Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten. Betreiber einer Internetsuchmaschine. Anhand des Namens einer Person durchgeführte Suche. Anzeige eines Links zu angeblich unrichtige Informationen enthaltenden Artikeln in der Übersicht der Ergebnisse einer Suche. Anzeige der diese Artikel bebildernden Fotos in Gestalt von Vorschaubildern (thumbnails) in der Übersicht der Ergebnisse einer Bildersuche. An den Betreiber der Suchmaschine gerichteter Auslistungsantrag. Abwägung der Grundrechte. Verpflichtungen und Verantwortungsbereich des Betreibers der Suchmaschine bei der Bearbeitung eines Auslistungsantrags. Beweislast der die Auslistung begehrenden Person

 

Normenkette

Richtlinie 95/46/EG Art. 12 Buchst. b, Art. 14 Abs. 1 Buchst. a; Charta der Grundrechte der Europäischen Union Art. 7-8, 11, 16; EUVO 679/2016 Art. 17 Abs. 3 Buchst. a

 

Beteiligte

Google

TU

RE

Google LLC

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 23.05.2023; Aktenzeichen VI ZR 476/18)

 

Tenor

1. Art. 17 Abs. 3 Buchst. a der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung)

ist dahin auszulegen, dass

im Rahmen der Abwägung, die zwischen den Rechten aus den Art. 7 und 8 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und den Rechten aus Art. 11 der Charta der Grundrechte vorzunehmen ist, um einen an den Betreiber einer Suchmaschine gerichteten Auslistungsantrag zu prüfen, der darauf abzielt, dass in der Übersicht der Ergebnisse einer Suche der Link zu einem Inhalt, der Behauptungen enthält, die von der die Auslistung begehrenden Person für unrichtig gehalten werden, gelöscht wird, diese Auslistung nicht davon abhängt, dass die Frage der Richtigkeit des aufgelisteten Inhalts im Rahmen eines von dieser Person gegen den Inhalteanbieter eingelegten Rechtsbehelfs einer zumindest vorläufigen Klärung zugeführt worden ist.

2. Art. 12 Buchst. b und Art. 14 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr und Art. 17 Abs. 3 Buchst. a der Verordnung 2016/679

sind dahin auszulegen, dass

im Rahmen der Abwägung, die zwischen den Rechten aus den Art. 7 und 8 der Charta der Grundrechte und den Rechten aus Art. 11 der Charta der Grundrechte vorzunehmen ist, um einen an den Betreiber einer Suchmaschine gerichteten Auslistungsantrag zu prüfen, der darauf abzielt, dass in den Ergebnissen einer anhand des Namens einer natürlichen Person durchgeführten Bildersuche Fotos, die in Gestalt von Vorschaubildern angezeigt werden und diese Person darstellen, gelöscht werden, dem Informationswert dieser Fotos – unabhängig vom Kontext ihrer Veröffentlichung auf der Internetseite, der sie entnommen sind, aber unter Berücksichtigung jedes Textelements, das mit der Anzeige dieser Fotos in den Suchergebnissen unmittelbar einhergeht und Aufschluss über den Informationswert dieser Fotos geben kann – Rechnung zu tragen ist.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundesgerichtshof (Deutschland) mit Entscheidung vom 27. Juli 2020, beim Gerichtshof eingegangen am 24. September 2020, in dem Verfahren

TU,

RE

gegen

Google LLC

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts, des Vizepräsidenten L. Bay Larsen, der Kammerpräsidentinnen A. Prechal und K. Jürimäe, der Kammerpräsidenten C. Lycourgos und P. G. Xuereb, der Kammerpräsidentin L. S. Rossi und des Kammerpräsidenten D. Gratsias, der Richter M. Ilešič (Berichterstatter), F. Biltgen, N. Piçarra, N. Jääskinen und N. Wahl, der Richterin I. Ziemele und des Richters J. Passer,

Generalanwalt: G. Pitruzzella,

Kanzler: D. Dittert, Referatsleiter,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 24. Januar 2022,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von TU und RE, vertreten durch Rechtsanwälte M. Siegmann und T. Stöber,
  • der Google LLC, vertreten durch Rechtsanwältinnen B. Heymann und J. Spiegel sowie Rechtsanwalt J. Wimmers,
  • der griechischen Regierung, vertreten durch S. Charitaki, A. Magrippi und M. Tassopoulou als Bevollmächtigte,
  • der österreichischen Regierung, vertreten durch G. Kunnert, A. Posch und J. Schmoll als Bevollmächtigte,
  • der rumänischen Regierung, vertreten durch E. Gane und L. Liţu als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Bouchagiar, F. Erlbacher, H. Kranenborg und D. Nardi als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 7. April 2022

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 17 Abs. 3 Buchst. a der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des...

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