Entscheidungsstichwort (Thema)

Richtlinie 2000/76/EG. Verbrennung von Abfällen. Reinigung und Verbrennung. Aus Abfällen hergestelltes Produktgas. Abfallbegriff. Verbrennungsanlage. Mitverbrennungsanlage

 

Beteiligte

Lahti Energia

Lahti Energia Oy

 

Tenor

1. Der Begriff „Abfall” in Art. 3 Nr. 1 der Richtlinie 2000/76/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Dezember 2000 über die Verbrennung von Abfällen erfasst keine gasförmigen Stoffe.

2. Der Begriff „Verbrennungsanlage” in Art. 3 Nr. 4 der Richtlinie 2000/76 erfasst jede technische Einheit oder Anlage, in der Abfälle thermisch behandelt werden, sofern die beim Einsatz dieses thermischen Verfahrens entstehenden Stoffe anschließend verbrannt werden. Dabei ist das Vorhandensein einer Verbrennungslinie keine notwendige Voraussetzung für eine solche Einstufung.

3. In einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens

  • ist eine Vergaseranlage, die den Zweck verfolgt, durch die thermische Behandlung von Abfällen gasförmige Erzeugnisse, im vorliegenden Fall gereinigtes Gas, herzustellen, als „Mitverbrennungsanlage” im Sinne von Art. 3 Nr. 5 der Richtlinie 2000/76 einzustufen;
  • fällt ein Kraftwerk, das das durch Mitverbrennung von Abfällen in der Vergaseranlage hergestellte gereinigte Gas als Zusatzbrennstoff anstelle der für seine Energieerzeugungstätigkeit vorwiegend verwendeten fossilen Brennstoffe verwendet, nicht unter diese Richtlinie.
 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Korkein hallinto-oikeus (Finnland) mit Entscheidung vom 6. Juli 2007, beim Gerichtshof eingegangen am 10. Juli 2007, in dem Verfahren

Lahti Energia Oy

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans, der Richter K. Schiemann, J. Makarczyk und L. Bay Larsen sowie der Richterin C. Toader (Berichterstatterin),

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 10. Juli 2008,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Lahti Energia Oy, vertreten durch T. Rinne, asianajaja, sowie M. Kivelä, Direktor, und H. Takala, Ingenieur,
  • des Hämeen ympäristökeskus, vertreten durch P. Mäkinen und E. Mecklin als Bevollmächtigte,
  • der Salpausselän luonnonystävät ry, vertreten durch M. Vikberg und S. Niemelä, asianajaja,
  • der finnischen Regierung, vertreten durch J. Heliskoski als Bevollmächtigten,
  • der italienischen Regierung, vertreten durch I. M. Braguglia als Bevollmächtigten im Beistand von G. Fiengo, avvocato dello Stato,
  • der niederländischen Regierung, vertreten durch C. Wissels und M. de Grave als Bevollmächtigte,
  • der österreichischen Regierung, vertreten durch E. Riedl als Bevollmächtigten,
  • der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch I. Koskinen und J.-B. Laignelot als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 11. September 2008

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung des Art. 3 der Richtlinie 2000/76/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Dezember 2000 über die Verbrennung von Abfällen (ABl. L 332, S. 91).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Lahti Energia Oy (im Folgenden: Lahti Energia), einem im Eigentum der Stadt Lahti stehenden Unternehmen, und dem Itä-Suomen ympäristölupavirasto (ostfinnisches Amt für Umweltgenehmigungen, im Folgenden: Ympäristölupavirasto) über die Geltung der Anforderungen der Richtlinie 2000/76 für einen aus einer Vergaseranlage und einem Kraftwerk bestehenden Komplex.

Rechtlicher Rahmen

Richtlinie 2000/76

Rz. 3

Die Erwägungsgründe 5 und 27 der Richtlinie 2000/76 lauten wie folgt:

„(5) Nach dem Subsidiaritätsprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gemäß Artikel 5 des Vertrags ist es erforderlich, auf Gemeinschaftsebene tätig zu werden. Das Vorsorgeprinzip liefert die Grundlage für weitergehende Maßnahmen. Diese Richtlinie beschränkt sich auf die Mindestanforderungen für Verbrennungs- und Mitverbrennungsanlagen.

(27) Bei der Mitverbrennung von Abfällen in Anlagen, die nicht in erster Linie für die Verbrennung von Abfällen ausgelegt sind, dürfen in dem aus der Mitverbrennung resultierenden Abgasanteil keine höheren Schadstoffemissionen entstehen, als sie für Nur-Abfall-Verbrennungsanlagen zugelassen sind; hierfür sollten daher entsprechende Beschränkungen gelten.”

Rz. 4

Art. 3 dieser Richtlinie bestimmt:

„Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

1. ‚Abfall’ alle festen oder flüssigen Abfälle gemäß der Begriffsbestimmung in Artikel 1 Buchstabe a) der Richtlinie 75/442/EWG [des Rates vom 15. Juli 1975 über Abfälle (ABl. L 194, S. 39)];

4. ‚Verbrennungsanlage’ jede ortsfeste oder nicht ortsfeste technische Einheit oder Anlage, die zur thermischen Behandlung von Abfällen mit oder ohne Nutzung der entstehenden Verbrennungswärme eingesetzt wird. Dies schließt die Verbrennung durch Oxidation von Abfällen und andere the...

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