Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Verbraucherschutz. Unlautere Geschäftspraktiken. Kopplungsangebot. Verkauf eines Computers mit vorinstallierter Software. Wesentliche Information über den Preis. Irreführende Unterlassung. Unmöglichkeit für den Verbraucher, dasselbe Computermodell ohne Software zu beziehen
Normenkette
Richtlinie 2005/29/EG Art. 5, 7
Beteiligte
Tenor
1. Eine Geschäftspraxis, die im Verkauf eines Computers mit vorinstallierter Software besteht, ohne dass der Verbraucher die Möglichkeit hat, dasselbe Computermodell ohne vorinstallierte Software zu beziehen, stellt an sich keine unlautere Geschäftspraxis im Sinne von Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern im Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) dar, es sei denn, eine solche Praxis widerspricht den Erfordernissen der beruflichen Sorgfaltspflicht und beeinflusst in Bezug auf dieses Erzeugnis das wirtschaftliche Verhalten des Durchschnittsverbrauchers wesentlich oder ist dazu geeignet, es wesentlich zu beeinflussen; es ist Sache des nationalen Gerichts, dies unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Ausgangsverfahrens zu beurteilen.
2. Im Rahmen eines im Verkauf eines Computers mit vorinstallierter Software bestehenden Kopplungsangebots stellt das Fehlen einer Preisangabe für die einzelnen vorinstallierten Programme keine irreführende Geschäftspraxis im Sinne von Art. 5 Abs. 4 Buchst. a und Art. 7 der Richtlinie 2005/29 dar.
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Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Cour de cassation (Kassationsgerichtshof, Frankreich) mit Entscheidung vom 17. Juni 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 25. Juni 2015, in dem Verfahren
Vincent Deroo-Blanquart
gegen
Sony Europe Limited, Rechtsnachfolgerin der Sony France SA,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten D. Šváby sowie der Richter J. Malenovský und M. Safjan (Berichterstatter),
Generalanwalt: H. Saugmandsgaard Øe,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- von Herrn Deroo-Blanquart, vertreten durch P. Rémy-Corlay, avocat,
- der Sony Europe Limited, Rechtsnachfolgerin der Sony France SA, vertreten durch P. Spinosi, avocat,
- der französischen Regierung, vertreten durch D. Colas, J. Traband und S. Ghiandoni als Bevollmächtigte,
- der belgischen Regierung, vertreten durch J.-C. Halleux und J. Van Holm als Bevollmächtigte,
- der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek, J. Vláčil und S. Šindelková als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch D. Roussanov, M. Van Hoof und K. Herbout-Borczak als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 5 und 7 der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern im Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) (ABl. 2005, L 149, S. 22, mit Berichtigung im ABl. 2009, L 253, S. 18).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Deroo-Blanquart, der in Frankreich wohnhaft ist, und der Sony Europe Limited (im Folgenden: Sony), der in Frankreich ansässigen Rechtsnachfolgerin der Sony France SA, wegen einer Geschäftspraxis, die im Verkauf eines Computers mit vorinstallierter Software besteht.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Die Erwägungsgründe 13, 14, 17 und 18 der Richtlinie 2005/29 lauten:
„(13) … Das durch diese Richtlinie eingeführte einzige, gemeinsame generelle Verbot umfasst … unlautere Geschäftspraktiken, die das wirtschaftliche Verhalten der Verbraucher beeinträchtigen. … Das generelle Verbot wird durch Regeln über die beiden bei weitem am meisten verbreiteten Arten von Geschäftspraktiken konkretisiert, nämlich die irreführenden und die aggressiven Geschäftspraktiken.
(14) Es ist wünschenswert, dass der Begriff der irreführenden Praktiken auch Praktiken, einschließlich irreführender Werbung, umfasst, die den Verbraucher durch Täuschung davon abhalten, eine informierte und deshalb effektive Wahl zu treffen. In Übereinstimmung mit dem Recht und den Praktiken der Mitgliedstaaten zur ...