Entscheidungsstichwort (Thema)

Richtlinie 2003/6/EG. Marktmanipulation. Beeinflussung des Kurses in der Weise, dass ein anormales oder künstliches Kursniveau erzielt wird

 

Beteiligte

IMC Securities

IMC Securities BV

Stichting Autoriteit Financiële Markten

 

Tenor

Art. 1 Nr. 2 Buchst. a zweiter Gedankenstrich der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über Insider-Geschäfte und Marktmanipulation (Marktmissbrauch) ist in dem Sinne auszulegen, dass es für die Annahme, dass der Kurs eines oder mehrerer Finanzinstrumente in der Weise beeinflusst wurde, dass ein anormales oder künstliches Kursniveau erzielt wurde, nicht erforderlich ist, dass dieser Kurs über einen gewissen Zeitraum hinaus auf einem anormalen oder künstlichen Kursniveau bleibt.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom College van Beroep voor het bedrijfsleven (Niederlande) mit Entscheidung vom 6. November 2009, beim Gerichtshof eingegangen am 16. November 2009, in dem Verfahren

IMC Securities BV

gegen

Stichting Autoriteit Financiële Markten

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. N. Cunha Rodrigues, der Richter A. Arabadjiev, A. Rosas und U. Lõhmus sowie der Richterin P. Lindh (Berichterstatterin),

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der IMC Securities BV, vertreten durch G. P. Roth, advocaat,
  • der Stichting Autoriteit Financiële Markten, vertreten durch H. J. Sachse und P. L. Reeser Cuperus, advocaten,
  • der niederländischen Regierung, vertreten durch C. M. Wissels und Y. de Vries als Bevollmächtigte,
  • der belgischen Regierung, vertreten durch M. Jacobs und J.-C. Halleux als Bevollmächtigte,
  • der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek als Bevollmächtigten,
  • der estnischen Regierung, vertreten durch M. Linntam als Bevollmächtigte,
  • der italienischen Regierung, vertreten durch W. Ferrante als Bevollmächtigte im Beistand von P. Gentili, avvocato dello Stato,
  • der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch I. V. Rogalski und W. Roels als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung des Art. 1 Nr. 2 Buchst. a zweiter Gedankenstrich der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über Insider-Geschäfte und Marktmanipulation (Marktmissbrauch) (ABl. L 96, S. 16).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der IMC Securities BV (im Folgenden: IMC) und der Stichting Autoriteit Financiële Markten, die gegen IMC eine Geldbuße wegen Marktmanipulation verhängt hat.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Die Erwägungsgründe 2, 12 und 15 der Richtlinie 2003/6 lauten:

„(2) Ein integrierter und effizienter Finanzmarkt setzt Marktintegrität voraus. Das reibungslose Funktionieren der Wertpapiermärkte und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Märkte sind Voraussetzungen für Wirtschaftswachstum und Wohlstand. Marktmissbrauch verletzt die Integrität der Finanzmärkte und untergräbt das Vertrauen der Öffentlichkeit in Wertpapiere und Derivate.

(12) Marktmissbrauch beinhaltet Insider-Geschäfte und Marktmanipulation. Vorschriften zur Bekämpfung von Insider-Geschäften haben dasselbe Ziel wie Vorschriften zur Bekämpfung von Marktmanipulation, nämlich die Integrität der Finanzmärkte der Gemeinschaft sicherzustellen und das Vertrauen der Anleger in diese Märkte zu stärken. Es ist daher sinnvoll, entsprechende Vorschriften zusammenzufassen, um sowohl Insider-Geschäfte als auch Marktmanipulation zu bekämpfen. Eine einzige Richtlinie stellt sicher, dass überall in der Gemeinschaft für Kompetenzverteilung, Durchsetzung und Zusammenarbeit ein und derselbe Rechtsrahmen gilt.

(15) Insider-Geschäfte und Marktmanipulation verhindern, dass der Markt vollständig und wirklich transparent ist; dies ist jedoch eine Voraussetzung dafür, dass alle Wirtschaftsakteure an integrierten Finanzmärkten teilnehmen können.”

Rz. 4

Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 2003/6 sieht vor:

„Für die Zwecke dieser Richtlinie gelten folgende Definitionen:

2. ‚Marktmanipulation’ sind

  1. Geschäfte oder Kauf- bzw. Verkaufsaufträge, die

    • falsche oder irreführende Signale für das Angebot von Finanzinstrumenten, die Nachfrage danach oder ihren Kurs geben oder geben könnten, oder
    • den Kurs eines oder mehrerer Finanzinstrumente durch eine Person oder mehrere, in Absprache handelnde Personen in der Weise beeinflussen, dass ein anormales oder künstliches Kursniveau erzielt wird,

    es sei denn, die Person, welche die Geschäfte abgeschlossen oder die Aufträge erteilt hat, weist nach, dass sie legitime Gründe dafür hatte und dass diese Geschäfte oder Aufträge nicht gegen die zulässige Marktpraxis auf dem betreffenden geregelten Markt verstoßen.

  2. Ges...

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