des Rötelfalkens (Falco naumanni) in Italien.
8 Zwei in Anhang I der Richtlinie 92/43 ...