Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesellschaft, die nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegründet worden ist und dort ihren satzungsmäßigen Sitz. Gesellschaft, die von ihrer Niederlassungsfreiheit in einem anderen Mitgliedstaat Gebrauch macht. Gesellschaft, von der nach dem Recht des Aufnahmemitgliedstaats angenommen wird, dass sie ihren tatsächlichen Verwaltungssitz in diesen verlegt hat. Nichtanerkennung der Rechtsfähigkeit und der Parteifähigkeit der Gesellschaft durch den Aufnahmemitgliedstaat – Beschränkung der Niederlassungsfreiheit. Rechtfertigung. ein dem Gerichtshof nach Artikel 234 EG vom Bundesgerichtshof (Deutschland) in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit
Normenkette
EG Art. 43, 48
Beteiligte
Nordic Construction Company Baumanagement GmbH (NCC) |
Tenor
1. Es verstößt gegen die Artikel 43 EG und 48 EG, wenn einer Gesellschaft, die nach dem Recht des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet sie ihren satzungsmäßigen Sitz hat, gegründet worden ist und von der nach demRecht eines anderen Mitgliedstaats angenommen wird, dass sie ihren tatsächlichen Verwaltungssitz dorthin verlegt hat, in diesem Mitgliedstaat die Rechtsfähigkeit und damit die Parteifähigkeit vor seinen nationalen Gerichten für das Geltendmachen von Ansprüchen aus einem Vertrag mit einer in diesem Mitgliedstaat ansässigen Gesellschaft abgesprochen wird.
2. Macht eine Gesellschaft, die nach dem Recht des Mitgliedstaats gegründet worden ist, in dessen Hoheitsgebiet sie ihren satzungsmäßigen Sitz hat, in einem anderen Mitgliedstaat von ihrer Niederlassungsfreiheit Gebrauch, so ist dieser andere Mitgliedstaat nach den Artikeln 43 EG und 48 EG verpflichtet, die Rechtsfähigkeit und damit die Parteifähigkeit zu achten, die diese Gesellschaft nach dem Recht ihres Gründungstaats besitzt.
Tatbestand
In der Rechtssache C-208/00
Überseering BV
gegen
Nordic Construction Company Baumanagement GmbH (NCC)
vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung der Artikel 43 EG und 48 EG
erlässt
DER GERICHTSHOF
unter Mitwirkung des Präsidenten G. C. Rodríguez Iglesias, der Kammerpräsidenten J. P. Puissochet, M. Wathelet (Berichterstatter) und R. Schintgen, der Richter C. Gulmann, D. A. O. Edward, A. La Pergola, P. Jann und V. Skouris, der Richterinnen F. Macken und N. Colneric sowie der Richter S. von Bahr und J. N. Cunha Rodrigues,
Generalanwalt: D. Ruiz-Jarabo Colomer
Kanzler: H. A. Rühl, Hauptverwaltungsrat
unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen
- der Überseering BV, vertreten durch Rechtsanwalt W. H. Wagenführ,
- der Nordic Construction Company Baumanagement GmbH (NCC), vertreten durch Rechtsanwalt F. Kösters,
- der deutschen Regierung, vertreten durch A. Dittrich und B. Muttelsee-Schön als Bevollmächtigte,
- der spanischen Regierung, vertreten durch M. López-Monís Gallego als Bevollmächtigte,
- der italienischen Regierung, vertreten durch U. Leanza als Bevollmächtigten im Beistand von F. Quadri, avvocato dello Stato,
- der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch R. Magrill als Bevollmächtigte im Beistand von J. Stratford, Barrister,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch M. Patakia und C. Schmidt als Bevollmächtigte,
- der EFTA-Überwachungsbehörde, vertreten durch P. Dyrberg, J. F. Jónsson und E. Wright als Bevollmächtigte,
aufgrund des Sitzungsberichts,
nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der Überseering BV, vertreten durch W. H. Wagenführ, der Nordic Construction Company Baumanagement GmbH (NCC), vertreten durch F. Kösters, der deutschen Regierung, vertreten durch A. Dittrich, der spanischen Regierung, vertreten durch N. Díaz Abad als Bevollmächtigte, der niederländischen Regierung, vertreten durch H. G. Sevenster als Bevollmächtigte, der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch R. Magrill im Beistand von J. Stratford, der Kommission, vertreten durch C. Schmidt, und der EFTA-Überwachungsbehörde, vertreten durch P. Dyrberg, in der Sitzung vom 16. Oktober 2001,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 4. Dezember 2001,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
1.
Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 30. März 2000, bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen am 25. Mai 2000, gemäß Artikel 234 EG zwei Fragen nach der Auslegung der Artikel 43 EG und 48 EG zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2.
Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen der Überseering BV (im Folgenden: Überseering), einer am 22. August 1990 in das Handelsregister von Amsterdam und Haarlem eingetragenen Gesellschaft niederländischen Rechts, und der Nordic Construction Company Baumanagement GmbH (im Folgenden: NCC), einer Gesellschaft mit Sitz in Deutschland, über die Beseitigung von Mängeln bei der Ausführung von Bauarbeiten in Deutschland, mit der Überseering NCC beauftragt hatte.
Nationales Recht
3.
Nach der ZPO ist die Klage einer Partei, die nicht parteifähig ist, als unzulässig abzuweisen. Nach § 50 Absatz 1 ZPO ist parteifähig, wer rechtsfähig ist, d. h. die Fähigkeit b...