Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Landwirtschaft. Gemeinsame Agrarpolitik. Direktzahlungen. Gemeinsame Regeln. Regelung für die einheitliche Flächenzahlung. Nationale Regelung, die Direktzahlungen davon abhängig macht, dass der Betriebsinhaber eigene Tiere hält. Begriff ‚aktiver Betriebsinhaber’. Umgehungsklausel. Begriff ‚künstlich geschaffene Voraussetzungen’
Normenkette
Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 Art. 4 Abs. 1 Buchst. a, c, Abs. 2 Buchst. b, Art. 9 Abs. 1, Nr. 1306/2013 – Art. 60
Beteiligte
Agenţia de Plăţi şi Intervenţie pentru Agricultură – Centrul judeţean Dolj |
Agenţia de Plăţi şi Intervenţie pentru Agricultură (APIA) – Aparat Central |
Tenor
1. Art. 4 Abs. 1 Buchst. c Ziff. iii und Abs. 2 Buchst. b der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit Vorschriften über Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 637/2008 des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, die vorsieht, dass die in diesen Bestimmungen genannte Mindesttätigkeit auf landwirtschaftlichen Flächen, die auf natürliche Weise in einem für die Beweidung oder den Anbau geeigneten Zustand erhalten werden, vom Betriebsinhaber mit von ihm selbst gehaltenen Tieren ausgeübt werden muss.
2. Art. 4 Abs. 1 Buchst. a und c sowie Art. 9 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1307/2013 sind dahin auszulegen, dass eine juristische Person, die einen Konzessionsvertrag für eine Weidefläche, die einer Gemeinde gehört, geschlossen hat und die dort Tiere weiden lässt, die ihr von natürlichen Personen, die deren Eigentümer sind, geliehen wurden, unter den Begriff „aktiver Betriebsinhaber” im Sinne von Art. 9 dieser Verordnung fällt, sofern diese Person auf dieser Weidefläche eine Mindesttätigkeit im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Buchst. c Ziff. iii der Verordnung ausübt.
3. Art. 60 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über die Finanzierung, die Verwaltung und das Kontrollsystem der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 352/78, (EG) Nr. 165/94, (EG) Nr. 2799/98, (EG) Nr. 814/2000, (EG) Nr. 1200/2005 und (EG) Nr. 485/2008 des Rates ist dahin auszulegen, dass eine Situation, in der der Antragsteller einer finanziellen Unterstützung im Rahmen der Regelung für die einheitliche Flächenzahlung zur Stützung seines Antrags einen Konzessionsvertrag über Weideflächen und Leihverträge in Bezug auf die Tiere, die auf diesen Flächen weiden sollen, vorlegt, unter den Begriff „künstlich geschaffene Voraussetzungen” im Sinne dieser Bestimmung fallen kann, sofern erstens eine Gesamtwürdigung der objektiven Umstände ergibt, dass trotz formaler Einhaltung der einschlägigen rechtlichen Bedingungen das Ziel der Regelung nicht erreicht wurde, und zweitens die Absicht nachgewiesen wird, sich einen unionsrechtlich vorgesehenen Vorteil dadurch zu verschaffen, dass die Voraussetzungen für seinen Erhalt künstlich geschaffen werden.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Curtea de Apel Alba Iulia (Berufungsgericht Alba Iulia, Rumänien) mit Entscheidung vom 11. Februar 2020, beim Gerichtshof eingegangen am 7. April 2020, in dem Verfahren
SC Avio Lucos SRL
gegen
Agenţia de Plăţi şi Intervenţie pentru Agricultură – Centrul judeţean Dolj,
Agenţia de Plăţi şi Intervenţie pentru Agricultură (APIA) – Aparat Central
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten der Ersten Kammer A. Arabadjiev in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Zweiten Kammer, der Richterin I. Ziemele (Berichterstatterin) sowie der Richter T. von Danwitz, P. G. Xuereb und A. Kumin,
Generalanwalt: A. Rantos,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der SC Avio Lucos SRL, vertreten durch M. Gornoviceanu, Avocate,
- der Agenţia de Plăţi şi Intervenţie pentru Agricultură – Centrul judeţean Dolj, vertreten durch N. S. Răducan als Bevollmächtigten,
- der Agenţia de Plăţi şi Intervenţie pentru Agricultură (APIA) – Aparat Central, vertreten durch A. Pintea als Bevollmächtigten,
- der rumänischen Regierung, vertreten durch E. Gane und A. Rotăreanu als Bevollmächtigte,
- der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek, J. Pavliš und J. Vláčil als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Sauka und A. Biolan als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 2. September 2021
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung zum einen von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a und c und Abs. 2 Buchst. b sowie von Art. 9 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17....