Entscheidungsstichwort (Thema)
Richtlinien 89/48/EWG und 92/51/EWG. Erwerbstätige. Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise. Erfordernis der Ablegung einer Eignungsprüfung ohne die Möglichkeit der Wahl eines Anpassungslehrgangs. Freiwillige öffentliche Versteigerungen beweglicher Sachen
Beteiligte
Conseil des ventes volontaires de meubles aux enchères publiques |
Tenor
1. Die Richtlinie 92/51/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über eine zweite allgemeine Regelung zur Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise in Ergänzung zur Richtlinie 89/48/EWG in ihrer durch die Richtlinie 2001/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates geänderten Fassung findet auf einen Antragsteller, der sich auf Qualifikationen beruft, wie sie vom Kläger des Ausgangsverfahrens geltend gemacht werden, der den Beruf eines Leiters freiwilliger öffentlicher Versteigerungen beweglicher Sachen in Frankreich ausüben möchte, keine Anwendung.
Dagegen kann die Richtlinie 89/48/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen, in ihrer durch die Richtlinie 2001/19 geänderten Fassung und insbesondere ihr Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b auf einen solchen Antragsteller Anwendung finden, wenn der Beruf eines Leiters freiwilliger öffentlicher Versteigerungen beweglicher Sachen in dem Mitgliedstaat, in dem der Antragsteller die von ihm geltend gemachten Qualifikationen erworben hat, kein reglementierter Beruf im Sinne von Artikel 1 Buchstabe c dieser Richtlinie ist. Gegebenenfalls hat das vorlegende Gericht festzustellen, ob dies der Fall ist.
2. Ein Beruf, dessen Aufnahme ein juristisches Diplom über den Abschluss eines mindestens zweijährigen Studiums voraussetzt, ist ein Beruf, von dem angenommen werden kann, dass seine Ausübung eine genaue Kenntnis des nationalen Rechts im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Unterabsatz 3 der Richtlinie 89/48 in ihrer durch die Richtlinie 2001/19 geänderten Fassung erfordert.
Die Anwendung dieser Bestimmung hängt nicht davon ab, dass die betreffende berufliche Tätigkeit die Beratung und/oder den Beistand in Fragen des gesamten innerstaatlichen Rechts umfasst; es reicht aus, dass diese Leistungen ein Spezialgebiet betreffen und ein wesentlicher und ständiger Bestandteil der betreffenden Tätigkeit sind. Dabei ist insbesondere auf die normale Praxis in dem betreffenden Beruf abzustellen.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht von der Cour d'appel Paris (Frankreich) mit Entscheidung vom 23. März 2005, beim Gerichtshof eingegangen am 4. April 2005, in dem Verfahren
Harold Price
gegen
Conseil des ventes volontaires de meubles aux enchères publiques
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann sowie der Richter K. Schiemann (Berichterstatter), der Richterin N. Colneric und der Richter E. Juhász und E. Levits,
Generalanwältin: C. Stix-Hackl,
Kanzler: B. Fülöp, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 26. Januar 2006,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- von Herrn Price, vertreten durch M. Olivier-Martin, avocat,
- des Conseil des ventes volontaires de meubles aux enchères publiques, vertreten durch H. Calvet, avocat,
- der französischen Regierung, vertreten durch G. de Bergues und C. Bergeot-Nunes als Bevollmächtigte,
- der österreichischen Regierung, vertreten durch E. Riedl als Bevollmächtigten,
- der schwedischen Regierung, vertreten durch K. Wistrand als Bevollmächtigte,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch H. Støvlbæk und D. Maidani als Bevollmächtigte im Beistand von J.-M. V. Visee als Sachverständigem,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 23. März 2006
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 89/48/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen (ABl. 1989, L 19, S. 16), und der Richtlinie 92/51/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über eine zweite allgemeine Regelung zur Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise in Ergänzung zur Richtlinie 89/48/EWG (ABl. L 209, S. 25) in ihrer jeweiligen durch die Richtlinie 2001/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Mai 2001 (ABl. L 206, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 89/48 bzw. Richtlinie 92/51).
2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen einer Klage von Herrn Price, der über bestimmte im Vereinigten Königreich erworbene Qualifikationen auf dem Gebiet von Versteigerungen verfügt, gegen die Entscheidung des Conseil des ventes volontaires de meubles aux enchères publiques (im Folgenden: Conseil), mit der dieser die Zulassung von Herrn Price zum Beruf eines Leiters freiwilliger öffentlicher Versteigerungen beweglicher Sachen (im Folgenden: Leiter fre...