Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsangleichung. Marken. Richtlinie 89/104/EWG. Eintragungshindernisse. Artikel 3 Absatz 1 Buchstaben b, c und e. Dreidimensionale Marke, die aus der Form der Ware besteht. Unterscheidungskraft. Allgemeines Interesse an der Freihaltung bestimmter Zeichen
Beteiligte
Tenor
1. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken ist bei dreidimensionalen Marken, die aus der Form der Ware bestehen, kein strengerer Maßstab anzulegen als bei anderen Markenformen.
2. Neben Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe e der Ersten Richtlinie 89/104 besitzt Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c dieser Richtlinie auch für dreidimensionale Marken, die aus der Form der Ware bestehen, eine Bedeutung.
Bei der Prüfung des Eintragungshindernisses nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c der Ersten Richtlinie 89/104 ist in jedem Einzelfall das dieser Vorschrift zugrunde liegende Allgemeininteresse daran zu berücksichtigen, dass dreidimensionale, aus der Form der Ware bestehende Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Sinne dieser Bestimmung zur Bezeichnung der Merkmale einer Ware oder einer Dienstleistung dienen können, von allen frei verwendet und vorbehaltlich des Artikels 3 Absatz 3 dieser Richtlinie nicht eingetragen werden können.
Tatbestand
In den verbundenen Rechtssachen C-53/01 bis C-55/01
betreffend dem Gerichtshof nach Artikel 234 EG vom Bundesgerichtshof (Deutschland) in den bei diesem anhängigen Rechtsbeschwerdesachen
Linde AG (C-53/01),
Winward Industries Inc. (C-54/01)
und
Rado Uhren AG (C-55/01)
vorgelegte Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung von Artikel 3 Absatz 1 Buchstaben b, c und e der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. 1989, L 40, S. 1)
erlässt
DER GERICHTSHOF
unter Mitwirkung des Präsidenten G. C. Rodríguez Iglesias, der Kammerpräsidenten J.-P. Puissochet, R. Schintgen und C. W. A. Timmermans, der Richter C. Gulmann, D. A. O. Edward, A. La Pergola und V. Skouris, der Richterin F. Macken (Berichterstatterin) sowie der Richter J. N. Cunha Rodrigues und A. Rosas,
Generalanwalt: D. Ruíz-Jarabo Colomer,
Kanzler: H. von Holstein, Hilfskanzler,
unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen
- der Linde AG, vertreten durch die Rechtsanwälte H. Messer und C. von Mettenheim (C-53/01),
- der Winward Industries Inc., vertreten durch Rechtsanwalt M. Schaeffer (C-54/01),
- der Rado Uhren AG, vertreten durch Rechtsanwalt D. von Schultz (C-55/01),
- der österreichischen Regierung, vertreten durch H. Dossi als Bevollmächtigten (C-53/01 bis C-55/01),
- der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch R. Magrill als Bevollmächtigten im Beistand von D. Alexander, Barrister (C-53/01 bis C-55/01),
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch N. B. Rasmussen und P. F. Nemitz als Bevollmächtigte (C-53/01 bis C-55/01),
aufgrund des Sitzungsberichts,
nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der Winward Industries Inc., vertreten durch M. Schaeffer, der Rado Uhren AG, vertreten durch D. von Schultz, der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch P. Ormond als Bevollmächtigten im Beistand von M. Tappin, Barrister, und der Kommission, vertreten durch N. B. Rasmussen und P. F. Nemitz in der Sitzung vom 17. September 2002,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 24. Oktober 2002
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
1.
Der Bundesgerichtshof hat mit Beschlüssen vom 23. November 2001, beim Gerichtshof eingegangen am 8. Februar 2001, gemäß Artikel 234 EG zwei Fragen nach der Auslegung von Artikel 3 Absatz 1 Buchstaben b, c und e der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. 1989, L 40, S. 1) zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2.
Diese Fragen stellen sich in drei Rechtsbeschwerdesachen, in denen die Linde AG (im Folgenden: Linde), die Winward Industries Inc. (im Folgenden: Winward) und die Rado Uhren AG (im Folgenden: Rado) gegen Beschlüsse des Bundespatentgerichts vorgehen, mit denen dieses die Zurückweisung von Markenanmeldungen der genannten Firmen durch das Deutsche Patent- und Markenamt wegen fehlender Unterscheidungskraft bestätigt hatte.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
3.
Die Richtlinie hat nach ihrer ersten Begründungserwägung zum Ziel, die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken anzugleichen, um die bestehenden Unterschiede zu beseitigen, durch die der freie Warenverkehr und der freie Dienstleistungsverkehr behindert und die Wettbewerbsbedingungen im Gemeinsamen Markt verfälscht werden können.
4.
Artikel 2 (Markenformen) der Richtlinie bestimmt:
Marken können alle Zeichen sein, die sich grafisch dars...