Entscheidungsstichwort (Thema)
Urheberrechte. Informationsgesellschaft. Vervielfältigung. Ausnahmen und Beschränkungen. Erzeugung von Kopien einer Internetseite auf dem Bildschirm und im Cache der Festplatte während des Internet-Browsings. Vorübergehende Vervielfältigungshandlung. Flüchtige oder begleitende Handlung. Integraler und wesentlicher Teil eines technischen Verfahrens. Rechtmäßige Nutzung. Eigenständige wirtschaftliche Bedeutung
Normenkette
Richtlinie 2001/29/EG – Art. 5 Abs. 1, Abs. 5
Beteiligte
Public Relations Consultants Association |
Public Relations Consultants Association |
Newspaper Licensing Agency Ltd u. a |
Tenor
Art. 5 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft ist dahin auszulegen, dass die von einem Endnutzer bei der Betrachtung einer Internetseite erstellten Kopien auf dem Bildschirm seines Computers und im „Cache” der Festplatte dieses Computers den Voraussetzungen, wonach diese Kopien vorübergehend, flüchtig oder begleitend und ein integraler und wesentlicher Teil eines technischen Verfahrens sein müssen, sowie den Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 5 dieser Richtlinie genügen und daher ohne die Zustimmung der Urheberrechtsinhaber erstellt werden können.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Supreme Court of the United Kingdom (Vereinigtes Königreich) mit Entscheidung vom 24. Juni 2013, beim Gerichtshof eingegangen am 27. Juni 2013, in dem Verfahren
Public Relations Consultants Association Ltd
gegen
Newspaper Licensing Agency Ltd u. a.
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten L. Bay Larsen, der Richter M. Safjan und J. Malenovský (Berichterstatter) sowie der Richterinnen A. Prechal und K. Jürimäe,
Generalanwalt: M. Szpunar,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Public Relations Consultants Association Ltd, vertreten durch M. Hart, Solicitor,
- der Newspaper Licensing Agency Ltd u. a., vertreten durch S. Clark, Solicitor,
- der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch L. Christie als Bevollmächtigten,
- der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von M. Santoro, avvocato dello Stato,
- der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch J. Samnadda als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. L 167, S. 10).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Public Relations Consultants Association Ltd (im Folgenden: PRCA) und der Newspaper Licensing Agency Ltd u. a. (im Folgenden: NLA) wegen der Pflicht, die Zustimmung der Urheberrechtsinhaber für die Betrachtung von Internetseiten einzuholen, die die Erstellung von Kopien dieser Seiten auf dem Bildschirm des Computers des Nutzers und im Internetcache der Festplatte dieses Computers voraussetzt.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
In den Erwägungsgründen 5, 9, 31 und 33 der Richtlinie 2001/29 heißt es:
„(5) Die technische Entwicklung hat die Möglichkeiten für das geistige Schaffen, die Produktion und die Verwertung vervielfacht und diversifiziert. Wenn auch kein Bedarf an neuen Konzepten für den Schutz des geistigen Eigentums besteht, so sollten die Bestimmungen im Bereich des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte doch angepasst und ergänzt werden, um den wirtschaftlichen Gegebenheiten, z. B. den neuen Formen der Verwertung, in angemessener Weise Rechnung zu tragen.
…
(9)
Jede Harmonisierung des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte muss von einem hohen Schutzniveau ausgehen, da diese Rechte für das geistige Schaffen wesentlich sind. …
…
(31)
Es muss ein angemessener Rechts- und Interessenausgleich zwischen den verschiedenen Kategorien von Rechtsinhabern sowie zwischen den verschiedenen Kategorien von Rechtsinhabern und Nutzern von Schutzgegenständen gesichert werden. …
…
(33)
Eine Ausnahme vom ausschließlichen Vervielfältigungsrecht sollte für bestimmte vorübergehende Vervielfältigungshandlungen gewährt werden, die flüchtige oder begleitende Vervielfältigungen sind, als integraler und wesentlicher Teil eines technischen Verfahrens erfolgen und ausschließlich dem Ziel dienen, entweder die effiziente Übertragung in einem Netz zwischen Dritten durch einen Vermittler oder die rechtmäßige Nutzung eines Werks oder sonstiger Schutzgegenstände zu ermöglichen. Die betref...